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gefäße, stets paarig vorkommende tief gehenkelte Formen (Krüge und Henkeltöpfe), öfters eine Schale und fast immer ein oder zwei Spitzkrügelkalottenschalensätze. Miniaturgefäße können in diesem Satz integriert sein, darunter die mit alt abge- arbeiter Oberfläche versehenen Miniaturgefäße aus Grab 39a (39a,13-14). Selten ist ein Doppelgefäß darunter (z.B. Grab 23), eine Form, die auch „urnenfern“ niedergelegt sein kann (z.B. Grab 28). Nur in einem Fall ist die Niederlegung eines Gefä ßes aus organischem Material wahrscheinlich zu machen (Grab 18,8-10). Die zweite, urnenferne Gruppe liegt im Osten oder Norden der Kammer und schließt sich der ersten Gruppe direkt an. Nur in einem Fall ist eine Durchdringung der beiden Gruppen zu erkennen. Sie besteht aus dem häuslichen Ambiente ent lehnten Formen: Töpfe, meist doppelt beigegeben, mit aufge rauhter Oberfläche, zwei rudimentär modellierte und schlecht gebrannte Erzeugnisse, die Tonscheibe, ein Miniaturherd und das Ofenmodell sowie eine Schale mit verdicktem Mundsaum, meist mit inliegender kleiner Henkelschale. Die aus sekundär und oft einseitig gebrannten, z.T geschmauchten Gefäßen und Scherben bestehende Kera mikpackung ist nicht aus allen Kammergräbern überliefert. Dort, wo sie vorhanden ist, wird sie meist gegen eine der Kam merwände, häufig gegen die östliche, gestaucht gefunden. Meist liegen diese Gefäße und Scherben höher als der Gru benboden. In wenigen Fällen überlagern Teile der Keramik packung die Beigabengefäße. Sie sind offensichtlich während der Verfüllung der Grabkammer in einem separaten und geschlossenen Vorgang gegen die Kammerwand geschleu dert worden. Der fragmentarische Erhaltungszustand der ein zelnen Gefäße, aber auch die durch die hohe Lage in der Gru benfüllung bedingte Gefährdung durch Beackerungsschäden machen es schwer, verbindliche Auskünfte über ein Kompo sitionsmuster der Packung zu geben. Doch lassen sich fol gende Feststellungen zusammenfassen: Die Gefäße dieser Packung bestehen zumeist aus größeren, an hallstattzeitliche Trinkgeschirrsätze erinnernde Formen. In einem solchen Geschirrsatz kommen Gefäßtypen zum Einsatz, zum Beispiel schlanke zweihenkelige Kegelhalsgefäße, große Henkeltöpfe sowie breite Einzugschalen, die in den beiden Beigabenge fäßgruppen keine Verwendung finden. Bei der Komposition dieses Geschirrsatzes fallen das Vorhandensein von Gefäßpaaren und die Grundkombination Kegelhalsgefäß - Henkeltopf auf. Ferner lassen die Spuren des Sekundärbran des die Stellung der Gefäße zum Brandherd des Scheiter haufens erkennen. Einschlüsse von dunkler holzkohlehaltiger Erde (Grab 28,49, 62), die diese Keramikpackungen mehrmals begleiten, aber auch andere Lagen, meist am Rand der Grab grube, dürften Ustrinenreste sein. Neben größeren Holzkoh lenstücken befinden sich gelegentlich verbrannte Teigreste in diesen Einschlüssen (Grab 62). Offensichtlich sind diese Brandrückstände während der Verfüllung des Grabes in einem geschlossenen Vorgang hineingekommen. Nach der Verfül lung der Grube wurden in wenigen Fällen Steinpackungen angelegt (z.B. Grab 29). Eventuell sind weitere Steinpackun gen der die Beackerung begleitenden Steinklauberei zum Opfer gefallen. Folgender Bestattungsablauf läßt sich anhand dieser Beobachtungen für diese halstattzeitlichen Kammergräber rekonstruieren: Die bekleidete Leiche wurde zusammen mit einem großen, geordnet aufgestellten und gegliederten (Trink)geschirrsatz und gelegentlich mit auf Teigbasis herge stellten Nahrungsmitteln auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Die kalzinierten Knochen und eine Auswahl des mitverbrann ten Trachtzubehörs wurden aus den Brandrückständen her ausgelesen und bei aufwendigen Bestattungen in ein meist unten durchlochtes Kegelhalsgefäß eingefüllt. Die mit Stoff „angezogene“ Urne wurde dann in die östliche Hälfte eines zuvor sorgfältig errichteten Kammergrabes eingelassen. Im Rahmen von Zeremonien am Grabe werden die zwei aus miniaturisierten Gefäßen bestehenden Beigabengeschirrsätze nach feststehenden Regeln benutzt und sorgfältig niedergelegt. Die Flüssigkeiten, die bei diesen Riten gemischt und kredenzt wurden (Grab 4,14-15), dürften der Vorbereitung eines Trank opfers gedient haben, das, in der Urne gespendet, durch das „Seelenloch“ im Boden, die umfassende chtonische Sphäre, abfließen konnte. Nach Abschluß dieser Zeremonien wurden während der Verfüllung des Grabes die am Scheiterhaufen gelegenen Gefäße, eventuell zusammen mit Ustrinenresten, gegen die meist urnenferne Wand der Grube geworfen. Diese dualistische Bestattungszeremonie zerfällt in zwei symmetri sche Hälften. In der ersten, „ätherischen“ Hälfte wurde der sorgfältige Aufbau des Scheiterhaufens durch den gewaltsa men Brandvorgang abgelöst. In der zweiten, „chtonischen" Hälfte, im Rahmen eines Libationsritus, wurde ein Beigaben gefäßservice vor der anthropomorphisierten Urne nach kano nischer Vorschrift ausgebreitet. Dieses sorgfältig erzeugte sta tische Bild steht wiederum im Kontrast zu einem gewaltsamen Finale, in diesem Fall dem Hineinschleudern des Scheiter haufenservices in die Grabgrube. Das komplex ausgestattete Grab 51 sprengt dieses Bestat tungsmuster. Die in Reihen angeordneten Urnen und Beiga bengefäße entsprechen Anordnungsmustern, wie sie gelegent lich aus der Lausitz und vor allem aus Schlesien bekannt sind. Neben diesen komplex zusammengestellten und aufge bauten Gräbern ist eine Reihe von schlichten Bestattungen mit reduziertem oder fehlendem Beigabengeschirr vorhanden. Da die ungestörten, schlichten Bestattungen öfter Kindergräber (Grab 7, 7a, 9, 14b, 17, 20, 27) sind, ist wahrscheinlich zu machen, daß die komplexe Ausstattung mit Beigaben an Erwachsene gebunden war. Aus den Grabinventaren im Quar tier I, 1950 lassen sich eine Reihe importierter bzw. in aus wärtiger Manier angefertigter Gefäße herausstellen, die eine Integration von Fremdem in den Beigabenkanon der Nieder-