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und TagedlaU /» «H n Erscheint jeden Wochentag Abends 6 Uhr für den ./V« I andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mark 2b Pf., * zweimonatüch 1 M. bi) Pf. u. einmonaU. 7b Pf. Inserate werden bis Vormittags I I Uhr angenom rate werden ms Vormittags 11 uyr angenom- - und bettägt der Preis für die gespaltene Zeile 1 D oder deren Raum IS Pfennige.. men waltet. Oesterreichs Uebergewicht auf der Balkan-Halb insel mag Rußlands Eitelkeit verletzen, aber seine Jn- teressen-Sphäre berührt es nicht. Englands Oberhand da- elbst aber bedeutet einen direkten Eingriff in Rußlands Machtbereich, eine endgiltige Erledigung der viele Jahr zehnte alten Rivalität Englands und Rußlands im süd- jstlichen Winkel Europa's zu Gunsten des erstern. Oester reich könnte auf Konstantinopel verzichten, England würde Konstantinopel zu allererst nehmen. Somit wäre die Freundschaft Englands für Rußland gefahrvoller als die Feindschaft Oesterreichs. Da die Engländer, gleichviel ob Whigs oder Tories, >ei ihrer auswärtigen Politik stets den Nutzen ihres Landes im Auge haben und sich weder von des Nachbars schönen Augen noch von sonst welchen romantischen Gefühlen eiten lasten, so dars man wohl annehmen, daß Gladstone bei seiner stets zur Schau getragenen Sympathie für die Völkerschaften der Balkan-Halbinsel, seiner Feindschaft gegen Oesterreich und Hinneigung zu Rußland von Anfang an kein anderes Ziel verfolgt hat als das, Rußland all- mälig in eine Sackgasse zu bringen, aus welcher es nicht wieder heraus kann. Gladstone und Beaconsfield sind einig in ihren Zielen, nur in der Wahl der Mittel weichen sie von einander ab. Beaconsfield pflegte die Freund schaft mit Deutschland und Oesterreich und wollte seinen Antheil an der Beute bei Theilung der Türkei allenfalls mit Gewalt nehmen; Gladstone dagegen will den Russen den selten Bissen, welcher in dem Besitz Konstantinopels für sie liegt, in aller Freundschaft vom Munde weg nehmen, wenn die Russen durch andere Verwickelungen an Händen und Füßen gebunden sind. Nur darum hetzt er mit unermüdlichem Eifer in Paris sowohl wie in St. Pe tersburg gegen Deutschland und Oesterreich. Der Plan entspricht in allen Stücken dem englischen Charakter, welcher stets möglichst hohen Gewinn bei möglichst wenig Einsatz erstrebt und welcher namentlich allem kriegerischen Ein schreiten durchaus abgeneigt ist. Es gehört kein besonderer Scharfsinn dazu, um all dies Getriebe zu durchschauen und den Gladstonc'schen Jntriguen auf die Spur zu kommen. Die russischen Diplomaten würden wohl auch längst dahinter gekommen sein, wenn sie nicht durch ihre panslawistischen Ideen total verblendet wären. Wollten sie die Lage ruhiger ansehcn, so würden sie finden, daß in der orientalischen Angelegenheit kein Bündniß so viel Werth ist, wie das mit Deutschland. Denn Deutschland ist die einzige Macht, welche im Orient keine selbstsüchtigen Pläne zu verfolgen braucht und welche ohne allen Eigennutz nur die Interessen seiner Verbündeten und ganz Europa's wahren kann. Jede andere Macht verfolgt im Orient eigene Interessen und verlangt mehr oder weniger Berücksichtigung derselben für die Unterstützung, welche sie gewährt; Deutschland braucht nicht zu feilschen und zu markten. Darum wäre es für Rußland am allervortheilhaftesten, die Freundschaft Deutschlands wieder zu suchen. Freilich müßte der voll ständige Verzicht auf alle panslavistischen Pläne voraus gehen. Die orientalische Frage. Der Ausgang der französischen Ministerkrisis hat, so viel sich übersehen läßt, nirgends befriedigt außer in Deutschland und Oesterreich, und das ist auch ganz natürlich. Daß Gambetta schließlich aus Furcht, nach der vorzeitigen Enthüllung seiner Kriegspläne die Dinge allzu schnell zu einer ernsten Wendung zu treiben, gerade den jenigen französischen Staatsmann znm Minister des Aus wärtigen machen mußte, welcher von allen französischen Politikern der gemäßigtste, ja ein aufrichtiger Bewunderer des Fürsten Bismarck ist, — das ist verdrießlich nicht nur für Gambetta, sondern sür jeden Franzosen, der darin eine Demüthigung der französischen Politik sieht. Und daß Frankreich, auf dessen Beistand überall, wo es gegen Deutschland und Oesterreich galt, gerechnet werden konnte, nun plötzlich in der feierlichsten und verbindlichsten Weise seine Friedensliebe betheuert, wird manchen Staatsmann in London und in St. Petersburg verstimmen, der die Unterstützung Frankreichs als einen wichtigen Faktor in seine Berechnungen gesetzt hatte. Daran kann selbst der Gedanke nicht viel ändern, daß die Herrlichkeit des neuen französischen Ministeriums wahrscheinlich nicht lange dauern wird. Es wäre nicht befremdlich, wenn die französisch-englisch- russische Koalition, an welcher nun schon lange gearbeitet worden ist, an diesen Vorgängen scheitern sollte. Wenn die russischen Politiker ihren panslavistischen Ideen zu entschlagen vermöchten, so müßten sie sich in der That sagen, daß sie mit der Annäherung an die Westmächte und der Lösung des Drei-Kaiser-Bundes ein sehr gewagtes Spiel begonnen haben, bei welchem sie leicht den Einsatz verlieren können. Wenn man sich diese französisch-englisch- russische Koalition etwas näher ansieht, so kann man sich des Gedankens nicht erwehren, daß es dabei auf eine Ueberlistung Rußlands abgesehm ist und daß die russischen Staatsmänner dies bisher nur deshalb nicht gemerkt haben, weil sie zu sehr empört darüber sind, daß Oesterreich auck seinen Antheil an der Balkan-Halbinsel haben will Denken wir uns doch einmal: die orientalische Angelegen heit führte zu dem längst gefürchteten Weltbrand, was würde dann wohl die nächste Folge sein? Frankreich würde über Deutschland herfallen, Rußland hätte mit Oesterreich alle Hände voll zu thun, die praktisches Engländer aber ! würden wahrscheinlich schleunigst die Gelegenheit benutzen, in aller Gemüthsruhe so viel als möglich von der Erb schaft des kranken Mannes' cinzuheimsen. Rußland, welches im Jahre 1870 den deutsch-französischen Krieg gleich falls benutzte, um den Pariser Vertrag von 1856 zu zer reißen, weiß ja, wie es gemacht wird. Wenn sich die russischen Staatsmänner diese Aussichten vergegenwärtigen, werden sie finden, daß sie die allerschlimmsten sind, die I sie sich nur denken können. Denn wenn England auf der I Balkan-Halbinsel freie Hand hat, so bedeutet das etwas I Sanz Anderes, als wenn Oesterreich dort schaltet und Amtsblatt für die königlichen nnd städtische» Behörden zn Freiberg «nd Brand Verantwortlicher Redakteur Iulius Braun in Freiberg. Abonnements ruf He« für die Monate Oktober, November uns Dezember werden von sämmtlicheu Postaustalteu wie von der avterzeichneten Expedition und -e« bekauuteu Aus gabestellen in Freiberg, Brand, Laugemm, Halsbrücke, LavgheunerSdorf uv- Weitzevbor« zum Preise bau 2 Mk. 25 Pf. augenommeu. Lxpsckition äv8 „freiberger änrsigsn unä lagsdisli". 32. Jahrgang. .. Sonnabend, den 2. Oktober Die föderalistischen Elemente Oesterreichs treffen Vor bereitungen für die Wiederaufnahme der parlamentarischen Kampagne und zur Vermehrung der ihnen unter dem Kabinet Taaffe zu Theil gewordenen Errungenschaften. Nach der „Politik" würde das Exekutiv-Komitee der Rech ten am 15. Oktober sich versammeln. Die Polen haben zwar seinerzeit das Mandat dieses Komitees für erloschen erklärt, dieselben können indeß, wie schon oft, ihre Mei- Tagesschau. Freiberg, 1. Oktober. Der gestrige Geburtstag der Kaiserin Aubusta wurde in herkömmlicher Weise begangen. Die Majestäten em- pfinaen in Baden-Baden zur Feier des Tages die Glück wünsche der daselbst anwesenden Mitglieder der königlichen Familie und der Fürstlichkeiten rc. Kaiser und Kaiserin, welche den Tag alljährlich auf dem Lande zuzu bringen Pflegen, gedachten dieses Mal einen Ausflug nach Bad Suggcnthal bei Waldkirch zu unternehmen und Abends nach Baden zurückzukehren. — Die Rückkehr des jugendlichen Prinzen Heinrich, des ersten Weltumscglcrs aus dem Hause der Hohen» zollern, war nicht allein ein Familienfest der hohen Angehörigen, sondern gestaltete sich zu einem imposanten Volksfeste, das nicht allein die Kieler Bevölkerung be- geisterte, sondern auch im weiten deutschen Vaterlande mit Sympathie betrachtet wurde. Ein zweijähriges Leben auf hoher See, selbst unter den günstigsten Verhältnissen, ist eine Strapaze, wohl geeignet, den männlichen Sinn zu reifen und einen jungen Seemann mit allen Gefahren und dem Ernste seines Berufs vertraut zu machen, und Prinz. Heinrich ist, wie alle Hohenzollern, „im Dienste" eifrig und pflichttreu gewesen; als lernbegieriger Seekadett zog er hinaus aufs Weltmeer, Äs"erfahrener Seeoffizier kehrte er zurück, und erst nach Ablauf der letzten Prüfung in Kiel wird er in die Arme seines kaiserlichen Großvaters eilen. Nach langer Trennung umarmte der junge Prinz an Bord des Prinz Adalbert seine Eltern und seinen Bruder, den Prinzen Wilhelm, und die Begrüßung war um so herzlicher und ernster, als in die Freude des Wiedersehens sich der Schmerz um den Verlust des Prinzen Waldemar mischte. Nicht allein das kaiserliche Haus und die deutschen Fürsten, nicht allein die Marine und die Kameraden vom Landhecre, sondern das ganze deutsche Volk hat die Weltumscglung des jungen Prinzen, in dem man den Admiral der deutschen Flotte schon setzt erblicken will, mit der größten Thcilnahme begleitet. Die Reise ist eine glückliche gewesen, denn „Prinz Adalbert" hatte nur einmal einen großen Sturm zu bestehen, aller dings den schrecklichen, geftirchteten Typhon des Men Ozeans. Nur ein kleiner Unfall zu Lande, ein Konflikt mit der japanesischen Polizei, begegnete dem Prinzen. Sonst glich seine Reise fast einem Triumphzuge, und es war fast überall die Aufgabe des Prinzen Heinrich, der Begeisterung, welche ihm die in allen Welttheilcn zerstreuten deutschen Landsleute, wo er nur an s Land stieg, mit der ihm eigenen Bescheidenheit entgegenzutreten, so daß er mit richtigem Takt die ihm persönlich dargcbrachtcn Huldigungen mit einem Hoch auf seinen geliebten Großvater zu beant worten pflegte. Es ist ein schöner Erfolg, der Reise des Prinzen, daß er in fernen Landen den Patriotismus der zerstreuten Deutschen neu belebt und gekräftigt hat. Jene Landsleute in der Fremde würdigten das Opfer des Hohen- zollernhauscs, den jungen Prinzen allen Gefahren einer Weltreise auszusetzen, als ein Unterpfand für die hohe kaiserliche Thcilnahme an der Entwickelung der MarMe, als eine Garantie, daß die deutsche Seemacht das starke Banner entfalten werde, wo es nöthig sein könnte, deutsche Bürger, deutsche Interessen im Auslande zu schützen. In diesem Sinne muß auch der freundliche Empfang, den der Prinz bei fremden Herrschern und Behörden überall ge funden, als werthvoll erscheinen. Ucber das Projekt eines permanenten Volkswirth- schaftsrathes wird der „Magdb. Ztg." geschrieben: Derselbe wird nur ein Beirath von Sachverständigen jein, dessen Hauptaufgabe hauptsächlich darin bestehen dürfte, die Staatsregierung bei der Lösung sozialer Fragen in einer Weise zu unterstützen, welche die Erledigung der einzelnen Fragen nicht nur innerhalb der Behörden, sondern auch vor der Landes-Vertretung erleichtert. Neben seinen das Prinzip betreffenden Rathschlägen würde die Thätigkeit des Raths der Sachverständigen wohl die redaktionelle Ausarbeitung der zu seinen Aufgaben ge hörigen Vorlagen umfassen. Auf diese Weise würde der Wirthschaftsrath nicht nur in keinen Konflikt mit den Volksvertretungen gerathen, sondern diesen die Arbeit nur erleichtern. Das Hauptgewicht bei der Einsetzung eines Volkswirthschastsrathes dürste augenblicklich darauf zu legen sem, daß er, wie es heißt, sofort nach seiner Ge nehmigung durch den Landtag einberufen werden soll, um den Handelsminister bei der Ausarbeitung der für den Reichstag bestimmten sozial-politischen Entwürfe zu unter stützen,