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gewissen Dichte an dessen Anfang (1000 Eilenburg, 1004 Taucha, zu 1009 Zörbig, zu 1017 Püchau, Wur zen und Rochlitz) (vgl. Erläuterungen zu Beilage 1, S. 144 f.). Bezeichnend ist auch der Ausgriff nach Osten in die Oberlausitz (1007 Göda, Doberschau, „Ostru- sna“ - D HII 124 = CDS I, 1, 59; CDS I, 1, 142; CDS II, 1, 121). Parallel dazu erfolgte von Nienburg an der Saale aus der Vorstoß in die Niederlausitz (1000 Niemitzsch/Niemcza Luzycka, D OIII 359; 1004 Leibchel, Trebbus, D HII 83) , 9 In diese Zeit fällt die Durchsetzung der Bezeich nung Burgward im Südraum des Markengebietes. Sie begann nach den genannten Zeugnissen in den letzten Jahrzehnten des 10. Jh. und verdichtete sich im neuen Jahrtausend. Gleichzeitig ergab sich eine Rückwirkung auf die Basislandschaft, und so er scheint kennzeichnend die Bezeichnung als Burg ward 1000 für Ritteburg, 1004 für Merseburg, 1028 für Wallhausen und 1046 für Sulza (D OIII 344; D KII 128; D HIII 175; Thietmar V, 44). Betrachtet man diese räumliche Differenzierung in Bezug auf die Träger der feudalen Staatsorganisation, so fällt im Magdeburger Ursprungsraum eindeutig der Blick auf Markgraf Gero, dessen urkundliches Auftreten dem Entwicklungsgang der Markenorganisation und der Burgwardeinteilung bemerkenswert entspricht (Bil- lig/Böttcher 1984, S. 28). Zur südlichen Ausdehnung von Geros Wirkungs bereich stellte R. Kötzschke (1929, S. 44) fest: „In des sind Beziehungen zu dem südlichen Sorbenlande in der Geschichte von Geros Leben, Taten und Besitz nicht erkennbar.“ Die ersten Erwähnungen der Markgrafen stehen hier mit den Bistumsgründungen in Verbindung. Der Ausgriff in die Oberlausitz ist wohl von dem in Verbindung mit dem Burgward Nerchau genannten Markgrafen Ekkehard erreicht worden, wie es ihm Thietmar nachrühmt, wobei ihm ebenfalls für 999 die Kirchengründung in Bautzen zugeschrieben wird (Thietmar V, 7; Frenzel 1933, S. 16; Schlesinger 1962, Bd. 1, S. 200 f.). Alles spricht dafür, daß er als Markgraf im süd lichen Gebiet zwischen Saale, Elbe und Löbauer Wasser die staatliche Organisation der Sorbengebiete den Gegebenheiten im Mitteleibgebiet entsprechend nachvollzog. Die Rückwirkung der Burgwardbezeich- nung auf die hergebrachten Burgbezirke des Altsie delgebietes (Ritteburg, Merseburg, Wallhausen, Sulza) vollzog sich im Schatten größerer von den Ekkehardingern forcierter politischer Umgruppie- 9 Die Identifizierung dieser Erwähnungen mit Burgwällen erscheint noch nicht völlig gelöst. Auch zur Namensüber lieferung erscheinen vertiefende Untersuchungen ange bracht. J. Herrmann erkennt in Liubocholi Leibsch und in Liubsi Leibchel (1968, S. 34, 180 f.). Vom Namen her müßte es umgekehrt sein (Eichler 1975, S. 112 f.). R. Leh mann setzt Triebus gleich Trebbus und Liubocholi gleich Leibchel (1979, S.135, S. 188). Vgl. auch Claude 1975, S. 326 ff.; Moderhack 1936, S. 24. Zum Problem Ge- schichte — Archäologie J. Herrmann 1975, S. 110 ff.; 1978 b. rungen, die auch in den Befestigungsbauten um Naumburg, in der frühstädtischen Entwicklung von Naumburg und in der Verlegung des Bistums Zeitz ihren Ausdruck finden (Grimm 1971, S. 60 ff.; 1968, S. 105 ff.; 1958 b, S. 533 ff.; 1973, S. 336; 1972, S. 59 ff.; Leopold/Schubert 1972, S. 59 ff.; Kahl 1983, S. 63 f.). Damit spiegelt sich der zeitliche Abstand zwischen den Bistumsgründungen im Norden (Brandenburg, Havelberg) und im Süden (Merseburg, Meißen, Zeitz-Naumburg) in der Burgward- und Marken organisation wider. Das „jahrhundertelange Wechselspiel der Attrak tion der Vasallen zum königlichen Zentrum hin, das allein sie gegen außen und gegen einander schützen kann, und die Repulsion vom Zentrum, in die jene Attraktion unaufhörlich und unvermeidlich um schlägt“, was F. Engels (1962 b, S. 396) als typisch für den Feudalismus feststellte, bestimmte auch die Entwicklung der Marken zwischen Elbe/Saale und Oder im 10./11. Jh. Es zeigte sich, in gesamtstaat- lichem Rahmen eingeordnet, kraftvolles, nach Zeit und Intensität variierendes Wirken regionaler Kräfte. So erscheint es notwendig, klärend und erläuternd zu betonen, daß es nur die Bezeichnung Burgward war, die von Magdeburg aus sich über das gesamte Markengebiet verbreitete, daß die reale politisch historische Entwicklung verschiedene Basislandschaf ten und Strömungen einschloß. Dabei ist zu beachten, daß die Einrichtung der karolingischen Burgbezirke des Hersfelder Zehnt verzeichnisses nicht, wie es W. Schlesinger formu lierte, „Vorbild“ für eine „Neuschöpfung“ Ottos I. waren (1962, Bd. 1, S. 10 f.), sondern daß diese Burgbezirke noch real existierten, durch die histo rische Entwicklung modifiziert, aber nicht aufgeho ben, die Ausgangspositionen für die politische Orga nisation des südlichen Markengebietes bildeten (Patze/Schlesinger 1974, S. 2). Otto I. hat also für seine Maßnahmen der staatlichen Organisation die überkommenen Burgbezirke im Altsiedelgebiet süd lich des Harzes einfach, wie sie waren, übernommen, genau wie er im eroberten Gebiet einen erheblichen Teil der alten slawischen Burgbezirke rezipierte und umgestalten ließ. Damit verblaßt die Spezifik der Übernahme traditioneller Elemente im eroberten Ge biet, da gleiche Praxis im Altsiedelgebiet sichtbar wird. Das scheint für die unter Otto I. erreichte Ent wicklungsstufe doch irgendwie bezeichnend. Lokal verlief die Umgestaltung und Neuerung entsprechend den neuen Erfordernissen unterschiedlich. Während sie in Merseburg großzügig fortschritt und 1004 der Burgwardbegriff auf das Umland einer Pfalz, eines Bischofssitzes und einer echten Frühstadt, die sich auf der Grundlage des karolingischen Burgbezirkes an der Grenze entwickelt halte, angewandt wurde, hatte sich anderswo an der Siedlungsqualität und -quantität wesentlich weniger verändert. In diesem Bild der räumlichen Differenzierung und