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(Bautzen-Seidau, Grab 2, Großenhain). Natürlich besteht hier einmal eine Ab hängigkeit von der Gelände- und Bodenbeschaffenheit, zum anderen sind aber auch die im Laufe der Jahrhunderte wirksam gewesenen exogenen Kräfte als Verwitterungsfaktoren in Rechnung zu stellen, die eine mehr oder weniger augen fällige, örtlich unterschiedliche Abtragung bewirkten. Auf der Grundlage unter schiedlicher Maßverhältnisse einen differenzierten Grabbrauch ablesen zu wollen, dürfte angesichts der wenigen bisher bekannt gewordenen Objekte sowie der teilweise doch recht unzulänglichen Beobachtungen verfrüht sein. Eine bestimmte Ordnung des Grubeninhaltcs konnte nicht fcstgestellt werden266, wenngleich nicht ausgeschlossen werden soll, daß eine solche bei entsprechend exakter Beobachtung gelegentlich hätte nachgewiesen werden können. Neben Holzkohleteilchen und Asche lagen die Leichenbrandreste und Totenbeigaben regellos in der Grubcnmulde, dabei mitunter so flach eingegraben, daß gelegent lich nur noch die untersten Grabtcilc erfaßt wurden. Ungeklärt ist die Funktion fundleerer Gruben ohne Leichenbrand 264 265 266 267 . Im benachbarten Brandenburg als Pfahlmarkcn zur Kennzeichnung der Gräber gedeutet266, ist das Problem der artiger kleiner beigabcnloser Verfärbungen auch sonst noch nicht zufriedenstellend aufgehellt267. Die Rekonstruktion des Bestattungsbrauches ist leider nur in gewissem Umfang möglich 268 . Hinweise auf Vcrbrcnnungsplätze liegen von Großenhain und Lieb- stein vor. In Großenhain wurden auf dem Gelände des Gräberfeldes fünf An lagen beobachtet, die aus handgroßen, ziemlich dicht beieinander liegenden Ge rollen bestanden haben sollen; leider wurde weder eine Skizze der Steinsetzungen angefertigt noch überhaupt eine Ausgrabung durchgeführt. Nach Angabe des Ausgräbers sollen die Anlagen denen „von Frankfurt a. O.“ geglichen haben 269 . Besser sind wir über mindestens drei Ustrinen von Liebstein unterrichtet 270 . Verbrennungsstätte I bestand aus einer von Steinen begrenzten, infolge Feuer- 264 Eine solche dagegen gelegentlich im brandenburgischen Gräberfeld von Wilhelmsaue (H. Schach- Dörges 1969, S. 11). 265 Schönfeld, Grab 13 und 16. 266 A. Leube 1962, S. 169. 267 Vgl. D. Bohnsack 1938, S. 96; Chr. Pcscheck 1939, S. 8. Wenig wahrscheinlich ist die Deutung (D. Bohnsack 1938, S. 96), daß sich der Leichenbrand unter bestimmten Bedingungen aufgelöst habe. Auch der Versuch, Brandgruben ohne Leichenbrand als Gruben lediglich für die Scheiterhaufenrück stände zu erklären (F. Pfützenreitcr 1929, S. 265; D. Bohnsack 1938, S. 96), dürfte keine eindeutige Klärung des Problems darstellen, wenngleich über den Verbleib des gesamten Rückstandes bei der Leichenverbrennung nichts bekannt ist (vgl. A. Leube 1962, S. 170). Hier müssen von künftigen systematischen Untersuchungen neue Aufschlüsse erwartet werden. 268 Vgl. den Rekonstruktionsversuch des Bestattungsritus in der römischen Kaiserzeit im oberschle sischen Raum bei J. Szydlowski 1964 a, S. 79-102. 269 Gemeint ist offenbar die Fundstelle Frankfurt (Stadion), wo M. M. Lienau 2,05 m unter der Oberfläche eine 0,26 m tiefe, 1,40 m lange und 0,80 m breite, von NNW nach SSO orientierte ovale „Verbrennungswanne“ fcststellte, die aus größeren Gerollen und holzkohlehaltiger Erde bestand (M. M. Lienau 1934 und 1935). 270 Vgl. E. Meyer 1971, S. 106-108.