Volltext Seite (XML)
Tagev latt. Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg, Sayda «. Brand. Es ist nicht das Gewissen, das mangelt, sondern die Wissen. wird. ! u;j. die Dunkelheit über Frankreich oder über Deutschland, oder über beide zugleich Hereinbrechen sollte, diese beiden großen Nationen, bedeckt mit ihren großen Armeen und in der Nacht neben einander wandernd, nicht verfehlen könnten, über kurz oder Lang gegen ein« ander zu stoßen. Arbeiten wir also gemeinsamer, mein Herr, auf beiden Seiten des Rhein« Freiheit und Licht zu verlangen, denn da» ist das einzige Mittel, damit zwei große Nationen picht inmitten der Nacht gegen einander stoßen und sich zerschellest. E« zieht heut' zu Tage für Keinen von uns ein edleres Werk zu vollführen/' Zur Verständigung zwischen Deutschen und Franzosen. Der Pariser „TempS" theilt einen interessanten Briefwechsel zwischen Ludwig Bamberger und Quinet mit, in welchem sich Beide über die Freiheits-Interessen Deutschlands und Frankreichs zu verständigen suchen. Bamberger dankt Quinet dafür, daß er den Franzosen eine rechte Anschauung von den preußischen Zuständen zu verschaffen gesucht habe, und es stört ihn nicht, daß er dabei Anfichten ausgesprochen hat, denen er nicht beistimmen kann. Kann er sich mit ihm doch in der Hauptsache einigen. 1866, giebt Bam berger zu, repräsentirt den Triumph der Gewalt, aber diese war eine Nothwendigkeit, welche von der deutschen Nation anerkannt schäft. Ein alter Glaube ist todt, der neue Glaube noch nicht ge- boren. Diesen Glauben wird nicht der Zorn der Well geben. Diese wird ihn nur finden — wenn sie überhaupt dazu bestimint ist —, indem sie in dem Leben voranschreitet. Deßhalb ist Niemand ermächtigt, Deutschland, das sich der Fäulniß de» Tode« entreißt, um in das Leben des Jahrhunderts zurückzukehren, ein Halt zu- zurufen." Darauf verweist Bamberger auf die Gefahr, die ein Conflict zwischen Deutschland und Frankreich haben würde. Wer wird am Tage nach 1866 zu sagen wagen: „Dieses wird sich er eignen und dieses nicht? Aber eö giebt so schreckliche Dinge, denen man, selbst wenn man sie abläuguet, noch zu viel gewährt. Der Jnstinct der Selbsterhaltnng will, daß man sie in der Nacht de« Schweigens erstickt. Dieses empfinden wir, wenn man uns von jener unter allen unWheuerlichen Sache, von dem Kriege zwischen Deutschland und Frankreich spricht. Es wäre nicht die Niederlage des Einen oder des Anderen: Es wäre der Selbstmord des Fort schritts." Hr. Ed. Quinet sagt in seiner Erwiderung: „Frankreich« und Deutschlands Bündniß hat mir stets als das Heil unseres Zeitalters erschienen; und ich sage nicht blos das Bündniß der Cabinete, sondern die innige Mittheilung der Geister, welche, so verschieden sie auch in manchen Punkten, dazu gemacht sind, sich gegenseitig zu ersetzen. Der Tag, an welchem diese Union wahrhaft vollzogen werden wird, wird ein großes Datum in der Civilisation sein. Alle Menschen, die Freunde der Humanität sind, werden zu gleicher Zett Beifall rufen. Wa« mich betrifft, so arbeite ich ohne Unterlaß daran, diesen Tag vorzubereiten; ich werde keinen Augen blick strich selbst dementiren. Auf beiden Seiten des Rheins haben sich die Völker zerrissen, weil sie sich nicht kannten ; weil man sie systematisch verblendet hat gegeneinander, weil sie sich Chimären gebildet haben, die nur der gemeinsamen Knechtschaft zu Gute kamen. Mögen sie sich endlich sehen wie sie find; mögen sie die Augen öffnen. Sie werden erstaunt sein über ihre ehemaligen Streitigkeiten. Sie werdest vor sich dasselbe Werk, dieselbe Laufbahn, dasselbe Ziel sehen. Wenn man also für Frankreich die Freiheit verlangt, so heißt da«, auch für Deutschland verlangen und gegenseitig. Der Schlaf de« Einen kann nicht dem Andern zu Gute kommen, noch viel weniger die Unwissenheit und die Nacht. Denn e« ist gewiß, daß, wenn durch die wamsende Vernichtung de- öffentlichen Geistes -t- Freiberg, 4. Februar 1867. „Weß das Herz voll ist, geht der Mund über" — sagt ein Bibelwort; der Leser möge deshalb verzeihen, wenn wir immer wie der auf die bevorstehende Wahl zurückkommen. Aber diese Wahl ist auch von einer so unendlich großen Wichtigkeit, daß man in her That nicht oft genug auf sie verweisen kann. Es liegt heute nicht in unserer Absicht, für diesen oder jenen Candidaten Partei zu er greifen, nein! Wir wollen ganz aphoristisch einzelne Gedanken hin stellen, und der Leser möge dann selbst sich die Consequcnzen AheU. Die Wahl Nach allgemeinem Vtrectev Stimmrecht schützt uns vor „gezwungenen Wahlen." Es mag in den Wortist „ge zwungen" und „Wahl" ein Widersinn gefunden werden, aber wenn ein Beamter einen Zettel in die Wahlurne wirst, auf dem der Namen eines Candidaten steht, den er zwar nicht aus eigenem An trieb, sondern auf Wunsch des Vorgesetzten darauf geschrieben, so ist dies eine gezwungene Wahl. Wenn ein Arbeiter von seinem Arbeitgeber veranlaßt wird, zur Wahl zu gehen und dort einem be stimmten Candidaten, mag dieser nun liberal oder conservativ sein, seine Stimme zu geben, so ist die Stimmabgabe des Arbeiters eben falls eine gezwungene Wahl. Wenn ein Handwerksmann von seinen Kunden gedrängt wird, für Diesen oder JeNest zu stimmen und er fürchten muß, falls er nicht willfährig ist, der Kundschaft verlustig zu fein, so ist auch die Wahl dieses Mannes eine ge zwungene Wahl. Kommen solche Fälle vor, dann erinnere sich der Wähler, daß diesmal die Stimmenabgabe eine geheime ist, die gar nicht controlirt werden kann, um zu erfahren, welchen Na men der Einzelne aufgeschrieben. Schreibe daher Jeder selbst den Namen Desjenigen, dem er aus freier Entschließung seine Stimme geben will, denn bei der geheimen Abstimmung braucht sich Kei ner aus persönlichen Rücksichten zu einer Wahl zwingen zu lassen. Bei der bevorstehenden Wahl wird unbedingt der Landmann den Ausschlag geben, denn eS wohnen mehr Leute auf dem Lande wie in den Städten — vorausgesetzt nämlich, daß der Landmann seine Pflicht und Schuldigkeit thut und zur Wahl kommt. Da« ist aber nothwendig. Die Wahl soll die Stimmung des Landes ans drücken; wenn aber nur Wenige wählen, so bleibt die Gesinnung der Mehrheit im Dunkel. Gar Mancher vergißt zu ost das aste Wort: „Hilf Dir selbst, so hilft Dir Gotti" und glaubt Alles ge- than zu haben, wenn er über die Lasten klagt, die ihn drücken, ohne den Versuch zu machen, durch eigene Kraft sie zu mildem. Jeder' rechtschaffene Hausvater arbeitet im Schweiße seines Angesicht« mehr für seine Kinder, als für sich selbst. Wo aber an des ganzen San- des Besten gebaut, wo für die ganze Zukunft, für Frau Und Anh und Kindeskinder gewirkt werden soll, da wollte man die HäM in den Schooß legen? Schande Denen, die es einsthen und doch nicht zur Wahl kommen l Mancher pocht auf seinen Muth und Keiner mag gern ein Feigling gescholten werden. Wenn e« aber gilt, ein klein wenig Muth der Ueherzeugung aus ganz unaeMliche Weise an den Tag zu bringen und bei der Wahl' Ueberzeugung nach zu stimmen — dann ist Man« 38. Erscheint jeden Wochentag früh 9 U. Inserate werden dir Nachm. 3 Uhr für die nächste Nr. angenommen. Dienstag, den 3. Februar Preis vierteljährl. 2Ü Ngr. Inserat» «erden die gespaltene Zeile oder deren Raum mit S Pf. berechnet. 1887.