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Einführung VON LOUIS D. NEBELSICK In diesem zweiten Band werden weitere 89 Grabinventare von der Nekropole am Niederkainaer Schafberg aus den beiden Ausgrabungsstreifen (Quartiere) la und II vorgestellt, die an das im ersten Band publizierte Quartier I sowohl südlich als auch nördlich anschließen (Abb. 1). Die trennenden 10 m reichen aus, um den beiden Aus schnitten aus der Nekropole ein völlig anderes Gepräge zu geben. In dem kleinen, 1950 gegrabenen Ausschnitt des Quar tiers la (Abb. 1-3) herrscht ein dichtes Gedränge hallstattzeit licher Kammergräber vor. Ein Bild, das charakteristisch für den mehr als 50 m breiten früheisenzeitlichen Belegungshalbmond ist, welcher sich zwischen dem von Pflug und Grabungshacke gestörten urnenfelderzeitlichen Kern des Friedhofes auf der Schafbergkuppe und dem 50 m im Süden und Südwesten anschließenden Saum von schlicht ausgestatteten Gräbern der jüngeren Hallstattzeit erstreckte. Mit den letzteren fand die Belegung des Gräberfeldes ihren Abschluß (Abb. 3). Wenige jüngere Gräber nördlich der zentralen urnenfelderzeitlichen Gruppe machen es wahrscheinlich, daß die bisherigen Unter suchungen lediglich einen Ausschnitt aus einem ringförmig aufgebauten oder zumindest den Hügelrücken nach Norden und Süden entlang ausgebreiteten Friedhof bildeten, so daß über tausend aufwendig ausgestattete Kammergräber diese Belegungsphase gebildet haben mögen. Dieser Sachverhalt wird sich spätestens dann klären, wenn die gegenwärtig als Müllkippe verwendete Kiesgrube erneut erweitert werden sollte. Der urnenfelderzeitliche Kern des Friedhofs ist viel schwe rer zu fassen (Abb. 4), da er wegen der erhöhten Lage Opfer von Abschwemmungen wurde, wodurch die Gräber zunächst durch den Pflug und seit 1826 durch Altertumsfreunde zer stört wurden 1 . Walter Frenzel, der zwischen 1914 und dem Anfang der 30er Jahre mehrmals Fundbergungen vornahm, zweifelte 1932 in Anbetracht der Beackerungsstörungen und Beraubungsspuren, ob eine „planmäßige Abdeckung“ über haupt noch sinnvoll vorzunehmen sei 2 . Es sind vor allem sol che „Abdeckungen“, die großflächige Schäden im Bereich der Kuppe hinterließen, so auch in Teilen von Quartier II. Es ist ein Charakteristikum dieser Altgrabungsspuren, daß kleinere, auch wenig eingetiefte Gräber zum Teil schadlos überdauer ten und die in diesem Areal in großer Tiefe eingegrabenen, mit Steinschutz versehenen Gräber entleert und zerstört wur den. Die übliche Praxis, die sichtbaren Steinpackungen und großen Scherbenkonzentrationen „durchzugraben“ und den Abraum ringsum zu verteilen, wobei kleinere Bestattungen überdeckt und damit übersehen wurden, führte zum Erhalt von Befunden und Gräbern, die sonst zuerst Opfer moderner Beackerungsgeräte geworden wären. In Quartier II sind die meisten Störungen durch Altgrabun gen verursacht worden (Fst. 2, 20, 36, 47, 53-56, 62-63, 68, 70, 82-83, 86, 88, 94, 105-117), wobei in vielen Fällen die Ausmaße der entleerten Grabgruben noch auszumachen sind (Fst. 21-23, 25-31,33, 40-44, 52, 58-59, 66-67, 72-75, 76, 84, 86, 89, 91-93, 96-99, 101-102). In Quartier la läßt sich lediglich ein Altgrabungstrichter nachweisen (Fst. 8). Das Alter dieser Eingriffe ist schwer zu bestimmen und dürfte unter schiedlich sein. Bereits Anfang dieses Jahrhunderts haben Altertumsfreude nach ungestörten Niederkainaer Gräbern lange suchen müssen 3 . Ferner schneiden die postprähistorischen, jedoch vorwelt kriegszeitlichen Rechteckgruben (Fst. 50 und eventuell Fst. 34) diese Altgrabungsspuren. Diese gern in Reihen angeord neten Befunde (Fst. 12-15, 34, 37-39, 50, 64-65, 71,77-81, 96-99, 104) bedürfen immer noch einer Erklärung. Zwei Störungen lassen sich sowohl zeitlich als auch funktional genau bestimmen; es ist dies zum einen ein MG-Nest aus dem Zweiten Weltkrieg in Quartier la (Fst. 1 und 2), das dem im Zickzack durch das Quartier I laufenden gleichalten Schützengraben vorgelagert ist. Zum anderen waren das die Grabungen, die J. Heiduschka vom Bautzener Museum vornahm und welche das nordöstliche Drittel des Quartier- 1 Casopis Macicy Serbskeje 1871,60; Abschrift im Landesamt für Archäologie (LfA), Dresden, OA Bautzen. 2 Bautzener Tagebl. vom 14.4.1932. 3 LfA Dresden, OA Bautzen