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JAGDWILD AUS MITTELALTERLICHEN BURGEN SACHSENS Von Hanns-Hermann Müller, Berlin In seinem umfassenden Werk über die Jagd im frühen Mittelalter weist K. Lindner 1 schon gleich zu Anfang auf die Notwendigkeit der Untersuchung von subfossilen Tierknochen hin, um die Erkenntnisse, die zur Geschichte der Jagd aus den schrift lichen Quellen gewonnen wurden, durch an Resten der materiellen Kultur erzielte Ergebnisse zu ergänzen. Wenn auch Jagdtierreste in mittelalterlichen Fundkomplexen z. T. nur in sehr geringer Zahl vorliegen, so lassen sich doch aus ihnen Rückschlüsse auf die Bedeutung der Jagd ziehen. In den letzten Jahrzehnten konnten von einer größeren Anzahl archäologischer Fundkomplexe aus dem Gebiet zwischen Elbe/Saale und Oder die Tierknochen untersucht werden. 2 Dabei erwies sich, daß die Jagd für die Fleischversorgung in diesem Gebiet allgemein eine untergeordnete Bedeutung hatte. Lediglich im Spree-Havcl-Gebiet war die Jagd eine wirtschaftliche Notwendig keit für die Versorgung der Bevölkerung mit Fleischnahrung. Der Anteil der Wild tierknochen am Gesamtfaunenmaterial betrug hier 28,2-65,8 %. In dem übrigen Gebiet lag er meist weit unter 10 °/ 0 . Eine Ausnahme bilden allerdings die mittel alterlichen Siedlungen von Dabrun 3 mit 14,2 % sowie die beiden sächsischen Burgen Meißen mit 19,8 % und Zehren mit 15,3 °/ 0 . Das Material von Zehren liegt ebenso wie das von zwei anderen sächsischen Burgen, Brohna und Groitzsch, schon publiziert vor, 4 die osteologische Analyse des Materials von Meißen konnte bisher noch nicht umfassend ausgewertet werden. Das in Meißen nachgewiesene Jagdwild ist aber für die Erforschung der Jagd im Mittelalter so bedeutungsvoll, daß eine gesonderte 1 K. Lindner, Die Jagd im frühen Mittelalter (Geschichte des Waidwerks, Bd. II). Berlin 1940. 2 Eine Übersicht über die aus diesem Gebiet bisher untersuchten Fundkomplexe findet sich bei H.- H. Müller, Widerspiegelung gesellschaftlicher Verhältnisse im archäologischen Tierknochenmate- rial. In: J. Matolcsi (Hrsg.), Domestikationsforschung und Geschichte der Haustiere. Budapest 1973, S. 187-194. 3 H.-H. Müller, Tierreste aus mittelalterlichen Siedlungen bei Dabrun, Kreis Wittenberg. In: Jschr. f. mitteldt. Vorgesch. 49, 1965, S. 205-218. 4 H.-H. Müller, Die Tierreste der Sumpfschanze von Brohna, Kreis Bautzen. Beitrag zu W. Cob- lenz, Die slawische Sumpfschanze von Brohna (Bcih. 8 d. Arb.- u. Forsch.bcr. z. sächs. Bodendenk- malpflege). Berlin 1969, S. 171-176; ders., Die Tierreste aus der Wiprechtsburg bei Groitzsch, Kr. Borna. In: Arb.- u. Forsch.ber. z. sächs. Bodendenkmalpflege 22, 1977, S. 101-170; ders., Die Faunenreste vom Burgberg Zehren, Kr. Meißen. In: Arb.- u. Forsch.ber. z. sächs. Bodendenk malpflege 23, 1979 (1980), S. 147-206.-Bei der häufigen Nennung der Burgen von Brohna, Groitzsch und Zehren wird im folgenden von einer weiteren Zitierung dieser Arbeiten Abstand genommen.