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das folgende sind die Worte der Urkunde - et curiam plebani cum quodam orto in antiquo oppido“. Über die Auslegung dieser Stelle gab es bisher heftige Dis kussionen, was zu unterschiedlichen Meinungen über die Bestimmung der Lage des älteren Stadtgebietes führte. Vorab läßt sich bereits feststellen, daß die Urkunde von 1225 nur begrenzte Aus sagen über die vorstädtische Entwicklung und über die Marktsiedlung vor der Rechtsstadt in Kamenz zuläßt. Auf der anderen Seite weist sie diesen Vorgänger der mittelalterlichen Rechtsstadt verbindlich nach. Wenn allerdings die bereits vor handenen Ansätze und Vorstufen der Stadtwerdung (Marktsiedlung) durch herr schaftlichen Akt in Kamenz zur Vollendung kamen, indem der neuentstandenen Gemeinde das Stadtrecht verliehen wurde, darüber geben die Quellen keine Aus kunft. Fehlende archäologische Untersuchungen in der Bautzener Vorstadt bzw. kaum noch nachweisbare Keramikfundc und die wenigen Schriftquellen erschweren insge samt die Bestimmung der Lage der Marktsiedlung oder, wie es in der Urkunde von 1225 heißt, der „antiquo oppido“. So ist man vor allem auf siedlungskundliche Hin weise angewiesen. Ausgangspunkt der älteren Forschung war die Auffassung von W. Jecht (1919, S. 35 und 50 ff.), der auf eine Gründung aus „grüner Wurzel“ verwies. G. Uhlig, der 1925 seine Untersuchungsergebnisse zusammenfaßte und in überzeugender Weise den Forschungsstand zu diesem Zeitpunkt repräsentierte, lokalisiert die Stadt nordöstlich der Burg, etwa im Bereich Bautzener-Hoyerswerdaer Straße bis zur Schwarzen Elster und zum Spittel (Abb. 1,6,14,15). 13 14 Um 1190 datiert Uhlig die Kolonisationsstadt unter Bernhard v. Vesta. Die neu geweihte und ausgestattete Kirche ist nach ihm im Spittel zu suchen, einschließlich des alten Pfarrhofes mit Gar ten, und identisch mit der Maria-Magdalenkapelle (heutige Katholische Kirche). W. Reif (1976, S. 11) geht davon aus, daß sich Kaufleute zu beiden Seiten der Al ten Straße (Breite Straße - heute Bautzener Straße) ansiedelten und diese Markt siedlung bereits vor Bernhard v. Vesta existierte. Den Gedankengängen Reifs, be treffs einer Marktsiedlung als Vorstufe zur mittelalterlichen Rechtsstadt sowie ihrer topographischen Lage, ist zuzustimmen. Allerdings übersieht er den engen Zusam menhang zwischen Siedelbewegung und Stadtentstehung. Erst nach 1190 kommt es zu einer planmäßigen Erschließung des umliegenden Landes. Auch die Bevöl kerungsanteile in der Marktsiedlung beschränkten sich nicht nur auf Kaufleute, wie auch die Keramikfunde bestätigen, auf die nochmals zurückzukommen ist. Ebenso vermuten W. Reif und die ältere Stadtgeschichtsschreibung am Schloß- berg ein Suburbium (Abb. 1,78,17), wofür auch eine Reihe topographischer Merk male sprechen. Die Grenze des Suburbiums würde die heutige Elstraer Straße bil- 13 parochiam in Kamenz in loco, ubi primo oppidum exstruxerat ...“ 14 H. Knothe (1883, S. XII) lokalisiert die Stadt an die Elster, wobei ein Dorf die Grundlage bil dete. K. Blaschke (1973, S. 374) vermutet die erste stadtartige Siedlung im Flußtal mit Marien- Magdalenen-Kapelle (Patroziniumwechsel vor 1225). W. Scheibe (1905, S. 84) sucht die Markt siedlung im südwestlichen Teil der Stadt, trotz Talenge (vgl. Ermisch 1900, S. 91 ff.; Kretzsch mar 1905, S. 90 ff. - betonen die Rolle der Burg in der Stadtentstehung).