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L-LU«, ven, wie man sieyl, ver meill^siunzier Mil ver Der deutsch-konservative Wucht seiner gewaltigen Persönlichkeit auf den größten stcr in Borna. verbielt cr'b-is »»er der Revision des Haftpflichtgcsetzes, zum Ziele zu gelangen wäre, ehe man sich auf ein noch nie gemachtes Experiment einlasfe. Aber auch die Fortschrittspartei hat sich dem moralischen Druck, den, wie man sieht, der Reichskanzler mit der Theil der Mitglieder des Reichstags ausgcübt hat, nicht entziehen können. Ihr Antrag auf Revision des Haft- iflichtgesetzes geht bedeutend weiter, als vor wenig Jahren die radikalsten Mitglieder des Reichstags zu verlangen wagten. Die Fortschrittspartei will den Betricbsunter- nehmer für jeden im Betriebe vorgekommencn Unfall haft- >ar machen, sofern er nicht nachweist, daß der Unfall ab sichtlich von dem Getödteten oder Verletzten verursacht worden ist. 1878 und 1879 verlangten sogar die Sozialdemo kraten weiter nichts, als daß die für die Eisenbahnen geltende Bestimmung auch auf die übrigen gefährlichen Gewerbe ausgedehnt werde, daß also der Betriebsunter nehmer zum Schadenersatz verpflichtet sein soll, sofern er nicht nachweist, daß der Unfall durch höhere Gewalt oder durch eignes Verschulden des Getödteten oder Verletzten verursacht ist. Die Redner aller übrigen Parteien fanden damals schon diesen Vorschlag, der doch weit hinter der heutigen Forderung der Fortschrittspartei zurückstcht, noch viel zu weitgehend. Die Fortschrittspartei wollte damals dem Bctricbsunternchmer nur den Beweis auferlcgen, daß er Alles gethan habe, was in seinen Kräften stand, um den Unfall abzuwehren, daß er also den gesetzlichen und erfahrungsmäßigen Vorschriften, die in dieser Beziehung vorhanden sind, genügt habe. Aehnlich sprachen sich in der Session 1879 der klerikale Abg. vr. Frhr. v. Hertling und der deutschkonservative Abgeordnete, jetzige Präsident v. Goßler aus. Die Nationalliberalen wollten die Ver antwortlichkeit des Unternehmers und die Bcweislast in einer der Natur des einzelnen Gewerbebetriebs entsprechen den Weise geregelt wissen, und auf denselben Stand punkt stellte sich die Kommission, welche 1878 mit der Begutachtung der gestellten Anträge betraut worden war. (Schluß folgt.) el's M. allein, an in st seit »netste dieser S auf weitet, ckung. Besicht «sich un- , die wird. Zeit «deren Iruges dabei mzoc- ,g in Lriefe vom Reichstage. XIV. Ll. Berlin, 5. Juni. Es ist nicht ohne Interesse, mitunter in den zahlreichen dicken Bänden, in welchen die Verhandlungen des Reichs tags für die Nachwelt aufbewahrt werden, einige Jahr gänge zurückzublättern, um zu sehen, was über eine ge wisse Angelegenheit früher für Meinungen ausgesprochen, für Beschlüsse gefaßt worden sind. So ist es auch gerade in Bezug auf die jetzt schwebende Frage der Arbeiter- unfallvcrsicherung sehr interessant, die Verhandlungen nach- zulescn, welche der Reichstag am 9. und lO. April 1878 und am 26. Februar 1879 über die Revision des Haft- pflichtgesctzes gepflogen hat. Man gewinnt aus dieser Lektüre den Eindruck, daß noch vor 2—3 Jahren ein Ge setzentwurf wie der vorliegende, wenn er nicht vom Reichs kanzler, sondern von einem Abgeordneten beantragt worden wäre, einer ernsthaften Distusfion gar nicht gewürdigt worden wäre. Zwar haben auch damals schon einzelne Redner beiläufig die Idee einer Zwangskasse berührt. Bei der 1878er Verhandlung regte der Abg. Stumm die obli gatorische Einführung von Jnvalidcnkassen nach dem Muster der bergmännischen Knappschaftskassen für alle Fabrikationszweige an; augenscheinlich sollten aber diese Kassen zunächst nicht bestimmt sein zur Entschädigung von erlittenen Unfällen, sondern ganz allgemein zur Unter stützung solcher Arbeiter, die durch Alter oder Unfälle ihre Arbeitsfähigkeit cingebüßt haben. Ueber die Unfallversiche rung äußerte sich Herr Stumm sogar sehr absprechend; er behauptete, man würde dadurch geradezu eine Prämie setzen auf den Leichtsinn der Arbeiter, und war im Gegen theil der Ansicht, es sei besser, wenn man verhindere, daß der Arbeiter seine gesunden Glieder oder gar sein Leben verliere, als daß man das Hauptgewicht darauf lege, wie man die Wittwe des Arbeiters resp. den Arbeiter selbst md wie Herr en rm. Nk. hig die rc. m- md «s, cik- nach geschehenem Unfälle entschädige. „Wollen wir das" — fuhr Herr Stumm fort - „so müssen wir dem Ar beiter selbst ein möglichst großes Interesse daran geben, daß ein Unglück nicht vorfällt, und das thun wir nicht, wenn wir dem Arbeiter sagen-- Solltest Du verstümmelt werden, so wirst Du für dein Lebtag nicht mehr zu ar beiten brauchen, du bekommst aber deinen Lohn weiter, sür alle Fälle, selbst wo du als gesunder Arbeiter keinen Verdienst mehr haben würdest." 's"' s ' Abgeordnete Heinrich, Bürgermeister in Borna, verhielt sich ebenso wie Herr Stumm im Allgemeinen ablehnend gegen den Gedanken einer Revision des Haftpflichtgesetzes, weil diese Materie am besten im Zusammenhänge mit dem Obligationenrecht geregelt werde, und sagte ferner: „Wer das Haftpflichtgesetz beantragt, der sollte eigentlich gleich zeitig auch die Einrichtung von Zwangskassen beantragen, zu denen nicht nur Arbeiter, sondern auch Arbeitgeber bei steuern, und aus denen seinerzeit die invaliden Arbeiter ernährt werden; aber ich bemerke ausdrücklich, ich stelle diesen Antrag nicht, und bis ein derartiges Institut in's Leben tritt, dürfte noch mancher Tropfen Wasser in's Meer fließen." Im Jahre 1879 traten diese Ideen, die ein Jahr vorher nur ganz schüchtern geäußert und von den übrigen Rednern keines Wortes gewürdigt worden waren, schon bestimmter auf. Der damalige Reichskanzler amtspräsident Hofmann selbst stellte es als zweifelhaft hin, ob die fühlbar gewordenen Mißstände nicht lieber auf dem Wege der Jnvalidenversorgung beseitigt werden sollten, die ein soziales Band zwischen Arbeitgeber und Arbeiter knüpfe, als auf dem Wege der Verschärfung des Haft- pflichtgesctzes, welches in jedem einzelnen Falle der An wendung den Arbeiter in einen juristischen Gegensatz, in eine feindliche Stellung zum Arbeitgeber treten lasse. Diese Idee wurde sofort ausgenommen durch den Abgeordneten Bebel, der eine vollständige Skizze dem Hause vortrug, wie er sich die Zwangsunfallversicherung denke. Er em pfahl die Verwaltung der Kasse durch den Staat, weil dann durch die große Zahl der Betheiligtc-n das Gesetz der großen Zahlen in volle Wirkung treten und die Be lastung des Einzelnen eine vergleichsweise geringere sein würde und zweitens, weil die Verwaltung durch den Staat eine vergleichsweise billige sein könne. Der Staat könnte hierbei dasselbe Prinzip in Anwendung bringen, das bei Tagesschau. Freiberg, 7. Juni. Der Kaiser leidet an einer, übrigens ganz unbedeu tenden Heiserkeit, und hütet Se. Majestät auf Anrathen der Aerzte das Zimmer. Die Reise nach Ems soll in Folge dessen beschleunigt, wahrscheinlich am 8. d. M. an getreten werden. — Das Befinden des Fürsten Bismarck hat sich gebessert, doch hütet der Fürst noch das Zimmer. Seine Absicht soll dahin gehen, nach der Vertagung des Reichstages namentlich an den noch zu erledigenden Zoll- dcbattcn und an den Erörterungen über die Denkschrift bezüglich des Exporthandels nach China, Australien und an den Südseeinseln theilzunchmen. — Fürst Hohenlohe- Schillingsfürst hat sich m einer von ihm vor seinen Wählern gehaltenen Rede auch über das Tabaksmono pol ausgesprochen: er würde nur für dasfclbe stimmen, wenn die Tabakfabrikanten entschädigt würden, für die , Entschädigungen solle eine Anleihe von 300 Millionen Mark ausgenommen werden. Bekanntlich hat der Referent der Tabakcnquctckommission Geheimer Rath v. Moser die zu zahlende Entschädigung auf 687 Mill. Mk. berechnet. — Fürst Hohcnlohc's Aeußcrung scheint den Standpunkt des Kanzlers wiedcrzugcbcn, der die Moser'sche Berechnung als für viel zu hoch bezeichnet und hinzugefügt hatte, daß auch die Hälfte dieser Summe genügen werde. Ferner hat sich Fürst Hohenlohe für den Rcichszuschuß beim Unfalloersicherungsgcsetze ausgesprochen, doch bezweifelt er, daß dieses Gesetz noch in dieser Session zu Stande kommen wird. — Nachdem die Hamburger Bürgerschaft den Beginn der mehrtägigen Berathungcn über den Zoll anschlußvertrag erst auf den 15. Juni festgesetzt hat, eine Beschlußfähigkeit des Reichstages aber keineswegs über den 24. Juni hinaus zu erzielen ist, so hat die Reichs- rcgierung die Einbringung einer Vorlage über den Ham burger Zollanschluß in dieser Rcichstagssession definitiv aufgegcbcn. Die Erklärung der am 29. Mai in Berlin vcr- ämmclten, der nationalliberalen Partei ange- )örenden Mitglieder des Reichstages und der Volksver tretungen deutscher Einzelstaaten lautet wörtlich: „Die nationalltbcrale Partei steht in unverbrüchlicher Treue zu Kaiser und Reich. Bei voller Wahrung der ver fassungsmäßigen Rechte der Einzelstaaten wird sie nach wie vor der weiteren Entwickelung der Reichs-Institutionen in natio nalem und freiheitlichem Sinne ihre Dienste widmen. WaS für diese Entwickelung unter entscheidender Mitwirkung der Partei geschehen ist, bezeugt die Geschichte und die Gesetzgebung des Reichs in den ersten zehn Jahren seines Bestehens. Die nationalliberale Partei hält es für ihre nächste und wichtigste Aufgabe, Vas auf diesem Wege Geschaffene in seinen wesent lichen Grundlagen ungeschmälert zu erhallen, ohne der bessern den Abhilfe Nch zu versagen, wo einzelne Mängel in der Er fahrung bervorgetreten sind. Ihr Vertrauen zu der daS Ansehen Deutschlands und den Frieden Europas sichernden Leitung unserer auswärtigen An gelegenheiten besteht unerschüttert fort. Ueber die veränderte Richtung, welche die innere Politik der Reichsregierung zur Zeit verfolgt, gtebt sich die Partei eben so wenig einer Täuschung bin, wie über die Veränderung, welche ihre eigene Stellung zur RetchSregterung dadurch er fahren hat. Aber die Zurückhaltung, welche hierdurch der nattonalliberalen Partei auferlegt ist, wird sie nicht abhalten, alle Vorlagen der Regierung auch aus dem Gebiete der inner« Gesetzgebung unbefangen und sachlich zu prüfen und dem als nützlich Erkannten ihre Unterstützung zu leihen. DieS gilt namentlich auch von den Vorschlägen, welche für die arbeiten den Klassen die Förderung der Woblsahrt und den Schutz gegen die Folgen von Unglücksfällen im Auge haben. Getreu der natürlichen und übernommenen Verpflichtung werden wir der sozialistischen Bewegung nicht lediglich durch die Nieder haltung drohender gewallsamer Ausbrüche, sondern vor Allem auch durch positive Maßregeln für das Wohl der arbeitenden Klassen entgegcnzutreten bemüht sein. Alle Bestrebungen, gleichviel von welcher Seite sie kommen, welche aus die Schmälerung der verfassungsmäßigen Rechte der Volksvertretung und aus die Rückkehr zu abgestorbenen Formen unseres wirthichaitlichen LebenS gerichtet sind, wird die Partei mit Entschiedenheit bekämpsen. Sie ist jederzeit bereit, dazu beizutragen, daß ein iricdlicheS Verhältniß zwischen Staat und Kirche wieder hergestellt und aufrecht erhalten wird. Sie weiß auch sehr wohl die große Bedeutung des kirchlichen Lebens für unser Volk zu würdigen. 'Aber den nothwendigen und unveräußerlichen Rechten deS LtaateS gegenüber der Kirche wird sic keinen Abbruch geschehen lassen namentlich auch nicht aus den Gebieten ter Schule und der Ehegesetzgebung, wo Uebergriffe kirchlicher Reaktion gerade i in Deutschland stets am peinlichsten empfunden sind und am 'unheilvollsten gewirkt haben. den jetzt bestehenden Unfallversicherungskassen zu Grunde gelegt worden sei, nämlich daß er die verschiedenen Gewerbe und Jndustrieen nach ihrer Gefährlichkeit für das Leben und die Gesundheit der Arbeiter in ver schiedene Klassen und Kategorien theilc. Der Redner führte diesen Plan noch weiter aus, und zwar in einer Weise, daß man deutlich erkennt, die Idee des Sozial demokraten Bebel ist bei der Ausarbeitung des Unfallver- sichcrungsgesetzes nicht nur in Erwägung gezogen, sondern sie ist dem Entwürfe geradezu zu Grunde gelegt worden. Nur in zwei Punkten unterscheidet sich der Plan Bebels von dem jetzigen Entwürfe: einmal wollte er für alle ge fährlichen Gewerbe die Unfallversicherung eintreten lassen, wogegen der jetzige Entwurf nur den Maschinenbetrieb, die Großindustrie vcrsicherungspflichtig macht, und zweitens wollte er, daß die Prämien von den Arbeitgebern allein bezahlt werden sollten, während der Entwurf die Arbeitgeber nur zu zwei Dritteln heranzieht und das letzte Drittel durch den Arbeiter bez. durch den Staat gewähren lassen will. Vor zwei Jahren hielt es Niemand für nöthig, auf den Plan des Herrn Bebel auch nur mit einem einzigen Worte einzugehen, und heute sind vier Fünftel des Reichs tags — wohlgemcrkt desselben Reichstags, der 1879 die Frage berieth — dafür gewonnen, daß die unleugbaren Mißstände, die sich bei Anwendung des Haftpflichtgcsetzes gezeigt haben, nicht durch Revision dieses Gesetzes beseitigt werden, sondern durch zwangsweise Unfallversicherung. Mit keinem Worte ist mehr davon die Rede, daß man auf den Leichtsinn der Arbeiter eine Prämie setze, und doch hat vor drei Jahren der gut konservative Herr Stumm gerade diesen Punkt als besonders beachtenswerth hervorgehoben. Niemand nimmt daran Anstoß, daß eine solche Einrichtung, wie sie der Entwurf treffen will, noch niemals in irgend einem Kulturstaate versucht worden ist. Nur eine Partei des Hauses, die Fortschrittspartei, hat sich auf einen wahrhaft konservativen Standpunkt gestellt, indem sie beantragte, doch erst die Probe zu machen, ob nicht doch auf dem Wege der Reform des Bestehenden, Wetter-Prognose sür Mittwoch, Sm 8. Juni: Wolkig bis trüb, Temperatur wenig verändert, Mederschläge. . . ... 33. Jahrgang. den I n Mittwoch, dm 8. Juni. Inserate werden bis Vormittags 11 Uhr angenom- ü M men und beträgt der Preis für die gespaltene Zelle 1 D oder deren Raum IS Pfennige. g -a /» ^ Erscheint jeden Wochentag Abends S Uhr für 1 andern Tag. 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