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Tageblatt. Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadkäthe zu Freiberg, Sayda u. Brand. 24. Erscheint jeden Wochentag ftüh S U.! Inserate werden bi» Nachm. 3 Uhr! für di« nächste Nr. angenommen. , Dienstag, den 29. Januar Prei« Vierteljahr!. 20 Ngr. Inserat« w«rd«n di« gtspaliene Ztil« »d«r d«r«n Raum, mit ö Pf. her«chn«t. 1867. -i- Freiberg, 28. Januar I867. ES dürfte kaum zu bestreiten sein, daß — wie der Carbona- rismus einst in Italien — der National - Verein in Deutschland dafür Sorge getragen hat, die Idee der Zusammengehörigkeit und Einheit im Bewußtsein der deutschen Nation immer mächtiger werden zu lassen. Natürlich konnte er diese Einheit nicht selbst herbeiführen, denn dazu gehören Staatsgewalten; er konnte ihr nur die Wege ebnen und dieser Aufgabe ist der National-Verein, so viel an ihm lag, uachgekommen. Durch die gewaltigen Ereignisse der Neuzeit mußte der Verein in seiner Thäiigkeit gehemmt werden; ja er geneth in ein Schwanken und unsicheres Tasten, das jedes Vorwärtsschreiten hinderte. „Heute", heißt es in einem jetzt von, Geschäftsführer erlassenen Rundschreiben, „ist daS Alles anders und besser: wir haben im norddeutschen Bunde einen ergiebigen Boden für praktische Wirksamkeit, und wir können als Grundlage für die selbe ein festumgrenzte« Programm aufstellen, ungehindert durch mühselige Compromisse mit widerhaarigen Genossen. Nach wie vor aber, ja in erhöhtem Maße besteht heute für die National« Partei das Bedürfnis, eine strammere Organisation zu besitzen, als sie den übrigen bürgerlichen Parteien Deutschland« bisher eigen ge wesen. Heute auf solche Organisation verzichten und in die alte lockere Form des Perteizusammenhanges zurückfallen, hieße die ver« besserte Waffe mit der abgelegten schlechteren vertauschen, in einem Augenblick, wo an die Stelle der Vorbereitungen und UebungS- Manöver der ernsthafte Feldzug tritt. E« handlt sich vor Allem um die Mitarbeit an den, Aufbau des nord deutschen Bundesstaate«. Auch wenn die Mehrheit Im Reichstage zu Gunsten der nationalen Partei ausfällt, so wird deren Stimme nur dann das erforderliche Gewicht haben, wenn Hinte'' ihr der Nachschub einer festverbundenen, über Ziel und Wege einmüthigen Partei sich unablässig geltend macht. Aber auch in Bezug auf Süddeutschland haben wir eine höchst wichtige Aufgabe zu erfüllen, wenn schon theilweise mit anderen Mitteln unk in anderen Formen als früher, durch nachdrückliche Unterstützung cer- dortigen an Zahl und Kräften noch vielfach schwachen Vorkämpfer für den Anschluß un den geeinigten Norden." Und dieser Anschluß dürfte nach der Erklärung des Fürsten Hohenlohe in der bayerischen Kammer nicht mehr in nebelgrauer Ferne sein. Schon am 3. Februar werden in Stuttgart die Bevollmächtigten der süd deutschen Regierungen zusammentreten, nickt einen neuen Sonder bund zu gründen, sondern die Grundlagen einer gleichartigen Wehr verfassung festzustellen, die den Anschluß an den deutschen Norden wesentlich fördern wird. Was übrigen« die Rede des bayerischen, Ministerpräsidenten betrifft, so citiren wir da« Urtheil eines ge achteten auswärtigen Blattes, welches umsomehr ins Gewicht fällt, als eS die Stimme eines Volkes vertritt, das in politischer Hinsicht allen übrigen Völkern Europas voransteht. „ES wäre nicht leicht", sagt „Daily News", „die Wichtigkeit di ser Rede zu hoch anzu schlagen oder den Einfluß derselben auf die Entwickelung des jetzt noch unfertigen politischen, Zustandes von Süddeutschland zu über schätzen. Soweit es sich um Norddeulschland handelt, sind die größten Schwierigkeiten Preußen«, als der Macht, welche Deutsch land zu einen berufen ist, überwunden. Niemand, denken wir, giebt sich in Wirklichkeit dem Wahne hin, daß irgend einer der nord deutschen Staaten dein norddeutschen Bunde wieder entfallen wird. Gerade jedoch, als die Hindernisse der Einswerdung Deutschland« vor den siegreichen Bürgerheeren Norddeutschlands in raschem Ver schwinden waren, trat zwischen Preußen und seine offenen Feinde eine Ptacht mit der Erklärung, daß das Werk nun weit genug ge diehen sei, und daß der neue Bund die Mainlinie nicht überschreiten solle. Ohne diese Dazwischenkunft würde Bayern, Baden und Württemberg längst zu dem neuen Gunde gehören, die Stärke und Sicherheit Deutschland« erhöhen und den Bortheil politischer Ge meinschaft mit dem größten Theil des deutschen Volke« genießen. Fürst Hohenlohe beurtheilt in seiner Rede die Stellung, in der jene Ereignisse Bayern gelassen haben, ganz richtig. Die Macht, die durch ihre officiöse Einmischung Bayern in seine gegenwärtige isolirte Stellung versetzte, wußte sehr wohl, was sie that. Die bayerische Regierung hält sich daher jetzt lieber an ihren ehemaligen deutschen Feind als an den Freund, der zu eigenen Zwecken ihr einen so zweideutigen Dienst leistete. Die Bayern wollen nicht Preußen werden, aber ehe sie unter die fremdländische Herrschaft fallen, unter die der Kaiser Napoleon sie gern gebracht hätte, sind sie lieber bereit, ihre Armee zu vergrößern und unter den Befehl de« Königs von Preußen zu stellen. Ein hinterlistiger Versuch da« Werk der deutschen Einigung zu hintertreiben, wird also wahrschein lich die Wirkung haben, e« zu förderst. . ' Au« Preußen liegen Nachrichten von besonderer Wichtigkeit nicht vor; die Einverleibung Schleswig-Holstein« ist bereit« ge meldet und neben dieser haben nur die Wahl-Manöver einige« Interesse. Besonder« lebendig agittrt die konservative Partei, um da« Parlament mit ihren Leuten zu besetzen. Doch läßt sich bei dem ersten Versuch mit dem allgemeinen direkten Wahlrecht gar kein Schluß auf den möglichen Ausfall ver Wahlen ziehen. Alle sonstigen Nachrichten aus Preußen find unbedeutender und localer Natur. Dagegen allarmirt Oesterreich wieder einmal die Welt mit Kriegsgeschichten. Von Wien wird z. B. der „Köln. Sg." ge schrieben : Die Regierung scheint kriegerische Verwickelungen wegen der orientalischen Frage zu besorgen und sich mit dem Gedanke« der Aufstellung mehrerer Armeecorps an der türkischen Grenze zu beschäftigen. Die Füllung der Kriegsmagazine ist angeordnet und täglich gehen Militärtransporte nach dem Süd-Bahnhofe. Der Kaiser wird in nächster Zeit sich zur Inspektion des Lager« bei Bruck begeben, wo Truppen roncentrirt werden sollen. Seiten« des Kriegsministeriums ist die provisorische Ausführung des Gesetze« über die Organisation de« Heeres auch in Ungarn angeordnet. In unterrichteten Kreisen wird versichert, daß in Paris Verhandlungen wegen einer neuen Anleihe staiifinden. Die in Steiermarck liegen den Truppen sollen zum Marsch nach Ungarn bestimmt worden sein. In den Grenzprovinzen Rußlands werden, nach glaubwürdigen Nachrichten, gleichfalls militärische Vorrichtungen getroffen. 3m Zusammenhänge hiermit schreibt man der „Jndependance" aus Paris: „Der Wiener Hof accentuirt hier mehr und mehr seine neue orientalische Politik. ES steht außer Zweifel, daß Oesterreich, nachdem es der Pfordte die Räumung der kleinen Festungen in Serbien empfohlen, nun in Cönstantinopel sogar auf der Räumung der Fcstung Belgrad durch die Türken besteht. Fürst Metternich hat hier verlangt, daß Frankreich die diesbezüglichen Schrille Oesterreichs unterstütze und sein College in London soll vom britischen Cabinete dieselbe Unterstützung verlangen. Wie eS M London steht, weiß ich nicht; unser auswärtiges Amt hat noch nicht zugeftimmt. Die „N. fr. Pr." bemerkt dazu: „Daraus ergievt sich für unS, daß de Moustier eine viel türken-freundlichere Politik ver folgt al« Herr v. Beust. Er nimmt Anstoß daran, die Pfordte au« Belgrad zu verdrängen. Aber vielleicht denkt Herr v. Beust, daß die Befreiung Belgrads von den Türken für Oesterreich sehr nützlich sei und den Türken nichts schade. Nun, wenn Oesterreich in Belgräd die Stelle der Türken einnehmen könnte, so hätte solche „tüuen- freundliche" Politik noch Hand und Fuß. Aber die Türken zur Räumung zwingen, ohne daß sie von einer österreichischen Garnison abgelöst werden, heißt Belgrad und die untere Donau an die Russen ausliefern; denn zu Rußland gravitiren die Serben vermöge ihrer Nationalität und Religion hin, und nicht, zu Oesterreich; wäre Mr zweifelhaft, daß solche PM« tMeii-jeiMch'ist, so Mute dochM