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Zusammenhang nachweisen, so in Großeibstadt, Grab 5 (G. Kossack 1970, S. 104 ff., Taf. 75,38). In dem gleichen Grab von Großeibstadt begegnen neben der Tasse mit Kalenderbergverzierung auch zwei Tonsitulen (G. Kossack 1970, Taf. 75,37; Taf. 76,52), die unserem situlenförmigen Gefäß Taf. 40,10 nahestehen. Leider ist gerade dieses Gefäß nicht voll ständig erhalten. Es fehlen große Teile des Oberteils und vor allem der gesamte Rand. Doch lassen das hohe, konische Unterteil, die hochsitzende, deutlich abgesetzte, verhältnismäßig gerade verlaufende und stark einbiegende Schulter sowie der Ansatz des aus biegenden Randes erkennen, daß es sich um eine Ton- situla ähnlich wie in Großeibstadt gehandelt haben wird. Tonsitulen sind weit verbreitet. Sie kommen von Oberitalien über Österreich und die Slowakei bis nach Böhmen vor (C. Pescheck 1948, Karte S. 159; G. Kossack 1970, S. 104; C. Dobiat 1980 a, S. 102 f.). In Nordböhmen, im Raum an der oberen Elbe, waren sie besonders häufig. Von dort könnte ein solches Stück flußabwärts bis in die Gegend von Torgau ver schlagen worden sein. Möglicherweise war es dabei nicht einmal das einzige Exemplar seiner Gattung, das den Weg über die Mittelgebirgsschwelle nach Norden genommen hat. Wir kennen nämlich von der Heidenschanze bei Dresden-Coschütz (G. Bierbaum 1942, S. 219) und von Torgau selbst je einen Deckel (Taf. 66,34), wie sie nördlich der Alpen im allgemei nen zusammen mit Tonsitulen vorkommen (C. Dobiat 1980 a, S. 104 ff., Karte Abb. 14). Der Torgauer Dek- kel ist sehr unregelmäßig und schlecht gearbeitet. Im Grunde besteht seine hohle „Unterseite“ nur aus einem exzentrisch sitzenden Omphalos und auch der Knauf ist weitgehend verrundet. Das Stück stammt aus einer Privatsamlung und wurde 1903 zusammen mit anderen hallstattzeitlichen Funden aus Torgau angekauft. Nach Tonbeschaffenheit und Oberflächen behandlung — der Deckel besitzt die typische hell braune geglättete Oberfläche — besteht kein Zweifel, daß es sich um eine einheimische Nacharbeit und nicht etwa um ein Importstück handelt. Damit ent fällt zugleich der Verdacht, daß das Stück unterge schoben sein könnte, und die Zugehörigkeit zu den übrigen Torgauer Funden gewinnt an Wahrschein lichkeit. Elbaufwärts in Böhmen findet nun auch die Tasse, von der wir ausgegangen waren, eine Parallele in einem Grab von Hradenin bei Kolin (Grab 33, vgl. F. Dvorak 1935, S. 72 ff.; ders. 1938, S. 59 ff.). Die sehr ähnliche böhmische Tasse war mit einem Teller mit breit ausgelegtem Rand und einer Schale mit ein gebogenem Rand vergesellschaftet, so daß an ihrem hallstättischen Alter (Hallstatt C) kein Zweifel beste hen kann. Im Gegensatz zu dem Kalenderberggefäß, der Situla und dem Deckel könnte es sich bei der Tasse sogar um ein Importstück handeln. Dafür spräche der ungewöhnlich dunkle und feine Ton. Die Tasse von Hradenin besitzt eine schwarze glatte Ge fäßaußenseite bei allerdings hellbrauner Innenseite. Soviel erscheint sicher: Tasse, Tonsitula und Kumpf mit flächendeckender Tupfenzier bilden eine kulturelle Einheit, die dem Billendorfer Anteil des Lieberseer Grabes gegenüber gestellt werden kann. Alle drei Gefäße gehören in einen allgemein osthall- stättischen „Kulturstrom“, der unser Gebiet über Böhmen mit dem Ostalpenraum und letztendlich mit Italien verbindet. 66 In den gleichen Zusammenhang gehören die beiden Deckel von der Heidenschanze und von Torgau und die schon behandelte Schüssel mit steilem Oberteil und Schrägrand vom Burgberg in Meißen (s. S. 58). 6. TONÖFEN ODER OFENMODELLE (Taf. 66,32,33,35) Durch die Arbeit „Tonöfen und Ofenmodelle der Lau sitzer Kultur“ von J. Deichmüller (1941) ist diese Be zeichnung für eine Gefäßgattung festgeschrieben worden, deren Verwendung bisher keineswegs zufrie denstellend geklärt ist. Will man die Gefäßgattung charakterisieren, so besteht die erste Schwierigkeit darin, daß es keine für alle Ofenmodelle gleicher maßen zutreffenden Merkmale gibt. Jedes dieser Ge fäße ist nicht nur in formaler Hinsicht, sondern auch nach technisch-funktionalen Gesichtspunkten eine Be sonderheit. Eine Übereinstimmung besteht lediglich im Fund zusammenhang: Alle Ofenmodelle des Arbeitsgebie tes stammen aus Gräbern, und es findet sich im glei chen Grab immer nur ein Exemplar. Aber selbst diese Beobachtung gilt nur hier, östlich der Elbe kommen durchaus mehrere Ofenmodelle zugleich in einem Grab vor (Cottbus, Grab 7 A, vgl. D.-W. Buck 1977, S. 47, Taf. 22B, Taf. 23: 3 Ofenmodelle und 2 Teller). Außerdem begegnen sie dort auch in Siedlungen (Schöneiche, Burg, Nieder-Neundorf, Kleinsauber nitz, vgl. D.-W. Buck 1979, S. 125). Auf die Frage, ob die Ofenmodelle jeweils, wie J. Deichmüller meinte, mit den Tellern eine funktio nale Einheit gebildet haben, läßt sich beim gegenwär tigen Stand der Forschung keine eindeutige Antwort geben. Das liegt daran, daß die meisten Ofenmodelle aus Altfunden stammen, jetzt einzeln vorliegen und über etwa zugehörige Teller nichts bekannt ist. Je denfalls gibt es wenigstens ein Ofenmodell aus einer neueren Grabung, zu dem mit Sicherheit kein Teller gehört hat, nämlich das Ofenmodell aus Brockwitz, Grab 7 (Taf. 5,5—15). Dieses Grab ist im Jahre 1934 ausgegraben worden, und es besteht keine Veranlas sung, an der Sorgfalt der Ausgrabung zu zweifeln. 66 Zu Tonsitulen vgl. C. Dobiat 1980 a, S. 102 f.; O.-H. Frey 1969, S. 11, Taf. 1,24; Taf. 2,9; Taf. 4,19; zu deren Chro nologie vgl. II. Müller-Karpe 1959 b, S. 97 ff.; zur Chro nologie der Situlen nördlich der Alpen vgl. G. Kossack 1970, S. 104.