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MWWWWZMM ---- "- - " ' " ' " ' ' Die Woche. Die Politik hielt auch in dieser heute zu Ende gehenden Woche noch Ferien und frohe Festesklänge traten an Stelle ernster Beschlüsse und langathmiger Debatten. Die Weihe des Kölner Domes wars ihre Strahlen verklärend in das trübe Zwielicht dieser Herbst tage und wenigstens auf ein paar Tage hatten wir „Gottesfrieden," den der Kaiser in seiner bekannten Rede wünschte und welcher leider noch lange auf sich warten lassen wird. Die Freude über die Vollendung des Werkes, wohl auch Vic Freude über das Gelingen der Feier, die trotz aller Anfeindungen über Erwarten glück lich ausficl, beherrschte die Herzen noch viel zu sehr, als daß man geneigt gewesen wäre, sogleich wieder zum alten Tagewerk der Partcipolitik zurückzukehren. Mit der Loosung von der „würdigen Zurückhaltung," welche die Ultramontanen bei dieser Gelegenheit ausgcgebcn, sind wir übrigens ganz einverstanden, so vollständig einverstanden, daß wir nur wünschen können, sie möchten dieselbe auch bei allen anderen Gelegenheiten aufstcllcn und fcsthalten. Wie schön wäre es beispielsweise, wenn überall, wo das deutsche Volk über seine höchsten Güter verhandelt, die Ultramontancu sich „würdig zurückhalten" wollten! Kein Mensch wäre ungehalten, wenn sie durch solche Zurück haltung sich abhalten ließen, uns aufzuhaltcn. Doch machen wir Halt! Die Ultramontanen werden uns diesen Gefallen doch wohl nicht thun, denn Konsequenz ist ihre Sache nicht. Das zeigt ihr Verhalten auf verschiedenen Versammlungen und bei verschiedenen Gelegenheiten. Noch in jüngster Woche erlebten wir ein eigenthümliches Bei spiel. Während Stöckerrath in Frankfurt a. M. gegen die mit slavischen Elementen vermischten Ostdeutschen zu Felde zog, welche die Westdeutschen majorisiren wollten, ging Windthorst nach Breslau und liebäugelte auf der dortigen Katholiken-Dcrsammlung mit den Polen, welche ihrerseits nur nach Breslau gekommen waren, um die Polnisch sprechenden und katholischen Oberschlesier gegen das Deutschthum aufzuhetzcn. Es haben in letzter Zeit Verhandlungen zwischen dem General-Auditeur der preußischen Armee, Geh. Justizrath Oehlschläger und den Kriegsministerien der süddeutschen Staaten, beziehungsweise den Regierungen von Württem berg und Baiern über eine neue Militärstrafprozeß- Ordnung stattgcfunden. Was ihr Resultat anbelangt, so wird von allen Seiten bestätigt, daß in Baiern eine unbedingte Abneigung obwaltet, die Ocffcntlichkeit des Verfahrens im Militärstrafprozcß aufzugeben, auf die Militär-Schwurgerichte zu verzichten und die Rechte der Verthcidigung einzuschränken. Diese entschiedene Haltung in den maßgebenden bairischen Kreisen ist gewiß nur er freulich. Die bairische Militärgerichtsordnung enthält den Grundsatz: „Das Militärstrafverfahren richtet sich nach dcn für das bürgerliche Strafverfahren geltenden gesetzlichen Bestimmungen, insoweit nicht im gegenwärtigen Gesetze Amtsblatt für die königlichen und Wüschen Behörden zn Freiberg nab Brand. Verantwortlicher Redaktevr Joli«» Vrnuv i» Kreider-. ^-249. Erscheint jeden Wochentag Abends S Uhr für den andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mark 25 Pf., zweimonatlich 1 M. 5V Pf. u. cinmonatl. 75 Pf. 3». Jahrgang. Sonntag, den 24. Oktober. — EUI Inserate werden bis Vormittags 11 Uhr angenom- n men und beträgt der Preis für dir gespaltene Zeile 1 > oder deren Raum 1b Psvmige. RachbefteLvuge» off te» Er die Womtte November v«d Dezember »erde» von sSmmtttche« Postmrstnlteu wie vo« der imterzetchurle« Expedition und de« belmmim A«S- -edeftellm io Freiberg, vrmrb, Laugen «nr, Halsdrücke, Lm-hmaerSborf mrb Weitzmbam zu« Preise vor 1 Ml. 5V Pf. «gnmauam. LxpElon ä«8 „frsibvrgvi' änrvigsf unü lagvdlsU . anders verordnet wird." Und dieser Grundsatz ist dort in einer Weise praktisch durchgeführt worden, gegen welche sich stichhaltige Einwendungen schwerlich erheben lassen. Auch hat die Disziplin darunter nicht gelitten. Während der Kaiser von Oesterreich seinen Schle siern einen Besuch abstattete, traten die gemeinsamen Dele gattonen in Pest zusammen. Die österreichische wählte den Grafen Corouini, die ungarische Ludwig Tisza zu Präsidenten. Letzterer betonte in seiner Ansprache die Rothwendigkeit der Gewährung der erforderlichen Mittel zur Behauptung der Machtstellung der Monarchie bis zur Grenze der Möglichkeit. — Der Czechenführer vr. Rieger aus Prag giebt sich Mühe, die Magyaren für die czechische Aktionspolitik zu gewinnen. Er ist nach der ungarischen Hauptstadt gereist und verkehrt dort mit hervorragenden Politikern. Ob ihm sein Plan gelingt, bleibt vorläufig noch abzuwarten. In Italien haben die Gemäßigten den Ultramon tanen die Freundschaft aufgesagt. Die Ersteren hatten seit langer Zett den Plan, sich mit den Letzteren zu ver binden, um die Zügel der Gewalt wieder in die Hände zu bekommen. Auf beiden Seit?» sollte die Heuchelei das Beste thun. Jetzt haben sich die seit einiger Zeit mit großer Schlauheit gepflogenen Verhandlungen zerschlagen, da die Erfolge bei den administrativen Wahlen die Ultra montanen übcrmüthig gemacht und zu dem Wahne ver führt haben, als könnten sie auch ohne die Gemäßigten siegen. Letztere kündigten deshalb die Freundschaft. In Frankreich hat sich das alte Sprichwort, daß man bei jedem Ereigniß die Frau suchen müsse, die dahinter stecke, wieder einmal bewährt. Der Prozeß gegen einen Journalisten und seinen Gewährsmann, die einen Offizier der Spionage verdächtigt hatten, führte dazu, daß General Cissey, wegen seiner Beziehungen zu einer Frau und der um ihretwillen begangenen Mißbräuche seiner Autorität arg kompromittirt, seine Entlassung als kom- mandirender General nehmen mußte. Dagegen läßt sich nun wenig einwenden. Eigcnthümlich aber ist es, daß die Empörung gegen Cissey weniger durch seinen Mißbrauch des Amtes, als durch seine Verbindung mit einer Frau entstanden ist, die österreichischer Geburt und darum — deutsche Spionin sein soll. Einen Spion müssen die Franzosen auf alle Fälle haben. Erst war der in jenem Prozesse als Kläger auftrctende Offizier der Spion; nun, nachdem sich das Blatt gewendet, ist es jene Freundin des Generals Cissey — die Frau des Klägers. — Der Minister Ferry hat zur Ausführung der Märzdekrete einen weiteren Schritt gethan, indem er die Karmeliter auswies. Viel Aufsehen haben diese Maßregeln nicht gemacht, Un ruhen auch nicht hervorgerufcn. Immerhin ist nicht an zunehmen, daß sich die Ultramontanen dies ruhig gefallen lassen werden und die Kämpfe dürsten wohl noch nach kommen. Den Engländern wird doch jetzt bange, wie sich die Dinge in Irland immer mehr zuspitzen. Wenn Gladstone ab und zu ein stilles Stündchen zur Betrachtung über be gangene Fehler verwenden sollte, so würde es ihm an Stoff nicht fehlen. Insbesondere hätte er reichen Anlaß, über das Thema fruchtbare Erwägungen anzustellen, daß man als Führer der Opposition nie Hoffnungen erwecken sollte, welche man als Ministerpräsident kaum zu verwirk lichen im Stande ist. Noch im Mai d. I. äußerte Glad stone, in Irland liege eine große Beschwerde vor, welcher abgeholfen werden müsse. Nun ist er am Ruder, nun richten sich die Beschwerden an ihn- Aber wir zweifeln, daß er sich heute auch nur über die Richtung klar ist, in welcher die Abhilfe erfolgen soll. Die Hoffnungen, welche vertrauensselige Irländer an seinen Amtsantritt knüpften, drohen schon jetzt gewaltig in die Brüche zu gehen. Eine enttäuschte Hoffnung verbittert aber ost mehr, als eine schon von Anfang an bestandene Aussichtslosigkeit. Wenn daher Gladstone eines Tages von den Iren mehr gehaßt und heftiger angegriffen werden sollte, als Beaconsfield, so dürste er sich nicht wundern. Die Leistungen der Diplomatie in dem neuesten Stadium der Orientfrage sind nicht beneidenswerth. Die Pforte gebehrdet sich wie ein böser Schulbube, der seine Lehrer und Vormünder foppt, weil ex sie für zu schwach hält, um ihm ernstlich das Fell auszuklopfen. Und sie behält Recht, denn mit staunenswürdiger Geduld sehen die Mächte den türkischen Kreuz-und Ouerzügen ruhig und unschlüssig zu. Der Sultan hat versprochen, Dulcigvo an Montenegro abzutreten. So weit war die Welt qber bereits vor so und so vielen Wochen. Türken und Mon tenegriner unterhandeln über eine Konvention; aber kaum begonnen, wurden die Verhandlungen wieder abgebrochen. Gesetzt aber, daß die Konvention wirtlich noch zu Sttüfi>e kommt, find die Albanesen mittlerweile kühler, unter würfiger, versöhnlicher geworden? Montenegro verlangt Bürgschaften für die Friedensliebe der Albanesen; es fürchtet, von den Berserkern des Orients bekriegt zu werden. Bezüglich dieses Punktes aber herrscht ein tiefes Dunkel. Meint cs die Pforte ehrlich, oder will sie den Fürsten der schwarzen Berge in eine Falle locken? Wollen die Engländer und Russen, die in Cettinje vermitteln, den Streit ausglcichcn oder ihn verschärfen? Sind sie es, welche die Forderung der Bürgschaften aufgeworfen haben, oder fühlt sich Montenegro zu schwach gegenüber den Arnauten? Wer will in Rijeka falsches Spiel spielen? Alle diese Fragen harren noch der Beantwortung. In zwischen ist die europäische Flotte in der Bucht Hon Cattaro festgenagelt und das große Publikum gelangt zu dem bitteren Bewußtsein, daß die orientalischen Streit fragen sich jetzt wie immer nur im Kreise drehen. Vielleicht wird man noch ein Dutzend mal die glückliche Lösung der Dulcigno-Frage ankündigen, um hinterdrein ebenso ost von den Thatsachen dementirt zu werden. Die offiziösen Bulletins verkünden nichts als die allerneuste Wahrheit über Dulcigno; Die Secschlange ist todt, es lebe die Secschlange! Tagesschau. Freiberg, 23. Oktober. Kaiser Wilhelm wohnte gestern der Einweihung des Joachimsthal'schen Gymnasiums in Berlin bei und nahm nach Beendigung des Gesanges „Nun danket Me Gott" das Wort zu folgender Ansprache: „Wie Gott in seiner Gnade und mit seinem Segen das alte Haus gestiftet und erhalten hat, so möge Er auch über dem neuen Hause walten. Ich kann nur wünschen, daß die Gesinnungen, die dieses Haus gegründet haben, wie sie hier in den schönen Anreden eben ausgesprochen wurden, Fleisch und Blut werden mögen in Allen, die jetzt und künftig in diesem Hause lernen und lehren werden; — und zwar auf dem Grunde, auf dem allein alles Heil ruht, in dem alle Dinge tüchtig gemacht und vollendet werden, von dem auch soeben geredet ist. Es sei zu Ihnen gesprochen — hiermit wandte sich der Kaiser an die Schüler — die Sie hier eben cingetreten sind und bereits Ihre Erziehung er halten ; vergessen Sie nicht, was der Staat und die Lehrer für Sie gethan, so werden Sie tüchtige, treue Unterthemen werden. Wenn die Jugend so erzogen wird, dann wird es um Preußen immer wohl stehen. Wie die Stifter und Förderer dieser Anstalt bei der Stiftung und Erhaltung derselben es gewollt und beabsichtigt, so möge hier alles geschehen. Das walte Gott" — Die Vermählung des Prinzen Wilhelm mit der Prinzessin Auguste Viktoria von Schleswig-Holstein-Augustenburg ist auf den 26. Februar „^gesetzt. — In Bezug auf die Abwickelung der Geschäfte des Bundesraths ist, wie die „National-