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die Henkel abzuschlagen, bleibt nördlich der Alpen bis weit in die Latenezeit erhalten. Sie begegnet be sonders häufig in den Jastorfgräberfeldern des Nor dens (R.-H. Behrends 1968; H. Keiling 1969; R. Müller 1985), wo an den zweihenkligen Töpfen na hezu regelmäßig der eine der beiden Henkel, gele- gentlich aber auch beide fehlen. Alle Tassen mit unterständigem Henkel sind im Vergleich zur übrigen Keramik auffallend hart ge brannt. Sie bestehen aus einem derben, kräftig ge magerten Ton und besitzen eine meist unebene, an der Außenseite oft künstlich gerauhte Oberfläche von brauner oder rötlicher Farbe. Dabei setzt die Rau- hung stets dicht über dem Boden ein und reicht bis zu einer Tupfen- oder Knubbenreihe, die das Gefäß in Höhe des oberen Henkelansatzes umzieht. Die Randzone ist zwar nicht eigentlich glatt, aber doch deutlich glatter als der übrige Gefäßkörper. Das gilt auch für die Gefäßinnenseite. Nur zwei Tassen weichen davon ab und gleichen mit ihrer glatten Oberfläche den Trichtertassen mit überständigem Henkel (Taf. 13,10). Die Vermi- schungsersdieinungen sind also durchaus wechselsei tig. Umgekehrt wäre an die Tasse von Nünchritz (Taf. 65,9) mit gerauhtem Körper und Knubbenreihe, aber überständigem Henkel zu erinnern. Die Tassen mit unterständigem Henkel kommen in zwei deutlich voneinander unterschiedenen Größen klassen vor. Etwa zwei Drittel von ihnen (17 von 25) sind zwischen 6 und 9 cm hoch und 9 bis 12 cm breit bei einem Bodendurchmesser von 4 bis 7 cm. Ihr Ge fäßkörper ist entweder steil trichterförmig (Taf. 39,15; Taf. 65,7) oder bauchig mit eingebogenem Rand (Taf. 5,6; Taf. 65,6). Lediglich an einer Tasse (Taf. 65,10) ist eine schwache Einziehung unter dem Rand zu bemerken. Die Ränder sind meist unregelmäßig gearbeitet und einfach gerundet. Das charakteristisch ste Merkmal aller dieser Tassen ist ihr Henkel. Sein Querschnitt liegt etwa in der Milte zwischen einem Bandhenkel und einem Wulsthenkel. Auch sitzt er häufig schief am Gefäß. In der Seitenansicht erinnert er an Schlappohren. Das restliche Drittel unserer Tassen (8X) erreicht Höhen von 10 bis 16 cm bei einer größten Weite von 11 bis 18 cm. Dabei kann der größte Durchmesser die Höhe um 1 bis 2 cm, maximal um 3 cm übertreffen. Die Tassen selbst sind bauchig (Taf. 8,2; Taf. 32,15) und besitzen mitunter (Taf. 36,19; Taf. 40,11) ein S-förmig geschweiftes Oberteil. Ihr Henkel entspricht der oben beschriebenen Art so genau, daß selbst die Größe übereinstimmt. Dadurch sehen die Gefäße mit den für ihre Größe viel zu kleinen Henkeln ganz eigenartig aus. Tassen mit unterständigem Henkel sind im gesam ten Arbeitsgebiet verbreitet und kommen auch öst lich der Elbe vor (D.-W. Buck 1979, S. 119). Nach ihren Beifunden gehören sie in die ältere Hallstatt zeit (Zaschendorf, Grab, Taf. 14,1—12; Röderau, Grab 5, Taf. 32,15—19; Liebersec, Grab 10, Taf. 39,8 bis 23). Sie haben keine Vorbilder in der Urnenfel derzeit und treten schon in der jüngeren Billendorfer Stufe nicht mehr auf (D.-W. Buck 1979, S. 119). e) Tasse mit tiefliegendem Umbruch und ihr Umfeld (Taf. 40,9) Die Tasse Taf. 40,9 erinnert auf den ersten Blick an eine Tasse der Aunjetitzer Kultur. Das nur 6,4 cm hohe und 8,7 cm breite Gefäß besteht aus einem un gewöhnlich dunklen, fast schwarzen Ton, ist gut ge brannt und besitzt eine glatte schwarze Oberfläche. Uber dem nur schwach eingedellten Boden erhebt sich ein niedriges, gewölbtes Unterteil, das durch den tieflie genden scharfen Umbruch vom fast doppelt so hohen konkaven Oberteil getrennt wird. Der unterständige, schwach gekehlte Bandhenkel setzt oberhalb des Um bruchs an und ist deutlich nach unten gezogen (Schlappohrhenkel). Das Gefäß stammt aus einem gut beobachteten Grab von Liebersee (Grab 11), das 1958 beim Straßenbau 60 cm unter der alten Oberfläche in einer Steinpackung gefunden worden ist. Vom Ge wicht der Steine waren die Gefäße zerdrückt worden und lagen vermischt mit Leichenbrand und anderen Brandresten unter und zwischen den Steinen. An der Zugehörigkeit der Tasse zu dem Billendorfer Grab kann nicht gezweifelt werden. Betrachtet man das Grab von Liebersee (Taf. 40,1 bis 11) genauer, so fallen noch zwei Gefäße auf, die eigentlich nicht recht in ihre Billendorfer Umgebung passen. Es handelt sich um den Kumpf Taf. 40,5 und um das situlenförmige Gefäß Taf. 40,10. Alle übrigen Gefäße, eine Terrine, zwei gehenkelte Töpfe, zwei Schalen mit eingebogenem Rand, eine Trichterschale und zwei Tassen mit unterständigem Henkel könnten in jedem anderen Grab der älteren Billendorfer Stufe auch vorkommen. Betrachten wir zuerst den Kumpf. Seine Form weicht von Billendorfer Töpfen, wie Taf. 63,1,2,4, eindeutig ab. Der Umbruch liegt höher, der Rand ist stärker eingebogen. Ungewöhnlich ist vor allem die Verzierung. Die lockeren, in unregelmäßi gen Horizontalreihen angeordneten flachen Tupfen bedecken das Gefäß, ausgehend von einer glatten Zone über dem Boden, bis in Höhe des Umbruchs. Die Randzone ist ebenso wie die Bodenzone frei ge blieben. Es handelt sich um ein Verzierungsschema, wie es für die Kalenderbergkeramik typisch ist, wo bei gekniffelte Leisten und flächendeckende Tupfen zier das gleiche Phänomen darstellen. Beide Verzie rungsarten kommen im Arbeitsgebiet vor (K. Peschel 1963, Karte Abb. 3; K. Simon 1980 b, S. 17 ff.). Im allgemeinen gehören sie in die jüngere Hallstattzeit. In unserem Falle legt der Grabzusammenhang höhe res Alter nahe. Tatsächlich beginnt die Besiedlung der namengebenden Höhensiedlung, des Kalenderberges bei Mödling in Niederösterreich, bereits in Hallstatt C, und auch in Nordbayern lassen sich Gefäße mit Ka lenderbergverzierung schon in älterhallstättisdiem