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md Tageblatt. Amtsblatt für dir königliche» and städtische» Behörde» zu Freiberg M Brand. Verantwortlicher Redakteur Iuliu» Brau» i« Freiberg. - > .... 31. Jahr»«», — - «u k Effchetnt jeden Wochentag Abend« s Uhr für dm , Inserate werden bi« Vormittag« 11 Uhr angenom- » -E 56. s Frniag, dm 5. März. "-"'.NLLÄ looO« und angewöhnt sein. Ich nehme Ihre Zeit nicht in Anspruch mit Darlegung der großen Nachtheile, welche aus kleinen Kadres für die Ausbildung der Mannschaft und namentlich ihrer Führer erwachsen. Ich gehe nicht ein auf die Schwierigkeiten, die bei sehr schwachen Bataillonen entstehen, bet der plötzlichen Verdreifachung der Mannschaft im Falle der Mobilmachung. Ich will nur beiläufig noch bemerken, daß unsere Nach- der französischen Armee nicht herabgesetzt haben. Sie halte» drei Jahre, die wir ja nicht erreichen, für nicht aus reichend, um einen Soldaten auszubilden. (Hört!) Sie werden jedenfalls zugeben, daß der gegenwärtige Augen blick der ungünstigste für eine so tiefgreifende Maßregel wäre. Man kann es ja aufrichtig beklagen, daß die eiserne Nothwendigkett dazu zwingt, der deutschen Ration neu» Opfer aufzuerlegen, freilich nur durch Opfer und harte Arbeit sind wir überhaupt erst wieder eine Nation ge worden (Beifall), und welche gröberen Opfer als di« hier geforderten eine feindliche Invasion nach sich zieht, da haben die Nettesten von uns noch selbst erlebt. Schon allein der Kredit des Staates beruht auf der Sicherheit desselben. Welche Panik würde an der Börse ausbrechen, wie würden alle Besitzoerhältnifle erschüttert werden, wenn die Fortdauer des Reiches auch nur angezwetfelt werden könnte. Vergessen wir doch nicht, daß seit dem Verfall der deutschen Kaisermacht Deutschland das Schlachtfeld und das Entschädigungsobjekt für die Händel aller andern ge wesen ist, daß Schweden, Franzosen und Deutsche Deutsch land auf mehr als ein Jahrhundert in eine Wüste ver wandelt haben. Sind nicht die großen Trümmer am Neckar, am Rhein und tief ins Land hinein bleibende Denk mäler unserer einstigen Schwäche und des UebermuthS un serer Nachbarn? Wer möchte auch nur die Tage zurück rufen, wo auf das Machtgebot eines fremden Herrschers deutsche Kontingente gegen Deutschland marschiren mußten. Schützen wir vor Allem die Ehre und Sicherheit des Reiches, wahren wir die langersehnte, die endlich erreichte Einheit dec Nation, fahren wir fort, Frieden zu halten, o lange man uns nicht angretst, Frieden zu schützen auch nach außen, soweit unsere Kräfte reichen. Wir werden in diesem Bestreben vielleicht nicht allein stehen, sondern Bun desgenossen finden. Darin liegt für Niemanden eine Drohung, wohl aber eine Bürgschaft für friedliche Zustände in unserm Welttheil, vorausgesetzt, daß wir stark und ge rüstet sind: Mit schwachen Kräften, mit Armeen auf Kün digung läßt sich das Ziel nicht erreichen. Nur in der eigenen Kraft ruht daS Schicksal jeder Nation. (Beifall). Ich muß die Vorlage der Regierung als eine gerechtfertigte, zeitgemäße und nothwendige anerkennen. (Lebhafter Beifall.) ES kommt sodann in Betracht der hohe Präsenzzustand unserer Nachbarn. Frankreich hält nach meiner Berrchnung allerdings, wie der Herr Vorredner ganz richtig br merkt hat, einschlirßllch ter Gendarmerie, die aber in Frankreich zur Armee zählt, unter den Waffen 497 600 Mann, während Deutschland bei einer um mehrere Millionen stärkeren Be- rölkerung 401000 Mann bei den Fahnen hat. Das ist eine Differenz von 100 OM Mann. Die russische Friedens präsenz beträgt das Doppelte der unsrigen: 8M0M Mann (Hört!) Für die Kriegsstärke tritt sodann natürlich in Betracht die Zahl der Jahrgänge, welche verfügbar sind, die Dauer der Verpflichtung zum Dienst, und da finden Sie in Frankreich 20 Jahre, in Rußland 15 und bei uns 12. Ja, meine Herren, auf welcher Seite liegt hier eine Drohung, eine Gefährdung des Friedens? Und dabei muthet man uns zu, großmüthig das erste Beispiel der Eniwaffnung zu geben! (Sehr gut!) Hat der deutsche Michel überhaupt jemals das Schwert gezogen, als wie sich seiner Haut zu wehren? (Beifall.) Wenn nun unter diesen Umständen die Regierung glaubt, eine mäßige Vermehrung unserer FriedenSkadres beantragen zu müssen, können wir uns da gegen verschließen, wenn wir nicht ganz hinter unseren Nachbarn zurückbleiben wollen? Man hat ja nun das Auskunstsmittel der zweijährigen Dienstzeit vorgeschlagen, man verspricht sich davon nationalokonomische und finanzielle Vortheile. Ich weiß nicht recht, wie man sich die Sache denkt. Soll bei der zweijährigen Dienstzeit die jetzige Kopf- stäike der Bataillone beibehalten werden, so fällt ja selbst verständlich j»de finanzielle Ersparniß weg, im Gegentheil, s würden noch erhebliche Mehrausgaben entstehen für Bekleidung, Bewaffnung und Ausrüstung der dann sehr viel zahlreicheren Reserven und Wehrmänner. Ein volks- wirthschastlicher Erfolg ist ebensowenig abzusehen, denn offenbar kommt es ganz auf dasselbe hinaus, ob zwei arbeitsfähige Männer drei Jahre lang oder drei arbeitS- ähige Männer zwei Jahre läng der produktiven Thätigkeit entzogen bleiben. So wird die Sache also wohl nicht gemeint sein, sondern es scheint, man will einfach einen ganzen Jahrgang streichen, die sämmtlichen Bataillone auf Zweidrittel ihrer Stärke herobsitzen. Ja dann erzielt man allerdings im Präsenz stande eine finanzielle Ersparniß und verschafft den Dienst pflichtigen eine Erleichterung; aber dem gegenüber fällt denn doch auch der militärische Effekt der Maßregel in die Wagschale, der, daß quantitativ zwar die Armee unver ändert bleibt, qualitativ aber ihr innerer Werth bedeutend herabgesetzt wird Unsere Armee sieht hinter den Armeen unserer Nachbarn zunick in der Zahl. Sie kann es nur ausgleichen und sie gleicht es ans durch ihre innere Tüch tigkeit. (Beifall.) Und daran sollte man nicht rühren. Die zweijährige Dienstzeit ist ein Lieblingsgedanke besonders derer, welche selbst dazu berufen sind, in einer möglichst kurzen Zeitfrist aus einem Rekruten einen Soldaten zu machen (Sehr gut!) d. h. einen Mann, der nicht blos Parademarsch übt und auf die Wache zieht, sondern der in gründlicher Kenntniß seiner kompltzirten Waffe und im vollen Vertrauen auf dieselbe unter den schwierigsten Ver hältnissen selbständig handeln soll, einen Mann, der gelernt hat, zu gehorchen und zu befehlen, denn auch der letzte Musketier wird Vorgesetzter, sobald er auf Posten steht oder eine Patrouille führt. Diese Ausgabe ist so leicht nicht, wie cs vielleicht am Schreibtisch auSsieht. Es handelt sich dabei nicht blos um die technische, handwerksmäßige Ab richtung des Mannes, damit werden wir allenfalls fertig in den 20 Wochen, die hier für Uebungen der Ersatzre serven vorgeschlagen werden, damit stillen wir ein Material her, welches mit Nutzen in den festen Rahmen der Armee etngereiht werden kann, aber niemals den Kern der Armee bilden kann. Es handelt sich um weit mehr, cs handelt sich um die Ausbildung und Festigung moralischer Eigen schaften, um die militärische Erziehung des Jünglings zum Mann. Das läßt sich nicht einexerziren, cs will eingelebt Tagesschau. Freiberg, 4. März. Der Durchschlag des Gotthardtunnels ist bekanntlich erfolgt und damit ein Werk beender, dem drei befreundete Länder lange Zeit mit lebhafter Sympathie zugewandt waren. Die Geschichte der Golthardbahn ist keineswegs einfach, sondern sie zeigt von Anfang an ein verworrene- Tretben von allerlei Mißgunst, entgegenstehenden Interessen und Schwierigkeiten, welche die Gegner der Bahn in den Weg legten. Fast könnte man sagen, daß der mächtige Alpenriese, durch den die Bahn sich zieht, nicht das größte Hinderniß für die Unternehm» r war, daß vielmehr die Uneinigkeit und ihrem Gefolge der Mangel an Kapital ge- ährlich zu werden und einen glücklichen Abschluß des Unternehmens zu bedrohen schienen. Die Eifersucht anderer Mächte, die Schweizer Konkurrenzprojekte, die Schwierig keiten in dem deutschen und italienischen Parlament, die karge Subvention der Schweiz, allerlei lokale Hindernisse vereinten sich, die Vollendung des Werkes zu verzögern, und die Feinde desselben beabsichtigten, eS durch Verzögerung zu tödten. Die deutsche Politik griff indessen zu energisch und fest in die Ausführung ein, als daß ein Stillstand erfolgen konnte. Sie machte die bedeutende Subvention von 30 Millionen Franks von keinerlei erschwerenden Be dingungen abhängig und hatte stets das Ziel im Auge, möglichst rasch die Vollendung des Werkes zu erzielen. Darum beachtete sie die Konkurrenzprojekte gar nicht, sondern erklärte sich sofort für den St. Gotthard. Haben wir erst diese eine Bahn, sagte Bismarck, so kann man ja päter noch eine andere folgen lassen, wer aber jetzt nur )ie Möglichkeit eines zweiten Projektes zugtebt, der ver- chuldet, daß keins von beiden zu Stande kommt. DaS deutsche Reich würde sich mit seiner Subvention zwischen . zwei Stühle setzen. Auch in der St. Gotthardbahü- Angelegenheit bekundet sich die feste Hand der Leitung unserer auswärtigen Politik. Fürst Bismarck hat sich um alle Jntriguen, die von den verschiedensten Setten gegen das Unternehmen gesponnen wurden, fast gar nicht ge kümmert, aber den Bau selbst nach Kräften gefördert. Er Mottke's Ntde in -er MiMärdebatte -es Reichstages. Wer möchte in Abrede stellen, daß ganz Europa unter d-m Druck eine- bewaffneten Friedens seufzt; rS ist das gegenseitige Mißtrauen, welches die Nationen gegen einander in Waffen hält. Kann dieses Mißtrauen überhaupt be seitigt werden, so wird es immer noch eher geschehen durch Verständigung von Regierung zu Regierung, als wie durch ander» Mittel, durch die babylonische Verwirrung von in ternationaler Berb'üderung, internationalen Parlamenten und was in der Richtung vorgeschlagen wird. I I! Meine Herren! Alle Nationen bedürfen gleichmäßig des Friedens und ich möchte behaupten, alle Regierungen werden den Frieden halten, so lange sie stark genug sind, um es zu können. Viele betrachten ja die Regierung wie eine Art feindlicher Macht, die man nicht genug einschränken und beengen kann. Ich meine, man sollte sie in aller Weise stärken und stützen. Eine schwache Regierung ist ein Unglück für jedes Lanv und eine Gefahr für den Nachbarn. Wir haben alle Kriege ausbrechen sehen, die weder das Staatsoberhaupt, noch das wirkliche Volk gcwollt haben, sondern die Parteihäupter, welche sich zu seinen Wortführern aufwerfen, die leicht beeinflußbare Menge und schließlich auch die Regierung nach sich zogen. Annexions- und Re vanchegelüste, Mißbehagen über innere Zustände, das Streben, stammverwandte Völkerschaften an sich zu ziehen, die im Laufe der Zeit anderen staatenbildungen eingefügt sind, die- und vieles Andere kann auch in Zukunft immer wilder neue Verwickelungen Hervorrufen, und so fürchte ich allerdings, daß wir noch lange die schwere Rüstung tragen müssen, welche unsere geschichtliche Eniwlckclung und unsere Weltstillung unS aufnöthigen. Geschichtlich sind wir ja als Reich ein Neuling in der europäischen Staatenfamilie, und den Eindringling betrachtet man immer mit Mißtrauen, so lange wcnigstens, bis man ihn besser kennen lernt. Was dann unsere geographische Lage betrifft, - ja, meine Herren, alle unsere Nachbarn haben mehr oder weniger, ich möchte sagen, Rückensreiheit: sie haben Pyrenäen und Alpen hinter sich oder halbbarbarische Völkerschaften, die sie nicht zu fürchten brauchen. Wir st» hen unter den großen Mächten mitten inne. Unsere Nachbarn im Westen und Osten haben nur nach einer Seite Front zu machen, wir nach allen; sie können und sie haben schon im Frieden einen bedeutenden Theil ihrer Heeresmacht nahe an unseren Grenzen dislozirt, während unsere Regimenter gleichmäßig vertheilt stehen über das ganze Reich. Wir brauchen darin keine feindselige Absicht zu suchen. Wenn unsere Nachbarn wirklich Gefahr von Deutschland besorgen, so haben sie ja von ihrem Standpunkt Recht; aber wir müssen doch mit diesem Berhältniß rechnen. Dazu kommt nun das stete Anwachsen der Heere um uns. Rußland hat mit gutem Grund schon vor dem Türkenkriege eine erhebliche Erweiterung seiner ohnehin starken HeercSmacht angeordnet und hat diese Organisation nach dem Frieden durchgeführt und beibehalten. Rußland stellt 24 Reserve-Jnfanterie-Divisionen und 24 Reserve- Artillerte-Brigaden neu auf, hat außerdem 152 Infanterie- Regimentern die vierten Bataillone zugeordnet. Die jetzt so aufgeregte russische Presse hat sich damals über diesen Gegenstand schweigsam verhalten, und der ganze Vorgang hat kaum einen Wiederhall in der ausländischen Presse ge funden. Was Frankreich anbelangt, so habe ich allerdings den Artikel in den „Preußischen Jahrbüchern" nicht gelesen. Ich komme auf Grund der Daten, die mir zu Gebote stehen, allerdings zu einem andern Resultat als der Herr Vorredner. Ich werde nur einige wenige Havptsummen angeben und Sie mit den Details verschonen. Im Feldzug 1870 trat Frankreich uns entgegen mit 8 Armeekorps, gegenwärtig besitzt es deren 19. Damals hatte eS 26 Infanterie-Divisionen, jetzt 38; damals 26 Kavallerie-Brigaden, jetzt 37. Die Stärke der fran zösischen Armee in ihrer ersten Aufstellung betrug 336000 Mann; gegenwärtig kann Frankreich uns nach den Etats zahlen entgkgenstellen 670000 Mann. Die Tcrritortalaimee darin nicht eingerechnet. Ich komme zu dem Resultat, daß Frankreich seit dem Jahre 1874, also in 6 Jahren, seineArmee mehr als verdoppelt hat (Hört! Hört!) und, meine Herren, in dieser selben Zeit oder vielmehr schon seit dem , — ... , „ , , letzten Frieden sind wir ruhig stehen geblieben bei 1 Prccent barn im Westen, die doch auch ein militärisches Urtheil einer antiquirten Volkszählung. 'haben, trctz wiedeihoitrr Anforderungen die Dienstzeit in