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Die Mehrheit der Gräber, 57 Bestattungen, in Quartier 1 sind hallstattzeitlich (Grab 3, 4, 5, 7, 7a, 8, 8a, 9,11,13a, 13b, 14a, 14b, 15, 16,16a, 17,18,19, 20, 21,22, 23, 24a, 24b, 25, 26, 27, 28, 29, 32, 34, 35, 36a-b, 37, 39a-b, 40a, 41,43, 44, 45a-b, 48,49, 51,52, 53, 56,59, 61,62, 63, 64, 66 und 69) und eine Reihe Fundstellen dürften ausgeraubte hallstattzeitliche Gräber sein (Fst. 40, 76, 86, 87, 98, 99, 148). Ferner ist damit zu rechnen, daß der Schützengraben und die Ausgrabungs spuren in der Mitte des Quartiers mehrere Gräber zerstört haben, so daß mit rund 70 hallstattzeitlichen Gräbern in diesem kleinen Gräberfeldauschnitt gerechnet werden kann. In der Hallstattzeit läßt sich ein kanonisches Muster in der Gestalt der Gräber und der Komposition der Beigabensätze erkennen, das Erich Schmidt, der ab 1951 die Ausgrabungen in Niederkaina durchführte, zuerst beschrieb (vgl. Tabelle 1 u. 2). Es ist für die komplex ausgestatteten hallstattzeitli chen Kammergräber der Ober- und Niederlausitz charakteri stisch. Der Aufbau und die Austattungsmuster dieser Gräber lassen sich anhand der im Quartier I geborgenen hallstattzeitlichen Bestattungen verständlich schildern. Bei den Grabgruben han delt es sich meist um eine abgerundet rechteckige bis ovale Baugrube, die größer, bisweilen doppelt so groß wie die ein zubauende Grabkammer war (Grab 4, 5, 7, 13a, 14a, 15, 21, 23, 25, 26, 28, 29, 37, 45, 51,53, 63, 64). Nur in seltenen Fäl len kann von einer Steinbegrenzung dieser Kammern ausge gangen werden (Grab 45). Spuren einer Holzverschalung haben sich im Gegensatz zu später beobachteten Befunden in dem 1950 untersuchten Teil des Quartiers I nicht erhalten. Die Positionen der im lockeren, sandig bis kiesigen Boden not wendigen Verstärkungen der Kammerwände lassen sich aber in günstigen Fällen ermitteln, zum einen durch das Vorhan densein von Steinrahmen, die durch die Füllung des zwischen Gruben- und Kammerwand liegenden Hohlraums-bzw. eines Teils von ihm - mit Geröll entstanden (Grab 5, 21,25, 26, 33, 51,53, 64), oder aber durch die Position der an die vergange nen Bohlenwände gepreßten Keramikpackung und/oder Schei terhaufenreste (Grab 13a, 18, 28, 51, 53, 62, 63, 66). Beim Fehlen dieser Anzeichen läßt sich eine Vorstellung über die Kammergröße durch die in der Planzeichnung als gerasterte Fläche wiedergegebene Ausdehnung der Grabbeigaben gewinnen. Die Kammern sind bis auf wenige Ausnahmen lang rechteckig und Ost-West - meist leicht nach Nordost-Südwest geneigt - ausgerichtet. Ihre Größe liegt zwischen 50 x 40 und 160 x 140 cm. Die Tiefe ihres planierten Bodens lag zwischen 40 u. 120 cm. Dies ist eine Mindestangabe, da sich der sicher lich vorhandene Grad der Hangerosion in diesem Bereich anhand der 1950 gewonnenen Informationen nicht schätzen läßt. Der Inhalt des Grabes läßt sich bei aufwendig ausgestat teten Gräbern in die Urne bzw. Urnen, eine erste, meist urnen nahe Beigabengefäßgruppe, eine zweite, meist urnenferne Beigabengefäßgruppe und eine Keramikpackung gliedern. Mit wenigen Ausnahmen (z.B. Grab 64, Urne in der Mitte) ist die Urne - in Mehrfachbestattungen eine der Urnen - im Westen der Kammer deponiert, meist in der Südwestecke. Als Urne wurde meist ein henkelloses Kegelhalsgefäß verwendet, bei ursprünglich gehenkelten Formen wurden die Henkel gern abgearbeitet (Grab 35, 48, 67), bei Kegelhalskrügen und Hen keltöpfen ist dies fast immer der Fall (Grab 7, 7a, 9, 13b, 17, 21?, 51, 61, 64). Urnen in komplex ausgestatteten Gräbern sind in Fällen, wo der Boden zur Gänze erhalten geblieben ist, mit wenigen Ausnahmen (Grabl 3 und 18) mit einem im Boden von außen eingetieften, -gebohrten bzw. -gestochenen Loch versehen (Grab 4?, 5, 12, 19?, 21, 23, 25, 26, 28, 29, 39a, 39b, 45a, 48, 49, 51, 53, 61, 62, 63, 64). Mit Ausnahme des späturnenfelderzeitlichen Grabes 12 fehlen bei Gräbern mit wenigen oder keinen Beigabengefäßen entsprechende Beschä digungen. Die Urnen wurden mit Leichenbrand gefüllt, in dem wenige zerbrochene, meist verschmolzene Trachtbestandteile lagen. Dabei ist die Beigabe von Segmenten massiv gegossener Ringe (z.B. Grab 51 u. 62) ein augenfälliger Hinweis darauf, daß bei den Bestattungsriten auch die Stoffentnahme eine Rolle gespielt hat. Eine Ausnahme unter den Metallbeigaben bilden Nadeln, die nicht im Leichenbrand, sondern außen im Schulterbereich der Urne auf einer den Beigabengefäßen zugewandten Seite geborgen wurden (Grab 5, 18, 19?, 25, 32, 57, 62, 63?). Vermutlich waren solche Urnen mit einem durch eine Nadel fixierten Stoff umwickelt, d.h. bekleidet. Nach ihrer Verfüllung wurden die Urnen mit einer Schale, meist mit einziehendem Mundsaum, abgedeckt. Wo diese Schale fehlt, dürfte sie dem Pflug oder einer Störung zum Opfer gefallen sein. Nur in seltenen Fällen ist eventuell mit einer Abdeckung aus organischem Material zu rechnen. Die Wahl einer bau chigen, enghalsigen Form für die Urne, ihre Abdeckung mit einer einziehenden, einer Mütze ähnelnden Schale und ihre Schmückung mit Stoff und Nadel dürfte im Rahmen einer Anthropomorphisierung des anonymen Knochenkleins zu erklären sein. In den Fällen, wo mehrere Urnen im Grab vor kommen, stehen manche in einer klaren Beziehung zueinan der. Dies gilt sowohl für das untergeordnete Verhältnis von mit Kinderleichenbrand gefüllten Kleingefäßen, die neben einer großen Urne stehen (z.B. Grab 4 u. 41), als auch für gleich große Urnen, die nebeneinander im Westteil der Grabgrube angeordnet sind (z.B. Grab 45 u. 49) und gemeinsam den Fokus der Bestattung darstellen. Bei anderen Gräbern (z.B. Grab 26) ist schwer zu entscheiden, ob weitere Urnen, die gern an der Ost- oder Nordseite des Grabes stehen, als inte graler Teil der Bestattung anzusehen sind oder nach der Bestattungszeremonie mitbestattet bzw. nach Schließung des Grabes nachbestattet wurden. Vor der Urne, meist unmittelbar an diese geschmiegt, liegt die erste, urnennahe Gruppe. Sie besteht aus qualitätvoll modellierten Kleinkeramikformen, darunter kleine Kegelhals- 19