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Auf die Verzierung zweier Tassen muß gesondert eingegangen werden. Es handelt sich um die bereits erwähnte Tasse von Mischwitz (Taf. 65,18), deren Wandung in einem Zickzackmuster gelocht ist und die, ähnlich wie der Spitzkrug von Beilrode, ehemals Einlagen besessen hat (s. S. 60), und um eine reich verzierte Tasse von Petzschwitz (Taf. 65,1). Deren Verzierung besteht aus einem Leiterband aus doppel ten feinen Ritzlinien, dessen Felder nicht ganz regel mäßig mit Kreismustern und verschieden breiten Ril lengruppen gefüllt sind (s. Abrollung Taf. 65,1). Da bei begegnen doppelte gepunktete Kreise (5X), Dop pelkreis, Doppelkreise mit gepunktetem Kreis (2X) und einfacher Kreis mit gepunktetem Kreis. Kreis ornamente dieser Art sind in der Billendorfer Kultur fremd. Man findet sie dagegen in der bemalten Ke ramik Schlesiens, Böhmens und Mährens. Ihre Grund form bildet ein einfacher Kreis, der entweder von einem Punktkreis oder einem Strahlenkranz umgeben ist. Weil der Kreis häufig rot ausgemalt wird und zu sammen mit der Triskele oder dem Sonnenrad auf tritt, kann man dieses Ornament wohl mit Recht als ein Sonnensymbol ansehen (R. Glaser 1937, S. 29; Taf. 13,4,9,20,22; Taf. 14,8,6; A. Siegfried-Weiss 1979 b, Abb. 1 und 3). c) Trichtertassen mit überständigem Henkel (Taf. 19,6,8) Es liegen 15 Trichtertassen und sicher noch zahlreiche Bruchstücke vor, doch lassen sich diese nur von den Trichterschalen unterscheiden, wenn der Henkelansatz erhalten ist, wie das bei den beiden Tassen aus den Siedlungen von Kreinitz und Poppitz (Taf. 24,33) der Fall ist. Die meisten Trichtertassen stammen aus Grä bern. Dort finden sie sich einzeln oder in mehreren Exemplaren meist als Beigefäße. Sie können aber auch Funktionen übernehmen, die sonst anderen Ge fäßarten vorbehalten sind. So hatte man in Grödel (Grab 10, Taf. 19, 6—9) die eine Trichtertasse (Taf. 19,6) zum Abdecken der Urne des Erwachsenen be nutzt, während die zweite (Taf. 19,8) Kinderleichen brand enthielt und mit einer Omphalosschale (Taf. 19,7) zugedeckt war. Die Trichtertassen mit überständigem Flenkel un terscheiden sich weder in der Tonqualität noch in der Oberflächenbehandlung von den gegliederten Tassen. Eine Ausnahme bildet lediglich eine Tasse von Nünchritz (Taf. 65,9), die mit ihrer gerauhten Ober fläche und der Verzierung durch drei Doppelknubben zur folgenden Gruppe der Tassen mit unterständigem Henkel überleitet. Form und Größe der Trichtertassen mit überständigem Henkel sind unterschiedlich. Ne ben der Mehrzahl der verhältnismäßig kleinen Tassen (Höhe: 3—8 cm; größter Durchmesser: 6—11 cm) begegnen auch größere und vor allem höhere Exem plare mit bauchiger Wandung (Taf. 11,18). Normaler weise beträgt der größte Durchmesser etwa das Dop pelte der Höhe (Taf. 7,20; Taf. 11,22) und die Wan dung ist mehr geschweift (Taf. 11,22; Taf. 65,3). Beide Varianten, größere bauchige und kleinere ge schweifte, kommen in Mischwitz im gleichen Grab vor (Grab 3, Taf. 11,19—26). Die Trichtertassen mit überständigem Henkel sind bereits in der waagerecht gerieften Ware vorhanden (W. Grünberg 1943, Taf. 55,4; Taf. 58,11) und leben noch in der sogenannten Kümmerkeramik der Folgezeit weiter, dann aller dings nach Tonqualität und Herstellungsweise deutlich unterschieden von den älterhallstättischen Exempla ren. d) Tassen mit unterständigem Henkel (Taf. 65,5-7,10,11) Die Tassen mit unterständigem Henkel sind mit 25 Exemplaren vertreten. Für zwölf von ihnen kennt man die Fundumstände. Danach enthielten sechs Tas sen Leichenbrand, davon zwei den von Kindern, die restlichen hatte man als Beigefäße verwendet. Auffäl lig ist, daß an der reichlichen Hälfte der Tassen mit unterständigem Henkel (14 von 25) — und nur an diesen Tassen — die Henkel abgeschlagen worden sind, ehe die Gefäße ins Grab gelangten. Davon stam men sechs aus gut beobachteten Gräbern. Nur zwei enthielten Leichenbrand, bei den übrigen vier han delte es sich um Beigefäße. Gefäße dadurch für pro fane Zwecke unbrauchbar zu machen, daß man ihnen die Henkel abschlägt, begegnet im Arbeitsgebiet außer an diesen Tassen gelegentlich auch an zwei henkligen Töpfen. Dabei hat man an jenen gewöhn lich nur einen der beiden Henkel entfernt. Die Bruch flächen sind in jedem Falle fein säuberlich abgeschlif- fen worden, so daß zufällige Beschädigung ausge schlossen werden kann. Die Sitte, Gefäßen im Zusammenhang mit dem Grabritus Henkel abzuschlagen, sie symbolisch zu tö ten, läßt sich vereinzelt schon in der Urnenfelderzeit und häufiger dann seit der Hallstattzeit nachweisen (A. Jockenhövel 1974, S. 39; L. Pauli 1978, S. 79 ff.). So fehlen den beiden Bronzeblechamphoren des 8. Jh. v. u. Z. von Gevelinghausen, Kr. Meschede, und Sed din, Kr. Perleberg, ebenso wie einer Bronzeblech amphore der gleichen Form aus Vejo bei Rom jeweils der eine, der Amphore von Seddin sogar beide Hen kel. Allen drei Amphoren — auch wenn sie an sehr weit voneinander entfernten Orten gefunden worden sind — ist gemeinsam, daß sie ursprünglich zum Trinkge schirr gehört haben und auch als solches benutzt worden sind, um dann — beim Ableben ihrer Besit zer — deren Leichenbrand aufzunehmen. L. Pauli (1978, S. 79 ff.) sieht darin einen Hin weis, daß nicht nur die Bronzegefäße, sondern auch ihre Einbeziehung in den Grabkult und die damit in Zusammenhang stehenden Bräuche aus dem Mit telmeerraum stammen und als eine Einheit über nommen worden sind. Die Gewohnheit, Grabgefäßen