Volltext Seite (XML)
Für einige im Vorfeld von Braunkohlentagebauen archäo logisch untersuchte schnurkeramische Gräber der Nieder lausitz hat E. Böhnisch eine Rekonstruktion vorgeschlagen 47 , die die eigentlichen Hockerbestattungen zwischen den anti thetisch niedergelegten Bei- und Mitgaben vorsieht, wobei die Kleinfunde der Gattungen Tracht und Schmuck, Gerät und Bewaffnung die Lage des Kopfes und die keramischen Bei gaben die der Füße angeben sollen. Vergleicht man dies mit der Situation der Niederkainaer Gräber ergeben sich sehr ähnliche Befunde mit vielfach zwei Beigaben-/Mitgaben- gruppen, die jeweils in Nähe eines Grabgrubenendes abge stellt sind. Jedoch können daraus nicht unbedingt Hinweise, wie Kopf bzw. Bein/Füße orientiert sind, abgeleitet werden, da jeweils an beiden Seiten auch Keramik abgestellt ist. Dies schränkt die Aussagekraft ein. Dennoch bietet diese Rekon struktion auch für Niederkaina Hinweise auf ursprüngliche Körperlagen und -Orientierungen. Schließlich sei hier der Beleg von Rötelstreuung in einem schnurkeramischen Grabrest vom Schafberg (Fundkat. Nr. 34) hervorgehoben. Auch wenn dieser Befund nur fragmentarisch erhalten ist, dürfte die intentionelle Rotfärbung des Grab bereiches gesichert sein. Ähnliches ist von schnurkerami schen Gräbern anderer Regionen bekannt, aber immer nur sporadisch belegt. In den Lausitzen ist sie in der Literatur bisher unerwähnt geblieben. Was die Beigabensitte betrifft, wurde auf die erhöhte Gefäßanzahl in den Lausitzer Gräbern im Vergleich zum Mittelelbe-Saale-Gebiet oder Böhmen schon hingewiesen. Daneben ist eine gewisse Normung der in Niederkaina vor kommenden Gefäßen erkennbar, so daß sich das Kera mikspektrum auf wenige Formgattungen zurückführen läßt: zumeist verzierte Amphoren (Abb. 17), Becher und Hen kelbecher, Kleinamphoren, gehenkelte Töpfe und Schalen/ Schüsseln . Auffallend ist die hohe Zahl an gehenkelten Ge fäßen, insbesondere Henkelbechern, die man gerne mit der späten Zeitstellung der gesamten Lausitzer Schnurkeramik in Verbindung bringen möchte 48 , worauf unten noch einzugehen ist (Abb. 18). Daneben ist die Bewaffnung mit allein sechs Gräbern mit Steinäxten (Fundkat. Nr. 1, 4, 7, 8, 28, 32) auf dem Schafberg deutlich überrepräsentiert (s. Abb. 15). Das selbe gilt für Pfeilspitzengräber, die, überregional betrachtet 49 , 47 Pritzen Fpl. 2, Hügel 18; Hügel 36; Saalhausen, Hügel 9; 11: Böhnisch (Anm. 38) 55 Abb. 43-44. 48 VgL I. Matuschik, Ein schnurkeramischer Kettenhocker von Sengkofen, Lkr. Regensburg. In: B. Fritsch/M. Maute/I. Matu- schik/J. Müller/C. Wolf (Hrsg.), Tradition und Innovation. Fest ¬ schrift für C. Strahm (Rahden 1998) 223-255 bes. 234 f. u. Anm. 63: Der sehr hohe Anteil der Henkelgefäße in der Oberlau sitzer Schnurkeramik ist wohl kaum anders als über Mähren zu erklären sowie dadurch, daß diesem Raum eine typologisch frühe Schnurkeramik, die Krüge nicht kennt, weitestgehend fehlt - Buchvaldek (Anm. 28) 134 - wodurch spezifisch spätschnur keramische Formen mit Henkelgefäßen in dieser Gruppe über repräsentiert sind“. mit drei Belegen ungewöhnlich häufig vorkommen (Fundkat. Nr. 4: 9 Exemplare; Nr. 12: 2 Exemplare; Nr. 32: 10 Exem plare). An Gerätschaften im weitesten Sinne, deren Häufung in den Gräbern ebenfalls überregional die schnurkeramische Ausstattungssitte kennzeichnen und auch ohne keramische Mitgaben eine vereinzelte Hockerbestattung kulturell und zeit lich einordnen können, liegen ein Steinbeil (Fundkat. Nr. 12), drei Silexbeile (Fundkat. Nr. 28, 32, 36), 3 Belege von Silex- klingen (Nr. 12: aus der Grabgrubenverfüllung; Nr. 32: 2 Klin gen, davon eine unretuschierte Klinge aus der Grabgru benverfüllung) und weitere unspezifischere Silexartefakte vor. Aus Qu. 111/1950, Grab 8 (Fundkat. Nr. 10), stammt der einzige Tonlöffel von Niederkaina. Tracht und Schmuck sind demgegenüber in deutlich geringerer Anzahl vertreten, dies zumal die Bedingungen für die Erhaltung von Knochenobjekten denkbar schlecht sind. Es gibt nur einen Nachweis von Bernsteinperlen, die in Kom bination mit einer Kupferspirale in Qu. 111/1950, Grab 7 (Fund kat. Nr. 11), aufgefunden wurden. Der zweite Beleg von Kupfer in Form eines Ringes stammt aus dem nicht weit entfernten Qu. 11/1950, Grab 4 (Fundkat. Nr. 4). Beide Objekte sind über regional typisch für die Metallverarbeitung der schnurkera mischen Kultur 50 , so daß sie nicht mit der folgenden früh bronzezeitlichen Aunjetitzer Kultur in Verbindung zu bringen sind. Ob ein als Einzelfund in der Nähe von Grab 7 geborge ner Bronze-/Kupferring (Fundkat. Nr. 14) in Zusammenhang mit der frühesten Schafberg-Belegung zu sehen ist oder erst mit der Lausitzer Kultur hierher gelangte, wird sich erst nach erfolgter Metallanalyse ergeben 51 . Bei dem Becherrest Nr. 6 aus Qu. Illa/Grab 24a/März 1950 (Fundkat. Nr. 8) dürfte es sich aufgrund seiner Position zum Grab um eine der selten festzustellenden schnurkeramischen Nachgaben handeln. Hinsichtlich der Grabsitte, d. h. alle Befunde, die mit Anlage und Konstruktion des Grabes und der Grabgrube sowie ober irdischen Bebauungen in Verbindung zu bringen sind, sei hier nur auf zwei Punkte eingegangen: Erstens das weitgehende Fehlen eines Steinschutzes, was so interpretiert wurde, daß statt dessen in größerem Maße Holzeinbauten genutzt wor den sein dürften 52 . Nicht nur in Bezug auf den oben genann ten Baumsarg kann dem zugestimmt werden, auch wenn kaum direkte Verfärbungsspuren dazu zur Verfügung stehen 49 A. Tillmann, Schnurkeramische Bestattungen aus Kösching, Lkr. Eichstätt, und Bergheim, Lkr. Neuburg-Schrobenhausen, Oberbay ern. Versuch einer Gliederung der Schnurkeramik in Südbayern. In: I. Campen/J. Hahn/M. Uerpmann (Hrsg.), Spuren der Jagd - Die Jagd nach Spuren (Tübingen 1996) 363-380 bes. 372 ff. 50 R. umberov, Typologie des Kupferschmucks und der Kupfer geräte in der schnurkeramischen Kultur Böhmens und Mährens. In: Buchvaldek (Anm. 38) 117-125; J. Jacobs, Jungsteinzeitliche Metall funde auf dem Gebiet der DDR. Zeitschr. Arch. 23, 1989, 1-17. 51 Eine Probenentnahme erfolgte für das SMAP-Projekt. Die Resul tate sind noch unpubliziert. 52 Coblenz (Anm. 25) 101; Weber (Anm. 25) 64; Coblenz/Weber (Anm. 44) 255.