Volltext Seite (XML)
Erscheint jeden Wochentag Lbmd» a Uyr für deu «mdern Tag. Prri« vtcrteljShrlich 2 Mark L Pf^ Wetter-Proguvsr für Mittwoch, »eu 10. August: Wolkig his trüb, Tempcrotur Vitter, wtodig, XiederfchlSge. reiöeWrA)^ und TagMM. AMsblatt für die köuiglichm Md städtischm Behörden zu Freiberg md Braud. Lcrvüwortlicher Redakteur Jilin» vrni» tu Freit«». 33. 3«dr,a»^ Mittwoch, de» 10. August. § Nihilisten und Fenier. Die Nihilisten kenum auch in diesem Jahre keine Sommerferien. Unentmuthigt setzen sie ihr furchtbares Zerstörungswcrk fort und zwar infolge mehrerer Verhaf tungen ihrer Anhänger jetzt nur in geheimnißvollerer Weise. Dieser Umstand mag auch dazu beigetragen haben, die Reise des Czaren nach und von Moskau so geheim zu halten, wie es geschehen ist und noch geschieht. Ob gleich nun die russische Presse völlig mundtodt ist, kommen doch auf privatem Wege diese und jene düsteren Erschei nungen im Czarenreiche zur öffentlichen Kenntniß. So erzählt man in Petersburg: Bor einigen Tagen erhielt der dortige Stadthauptmann aus der polnischen Stadt Kowno die detaillirte Beschreibung einer weiblichen Person, welche mit dem Namen Jusa (Josefa) bezeichnet wird. Dieselbe soll vom südrussischen Exekutiv-Komitee beauftragt sein, sich an die Familie des Kaisers heranzuschleichen, natürlich behufs eines Attentats gegen das Leben des Czaren. Diese Jusa wird deshalb als besonders gefährlich erachtet, weil man sie in Gesellschaft eines Genossen des Hingerichteten Skolowjcw gesehen hat. Der Mann ist seit acht bis zehn Tagen verhaftet, die Frau entkam. Häufig ereignen sich jetzt in Petersburg Todesfälle bei Polizeiagenten, von welchen es dann heißt, sic hätten sich selbst um das Leben gebracht. Mag wohl sein, zu ver wundern ist aber, daß sich neulich in Petersburg unweit der Moskauer Sastawa zwei Agenten einander gegenüber aufgehenkt haben sollen. Dürste es nicht vielmehr scheinen, daß dieselben aufgehenkt worden find? Ferner soll dem Kaiser auf unerklärlichem Wege eine Schachtel mit Mo dellen und Mordwerkzeugen aller Art zugegangen sein- zugleich auch ein Brief, in dem gesagt wird, er möge sich daraus das Werkzeug wählen, durch welches er sterben wolle, da er von den Sozialrevolutionären zum Tode ver- urtheilt sei. Der Kaiser soll diesen Brief nicht der Beach tung werth gehalten haben. Nichtsdestoweniger geschehen energische Schritte, um dem Absender auf die Spur zu kommen. Auch der Stadthauptmann von Petersburg er hielt dieser Tage einen Brief, worin ein reuiger Nihilist ihm mittheilt, man habe ihn erwählt, den Kaiser zu er morden; er könne die That aber nicht über sein Herz bringen, da der Czar noch gar keine Zeit gehabt, seiner inneren Politik eine bestimmte Richtung aufzuprägen. Des halb habe er sich entschlossen, den Kaiser zu warnen, daß sein Leben ernstlich bedroht sei; er selbst (der Briefschreiber) wolle sich aus Furcht vor der gräßlichen Rache seiner Parteigenossen entleiben. Der Brief trug die Unterschrift L. mit Angabe einer Adresse. Der Stadthauptmann schickte hin und man fand wirklich in dem bezeichneten Quartiere die Leiche eines unbekannten jungen Mannes, der sich ohne Lärm um's Leben gebracht, so daß die Haus genossen noch nichts über den Selbstmord wußten. Das wären die Neuigkeiten aus dem Czarenreiche und man ersieht daraus, mit welch' zäher Energie die Nihi listen an der Ausführung ihrer verbrecherischen Pläne festhaltcn. In England und Amerika verbreiten die Fenier Angst und Schrecken; sie gebrauchen hierzu dasselbe furchtbare Werkzeug, wie die Nihilisten: Dynamit. Erst dieser Tage wurde hei Glasgow ein solches Paket zwischen zwei Hochöfen entdeckt. Die Quantität würde hingereicht haben, die ganze Fabrik in die Luft zu sprengen. Nur der rechtzeitigen Auffindung ist cs zuzuschreiben, daß keine Explosion stattfand. Sofort wurde die Polizei davon benachrichtigt. Anfänglich glaubte mM daß eine Anzahl strikender Arbeiter des Anschlags schuldig wäre. Diese Annahme scheint sich jedoch als irrig erwiesen zu haben. Explofionsstoffe kamen in der Fabrik zwar zur Verwen dung, aber nie gelangten so große Quantitäten in die Hände der Arbeiter, wie zwischen jenen Hochöfen aufge funden wurden. Die Urheber des jüngsten Höllenmaschinen-Komplotts find noch immer unbekannt und es ist auch wenig Hoff nung vorhanden, sic zu entdecken, da man glaubt, daß Diejenigen, welche die englischen Behörden von der Sen dung in Kenntniß setzten, auch die Empfänger warnten, auf ihrer Hut zu sein- Ohne diese Warnung hätten die Empfänger sicherlich ihre „Zementsässer" reklamirt, worauf ihre Verhaftung sofort erfolgt wäre. Es ist demnach leider nur zu wahrscheinlich, daß die Schuldigen diesseits und jenseits des Ozeans dem Arm der Gerechtigkeit ent gehen werden. Ein amerikanisches Blatt veröffentlicht eine Unterredung mit dem irischen Revolutionär O'Hara, wobei letzterer geäußert haben soll: ieft dem 20. Juni wären 86 in St. Louis angcfertigte Höllenmaschinen verschickt wor den, so daß 50 der Entdeckung entschlüpft sind. Er sagte, es werde beabsichtigt, Englands Marine anzugrcifen, als das beste Mittel, das britische Reich zu zerstören. Tausend Männer seien mit ihm vereinigt, um einen solchen Krieg gegen die britische Krone zu führen. — Das sind ja hübsche Aussichten für die englische Marine! Unterdessen fährt die fenischc Presse in Amerika mit ihren Drohungen gegen England fort. Der „Sunday Demokrat" ruft England zu, sich nicht darüber zu be klagen, wenn es durch den »heiligen Dynamit" in die Luft gesprengt würde. Wenn es die Hand nicht von der Gurgel Irlands abziehe, würde cs keine Gnade finden und seine Ufer von Dynamit heimgesucht werden. Das blutdürstige Blatt ruft aus: „Der Irländer, der einen Dynamitball wirft, mag immerhin ein Mörder genannt werden, wir wollen einmal solche Mörder sein! Eng land glaubt noch zu sehr an das Sprichwort von den bellenden Hunden, die nicht beißen, aber es wird sich noch überzeugen, daß es an verzweifelten Männern nicht fehlt, die ausführen, was O'Dono van Rossa verkündet." Man kann sich leicht vorstcllen, wie sehr die Aufregung und Furcht über diese Drohungen in England im Wachsen begriffen ist. Vie Gewerbe-ÄusAessung in Freiberg. XVII. Nun endlich sind wir auf unserer Wanderung durch die Ausstellung im Garten angelangt. Hier tritt uns zunächst das sehr leistungsfähige Etablissement der Herren Leinhaas L Hülsenberg entgegen. Die ausgestellte Kollektion umfaßt die maschinelle Einrichtung einer kleinen landwirthschastlichen Brennerei. Dieselbe zeigt, wie zum Zwecke der Spirituserzeugung durch die ausgestellte Kar toffelwaschmaschine die Kartoffeln zunächst gereinigt, dann vermittelst des Elevators in den Henze'schen Dampf apparat befördert und nachdem sie dort gedämpft sind sowie durch die unten angebrachte Patent-Zerkleincrungs- Vorlage die vollkommenste Aufschließung erhalten haben, in den Vormaisch- und Kühlapparat ausgeblasen werden. Der auf Letzterem angebrachte Exhaustorapparat befördert vor Allem eine rasche Abkühlung der heißen Maische und bewirkt außerdem ein vollständiges Frcihaltcn des Apparat raumes von Dämpfen. Ist dann nach gehöriger Zeit der Maischakt und in den Gährbottichen die Fermentation be endigt, so wird die Masse vermittelst der Saucrmaisch- pumpc in den kupfernen Dcstillirapparat gebracht, welcher fertigen hochgrädigcn Spiritus abflicßen läßt. Den Motor der kleinen Anlage sehen wir in der ausgestellten, mit Patent-Regulator versehenen kleinen Dampfmaschine, eng lischen Systems. Sämmtlickse^ ausgestellte Gegenstände, welche bereits verkauft und nicht speziell für die Aus- Feuilleton in der Beilage. stellung angefertigt sind, zeigen bis inS kleinste Detail Gediegenheit in Ausführung und Solidität im Material; alle Lager z. B. find aus Rvthguß, an der Maschine die Kolbenstange, alle Zapfen rc. nur aus Stahl. ES ist dies gewiß wieder ein schöner Beweis dafür, daß unsere vielgeschmähte deutsche Industrie doch Fabrikate liefert, die überall Anerkennung finden; denn die Fabrikate der genannten Firma sind in den größten Brennereien von Nord- und Süddcutschland, wie in der Schweiz, Italien, Ungarn, Galizien, Rumänien, Rußland rc. bekannt und geschätzt. Und in welch kurzer Zeit hat diese Firma sich ein solches Rmommä erworben! Roch bis zum Jahre 1876 war die jetzige Fabrik der Herren LcinhaaS L Hülsenberg nicht viel mehr als etwa eine lebhaft betriebene Kupfer- schmiedcrei. Nachdem aber im genannten Jahre Herr Leinhaas, ein tüchtiger und von den solidesten Prinzip»« geleiteter Ingenieur, das Werk übernommen, fand eS eine ganz wesentliche Vergrößerung, die nach dem zwei Jahre später erfolgten Eintritte des ebenso erfahrenen wie intelligenten Ingenieur Herrn Hülscnberg noch ganz er heblich wuchs. Heute ist das Etablissement eme der ersten Spezialfabriken für Brennerei-Einrichtungen und steht allen anderen noch darin voraus, daß es die ge jammte maschinelle Einrichtung zu Brennerei-Anlagen jeder Größe, d. h. alle Maschinenbau-, Kesselschmiede», Gießerei- und Kupferschmiedo-Arbeiten selbst ausführt und dadurch für das Ganze einer Anlage ungleich größere Vortheilc und Garantice» bietet. Die von Herrn Bernhard Nake ausgestellten Gegen- tände sind ebenfalls Brennereimaschinen: z. B- Kartoffel- väschc mit Elevator, zwei Hcnze'sche Dämpfer, einen für Kartoffeln, den anderen für Mais. Dieselben haben sich vielfach in größeren Brennereien mit bestem Erfolge cinge- ührt und gewähren außer dem Vortheilc im Betrieb die günstigsten Resultate in der Ausbeute. Noch ist aufmerk- am zu machen auf die Zerkleinerungsvorlage am Dämpfer md die innere Einrichtung zum Verarbeiten der Hülsen- rüchte, bestehend in einen Jnjekor mit Rohrleitung (Deut- ches Reichspatent, Oesterreich-Ungarn). Durch diese Ein- Achtung haben diese Dämpfer rasch im In- und Ausland Verbreitung gefunden. Auch in nächster Umgebung von Freiberg sind ältere Dämpfer nach diesem System umge ändert und haben sich zur größten Zufriedenheit der Be sitzer bewährt. (Staatsgüter Hilbersdorf, Rittergut HalS- bach, Thurmhof u. s- w.). Der ausgestellte Vormaisch- und Kühlapparat läßt sich durch seine einfache Konstruktion leicht reinigen und gewährt durch die im Innern ange brachten 8 breiten kupfernen Kühltaschen eine große Kühlfläche zum Abkühlen der Maische. Auffallend »st die Konstruktion des Exhaustors auf dem Vormaisch bottich, welche durch cylindrische und konische Röhren zusammengesetzt, eine gute Wirkung in der Abkühlung und Abführung des Dampfes hcrvorbringen soll. Ein zweiter daneben ausgestellter größerer Exhaustor ist für Brennereien bestimmt, denen das Kühlwasser, sowie die Einrichtung zum Kühlen beim Henze'schen Betrieb fehlt. Eine sauoer gearbeitete 4 Pferdekraft repräsentirende Dampfmaschine vereinigt mit der besten Konstruktton ein geschmackvolles Aeußere, ist in allen Theilen leicht zu gänglich und läßt sich bequem reinigen. Die im Mulden- thal bei Freiberg gelegene Maschinenfabrik, Eisengießerei und Kesselschmiede des Herrn Bernhard Nake wurde von demselben 1878 übernommen. Zur Zeit beschäftigt dieFabrik ca. 60 Arbeiter. Das Werk, das namentlich mit Wasser kraft arbeitet, liefert meist Maschinen rc. für Brennereien, besonders auch Maschinen- und Eisenarbeitcn für Gruben und Mühlenbau. Die Erzeugnisse der Fabrik gehen über die Grenzen Sachsens hinaus und zwar nach Hessen, Baden, Baiern u. s. w. Herr H. Säuberlich in Frcibcrgsdorf hat eine Feuer spritze, eine Wandpumpe und (in der Halle) Waagenbalken und eine Stiefelschaftwalkmaschine ausgestellt. Die erwähnte Spritze ist mit einem Mannschaftswagen verbunden, so daß m größeren Gemeinden oder bei auswärtigen Bränden die Feuerwehrleute unermüdet mit der Spritze an der Brandstätte cintrcffcn können. Der Vortheil dieser Ein richtung liegt auf der Hand. Der Mannschaftvorderwagen kann seiner leicht lösbaren Verkoppelung mit der Spritze wegen sofort abgclöst und von den Pferden oder auch der