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(Abb. 44,24-26), die großen Ausprägungen dagegen sind aus dem dicken, steilen Kragenrand entstanden, und zwar beim Drehen auf der Scheibe durch diagonal von oben-außen nach innen wirkenden Fingerdruck auf die obere Kragenkante. Durch diesen Druck kam es zu einer Masseverschiebung in die Breite und gleichzeitig zu einer vertikalen kehlenartigen Ausbildung an der Innenfläche. Das Vorhandensein dieser schmalen Kehle beweist u. a., daß beim Formen des Blockrandes während des diagonalen Fingerdruckes an der Innenseite keine Hand gegengehalten wurde. Experimentelle Nachgestaltungen haben den Entstehungsprozeß dieser Randform bestätigt. Entscheidende und angestrebte Formelemente an diesem Blockrand wa ren der dicke Querschnitt zum Verhindern von Spannungsrissen vom Rand aus und offensichtlich auch die breite und schräg nach innen abfallende Fläche obenauf. Ein zelne Randexemplare sowohl der feinen als auch der groben Ausprägung tragen auf der oberen Fläche, paarweise angeordnet, eingeritzte Striche. Es bleibt aber fraglich, ob diese Strichguppen nur Verzierungen darstellen sollten oder ob sie auch einem praktischen Zweck dienten. Blockränder wurden vorzugsweise an großen Henkel töpfen gebildet. Es hat sich zwar kein Exemplar vollständig erhalten, und es war auch von keinem Topf genügend Bruch auffindbar, um ein Gefäß zu rekonstruieren, aber die aus den Randscherben errechenbaren Mündungsdurchmesser und die gro ßen, breiten, angarnierten Henkel geben genügend Hinweise darauf. Dicke, steile Kragenränder, Kompositränder und Blockränder waren die domi nierenden Randformen im Scherbenkomplex der Grube 91; die beiden letzteren in einer bisher nicht beobachteten deutlichen Formenausprägung und Einheitlichkeit, so daß wir zur Annahme neigen, daß in der Töpferei eine Handwerkergeneration gesessen hat, die auf die Herstellung dieser Randformen spezialisiert war. Die Anzahl der schlichten Kragenränder mit Innenkehle (Abb 44,18-23) erreichte kaum 15 % der Gesamtmasse wie schon bei Fundstelle 84. Ebenfalls sehr varia tionsreich gestalteten sich in diesem Fundkomplex die einfachen und umgeschlagenen Randlippen (Abb. 45,1-9). Die Krempenränder der Schüsseln gleichen weitgehend denen von Fundstelle 84 (Abb. 43,20-23; 45,10-13); auch hier kommen die Brenn stützenränder denen der Schüsseln sehr nahe (Abb. 45,15-17). Mehrere solcher Stücke von Brennstützen sind im Abfall aufgefunden worden. Ähnlich dem Prozentgefälle von Fundstelle 84 liegen auch hier fast alle anderen Gefäßformen unter der 10-%-Grenze, abgesehen von den schlichten Töpfen (11,3 %) und Krügen (17,2 %). Letztere sind auch an ihren speziellen Randformen im Scher benmaterial gut erkennbar; sie haben keine Weiterentwicklung erfahren (Abb. 43,28-32). Die zweckentsprechende und zum Ausgießen von Flüssigkeiten dienende Innenkehle hat sich in Kombination mit einem von Hand gedrückten Aus guß erhalten. Große Ränder und große Henkelbruchstücke von Krügen im Bruchmaterial der Grube 91 belegen einmal mehr, daß sie aus einer Töpferei mit Spezialisten für Großformen stammen müssen. Ein Form- und Materialvergleich legt nahe, daß die vor Jahren außerhalb des Stadtzentrums auf Altstädter Seite aufgefundenen merkwürdigen „Depotgefäße“ auch aus dieser Werkstatt kamen (MECHELK 1964, 118-120). Topfkacheln, und zwar die hohe Form, Schüsseln und Näpfe fallen eben falls wie bei Fundstelle 84 durch ihre geringe Anzahl im Fundgut auf.