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Die große Lücke Mit der ersten Latenestufe bricht nach übereinstimmendem Urteil die Besiedlung des Vogtlandes ab; das Land bleibt über anderthalb Jahrtausende bis zum Beginn der mittelalterlichen Aufsiedlung verlassen (u. a. Billig 1954, S. 62 f.; Mildenber ger 1972, S. 113; zuletzt Richter 1985, S. 25; 1986, S. 11). Die „große Lücke“, wie G. Billig das Ausbleiben jeglicher Funde treffend charakterisierte, hat das Vogtland mit den umliegenden Siedlungsinseln in der Gebirgszonc gemein. Mehr oder weni ger reichlichen Hinterlassenschaften aus der Spanne von der älteren Urnenfelder bis zur frühen Latenezeit stehen auch dort verschwindend wenige jüngere Zeugnisse aus urgeschichtlicher Zeit gegenüber - so an den Oberläufen der Mulde (Beier 1983, S. 61), der Saale (Kaufmann 1963, S. 146 f., 151) sowie der Ohre (Plesl 1958, S. 30; 1972, S. 417). 215 Dem allgemeinen Rückgang der Besicdlungsspuren entspricht ein solcher der Nichtbaumpollcn und Siedlungszeiger während des Sub- atlantikums (ca. 800 v. u. Z. bis 700/800 u. Z.) in dem Pollendiagramm von Pöll witz (Heinrich/Lange 1969, S. 447, 455). Nach P. Reinecke (1956, S. 389, 390) „bedeutet das jedoch keineswegs, daß das Vogtland in jenen Zeiten völlig unbesie delt gewesen wäre“. Tatsächlich muß das gar zu schwarz-weiß gemalte Bild ein wenig retuschiert werden. Entwickelte Latenezeit Für den mittleren Abschnitt der Latenezeit (LB-C) läßt sich freilich nur ein einzi ger sicherer Fund von der nordwestlichen Peripherie des Vogtlandes namhaft ma chen - der im vorigen Jahrhundert „bei G. [roßdraxdorf] gefundene“, seit langem verschollene Wagenradvorstecker aus Bronze, dessen Masken- und Volutendekor ihn als eine hervorragende älterkeltische Arbeit ausweist (Radig 1948). Zunächst allgemein in die Frühlatenezeit gesetzt (ebenda, S. 22 f.; Grünert 1957, S. 238 f.), muß die feinere Einstufung von einem genaueren stilistischen Vergleich mit den weit gestreuten Entsprechungen ausgehen (Krämer/Schubert 1979, S. 373 ff.). Un ter den besten Parallelen - aus Niederweis bei Bitburg, Rheinland-Pfalz, und La Courte im belgischen Hennegau - sind die letzteren nach LC1 datiert worden (Po lenz 1974, S. 398, Anm. 36). Hinsichtlich Großdraxdorf herrscht, wie für Nieder weis, dagegen „Übereinstimmung darüber, daß sie . .. in die Stufe Reinecke B ge hören“ (Krämer/Schubert 1979, S. 374 f.; so bereits Neumann 1951, S. 269, Anm. 9). Unser Stück wirkt jedenfalls älter als die plastisch verzierten Achsnägel aus dem Maltepe bei Mezek in Bulgarien, die im Zusammenhang mit der keltischen Ostwanderung in den siebziger Jahren des 3. Jh. fast bis an die heutigen griechischen Grenzen gelangt sein werden. Danach ist ein Ansatz um 300 v. u. Z. gerechtfertigt. 215 Eine Ausnahme bildet allein die naturräumlich besser ausgestattete Orlasenke, in der die Be siedlung während der mittleren Hallstattzeit indessen ebenfalls deutlich reduziert war (Simon 1977, S. 653 f.; 1985 d, S. 161) und nach der Spätlatenezeit abbrach (Kaufmann 1963, S. 146 f., 151).