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swßeWr AnDM und Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträcht zu Freiberg, Sayda u. Brandt 13. wie man constitutionelle Verfassungen giebt und doch absolutreMI,. Srscheint jeden Wochentag stüh 9 U. Inserat« wtrden bi» Nachm. 3 Uhr für die nächste Nr. angenommen. -l- Das Volk und die Wahlen. Eitel Selbsttäuschung wäre es, wollte man behaupten, der nord deutsche Bund sammt dem norddeutschen Parlament seien beim nord- deutschen Volk populär. In Preußen ist dies so wenig der Fall, - wie bei uns in Sachsen; am Rhein dieselbe Gleichgiltigkeit, wie in Ostpreußen und Schleswig-Holstein. Das deutsche Volk ist zu jäh lings aus seinen Idealen deutscher Einheit gerissen worden und steht gewissermaßen ohne sein Zuthun und ohne seinen Willen vor der , fix und fertigen Thatsache eines neuen Deutschlands unter preußi scher Hegemonie, welches sogar nicht dem bisher festgehaltenen Ideal entspricht, am Main sein Ende hat und als ein gewaltiger Militär- staat zunächst nur Bajonette als realen Inhalt aufweiset. Die Geister waren zu wenig vorbereitet auf diese Umgestaltung der Dinge, daß es wohl Niemand Wunder nehmen darf, sie verdutzt, mißtrauisch und gleichgiltig davor stehen zu sehen. Es ist ihnen etwas hingestellt worden und sie sollen es als «in nützliches Ge schenk annehmen, ohne daß sie bi« jetzt diesen Nutzen einsehen und ohne daß sie nach diesem Geschenk begehrten. „Der Bien muß" ist immer für die Völker ein abstoßender Begriff gewesen und wird es bleiben. Naturgemäß sieht da« Volk auch den Wahlen zum norddeut schen Reichstag mit einer frostigen Gleichgiltigkeit entgegen; denn woher, sollte das lebhafte Interesse dafür kommen, da man den Reichstag selbst mit etwa« allzu großer Gleichgiltigkeit betrachtet. Er wird von Vielen als ein machtloses Wesen angesehen, welches Preußen hegen und pflegen wird, sobald es ihm dienstbar und er geben sich zeigt, und welches eS als sein Geschöpf in Nichts auf- löst, sobald es ihm unbequem oder gefährlich werden könnte. Vergeben« auch, daß das allgemeine Stimmrecht die Sachs po pulärer machen und das Volk für die Wahlen mit besonderem In teresse erfüllen sollte. Freilich, das allgemeine Stimmrecht ist der freieste Ausdruck der Wahlen, sowie de« politischen Bürgerrechte« und eS war den Freunden der politischen Freiheit immer die letzte Forderung, mit deren Erfüllung da« Gebäude der BolkSselbststän- digkeit für gekrönt erachtet wurde. Aber da« ist e) ja eben — da« allgemeine Stimmrecht hat da« Volk noch gar nicht ernstlich gesor« dert, weil es Freiheiten genug zu fordern hatte, die demselben durch aus vorangehen mußten, wie Preßfreiheit, Vereinsfreiheit, Communal- selbstständigkeit u. s. w. Und nun mit einem Male, ohne sein For dern und Kämpfen, fällt ihm der höchste Beweis bürgerlicher Rechte als ein Geschenk zu und zwar von einer Seite, die in allen andern Hinsichten für politisch? Freiheit nicht besonders eingenommen ist. Was kann, sagt man sich da wohl mit Recht, solch ein Geschenk i für Werth haben? Was soll es heißen, daß man uns den Kopf ^frei macht und Hände und Füße in Fessel« läßt? Es ist überall I ein Jnsttnct mächtig, der da lehrt: man bemächtigt sich der demo- I krattschen Mittel, um uns mit den eigenen Waffen zu schlagen; ! man giebt uns das allgemeine Stimmrecht, aber man weiß, daß es t für sich allein ohne die Grundlagen anderer politischen Freiheiten I werthlos ist. Mit einem Wort: man giebt nichts als die Form, So stehen die Sachen und die Gründe; daß sie so stehen, ist einleuchtend genug. Die preußische Regierung macht im Gefühl ihrer Macht ein Experiment nach ihrem Sinn — e« muß sich erst zeigen, ob sie dabei etwa» Lebensfähige» geschaffen hat, insofern sie dm Geist de» Volke» für sich gewinnt. Thut sie die» nicht, so wird ihr Experiment nutzlos gewesen sein. Aber auch das Volf, welche« jetzt nicht»,weitepkann, als die Dinge treiben lassen, muß gn seine Zukunft, denken und den Stand punkt-zu erkämpfen suchen, von welchem au» es seine Rechte fordern, kann. Es darf sich deshalb der Wahl nicht entziehen; e» darf nicht gleichgiltig gegen deren Ausfall bleiben — denn wenn e» durch seine Nachlässigkeit dqS Geschenk nicht nutzbar machen will, da» man ihm gegeben, so hqteS auch nachher, keine Ansprüche, auf dessen Recht zu poche». Sehe daher das Volk zu, was es durch seine Abgeordneten selbst aus dem norddeutschen Parlamente machen kann. Schickt es Männer ohne Herz und Sinn für sein Recht und seine Freiheit, so mag e« sich dann auch nicht beklagen, wenn über die Bedürfnisse und Wünsche de» Bost» zur TageSorduypg übergegap-, gen wird. An ihm wird sich dann da» Wort erfüllen: „EureKip-. der werden Eure Richter sein!" Tagesgeschichte. Berlin. Die „Ndd. Allg. Ztg." schreibt: Wa» die beiden im Abgeordnetenhause eingebrachlen Anträge in Bezug auf den Reich»- . tag zur Berathung der Verfassung de» Norddeutschen Bunde» betrifft, so dürfte, wie wir vernehmen, die Regierung ,geg«l das Pexlqngen, daß Berichte von den öffentlichen Sitzungen dH ReichStqge» , durch, die Presse, insofern sie wahrheitsgetreu erstattet werden, von,,jeder Verantwortlichkeit frei bleiben sollen, keine Einwendung erheben, d» > e» der Billigkeit, gemäß ist, daß die Bestimmung, Welchs die preu-, ßische Verfassung, in dieser Hinsicht enthält, auch für da» norddeutsche Parlament in Anwendung komme. Dagegen möchte wohl der andere, auf Bewilligung von Diäten und Reisegeldern an die , Mitglieder de» Reichstags gerichtete Antrag noch zu nähern Erwägungen Anlaß, geben und nicht ohne Weiteres auf Zustimmung der Regierung zu, rechnen hahey; denn man darf annehme«, daß vor der Vorlegung , des Reichswahlgesetzes diese Frage in reifliche Berathung gezogen worden ist, und daß^die Regierung nicht ohn? die erheblichste» Gründe sich für da» Wegfallen der Diäten entschieden hat. Wenn übrigens in den Motiven zu letztexm Anträge gesagt wird, daß ,,, durch die Ungleichheit, welche infolge der von mehrern Staaten de» norddeutschen Bundes beschlossenen Diätenbewilligung entstanden, in einem großen Theile des preußischen Volke« Mißstimmung und Unsicherheit bezüglich der nahe bevorstehenden Wahlen hervorgerufea seien, so ist die« wohl nur eine zu Gunsten de« Antrag- gemach« Präsumtion. Wir wüßten nicht, wo im Volke sich deshalb eine Mißstimmung kundgegen hätte. — Gleichzeitig enthalt obiges Blatt folgenden anscheinend »sfieiösen Artikel: „Die Stellung , welche, M Commission des Herrenhauses zu dem Gesetzentwürfe über disdurch^ den Hinzutritt der neuen. Landestheile nothwendig gewordene Ver mehrung der Abgeordnetenzahl aygenommen hat , istauch Veran lassung zur, Anregung und Erörterung einep constitutionellenForm- frage gewesen. Man hat nämlich gefragt,, ob da» Herrenhaus überhaupt in der Lage sei , ein Votum MH; dtesm Gesetzentwurf abzugehen, ehe die zweite, hei Verfasspng-LndzrWgen vorgeschriebene Abstimmung des AbgepchneteuhäM der SW ersylat ist. Erft ,, wen» die Mittheilung sther da-. ReWat. diefzr§ zpeiteuHbstimmup^ des andern Hause» au da» HedreuM» gel«mt.sein, werde, so,Mn Mittwoch, den 16. Januar A^Ug!sp-lt««E " Raum «tt L Pf. b«ttchn«t. -»