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MeiöeMA^^ o Md Tageblatt. AmtMatt siir die königlichen nnd Wüschen Behörden zn Freiberg nnd Brand. Verantwortlicher Redakteur Julius Braun iu Freiberg. V» 172. Erscheint jeden Wochentag Abends 6 Uhr für den andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mark 25 Ps., zweimonatlich 1 M. 5V Pf. n.cinmonatl. 7bPf. UV. Jahrgang. Freim. den 26 Juli Inserate werden bis Vormittags 11 Uhr angenom men und beträgt der Preis sür die gespaltene Zeile oder deren Raum 15 Pfennige. 1878. Der Schluß des Landtags Gestern Mittag 12 Uhr wurde durch Se. Majestät den König im Nesidenzschlosse der feierliche Schluß des Land tags vollzogen. Demselben ging Vormittags 9 Uhr ein Gottesdienst in der evangelischen Hofkirche voraus, bei welchem Oberhofprediger Ur. Kohlschütter die Predigt hielt. Derselbe führte auf Grund des Textes Micha 6, V. 1 bis 8 das Thema aus: Womit soll ich vor den Herrn treten? Das ist die rechte Frage für uns und unftr Volk an Gottes Wort. Diese Frage ist der Ausdruck I) des Be wußtseins der auf uns lastenden, gemeinsamen Verschuldung, 2) der Bereitschaft, Das uns anzueignen, was der Herr an uns sucht, aber auch 3) der Hoffnung, welche der Herr uns läßt, so lange wir von ihm nicht lasten. Die SchlußftieAichkeit fand in der ll. Etage im Thron saale statt. Um 12 Uhr verkündete der Parademarsch des im sogenannten Porzellanthurme aufgestellten Trompeter- korps des Gardereiterregiments die Ankunft des Königs. Se. Majestät erschien unter Vortritt des großen Dienstes, der Herren Staatsminister, sowie der Herren der ersten und zweiten Klasse der Hofrangordnung, inqleichen der nicht im Dienst befindlichen königl. Kammerherr,n und Flügeladjutanten und wurde beim Eintritt in den Tyron saal von der Versammlung mit einem vom Präsidenten der ersten Kammer ausgebrachten dreimaligen Hoch empfangen. Se. Majestät der König nahm auf dem Throne Platz, an dessen rechter Seite die Herren St-ratsminister re. sich aufstellten, bedeckte das Haupt mit dem Helm und verlas folgende Thronrede: Meine Herren Stände! Ich habe S'.e heut um Mich versammelt, um Ihnen vor Ihrer Rückkehr in die Heimath Meinen Königlichen Dank zu sagen für Ihre auch während der gegenwärtigen Session dem Wohle und der Entwickelung des Landes zu gewendete Thätigkeit. Es geschieht dies in einer bedeutungsvollen, zu den ernstesten Erwägungen Anlaß bietenden Zeit. Mit Mir hat Mein Volk es tief beklagt und schmerzlich empfunden, daß die Person unseres ehrwürdigen und hoch verehrten Kaisers den verabscheuungswürdigsten Leiden schaften und Verirrungen zum Ziele dienen sollte, und wenn auch des allmächtigen Gottes Gnade das Schlimmste von Seinem erlauchten Haupte abwendete, so mindert dies doch nicht die tiefe Entrüstung, mit welcher solch Beginnen unser Aller Herzen erfüllt. Während Meine Regierung bereit bleiben wird, die gesetzgebenden Organe des Reichs in dem Streben zu unter stützen, den zersetzenden Tendenzen unserer Tage die für das Gesammtwohl gebotenen Schranken zu ziehen, tritt doch auch an einen jeden Einzelnen die ernste Mahnung heran, soweit an ihm, fortgesetzt zu wirken auf Förderung und Erhaltung von Gottesfurcht, Zucht und Sitte. Ich bewahre die Zuversicht, daß Meine Landeskinder trotz der Versuchungen der jetzigen Zeit daran festhalten werden, das Fleiß, gewissenhafte Pflichterfüllung, Sinn für Häuslichkeit und Achtung vor dem Gesetz allein zu gutem Ziele führen. Mit herzlicher Freude und Erkenntlichkeit haben Mich die jüngst vergangenen Tage erfüllt, an welchen Mir Selbst und der Königin, Meiner Gemahlin, allseitig so reiche Beweise von Liebe und Anhänglichkeit entgegengebracht wurden, und gereicht es Mir zu besonderer Genugthuung, von dieser Stelle aus, auch im Namen der Königin Meinen getreuen Sachsen dafür nochmals Unseren auf richtigen Dank zu entbieten. Der Druck, welcher bisher auf Ackerbau, Handel und Gewerbe lastet, ist leider noch immer nicht gewichen, und begrüße Ich daher das jüngst abgeschlossene Friedenswerk in der Erwartung, daß dasselbe in seinen wohlthätigen Folgen mit dazu beitrage möge, den endlichen Uebergang zu bessern und erfreulichen Zuständen herbeizuführen. Den vielseitig hervortretenden Wünschen auf Schutz des Gewerbfleißes wird Meine Regierung innerhalb des an zuerkennenden Bedürfnisses ihre bereitwillige Unterstützung leihen. Durch die von Ihnen zum Ankäufe einer Mehrzahl von Privatbahnen und zum Bau neuer Staatsbahnen be willigten beträchtlichen Summen haben Sie die Konsolidi- rung des Staatseisenbahnnetzes dem Abschluss; nahe ge bracht und die Entwickelung des Eisenbahnwesens erheblich gefördert. Werden die dafür gebrachten Opfer schon durch den wohlthätigen Einfluß, welchen die Eisenbahnen auf die Erleichterung des Verkehrs und die Hebung des allgemeinen Wohlstandes haben, reichlich aufgewogen, so steht auch zu 'oerhoffen, daß bei Wiedereintritt normaler Zustände das Verhältniß der Einnahmen zu den Ausgaben bei den Eisenbahnen sich wieder günstiger gestalte, zumal Meine Regierung unablässig bemüht sein wird, durch Einführung eines vereinfachten Betriebes, insbesondere auf Nebenlinien, Ersparnisse herbeizuführen. Zu besonderer Befriedigung gereicht es Mir, daß eine der wichtigsten Aufgaben dieses Landtags, die Reform des Systems unserer direkten Steuern durch eins vollständige Usbereiiistimmung aller Faktoren der Gesetzgebung ihre Lösung gefunden hat. Wenn zu Meinem lebhaften Be dauern es nicht zu umgehen blieb, zu einer Steuererhöhung zu verschrecken, so gebe Ich doch der Hoffnung auch heute Ausdruck, daß in den Verhältnissen, welche hierzu geführt haben, ein Umschwung bald eintretrn werde. Bei aller Rücksicht auf die durch die Zeit gebotene Be- chränkung haben Sie die Mittel bewilligt, mit welchen es möglich sein wird, die innere Verwaltung Sachsens in gedeihlicher Weise weiter zu führen und seine Kulturaus gaben auch ferner zu erfüllen. Das Ergebnis; Ihrer Berathungen über die Vorlagen, welche durch die bevorstehende Umgestaltung der Rechts pflege veranlaßt waren, wird Meine Negierung in den Stand setzen, die Ausführung dec bezüglichen Reichsgesetze rechtzeitig vorzubereiten. Wenn wir somit die Bahnen des Fortschrittes unbeirrt Wecker eingehalten haben, so lassen Sie, Meine Herren Stände, heut unter dem Wunsche uns trennen, daß die göttliche Vorsehung unsere gemeinschaftlichen Bemühungen zum Segen des Vaterlandes hinausführen möge. Tagesschau. Freiberg, 25. Juli. Die Kaiserin Augusta ist gestern Abend von Potsdam nach Baden-Baden abgereist; die Kron prinzessin begiebt sich morgen nach Hamburg und der Kronprinz folgt ihr nach der Abreise des Kaisers. Der Kaiser selbst wird mit der Groß herzogin von Baden am 31. Juli oder 1. August in Teplttz eintreffen. Ein Berliner Hof beamter hat im Herrenhaus« des Fürsten Clary Wohnung für die hohen Herrschaften bestellt. In diesen Nachrichten dürfen wir gleich zeitig den erfreulichen Beweis von der Genesung des Kaisers erblicken. Diese Thatsache erregt heute eben soviel Freude in der Nation, als vor Wochen die Kunde von den frevelhaften Attentaten auf das Leben des Kaisers Bestürzung und Trauer in Hütten und Palästen verbreitete. Wie viele Dankgebete aber auch jetzt zum Himmel steigen, so viel Fürbitten mögen sich mit ihnen vereinigen, um zu erflehen, daß die bösen Thaten Hödels und Nobilings nur gute Folgen haben möchten für das schwergeprüfte deutsche Reich, daß seiner Regierung die Weisheit und die Kraft verliehen fein möge, der in den Attentaten zum Vorschein gekommenen sittlichen und politischen Verwilderung mit Erfolg zu begegnen, ohne den sittlichen und politischen Gütern zu nahe zu treten, welche das Inventar einer ver nünftigen und freien Nation bilden, und deren diese nicht durch wenn auch noch so große Verbrechen einzelnerBer- worfener verlustig gehen kann, wenn nicht Alles in heillose Verwirrung gerathen soll. Und bei dem milden Charakter unseres Kaisers darf man wohl hoffen, daß auch seine Regierung im Verein mit der Reichsvertretung hierin vor Fehlgriffen nach rechts oder links bewahrt bleiben wird. Versichert doch heute die offiziöse „Prov.-Korresp." von Neuem, die Regierung werde vom Rstchstage nur Voll machten zum Verbot der sozialdemokratischen Zeitungen, Vereinen und Versammlungen sowie zum Einschreiten gegen die Agitationen verlangen; sie halte es aber nicht für gerecht und nützlich, mit den erstrebten Sicher- heitsmaßregeln andere Bestrebungen zu treffen als die, durch welche die bestehende Rechtsord nung gefährdet sei. Weiter erklärt beute die „Nordd. Allg. Ztg": Durch verschiedene Blätter läuft die Behaup tung, im Entwürfe des Sozialistngesetzes befinde sich die Bestimmung, daß Niemand vor dem 30. Lebensjahre ein m politischen Vereine beitreten dürfe, nach anderer Lesart, nicht vor Beendigung der Milckärvienstzeit. Beide Angaben beruhen auf Erfindung; von einer Aufnahme solcher oder ähnlicher Bestimmungen in der Vorlage ist nicht die Rede gewesen. Die Behauptung, daß außer dem Sozialistengesetz dem Reichstage in nächster Session keine weiteren Vorlagen zugehen sollen, muß, ungeachtet des von einigen Seiten erhobenen Widerspruchs, aufrecht erhalten werden. Dis im Neichsjustizamts und anderen Staatsbehörden in Vor arbeit begriffenen Vorlagen sind nicht sür die außerordent liche, sondern für die lausende Winterfessio» bestimmt. Wie verlautet, hat Fürst Bismarck die leitenden Mi nister der deuttchen Staaten zu einer Konferenz einge laden, die Anfangs August in Heidelberg stattfiuden soll Da die Vorlage gegen die Sozialdemokratie um so schneller den Bundes!a'h pasfiren wird, wenn die einzelnen Re gierungen im Voraus von ihrem Inhalt in Kenntniß ge setzt und damit einverstanden sind, so ist wohl anznnehmen, daß die Konferenz in erster Linie den Zweck hat, über dies-n Punkt volles Einverständniß herbrizuführen- Man erinnert sich, wie bei Beratbung des vo igen Sozialisten gesetzes im Bundesrathedie baierischen Bevollmächtigten lange Zeit ohne Instruktion waren, bis dieselbe endlich vom Könige von Baiern e> »geholt werden konnte. Außer dem Sozialistengesetz dürste» höchst wahrscheinlich aber auch die- jrniaen Vorlagen in Heidelberg zur Besprechung kommen, die sich auk die Steuer-, Zoll- und Wirt hschafts- politik des R-ichskanzlsrs beziehen In der That mag es ihm wohl unumgänglich nothwendig erscheinen, sich ein mal direkt darüber zu informiren, wie die einzelnen deutschen Regierungen über seine Projekte denken, da ohne vorherige Gewißheit allseitiger oder doch überwiegender Zustimmung selbstverständlich auch eine Lähmung in die Vorbereitungs arbeiten kommen muß. Der Hochverräther Hödel hat die Frist zur Einreichung der Nichtigkeitsbeschwerde vorübe^gehen lassen, ohne irgend einen Schritt zu thun. Das Todesurtheil hat demnach die Rechtskraft beschritten und es dürfte in nächster Zeit die allerhöchste Entschließung zum Vollzug des Urtheils zu er warten sein. Die Gleichgültigkeit, welche der Verbrecher offenbar bis heute bewahrt hat, dürfte ein Grund mehr sein, das Urtheil des Staatsgerichtshofe-i einfach zum Voll zug zu bringen. Ueber die Verhandlungen zwischen Oesterreich und der Pforte bringen heute Wiener Blätter folgende Mftiheilungen: Der Abbruch der Verhandlungen ist durch die Erklärung verhütet worden, daß Oesterreich den Rechten des Sultan nicht nahe zu treten gedenke. Indessen nehmen die Ver handlungen denn doch nur einen schleppenden Gang und sind bisher von österreichischer wie türkischer Seite die wirklich maßgebenden Persönlichkeiten nicht bei der Fort führung der Verhandlungen betheiliqt. Die Vertreter der Pforte haben bis jetzt folgende Punkte formulict: 1) In den bürgerlichen Zuständen Bosniens und der Herzegowina findet bis auf weitere Vereinbarung keine Veränderun statt. 2> Die türkischen Gendarmen werden von ver österreichischen Verwaltung verwendet und haben gleichen Rang mit den österreichischen Gendarmen. 3) Die Räumung