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WöerzerA,^ md Tageblatt »1 r>^ X/» »H-^O Erscheint jeden Wochentag Abend» S Uhr sür den andern Tag. Preisvierteljährlich 2Mark 25 Pf., zweimonatlich 1 M. 50 Pf- u.nmnonaü. 75 Pf. betragt der Preis für di« gespülte oder deren Raum 1b Pfennige. 1 > > :.rä nii> Vie Verhandlungen des Landeskulturr«hs. v. Dresden, 20. Dezemd«. Amtsblatt sür die königlichen nnd stiidttschrn Behördm zn Freiberg vnd Brand ver-utwortlicher Redakteur Iulius Brau« iu Freiberg. 20. Jahr,»«, -- Sonntag, den 22. Dezember, j Einladung znm Abonnement. Indem wir das geehrte Publikum zum Abonnement auf de« „Frribergrr Anzeiger und Tageblatt." höflichst einzuladen uns erlauben, bitten wir, die Bestellungen auf daS Blatt rechtzeitig machen zu wollen, damit eine Unterbrechung respektive verspätete Lieferung vermieden wird. Sämmtlich kaiserliche Postanstalten nehmen Be stellungen entgegen ; außerdem abonnirt man in Freiberg bei der unterzeichneten Expedition und den nachgenannten Ausgabestellen: »vinuinsni», Annabergcrstratze; » Ecke der iiutzere« Bahuhofsstratze; »m»»» Ervischestrake: Meitzuergasse; L Obermarkt; n»«»ck»r8ttSiLi»vr. Weingasse und kleine Borngasse; »'m. HVemnvm, Reugasse. Auswärts bei: Linst Kaufman« iu Erbisdorf für Braud, Erbisdorf, Liuda, St. Michaelis, Ober- uud Nteder-Lanaeua«. »«ni-«, Apotheker i« Mulda für Mulda, Raudeck und Helbigsdorf. Gemeindevorstand iu Halsbrücke für Halsbrücke, Couradsdorf, Krummeuheuuersdors, Sand und Tuttendorf. Der Preis des Blattes bleibt unverändert und beträgt pro Vierteljahr 2 Mark 25 Pf. Inserate finden im „Lmvlbvmxvm bei der bedeutenden Auflage desselben die weiteste und erfolgreichste Verbreitung. Bei drei- oder mehrmaliger Wiederholung wird entsprechender Rabatt gewährt. Viv LxpvÄtlio». Die Krists in Italien. DaS jüngste Opfer, welches der Sozialismus der euro päischen Freiheit abgefordert, ist das Ministerium Cairoli, das seinen ehrlichen Versuch, die Ordnung mit der Frei heit zu versöhnen, mit seinem Sturze bezahlen mutzte. Ein betrübendes Schauspiel hat damit Italien geboten. Die niedrigste Koterienwirthschaft lähmte einer Regierung den Arm, welche sich wohl verdient um das Vaterland gemacht. Nichts ist ja thörichter, als dem Ministerium Cairoli vor- zuwerfen, datz eS in Worten freisinnig bis zum Radikalis mus gewesen und doch neuerdings infolge des Attentates zu Neapel die strengsten Matzregeln gegen politisch ver dächtige Vereine und Elemente ergriffen. Das wäre doc gewiß eine zu sonderbare Logik, nur ein konservatives Ministerium für berechtigt zu erachten, die vorhandenen Gesetze streng zur Anwendung zu bringen, von einem frei sinnigen aber vorauSzusetzen, daß es auch in der erkenn baren oder zu befürchtenden Gefahr nichts thun dürfe, um dieselbe mit den ihm zustehenden Mittel zu verhüten. Da» Ministerium Cairoli war in seiner Majorität aus radikal und republikanisch gesinnten Männern zusammenge setzt; es kam vor Monaten an die Spitze der Geschäfte, weil es aus der Mehrheit der Kammer hervorgegangen. König Humbert hatte in strenger Erfüllung seiner kon stitutionellen Pflichten diesen Männern das Wohl des StaateS übertragen, wie wenig royalistisch sie auch gesinnt sein mochten. Aber Cairoli vor Allem war als ein hoch- sinniger Patriot bekannt und das italienische Köntgthum, welches Alles dem Patriotismus des Volks und seiner Führer verdankt, glaubte nicht Anstand nehmen zu brauchen, sich dem Patrioten Cairoli anzuvertrauen. König Humbert hat es auch nicht zu bereuen gehabt; er und sein» Sache war in guten Händen. Nicht minder die des Landts. Ihren freisinnigen Grundsätzen ent sprechend, suchten die Minister der äußersten Linken die Gesetzgebung im Sinne derselben zu erweitern. Sie wollten die im Volke so verhaßte Mahlsteuer abschaffen, das Stimmrecht der Bürger in größere Kreise bringen, die Freiheiten für Vereine und Genossenschaften verbürgen. llles dies war erst im Zuge und sollte zur That werden mit Ausnahme des letzten Punktes, wo es sich nur um Achtung vor schon bestehenden Gesetzen und VerfassungSbe- iimmungen handelte. Für diese trat sowohl Cairoli wie ein Gesinnungsgenosse und Kollege Zanardelli in öffent- ichen Programmreden energisch ein und zwar gerade in dem Moment, als infolge der Attentate in Deutschland die öffentliche Meinung äußerst erschreckt war. Uebler konnten die Absichten Cairoli's nicht durchkreuzt werden, als durch das Attentat auf den König in Neapel. Es folgte förmlich der Lobrede, die er auf die Freiheit Aller gehalten hatte. Jedermann mußte sich sagen, daß Attentate auf einen Monarchen unter einem liberalen Regiment so gut wie unter dem despotischsten Polizeisystem möglich und vorgekommen sind. Gleichwohl lag es ge legentlich des neapolitanischen Attentats in der Luft, für die unheimlichen Elemente moralisch auch diejenigen mit ver antwortlich zu machen, welche diesen Elementen die Freiheit des Daseins gestatteten. So warf man auf Cairoli, der mit eigener Lebensgefahr muthvoll und ritterlich den König gerettet hatte, die Schuld, ein solches Attentat durch seine freisinnige Regierung möglich gemacht zu haben. ES war eine gute Gelegenheit für die intriguirenden Kammer fraktionen, dem Ministerium ein Mißtrauensvotum zu geben. Man hatte es im Voraus befürchtet; die Fraktions führer wünschten selber wieder an die Regierung zu kommen. Ein konstitutioneller Ausweg aus dem häßlichen Handel hätte Cairoli noch frei gestanden: die Auflösung der Kammer und neue Wahle«. Er oder der König wollte dies Mittel nicht anwenden; obgleich es wohl das bessere gewesen wäre. Die italienischen Kammerfraktionen sind versumpfte Mora litäten, die zu sprengen und durch neue Wahlen mit frischem Blut zu erfüllen vielleicht gerathen gewesen wäre. Außerdem konnte nach den stattgefundenen Vorgängen Cairoli mit Recht an das Volk appelliren, zwischen ihm und seiner Gegnerschaft im Parlament zu entscheiden. Es ist anders gekommen; Cairoli hat in der Selbstlosigkeit, die ihn sein ganzes Mannesleben lang auSzeichnete, seine Entlassung als Minister genommen. Kurz war seine Regierung, aber von einem tnhalt- schweren AuSgang, der ihn als gestürzten Staatsmann zu einer Volksfigur von populärer Größe erhoben hat. Ein leuchtendes Vorbild als Patriot' gegen Volk wie König, tritt er ab in der Achtung vor dem Gesetz. Er hat, wenn nichts Anderes, so daS Verdienst hinterlassen, die Sympa thien der weitverbreitesten Demokratie in Italien für die Person des König- in hohem Grade gesteigert und als eine ritterliche Natur die Monarchie unter Humbert noch populärer als unter Viktor Emanuel gemacht zu haben. Was jetzt als Ministerium dem seinigen folgen wird, dürfte wenig Gutes versprechen. Abgethane Größen, die aus den ungesunden Zuständen Italiens ihre Selbstsucht nähren, setzen sich wieder auf die kurulischen Stühle. Aber sind dies Schattenseiten des Parlamentarismus, so darf man doch nicht übersehen, daß sie das ganze System nicht mttzkreditiren können. Gerade diese Reibungen des poli tischen ParteiwesenS selbst bis in'S Kleinliche herab, dieser leicht zu bewirkende Wechsel von oben und unten in dem selben, führen allmälig eine Klärung und Läuterung der zählenden Elemente herbei, ohne welche ein gesellschaftliches und staatliches Gebilde doch nicht denkbar ist. Und das führt, wenn irgend ein System, endlich zur Gesundheit des Ganzen. Bei den diesjährigen Berathungen de- Landeskultur« rathS tritt da- zoologische Element bedeutend in den Vordergrund. Nachdem die Hengstfrage erledigt worden war, rückte man den Sperlingen und Feldmäusen z« Leibe. Was die ersteren betrifft, so machte sich eine gan- entschiedene Opposition bemerkbar. Au- dem von Herrn Generalsekretär von LangSdorff erstatteten Berichte ging hervor, datz der Sperling, dieser Proletarier unter den Vögeln, eine Masse von schlechten Eigenschaften a« sich habe, welche die ihm zu Theil werdende Rücksicht nicht »im Mindesten rechtfertigen. Obwohl Ihr Chronist, sich mit ein« solchen Auffassung persönlich nicht einverstanden erkläre« kann, so muß er doch eben berichten, wa- vorgtkommeuAst. Da sei denn nun mitgetheilt, daß Prof. vr. Blomeyer eine Anzahl SperltngSmagen mikroskopisch untersucht hat und dabei zu dem Resultate gekommen ist, daß dieser auf die Proskriptionsliste gesetzte Vogel 8—9 Monate auS- schließlich von Körnern lebt und bloS 3—4 Monate hindurch, wenn nicht- Anderes zu haben ist, sich mit In sekten begnügt. Langes und Breites wurde sodann von den Sünden de- Sperlings erzählt. Ma« echchr, daß er andere nützliche Vögel verscheuchen, junge . Salat- re. Pflanzen vernichten, Erbsenschoten ausfressen und Salat felder schädigen soll. Am schlimmsten agitirte gegen ihn Rittergutsbesitzer Seiler, welcher von der bis jetzt an genommenen Nützlichkeit absolut nichts wissen wollte, sondern in diesem gefiederten graujackigen Herumtreiber lediglich den Dieb erblickte, den die Nemesis ereilen müsse. Einiger maßen trat für ihn Oberforkrath vr. Judeich in die Schranken, aber auch dieser Protektor hatte dies und da nn dem SperlingScharakter auszusetzen. Das Ende vom Liede war, daß an das Ministerium des Innern das Er suchen gerichtet wurde, den gesetzlichen Schutz der Sperlinge aufzuheben und hinsichtlich derselben das freie Verfügungsrecht derHaus-undHofbesitzer, wteesvor 1865 bestanden, wiederher zustellen. Hinsichtlich derFeldmäuse einigte man sich dahin^vem Ministerium des Innern anheimzugeben, an die königliche Straßenbauinspektion eine Verordnung zu erlassen, wonach überall dort, wo Maßnahmen zur Vertilgung der Feldmäuse ergriffen werden, solche gleichzeitig auch Setten der Straßen- bauverwaltung in den fiskalischen Straßengräben und Dämmen mit zur Durchführung gelangen sollen. Eben dasselbe wird auch von der Generaldirektion der StaatS- eisenbahnen verlangt. Man betonte nämlich, daß, so lange die Hauptzufluchtsstätten der Feldmäuse, die durch die Dämme und Einschnitte der Straßen und Eisenbahnen gebildeten so genannten Raine, nicht gleichzeitig von den bezüglichen Maß nahmen betroffen werden, die Arbeit nur eine halbe sei. — Es folgte nun ein Referat des Herrn Hähnel-Ruppritz „über die Hebung des Molkereiwesens". Die dabei gefaßten Beschlüsse gipfelten darin, daß Seitens der Regie rung den landwirthschaftlichen KreiSvereinen diejenigen Geldmittel bewilligt werden sollen, welche zur Vervollständi gung von Molkerei-Einrichtungen sowie zur Ausbildung solcher junger Leute, welche sich für das Molkereifach auS- bilden wollen, erforderlich find Für die in der Zeit vom 20. bis 25. März 1879 in Berlin zu arrangirende Molkerei-Ausstellung wurden aus den Mitteln des Landeskulturraths 300 Mark zu Ehrenpreisen bewilligt. Gleichzeitig ersuchte man daS Ministerium, geeignete Persön lichkeiten zum Besuche dieser Ausstellung zu veranlassen und zwar mit der Verpflichtung ihrer Wahrnehmungen durch einen Bericht in der „Sächsischen Landwirthschaftlichen Zeitschrift" bez. durch Wandervorträge weiter zu verbreiten. — An all' diese Berathungen reihte sich nun die Erstattung der Rechnung durch Herrn May-Polenz, welcher für den erkrankten Referenten von Schönberg-Bornitz einge- treten war. Man genehmigte für 1879 die Einstellung von 47 750 Mark als Einnahme und 27 750 Mark als Ausgabe. — Den Schluß der Tagesordnung bildeten die Wahlen zum deutschen Landwirthschaflsrath. Man designirte hierzu die Herren von Oehlschlägel, Richler, Uhlemann und Günther als Mitglieder uud die Herren von Langsdorfs, Eulitz, Pfannenstiel und Judeich als Stellvertreter. Mit dem herzlichen Wunsche auf fröh liche Weihnachten, erklärte hierauf der Vorsitzende die 1878er Plenarsitzung sür geschlossen.