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1878 142 mit unverantwortlicher Sorglosigkeit auf einem Vulkan sich nusses aller bürgerlichen Freiheit als ihrer unwürdig raubt, so ist dies auch gegenüber einer Partei geboten, nicht mehr rechtmäßig für ihre Zwecke auf dem Boden Gesetzlichkeit kämpft, sondern die das Verbrechen gegen organisiren kann. Gesetze, die gemeinschädliches Treiben befördern, will Niemand, der sie zum Schutze der Ordnung und öffentlichen Moral, der Freiheit Aller, aber nicht der geschworenen Feinde dieser Freiheit, für heilig hält. Wir sehen die Sozialdemokraten systematisch auf den Bürgerkrieg hinarbeiten und auf den Umsturz aller uns heiligen Ord nung — wie ist es denkbar, daß wir dazu sagen sollen: das Gesetz erlaubt dies und folglich ist dagegen nichts zu machen? Wie man den Verbrecher durch Gesetz des Ge- be- die der die ind gewiß nicht beim Gerstensaft zu treffen, denn er walzt ur Stunde lustig mit Komtessen und Baronessen. Locke ch aus diesem Glücklichen vielleicht morgen noch etwas heraus, ö werde ich es Ihnen nicht vorenthalten. Folgen Sie mir nun ein Weilchen in den Gabensaal, »essen Pforten mir heute wieder ein guter Genius geöffnet hat. Wie prächtig sieht es dort aus, welch' reizende Ex position PLI- exesllsnev hat sich daselbst etablirt. Das Auge wird gefangen genommen von hunderterlei Dingen, )ie nicht blos in beredter Sprache ein glänzendes Zeugnttz ür die Liebe und Treue des Sachsenvolkes abgeben, son dern auch zeigen, wie herrlich weit man es bei uns ge bracht, um mit Göthe zu reden Zu den bereits erwähnten Geschenken sind seit gestern noch eine ganz erkleckliche An zahl hinzugekommen. So sehen wir als neu erschienenem treffliches Oelgemälde, einen balzenden Auerhahn darstellend, gespendet von dem Grafen Einsiedel; einen prächtigen Spie gel mit Marmorrahmen von der Hösel'schen Granitfabrik tu Dresden-Friedrichstadt; eine äußerst kunstvoll ausgeführte Spitzenklöppelei von Christiane Teichert in Steinbach; eine neusilberne Kaffeeplatte mit eingravirter Widmung von dem Militärverein zu Aue ; eine Bouquet aus Mandeln von Auguste Kühne in Freiberg; einen Nähmrschinen- schrank von der Firma Seidel und Neumann in Dresden; eine Militärmütze von Berge hierselbst, sowie einen kostbar ausgelegten Schrank aus der Spiegel- und Rahmenfabrik von Mittenzw-y. Ferner spendere die hiesige mechanische Weberei von Kleeberg sür den König eine Jagdweste, sowie Jagdgamaschen, sowie sür die Königin einen Opernmantel. Auf Vollständigkeit können meine seitherigen Mitlheilungen aber immer noch keinen Anspruch machen, denn die Zusen dungen an das Hofmarschallamt hab n noch kein Ende er reicht. Hinsichtlich schon erwähnter Geschenke ist noch nach zutragen, daß der von den sächsischen Müitäroereinen ver ehrte silberne Tafelaufsatz nach einem Entwürfe der durch ihr Glück in Konkurrenzausschre-ben bekannt und d.rühmt ge wordenen Architekten Giese und Weidner von dem Juwelier Eck hardt hcrgestellt worden ist. Dre den ganzen Aussatz krönende /Figur stellt einen verabschiedeten Militär in Zivilklcidung auch die Lässigen begriffen haben, baß es nicht blos einer Abwehr gegen eine politische Partei gilt, sondern einer Abwehr der geschworenen Feindschaft gegen unsere gesell schaftliche und verfassungsmäßige Ordnung. Unter unseren bestehenden Gesetzen hat die Sozialdemo kratie nicht etwa Propaganda für Ideen gemacht, dir dadurch etwas Berechtigtes hätten, daß sie auf eine Reform politrscher und wirthschaftlicher Verhältnisse in naher oder ferner Zett hinarbeiteten; sondern sie hat den gewaltthätigen Umsturz aus rohesten Leidenschaften der großen Masse ge predigt und den Unzufriedenen, dem um keine Güter des Lebens wie des Geistes sorgenden Proletariat unter trügerischen Verheißungen die Moral zu Grunde ge richtet. Darüber kann man nicht mehr in Zweifel sein, denn die sozialdemokratische Presse hat offen ihren Haß gegen das Bestehende, ihre Hoffnung auf eine baldige Re volution im sozialistischen Sinne ausgesprochen. Der in Lagny erscheinende sozialdemokratische LAalltö richtet eben jetzt einen Aufruf an die „Brüder von Deutschland", der folgendermaßen sich ausläßt: „Nach dem Lande Baboeuss Fourier'S, DeleScluze's nun Varlie'S ist jetzt das Land Karl Marx', Lassalle'S und Blum s das Schlachtfeld der sozialen Revolution geworden. Heute habt Ihr die Ehre, den Verbindungen aller vereinigten Reaktionen zur Zielscheibe zu dienen, wie vor acht Jahren die selben Reaktionen uns mit ihren Schmähungen und ihren Kugeln verfolgten. Und gleich wie Ihr im Jahre 1871 lein Bedenken trugt, Such durch den Mund Liebknecht's und BebelS milder besiegten Kommune solidarisch zu erklären, ebenso bedenken wir unS nicht, die vollständigste Solidarität mit Eurer Sozialdemokratie, deren unabwendbarer und nahe bevorstehender Sieg auch unser Sieg sein wird, in Anspruch zu nehmen. Aus Anlaß einer individuellen That, für welche nur ihr Urheber, der überdies nicht einmal zu den Eurigen zählte, verantwortlich sein kann, sind die konservativen Re gierungen des Augenblicks und ihre Schreier in der Presse daraus verfallen, nicht nur Euch, die deutschen Sozialisten, sondern auch Lie Sozialisten aller Länder sür ein von ihnen sogenanntes Attentat zur Rechenschaft zu ziehen. Sie haben Mit vereinten Kräften. Die grellen Blitze, welche auf die Fäulniß unsers Ge sellschaftskörpers geleuchtet haben, sind mahnende Zeichen für die guten Bürger, mit ihren eigenen Kräften zunächst einer so deutlich erkennbar gewordenen Gefahr entgegen zutreten. Ehe die Attentate erfolgten, riefen wir diesen Bürgermuth schon an, sich zu einigem Thun und Zusammen stehen unbeschadet dec politischen Parteiangehörigkeit auf zuraffen. Wir thun es jetzt mit um so größerem und be rechtigterem Eifer. Es bandelt sich nicht um leidenschaft liches Unternehmen, welches bei einem so wichtigen politischen Akt, wie die bevorstehenden Wahlen zum Reichs tage sind, die Tragweite derselben für die nächsten Jahre außer Acht ließe; aber es handelt sich darum, einen ge schlossenen, festen Bürgerwillen dabei gegen die Feinde unserer bestehenden gesellschaftlichen Ordnung zu manifestiren. Wie kein vernünftiger Mensch daran denken wird, daß um einiger Elenden willen der Nation ihre vollberechtigten, verbrieften Freiheiten verkürzt werden dürfen, daß man um etlicher Schuldigen willen an allen Schuldlosen eine Rache nehme, so ist es doch jeder Einsicht zugänglich, daß gegen innere Gefahren der Bürgersinn sich nicht gleich- giltig verhalten darf. Die ruchlosen Attentate auf Kaiser Wilhelm sollen und werden nicht zu Attentaten auf die Verfassung, auf die Grundgesetze unseres Staatslebens werden; aber sie haben aller Welt, die in Abscheu darüber gerathen ist, die Ueberzeugung gegeben, daß sie längst schon Zur Jubiläums-Feier. s. Dresden, 19. Juni. Gestern brachte Apoll und die Musen ihre Huldigung — der heutige Tag gehörte dem gestrengen KriegSgott Mars. Schon von früh an lenkten Tausende von Neu gierigen ihre Schritte nach dem Alaunplatzt, wo die an läßlich des Silberjubiläums Ihrer Majestäten arrangirte Militärparade stattfand. Das Wetter konnte nicht günstiger sein, als es war. Ein wirklich italienischer Himmel lachte über unserem Elbflorenz und die Morgensonne sendete freundlich ihre Strahlen auf die Uniformpracht herab, die sich von 9 Uhr ab auf dem erwähnten Platze entfaltete. Ihre Majestäten, sowie die prinzlichen Herr schaften und die auswärtigen Fürstlichkeiten erschienen kurz nach der genannten Stunde und wurden mit einem viel tausendstimmigen Hurrah begrüßt. Die Parade, welche von dem Generallieutenant Senfft von Pilsach kommandirt wurde, begann sofort und verlief in befriedigendster Weise. Im Allgemeinen war sie in zwei Treffen getheilt, denen die Generalmajore von Rudorfs und von Carlowitz Vorständen. Im ersten Treffen, welches aus Infanterie bestand, zeigten sich das Kadettenkorps, die beiden hiesigen Grenadier-Regimenter, zwei Trainbataillone, sowie ein Pionnierbataillon. Im zweiten Treffen standen das Gardereiter-, sowie ein Husaren-R-giment, zwei Feld artillerie-Regimenter und ein Jägerbataillon. Die Truppen defilirten, wie ich Ihnen bereits durch den Drath berichtet, zweimal. Nach dem zweiten Vorbeimarsch erfolgte daS Abrücken und die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften begaben sich nun sofort nach dem Residenzschlosse zurück. Vorher hatte Se. Majestät den versammelten Stabsoffi zieren gegenüber seine volle Zufriedenheit über den Verlauf der Parade und die gute Haltung dec Truppen kundge geben. Auch die anwesenden Fürstlichkeiten sprachen sich, wie ich höre, sehr schmeichelhaft über das ganze Auftreten unserer sächsischen Vaterlandsvertheidiger aus. Dieses Lob war aber auch ein verdientes, denn die Soldaten sahen in der That sehr schmuck aus. Bon den theilnehmenden fürstlichen Gästen waren die Meisten zu Pferde erschienen. Gleiches ist auch von Ihrer königlichen Hoheit der Frau Prinzessin Georg zu melden, die in einem sehr geschmackvollen Reitkostüme ankam. Ihre Majestät die Königin, sowie Ihre königliche Hoheit die Herzogin von Genua und die prinzliche Familie wohntm in zwei- spännigen Wagen der Parade bei. Bemerkt sei noch, oaß Prinz Friedrich August heute zum ersten Male als Lieute nant an dem militärischen Schauspiel theilnahm. Uner wähnt mag auch nicht bleiben, daß der Kciegsminister, General der Kavallerie, von Fabrice, eine herrliche neue Uniform trug, welche ihm der König anläßlich seiner Ernennung, ü la suite des Gardereiter-Regi ments, verehrt hat. Der Andrang des Publikums war ungeheuer. Nach der Parade sand im königlichen Schlosse Familientafel statt, während sich die fremden Suiten zu einer Marschallstafel vereinten. Wie es dabei zuge gangen, ist mir dunkel wie das Innere Afrikas. Ebenso wenig kann ich Ihnen von dem Hofballe am Abend etwas vorplaudern, sintemalen mein Name im goldenen Buche der Hofrangordnung nicht vertreten ist. Wohl habe ich bas Glück, dann und wann mit einem Menschenkinds ein Glas Bier trinken zu können, dem das Parquet der Paradesäle keine ttzrra ioeo^uita ist; aber heut' ist eben dies Menschen- Gesellschaft organisirt, das Verbrechen ihrer Unterwühlung, ihrer Verhetzung, ihrer Demoralisirung, ihrer Vernichtung unter brutaler Gewalt. „Nieder mit der Lüge!" Mit dieser Loosung mögen alle guten Bürger einträchtig und stark als Schirmer ihrer Gesetzt den Feind zu Boden werfen! damit nur selbst die Grenzen niedergerissen, welche ihre Gesetz gebung zwischen den in dem nämlichen Kampfe für die wirlh- schaftliche Gleichheit begriffenen Proletariern aufgerichtet hatte. Desto schlimmer für sie und desto besser für uns: Diese von ihnen so willkürlich ausgedehnte Verantwortung, mit deren Hilfe sie uns erst Furcht zu machen und dann zu zermalmen hoffen, lehnen wir nicht nur nicht ab, sondern nehmen sie laut für uns in Anspruch. Uno wir rufen Euch zu: Hoffnung und Muth! Wir sind heute im Geiste mit Euch, wie wir morgen leiblich mit Euch sein werden, wenn Ihr die Stunde für gekommen hallen solltet, der Gewalt mit Gewalt zu begegnen." Angesichts dessen und Allem, was die deutsche Sozial demokratie mit unverhohlenen Worten plant und sinnt — wie kann eine Nation da ruhig die Hände im Schooß halten! Wir hören und sehen, daß man das Feuer in unser Haus tragen will, daß man den Ruin unserer leib lichen und geistigen Güter vorbereitet, daß man die nied rigste Rohheit uns als die berechtigte Herrin aufzuzwingen gedenkt — und wir sollten nicht etumüthig sein, einer solchen Gefahr mit aller Energie zu begegnen? In Wahrheit handelt es sich hier um Leben und Tod und kein Verzug darf mehr stattfindem um dem Todfeinde zu be gegnen, ehe es zu spät ist. Einig wie die Masse der So zialdemokratie, so einig muß auch das Bürgerthum ihr entgegentreten und es unmöglich machen, daß heute ein Abgeordneter jener Partei gewählt werden kann, die mit den bestehenden Rechten Mißbrauch treibt, um diese Rechte zu verhöhnen. Darüber kann jetzt kein Meinungsunterschied mehr walten, 30. Jahrgang. Freitag, den 21. Juni Erscheint jeden Wochentag Abends 6 Uhr für den andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mark 2b Pf., zweimonatlich 1 M. SO Pf. n. einmonatl. 7S Pf. Amtsblatt für die königlichen vnd Müschen Behörden zu Freiberg nnd Brand. Verantwortlicher Redakteur Julius Brauu iu Freiberg. Inserate werden bis Vormittags H UHr angenom men und beträgt der Preis sür die gespaltene Zeile oder deren Raum 1S Pfennige. ' " s daß es widersinnig ist, Gesetze für unantastbar zu halten, bewege. Der Kampf mtt der Sozialdemokratie, zunächst» ° - n-l. rc .1-^ unter deren Schutz dit Anarchie und das Verderben für ein nicht physi cher, hoffentlich auch kein anderer, ist nut»^, , „ . . ' .. , m «r-- idie bestehende Gesellschaft mit schamlosester Offenheit sich diesem Augenblicke zur Bürgerpflicht geworden, indem " '