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Seiten paarige „Tragstangen“ angesetzt sind. Es ähnelt darin ovalen Schalen mit paarigen Randzipfeln aus Bayern (G. Kossack 1959, Taf. 116). Diese Schalen sind oft reich und vor allem figürlich verziert (H.-P. Uenze 1974, S. 105, Taf. 7,1; Taf. 8,1). Mit plasti schen Vögeln geschmückte Gefäße kommen auch im Lausitzer Bereich 69 vor (B. Gediga 1970, Abb. 51, Abb. 52). Hallstättische Schalen tragen außer plasti schen Vögeln auch menschliche Figuren, so zwei Scha len von Schirndorf (Grab 110 und Grab 111) jeweils zwei menschliche Figuren, die mittels einer Klebe masse nach dem Brand aufgesetzt worden sind (W. Torbrügge 1974, S. 57 ff.). Vergleichbare Statuet ten finden sich an Gefäßen des Osthallstattkreises. Dort sind Gefäßträgerinnen, Reiter, Hirsche, Vögel, aber auch einfach Männer- oder Frauenfiguren aus Ton, Bronze oder Blei den Gefäßen aufgesetzt bezie hungsweise mittels Tonzapfen eingesetzt (A. Sieg fried-Weiss 1979 a, S. 81 ff.), eine Sitte, die im Italien des 7. Jh. v. u. Z. weit verbreitet war und dort auf ältere Vorläufer im Lande selbst und im östlichen Mittelmeerraum zurückgeht (W. Torbrügge 1974, S. 57 ff.). So ist auf einer Navicella, einem ovalen schiffchenförmigen Bronzegefäß, aus der Tomba del Duce in Vetulonia (Grab 5, vgl. 0. Montelius 1912, S. 95; Fig. 223, 22 b; Taf. 45,3; Taf. 56,4,6; Taf. 57,8) die gesamte Arche Noah versammelt. Neben Wild schweinen, Bären, Steinböcken, Widder und Stier be gegnen zahlreiche kleinere, mehr hundeartige Tiere. Eine wohl menschliche Figur steht am Vordersteven, der von einem Hirschkopf mit reich verzweigtem Ge weih bekrönt wird. Selbst auf diesem Hirschkopf krabbeln noch zwei kleine Nagetiere, so als hätten sie in dem Boot keinen Platz mehr gefunden. Zum glei chen Grab gehören außer einer mit Vögeln und Sphin gen im orientalisierenden Stil verzierten bronzenen Hausurne auch sieben bronzene Rippenschalen von der Art, wie kürzlich eine in einem älterhallstättischen Grabhügel des Frankfurter Stadtwaldes gefunden worden ist (vgl. K. Peschel 1979, S. 239). Inwieweit es möglich ist, diesen Weg tatsächlich, nämlich vom Mittelmeer über den Osthallstattkreis bis in die Billendorfer Kultur zu beschreiten, stellt sich prinzipiell als das gleiche Problem dar wie bei den Ofenmodellen, den Tellern und den noch zu be sprechenden Gefäßen mit menschlichen Beinen. Der Gedanke an die Vorstellung einer Bootsfahrt ins To tenreich erscheint jedenfalls nicht abwegig. II 69 Unter Lausitzer Bereich oder Lausitzer Kultur wird im folgenden stets der Gesamtraum verstanden, der von der Lausitzer Kultur mit ihren verschiedenen Gruppen ein genommen worden ist (vgl. auch B. Gediga 1970, Kar ten 1—5). Er reicht von Sachsen über Schlesien und Klein polen bis nach Ostböhmen und nach Mähren. 9. GEFÄSS MIT MENSCHLICHEN BEINEN (Taf. 66,26) Bereits am Anfang des 19. Jahrhunderts ist in Conne witz, heute Ortsteil von Leipzig, ein Friedhof der jün geren Bronzezeit und der älteren Hallstaitzeit ausge graben worden. Dabei fand man 1818 „in einem Hü gel“ ein Gefäß mit zwei menschlichen Beinen. Das Ge- fäßchen hat beim Brand des Leipziger Vorgeschicht- liehen Institutes während des Krieges seine „Füße“ eingebüßt, so daß seine „Beine“ heute nur noch bis in Knöchelhöhe vorhanden sind (Taf. 66,26). Beide Beine sind hohl. Nach einer Photographie (K. H. Ja cob 1911, Taf. 24, Fig. 181) waren die Füße ehemals mit mokassinartigen Schuhen bekleidet, durch deren weiches Oberleder man deutlich die Zehen erkennen konnte und die — nach den angemerkten Falten zu urteilen — ungefähr in Knöchelhöhe zusammenge bunden waren. Audi wenn die Schuhe nicht völlig detailgetreu wiedergegeben sind, es fehlt beispiels weise der obere Abschluß, der bei anderen Fußgefä ßen knapp oberhalb des Knöchels markiert ist (J. Kostrzewski 1928, S. 437 f., Taf. 108 a, b, e), so wird doch deutlich, daß keine Schnabelschuhe ge meint waren, wie sie der Tote von Eberdingen-Hoch- dorf getragen hat (J. Biel 1982 b, Abb. 35) und für die erst kürzlich in Niederösterreich tönerne Leisten gefunden worden sind (J. W. Neugebauer 1980, S. 331 ff.). Daß „Mokassins“ neben den gewiß vor nehmeren, auf etruskische und letztendlich orienta- lische Vorbilder zurückgehenden Schnabelschuhen (F. Schwappach 1967, S. 320 ff.) getragen worden sind, beweisen die zahlreichen Fußgefäße der Lau sitzer Kultur, die ausnahmslos diese Schuhart wieder geben (B. Gediga 1970, Abb. 29—32). Bei den meisten von ihnen ist deutlich sichtbar angegeben, daß das Oberleder über den Zehen eingeriehen war, und oft ist sogar die Naht auf dem Oberfuß — das charakteristischste Merkmal für den „Mokassin schnitt“ — nicht vergessen. Audi besitzen die Schuhe wie echte Mokassins weder Absätze noch verstärkte Sohlen. Gefäße mit menschlichen Beinen sind außer im Lausitzer Bereich im gesamten Osthallstattkreis ver breitet (J. Kostrzewski 1928, S. 437 f.; G. Kossack 1954 a, S. 33, Anm. 1; A. Siegfried-Weiss 1979 a, S. 79 f.; B. Gediga 1970, Karte), wobei die Anzahl der Beine beziehungsweise Füße pro Gefäß durchaus gegendweise verschieden sein kann. In der Lausitzer Kultur besitzen die Gefäße — es handelt sich aus nahmslos um Tassen — in der Regel nur einen Fuß (B. Gediga 1970, Abb. 29—32). Die Tasse von Conne witz bildet hierin eine Ausnahme. Ihre nächsten Pa rallelen findet sie in der Kalenderbergkultur, wo in Statzendorf und Gemeinlebarn Tassen auf zwei Bei nen nachgewiesen sind (A. Siegfried-Weiss 1979 a, S. 79 f.). Die Kalenderbergkultur wiederum kennt ne ben jenen zweibeinigen Tassen auch Schalen mit drei