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den bezogen - insofern nicht, als bei den beobachteten Zusammenfunden von Topf mit Deckel (u. a. Großenhain; Taf. 31) nur etwa die Hälfte eine Anpassung in den Stürzenfalz besaß. Beim Verfolgen der Randentwicklung von der einfachen ausladenden Randlippe in slawischer Zeit bis zum Kragenrand mit Innenkehle im 14. Jh. wird ersichtlich, daß die Innenkehle ein typologisches Formelement des Randprofils darstellt, voll kommen unabhängig von der zugedachten Funktion, einem Deckel festen Sitz zu geben. Es fehlen uns überzeugende Argumente, wozu die Gefäße im Detail tatsäch lich verwendet worden sind, ob gebrauchsbedingte Notwendigkeiten für einen in den Falz passenden Deckel vorlagen oder inwieweit Deckel aus anderen Materialien, die nicht erhalten geblieben sind, Verwendung gefunden haben. 12 Nach den Henkeltöpfen und Deckeln lagen alle anderen Gefäßformen jeweils weit unter der 10-°-Grenze, wobei den gestempelten Schnellen besondere Aufmerk samkeit zukommt. Die Tatsache, daß zwei Stücke hier inmitten von Fehlbrandware lagen, ist eindeutig so zu interpretieren, daß sie in Dresden hergestellt worden sind. Sie tragen selbst Merkmale eines Fehlbrandes an sich. Aus Dresden ist die hohe Schnellenform bereits bekannt, sowohl glatt als auch verziert (MECHELK 1970, 106, Abb. 37). Die durch Einzelstempelungen flächenfüllend verzierten Formen, zu denen auch der Steinzeugpokal S.: 762/64 gezählt werden muß, sind bisher jedoch als Import angesehen worden. Für den letztgenannten Pokal trifft das zwar zu, wenn die Herkunft aus Dreihausen von HORSCHIK (1971, 11 ff.) auch in Frage gestellt wird, der im übrigen den Namen „Falke-Gruppe“ nach dem Entdecker dieser Ke ramik vorschlägt. Für die beiden erstgenannten verzierten Schnellen - aus Fundstelle 91 kommen weitere hinzu - muß die Ansicht, daß es sich um Import handelte, aber weitgehend revidiert werden. Sowohl die bereits 1970 publizierten unverzierten als auch die ver zierten Stücke sind als Dresdener Produktion anzusehen, auch wenn sie materialmäßig teilweise zum Steinzeug gerechnet werden müssen. Eine Ableitung von den Gefäßen der Falke-Gruppe ist zeitlich nicht möglich und wohl auch nicht nötig. Die Dres dener Schnellen sind älter anzusetzen als die Pokale der Falke-Gruppe. Sie gehören zeitlich zum Fundkomplex der Grube 84, der nach 1378 und vor 1410 angesetzt werden muß (vgl. S. 37). Die Abrollungen der Verzierungsunterteile (Abb. 24) lassen ohne Schwierigkeiten erkennen, daß mit den flächenfüllenden Stempelungen in Dreiecksgruppierungen an der unteren Kante, durch Lücken und andere Stempelmuster hervorgerufen (vgl. Einzelstempel Abb. 46,19-26), textile Oberflächenmuster nachgebildet worden sind. 13 Es steht außer Zweifel, daß die Schnellen mit den reichen Verzierungen als Trink gefäße bei besonderen festlichen Anlässen gedient haben. Vielleicht ist diese Zier- 12 Hierbei ist in erster Linie an Deckel aus Holz zu denken. Weiterhin ist anzunehmen, daß Vorräte aller Art in Töpfen durch gespannte Häute oder Pergament verschlossen wurden, wozu vor allem ein scharfer Falz an der Randaußenseitc der Gefäße notwendig ist. Die Gepflogenheit, Gefäße zuzubinden, ist volkskundlich und völkerkundlich hinreichend belegt. Auf Dresdener Verhältnisse im ausgehenden 14. Jh. bezogen, kämen für eine geschlossene Bevorratung in zu gebundenen Töpfen nur die 2,5 % schlichten, weitmundigen Töpfe in Frage, denn die 61,5 % Töpfe mit randständigem Henkel sind für solche Verschlußart nicht geeignet. 13 Diese Art der Verzierung und die Motiv- und Musterentlehnung von anderen Materialien sind eine seit urgeschicht- liehen Zeiten zu beobachtende Gewohnheit. Dazu entsprach es dem Stil dieser Zeit - der Spätgotik und frühen Renais sance in Sachsen -, flächenfüllende textile Ziermuster an anderen Materialien anzubringen (Fliesenböden, Wandbema lungen, Kassettendecken, Sgrafitto-Hausfassadcn u. a. m.).