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und Tageblatt. Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg und Brand. Verantwortlicher Redakte« Juli«» vra«« i» Freiberg. 33. ———— Erscheint jeden Wochentag Wmd» S Uhr für dm Inserate werden bi» Bornrtttag« 11 Uhr angenmn. » ! Freitag, den o. August. j 1881. Wetter-Prognose für Freitag, de« 5. August: Keine wesentliche Aenderuag in dm bestehenden WitterungSverhSltutffm za erwarte«. Heinrich Schliemann und seine Ausgrabungen, ii. Nachdem Schliemann eine Reise um die Welt unter nommen und zu Ende geführt, betrat er den geheiligten Boden der altklassischen Sagen. Ithaka, das Land des göttlichen Dulders Odysseus, der Peloponnes, die ver- muthliche Stätte des alten Troja wurden besucht und durchforscht. Im Jahre 1869 begann er, nachdem er lange geforscht, gesucht, geprüft und verglichen, Aus grabungen vorzunehmen, ganz auf eigene Kosten, ohne irgend welche einflußreiche Unterstützung. Denn das muß man sich, um die -Größe eines solchen Unternehmens richtig würdigen zu können, immer gegenwärtig halten: jene Ausgrabungen erfolgten mit einer selbst von den Anfängen der Kultur verschont gebliebenen Arbeiterbevölkerung, unter der türkischen Regierung, die nichts von Homer weiß, und deren Beamte nur das eine Interesse bei solchen Unter nehmungen haben, durch alle möglichen Chikanen von dem Unternehmer Geld zu erpressen. Da ist eine solche Arbeit, wie Schliemann sie wagte, ein fortwährender Kampf mit den Arbeitern, den türkischen Beamten, der türkischen Regierung, die alle habsüchtig sind, alle an der Ausbeute, deren idealen Werth sie gar nicht kennen und die sie nur nach dem Mctallwerth taxiren, ihren Antheil haben wollen. Auf Ithaka, der jetzigen Insel Theaki, hatte Schlie mann zuerst gegraben, aber da sich der Versuch nicht als lohnend erwies, schon im solgenden Jahre dem'alten Troja sich zugewandt. Die Lage desselben war eine vielumstrittene gewesen. Die Einen entschieden sich für die Theorie Lechevalier's, daß es bei dem jetzigen Bunarbaschi gelegen, und 90 Jahre lang ist diese Ansicht die herrschende gewesen; die Anderen, Maclaren, Eckenbrecher, George Grote, Frank Calvert u. A. wiesen auf die Hochebene von Hissarlik hin. Schliemann entschied sich für die letztere Ansicht; Probe schachte, die er im März 1870 grub, bestätigten dieselbe und im Jahre 1871, nachdem er von der türkischen Re gierung einen Schutzbrief erlangt hatte, begannen die Ausgrabungen, welche zunächst bis zum Jahre 1874, in welchem er in Streitigkeiten mit der türkischen Regierung gerieth und deshalb die Ausgrabungen unterbrach, von ihm und seiner jungen Frau, einer geborenen Athenienserinf die gleich ihm für Homer enthusiasmirt ist, fortgesetzt wurden. Die Funde, welche Beide dabei machten und von welchen in Briefen an die Times, demnächst aber in einem Werke »Trojanische Alterthümer" Kunde gegeben wurde, sind staunenswerth, und die 1878 unter Mit wirkung Virchow's wieder aufgenommenen Ausgrabungs- Arbeiten haben diese Resultate noch vermehrt. Es hat sich herausgestellt, daß der ganze, etwa 24 Meter über dem eigentlichen Felsbett sich erhebende Hügel Hissarlik, welcher ein viereckiges Plateau von ca. 230 Meter Länge und ebensoviel Breite bildet, aus nichts anderem als aus Trümmern und Resten menschlicher Niederlassungen besteht. Diese Niederlassungen aber stammen nicht aus einer und derselben Zeit, es sind vielmehr sieben verschie dene Schichten als Ueberreste ebenso vieler verschiedener Niederlassungen nachweisbar, welche zu verschiedenen Zeiten und durch verschiedene Bevölkerungen entstanden sind und welche somit ein äußerst reichhaltiges Material zur Erfor schung der Lebensweise der an jener Stelle einst hin und herwogenden Völkerschaften darbietcn. Die oberste Nieder lassung war, wie sich aus mehreren Inschriften ergab, das äolische Ilion, also in der That diejenige Stadt, wo die Alten nach ihrer Tradition das homerische Troja suchten. Die wichtigste Schicht aber ist die dritte von unten, etwa 3 Meter stark, welche die Ruinen einer meistentheils aus Ziegeln erbauten, durch eine furchtbare Feuersgluth zer störten Stadt birgt. In dieser Trümmerschicht ist, außer in der vom Feuer verschont gebliebenen Südstrecke, kaum ein Stein, dessen verglastes Aussehen nicht Zeugniß ab legt von der furchtbaren Feuersgluth, der er ausgesetzt gewesen. Daß diese Feuersbrunst bei einer Eroberung der Stadt gewüthet, schließt Schliemann daraus, daß er in dieser Schicht Gerippe behelmter Männer mit Waffen an der Seite fand und aus verschiedenen Schätzen, welche gefunden wurden und die aller Wahrscheinlichkeit nach im Moment des Untergangs der Stadt in Sicherheit gebracht werden sollten. Neun dieser Schätze wurden in dem größten Hause der Stadt gefunden und von Schliemann anfangs als „Schatz des Priamus" bezeichnet; neuerdings ist er aber von dieser Bezeichnung zurückgekommen und nennt ihn nur den Schatz des Hauptmanns oder Königs. Dieser Königsschatz nun ist in seinem Werthe noch kaum voll ständig zu übersehen, so reichhaltig ist er. Er besteht aus goldenen Diademen, Gefäßen von Gold und Silber, silbernen „Talenten", Ohrringen, kleinen Juwelen, Waffen, Helmkronen re. Den Inhalt einer einzigen silbernen Vase machten etwa 9000 Goldsachen aus! Von Schmucksachen zählte man allein 60 goldene Ohrringe, 8750 kleine Ringe, durchbohrte Würfel, Knöpfe und andere Gegenstände, ferner Armbänder und reichverzierte Diademe, eine 51 Zentimeter lange goldene Kette, an welcher eine Anzahl anderer, mit Goldblättchen bedeckter Kettchen befestigt sind, silberne Schalen und Mctallbarren im Gewicht bis zu 190 Gramm* einen Becher von 600 Gramm, einen andern von 226 Gramm Gewicht — einen Reichthum, wie er noch bei keinem ähnlichen Versuch, die Wohnstätten der Vorzeit bloszulegen, angetroffen worden ist. Während Schliemann die Ausgrabungen in Troja unterbrochen hatte, wandte sich der rastlos thätige Mann nach Tiryns und Mykenä, um dort Ausgrabungen vor zunehmen. An ersterem Orte, in der Ebene von Argos gelegen und einst als Geburtsort des Herakles berühmt, wurde manches interessante Gefäß gefunden; noch wichtiger gestalteten sich die Funde in Mykenä, dem alten Sitze der Pelopiden, deren mächtigster, Agamemnon, noch in den homerischen Gesängen lebt. Hier deckte Schliemann fünf neben einander senkrecht in den Felsen getriebene Schachte auf, welche als Grabstätten vornehmer Personen gedient hatten. Sie enthielten die Leichen von 15 Erwachsenen und wahrscheinlich 2 Kindern, außerdem aber, der Sitte der Alten entsprechend, eine Unmasse von Schmucksachen, welche den Todten mit in s Grab gegeben waren, — Diademe, Perlen, Vasen, Waffen, Panzer, goldene Nadeln, Becher re-, kurz einen Schatz, dessen Mctallwerth allein auf 100 000 M. geschätzt wird. Auch diese Sachen gehören verschiedenen Kunstperioden an und werden den Gelehrten voraussichtlich noch auf lange hinaus Material zur Beurtheilung des Entwickelungsgangs asiatischer, egyptischer und hellenischer Kunst liefern und neue Gesichtspunkte eröffnen. Fügen wir noch hinzu, daß Schliemann 1878 noch auf Ithaka eine Stadt von zyklopischer Bauart entdeckt hat, so haben wir die dürftigsten Umrisse zur Beurtheilung der Thätigkcit dieses energischen Mannes und seiner immer rüstig ihn begleitenden Gattin geliefert. Diesem selbstlosen Wirken im Dienste der Wissenschaften aber setzte Schliemann in diesem Jahre die Krone auf, indem er alle seine Schätze, deren Auffindung ihm so viele Mühe gemacht und bei deren Hebung er oft 200 Arbeiter auf eigene Kosten be schäftigt hatte, dem deutschen Reiche zur bleibenden Aufbewahrung in der Hauptstadt schenkte. Berlin Feuilleton in der Beilage. ' erhält dadurch eine Sammlung, die, vereinigt mit den Funden von Olympia und Pergamon, nirgends in der Welt ihres Gleichen hat und um deren Besitz uns alle zivilifirten Nattonen beneiden. Es ist hier nicht der Ort, die Folgerungen zu besprechen, welche Schliemann aus seinen Funden zieht. Das sind Streitfragen, mit denen sich die Gelehrten beschäftigen mögen. Manches von dem, was er in der ersten Freude seines Herzens an der Hand seines geliebten Homer als nunmehr unzweifelhaft feststehende Thatsache verkündete, hat Schliemann seitdem selbst fallen gelaffen, anderes wird durch die Wissenschaft noch richtig gestellt werden. Bei allem Respekt vor Vater Homer, glauben wir, braucht man trotz Schliemann's Funden nicht als historische Thatsache anzunehmen, was er uns von den Kämpfen der Götter und Menschen erzählt. Aber wie auch die Wissenschaft entscheiden möge: mit einer noch unerreichten Uneigennützig keit und Hingebung stellte Schliemann sich in den Dienst der Wissenschaft, erschloß unserer kenntniß der Vorzeit neue Bahnen und schenkte unserem Vaterlande ein kost bares, bcneidenswerthes Kleinod. Darum Ehre dem energischen, rastlosen, uneigennützigen Forscher von Troja! Die Geweröe-Aussteüung in Freiberg. Llll. Einen kleinen Raum, nichtsdestoweniger unbedeutend, nimmt auf unserer Ausstellung die photographische Kunst ein. Zuerst treten uns die wohlgelungenen Gegen stände aus dem Atelier des Herrn Patzig entgegen. Dieses Atelier zeigt unter anderen trefflichen Portraits die sehr schwierige Aufgabe in einer ganz eklatanten Weise gelöst, eine Photographie verständnißvoll und zu gleich naturgetreu zu koloriren. Aber der Glanzpunkt der kleinen Sammlung bleibt unbedingt das Gruppenbild, welches eine Anzahl Studireüder in der Beschäftigung des Markscheidens dem Beschauer vorführt. Eine künstlerisch geschmackvolle und dem Gegenstände zugleich ganz ent sprechende Anordnung der Figuren in einer so großen Zahl ist ungemein schwierig. Nur wer mit der Photo graphie einigermaßen bekannt ist, kann davon eine an nähernde Idee sich bilden. Die Auffassung und Darstellung ist eine um so glücklichere, als dadurch das unangenehme Einerlei vermieden und dem Beschauer die in den herkömm lichen Gruppirungen — wo im Vordergründe oft höchst un graziös liegende oder verkümmert sitzende und planlos nach einem Objekt starrende Figuren dargestellt find — vorhan denen Mißstände erspart werden. Ebenso passend rmd künstlerisch durchgcführt ist dabei das landwirthschastliche Arrangement des Hintergrundes, so daß die Photographie den vollen angenehmen Eindruck macht, welcher den For derungen der Kunst in jeder Weise entspricht; um so mehr, als die Portrait-Aehnlichkcit eine durchaus frappante ist. Wir wollen nicht verschweigen, daß ein Fachmann aus Dresden bei Besichtigung dieses Bildes äußerte: es ge reiche jeder Kunstausstellung zur Zierde und würde in den Schaufenstern der Residenz die größte Aufmerksamkeit erregen. — Aus dem Atelier des Herrn Schubert (Engelmann) sind viele und interessante Portraits wie auch Gruppen vorgcführt. Es läßt sich daraus überall ge schmackvolle Behandlung und gefällige Anordnung erkennen. Die Portrait-Aehnlichkcit steht außer Zweifel. Auch befinden sich unter der Sammlung mehrere sehr gut gelungene landwirthschastliche Darstellungen. — Unter den Gegen ständen aus dem Atelier des Herrn Sturmhöfel imponirt das Portrait einer jungen Dame, in verschiedenen Ansichten ausgenommen und auch lebensgroß in Kreide ausgeführt. Ganz vorzüglich sind ein Paar kleine (photographische) Drucksachen, das eine Bildchen nach einem Holzschnitte, das andere — höchstwahrscheinlich — nach einem Kupfer stiche. Es ist dies noch etwas Neues in jener Kunst und desto wcrthvoller, da cs dem Einflüsse des Lichtes nicht unterworfen und deshalb die in dieser Manier ausge führten Gegenstände von großer Dauer sind. — Begleitet uns der Leser von hier aus nochmals in das obere Eck zimmer des Saales zurück, so finden wir 2 Kreidezeichnungen