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EpqWMMWWW« SS. AichrßSVg. —— - Souatag, da 27. Mörz. , Erscheint jeden Wochentag Abende S Uhr stir den ./Vö /I andern Tag. Pni«vicrteljLhrlich2 Mark2ü Pi., zwetmonatlich 1 M. SO Pf. u. etnmonatl. 7b W. Inserate werden bi» vormittag» H Uhr angenom- ft men und beträgt der Drei» für di« gehaltene Zetir ft 1 oder deren Staum IS Pfnmtge. ft Amtsblatt für die kömglichm und städtischen Behörden zu Freiberg und Braud. Verantwortlicher Redakteur Brau« di Freiberg. BeMF^eiqE und MaMM. (Einladung ;«m Abonnement. Indem wir das geehrte Publikum Freibergs sowie der näheren und weiteren Umgebung zum Abonnement auf den „Ireiöerger Anzeiger und Tageblatt" pro zweites Quartal 1881 höflichst einzuladen uns erlaubm, bitten wir, besonders die auswärtigen Abonnenten, die Bestellungen auf das Blatt rechtzeitig machen zu wollen, damit eine Unterbrechung resp. verspätete Lieferung vermieden wird. — Nach wie vor werden wir bemüht sein, den Inhalt unserer Zeitung möglichst mannigfaltig, gediegen und interessant zu gestalten. Außer der Besprechung wichtiger Fragen in Leitartikeln finden die politischen Ereignisse des In- und Auslandes in gedrängter Kürze und Uebersichtlichkeit die ihnen gebührende Erwähnung. Bei wichtigeren Vorkommnissen gebm wir sofort Kunde durch telegraphische Depeschen. Ebenso werden in Telegrammen vom Meteorologischen Institut zu Leipzig die Wittcrungsaussichteu für den folgenden Tag bekannt gemacht, was namentlich für unsere Landbevölkerung von besonderer Wichtigkeit sein dürfte. — Unsere lokalen Nachrichten beschränken sich nicht nur auf die täglichen Vorkommnisse, sondern beschäftigen sich auch mit städtischen Fragen und mit den vielen in unserer Stadt bestehenden Vereinen. Bei den Nachrichten aus dem Königreich Sachsen sollen hauptsächlich die Ortschaften des Landgerichts- und amtshauptmannschaftlichen Bezirks Freiberg, sowie insbesondere die des Erzgebirges Berücksichtigung finden. Regelmäßig erscheinen auch die Gerichtsverhandlungen beim Landgericht Freiberg, sowie bei den Amtsgerichten in Brand und Sayda. Das Feuilleton bringt nur gediegene Novitäten; der wird auch ferner die Obst- nud Gartenbau-Zeitung beigegebeu; ebenso werden die PreiSräthsel fortgesetzt. Der vierteljährliche Abonnementspreis beträgt 2 Mk. 25 Pfg. Bestellungen nehmen sämmtliche kaiserliche Postanstalten, sowie di* Expedition und die bekannten Ausgabestellen in Freiberg, Brand, Langenau, Halsbrücke und Langhennersdorf entgegen. Inserate finden in dem ,,Freiberger Anzeiger und Tageblatt" die weiteste und zweckentsprechendste Verbreitung. Die Expedition des Freiberger Anzeiger und Tageblatt. Die Woche. Wir leben zwar in der Fastenzeit, aber in der poli tischen Welt, die ja allerdings mit der Kirche nicht überall im Einklänge sich befindet, ist wenig davon zu verspüren. Selten haben die Politiker so viel hinunterzuschlucken gehabt, wie jetzt. Wir Deutschen erfreuen uns eines be sonders reich besetzten Tisches; freilich ist's oft wenig nach unserem Geschmack und Manches liegt dabei recht schwer im Magen. So z. B. der Verfassungs-Konflikt zwischen Regierung und Reichstag wegen der Kosten für den Zollanschluß Ältona's an's deutsche Reich. Die Sache ist folgende: Mit der Einverleibung Ältona's in den Zollverein sind natürlich Kosten verbunden. Wer be willigt diese Kosten? Alle Welt meint: natürlich der Reichstag im Budget. „Alle Welt irrt sich" — antwortet darauf das Sprachrohr' des Fürsten Bismarck, die Nord deutsche Allgemeine Zeitung. Der Zollverein, meint die selbe, hat sie zu bewilligen und den Reichstag geht die Sache gar nichts an. Aber der Zollverein besteht ja nicht mehr; die deutsche Reichsverfasfung, Reichstag und Bundes- rath sind doch an seine Stelle getreten. Nein, sagt das erwähnte Organ, der Zollverein besteht noch! Die Budget kommission des Reichstags war allerdings anderer Mei nung und beschloß mit 15 gegen 9 Stimmen, dem Reichs tage eine Resolution vorzulegen, wonach dieser die Kosten zu bewilligen habe. Am letzten Donnerstage kam die An gelegenheit zur Entscheidung. Der Referent der Budget- kommisson v. Benda wie insbesondere auch Abg. Delbrück wiesen überzeugend nach, daß das Gcldvewilligungsrecht des Reichstages für sachliche und persönliche Ausgaben in Zollangelcgenheitcn außer allem Zweifel stehe. Gegen über dem klaren Wortlaut der Verfassung sei die Fiktion, neben dem Reiche bestehe der Zollverein noch fort, unhalt bar. Trotz der gegentheiligen Behauptung von Seiten der Regierungsbank, daß der alte Zollverein noch zu Recht bestehe, trat der Reichstag doch mit <83 gegen 45 Stimmen der Budaetkommission bei und erklärte den früheren Zollverein für absolut todt, um sein Geldbewilli- gungsrecht sich nicht schmälern zu lasten. Die An schauungen der Regierung und des Reichstages stehen sich also diametral gegenüber; es handelt sich wie im Konflikt der sechsziger Jahre wieder um das Budgetrecht und noch dazu in einer weit unbedeutenderen Angelegenheit als damals. Wir meinen doch, die Reichsrcgierung sollte wieder und wieder erwägen, ob es gerathen sei, wegen einer solchen Sache einen Konflikt herauf zu rufen, noch dazu mit dem deutschen Reiche, der eine weit größere Be deutung hat als der damalige Konflikt mit Preußen. — Damit ist aber die Liste der harten Bisten noch nicht er schöpft: die Wehrstcuer, die Brausteuer, das immer mehr auf Krisen hindrängende Verhältniß des Reichskanzlers zu den liberalen Parteien sind Dinge, die Vielen nicht recht munden wollen. Und was das Schlimmste ist: Nie mand weiß, was der Nachtisch - die Reichstagswahl — bringen wird. Eine schmackhafte Fastenspcise ist dagegen für die Klerikalen die Wicdcrbcsetzung der Bischofssitze in Paderborn und Osnabrück; nur meinen sie, das mache sie noch nicht satt. Herr v. Puttkamer wird wohl so freund lich sein, auch für Stillung des weiteren Hungers Sorge zu tragen. Nach österreichischen Meldungen soll es mit dem Ministerium Taaffe wacklig stehen, indessen ist die Sache wohl nicht sehr ernst zu nehmen. Wie oft wurde schon eine Krisis angekündigt und immer zerthcilten sich wieder die sturmdrohenden Wolken. Diesmal ist die Sache folgende: Wenn auch der wohlgenährte Pater Greuter mehr als einmal erklärte, seine Tiroler wollten eher jede materielle Einbuße erleiden, als mit einer Partei Hand in Hand gehen, die durch ihre Schul- und konfessionelle Gesetzgebung das Seelenheil der Bevölkerung gefährde, so hat man doch bei der Debatte über die Gebäude steuer gesehen, daß diese glaubenseinheitlichen Leute auch die irdischen Dinge ganz gut zu schätzen und ihren geist lichen Anstalten recht ansehnliche Summen zu erhalten wußten. Nun verlangen sie aber auch bei der Grund- stcuerdebatte ungenirt eine Herabsetzung der Tirol und den anderen drei Alpenländern zugcdachten Mehrbelastung auf die Hälfte. Da aber erklärt der Regierungskommissar Dunajewski: „ich kann nicht mehr" und wendet sich zum Grafen Taaffe mit der Bitte: „geh Du voran, Du hast die großen Stieseln an!" Polen und Czechen weigern sich einmüthig, der Forderung der Klerikalen Gehör zu geben — aber die Dcutschböhmen müssen und werden den Aus fall an Stimmen decken, der auf der Rechten entstehen würde, selbst wenn der Klub Hohenwart diesmal fest bei seinem Entschlusse bliebe. Sicher ist das Letztere immer noch lange nicht, denn, bricht die Rechtspartei mit dem Kabinet, so ist der Antrag Lienbacher im Herrcnhause vollends beseitigt und von weiterem „Verschleiße" auf Kosten der Schul- und konfessionellen Gesetze nicht mehr die Rede. Das aber ist und bleibt die Hauptsache für die Greuter, Lienbachcr, Hohenwart und Genossen- Die in Frankreich drohende Ministcrkrisis ist dadurch beseitigt worden, daß die Minister beschlossen, die Frage wegen Einführung des Listenskrutiniums an Stelle der bisherigen Einzelwahlen zu keiner Kabinetsfrage zu machen, sondern neutral zu bleiben. Wir legen auf diesen ver mittelnden Ausweg wenig oder gar keinen Werth. Wenn das Kabinet in einer so ernsten Frage sich „neutral" er klärt, so ist das doch offenbar nichts als eine Vertagung des Konflikts, die nur von kürzester Dauer sein kann. Ist diese Neutralität nicht schon eine Ankündigung der Diktatur Gambctta's? Nachdem dessen Besuch bei Grevy nicht zu einer Verständigung geführt, blieb dem Ministerium nichts übrig als Neutralität, um der Krisis auszuweichen Wer regiert denn da, Gambetta oder Grevy? Will man doch sogar wissen, Gambetta drohe das Präsidium der Deputirtenkammer nicdcrzulcgen, falls die Kammer bei der bisherigen Einzelabstimmung verharre! Ein Präsident aber, der das willenlose Mundstück der Kammer zur Ver kündigung ihres Willens sein soll — was ist er, sobald er ihr seinen Willen aufzwingcn will, wenn nicht ein Diktator hinter den Koulissen? Bei alledem kann man Gambetta eine bestimmte Konsequenz seiner Handlungs weise nicht absprechen. Als Grevy und Freycinet in ihren Reden zu Dijoß und Montauban die Heraus forderung Gambetta s in Cherbourg desavouirten, mußte das Kabinet Freycinet über die Klinge springen. Aber bei Leibe nicht der Cherbourger Toaste wegen, sondern weil Freycinet bei Ausführung der Märzdekrete nicht schneidig genug war. Nun soll dessen Nachfolger, der greise Barthelemy Saint-Hilaire, der denkbar schroffste Gegensatz zum Cherbourger Programm, ebenfalls beseitigt werden; aber wiederum nicht einer auswärtigen Frage wegen, sondern für ihn ist das Listens krutini um als Stein des Anstoßes erwählt, wie seiner Zeit für Freycinet die Märzdekrete. Und was bleibt Grevy übrig? Ent weder die Abdankung, oder er muß Gambetta regieren lassen, der keine anderen Minister im Amte duldet, als ihm unbedingt ergebene Kreaturen. Das Ansehen Grevy's und der Regierung muß selbstverständlich unter solchen Umständen leiden; es macht einen kläglichen Eindruck, wenn die Spitzen der Regierung in einer so wichtigen Ange legenheit keine selbständige Meinung zu äußern wagen. Eine andere Frage ist freilich noch, ob Gambetta die Majorität der Kammer für seine Ansicht gewinnen kann- Die Kommission hat sich gegen ihn ausgesprochen, indem sie beschloß, die Arrondissementswahlen beizubchalten. Allem Anscheine nach sind die Engländer auf dem besten Wege, den Aufstand der Boern in Südafrika zum friedlichen Austrag zu bringen, wobei die Besiegten kaum zu kurz kommen dürften. Es scheint ganz, als ob die guten Boern sich besser auf das Schießen wie auf die diplomatischen Verhandlungen verstehen und ob John Bull sich eben daran mache, sie zu übervorthcilen. Die Friedens- bcdingungen sollen nämlich folgende sein: 1) Die Souze- ränetät der Königin über Transvaalland wird anerkannt; 2) den Boern wird ein vollständiges Selfgovernment zu gesagt; 3) es wird eine Kontrole über die auswärtigen Angelegenheiten Vorbehalten; 4) in die künftige Haupt stadt des Transvaallandes wird ein englischer Resident gesandt; 5) die königl. Kommission besteht aus den Ge neralen Robinson und Wood und dem Oberrichter des Kaplandcs, Villiers; 6) die Kommission erwägt die Be dingungen zum Schutze der Interessen der Eingeborenen und die Arrangements in Betreff der Grenz-Angelegen heiten; 7) die Kommission zieht ferner in Erwägung, ob