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liehe Gleichheit des Verbreitungsgebietes der Bevölkerung der Billendorfer Stufe und der spätrömischen Kaiserzeit, der pontischen Reliktpflanzen, der Lößgebiete, der rundlichen Ortsformen, der patronymischen Ortsnamen des Obersorbischen, der Zwerggemarkungen, der Block- und Radialfluren, der ältesten Kirchenspren gel und der obersorbischen Sprache als zwingende Beweise für „eine gewisse Kontinuität der Siedlung“ 90 anführte 91 . Daß hier natürlich weit über die Aus sagekraft der durch die Funde gesetzten Grenzen hinausgegangen war, sei nur am Rande vermerkt. So lassen sich auch einige weitere Thesen W. Frenzels 92 kaum noch aufrechterhalten, wonach die Gräber mit Spinnwirtelbeigabe unbe dingt als Gräber von „Hausfrauen“ und Bestattungen mit „echt weiblichem Schmuck ohne Spinnwirtel“ auf die Grablegen von „Jungfrauen“ schließen lie ßen. In der Auswertung der Littener Gräber 8, 18 und 30 ging W. Frenzel augen scheinlich auch etwas zu weit; er deutete nämlich diese Bestattungen als Doppel gräber und sah in ihnen einen Hinweis darauf, daß „eine Frau mit Ausstattung als Hausfrau ... dem Mann auf dem Scheiterhaufen folgte“ 93 . Eine gewisse so ziale Gliederung sah W. Frenzel 94 in den Grabinventaren angedeutet. Sind heute auch eine ganze Reihe der Thesen W. Frenzels als überholt zu be zeichnen, so dürfen sie doch immerhin als der erste umfassendere Versuch ge wertet werden, die ostsächsischen Kaiserzeitfunde historisch, d. h. aber nicht nur ethnisch, zu deuten. Von den Arbeiten der folgenden Zeit, die Funde unseres Arbeitsgebietes wenig stens teilweise berühren, ist die Studie von W. Schulz über die „Ost- und Elb- germanen in spätrömischer Zeit in den Ostkreisen der Provinz Sachsen“ 95 von besonderem Interesse. Hier wurde auf Grund der Fundgegenstände „der weniger durchforschten Grenzzone“ eine „Klärung der Grenzverhältnisse“ 96 angestrebt. W. Schulz konnte dabei für das von ihm untersuchte Gebiet feststellen, daß es im 2. Jh. noch zum elbgermanischen Bereich gehörte 97 , für das 3. Jh. jedoch eine Zuweisung an einen der großen Kulturkreise bedeutend schwieriger ist 98 . Wäh rend er die unserem Arbeitsbereich unmittelbar benachbarten Funde von Prieschka, Kr. Bad Liebenwerda, auf Grund der Sitte der Brandgrubenbestattung dem burgundischen Stamm zuweisen möchte 99 , seien bei den Funden westlich der Elbe 90 Gemeint ist offenbar die Besiedlung als Vorgang. 91 W. Frenzel 1927, S. 53. 92 W. Frenzel 1926, S. 127. 93 W. Frenzel 1926, S. 127. Daß ohne entsprechende anthropologische Untersuchungen der Leichen brände ein derartiger Schluß unzulässig ist, versteht sich von selbst. 94 Wie Anm. 92. 95 W. Schulz 1931, S. 62-95. 96 W. Schulz 1931, S. 62. 97 W. Schulz 1931, S. 92. Er nennt in diesem Zusammenhang Fundorte wie Zahna, Rahnsdorf, Reu den, Liebersee, Mühlberg und Klossa. 98 W. Schulz 1931, S. 91 f. 99 W. Schulz 1931, S. 84.