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Danach kann als sicher gelten, daß im Arbeitsgebiet Spitzkrüge und Omphalosschalen auch einzeln ver wendet worden sind und nicht in jedem Falle ein ka nonisiertes Service gebildet haben. Ob hieraus ge schlossen werden darf, daß man an der Elbe mit den ostmediterranen Trinksitten weniger vertraut war und das vermutete Rauschgetränk aus unterschied lichen Gefäßen konsumierte, ist schwer zu entschei- den. Sicher erscheint mir, daß man es nicht so genau genommen hat, sonst hätte man in Grödel, Grab 10 (Taf. 19,6—9), den Leichenbrand eines Kleinkindes jedenfalls nicht mit einer Omphalosschale zuge deckt. 58 Im übrigen sind Omphalosschalen keineswegs nur im Grabkult verwendet worden. Man findet ihre Überreste auch in Siedlungen, so einen Rand und einen Omphalosboden unter dem Scherbenmaterial vom Burgberg in Löbsal, ein Oberteilbruchstück im Gelände des Meißener Domes und Bruchstücke von mehreren Omphalosschalen auf dem Burgberg von Poppitz (Grube 8; Grube 43, Taf. 26,25; Grube 56, Taf. 27,31). Wie Karte 11 zeigt, kommen Omphalos schalen im gesamten Arbeitsgebiet vor. Sie werden durch Schwanenhalsnadeln in Canitz, Grab 2 (Taf. 15,8,10—13,15—16; Taf. 16,1—5), Röderau, Grab 2 (Taf. 29,3—28; Taf. 30,1—16), und in Zeithain, Grab 8 (Taf. 36,21—35), datiert. Als terminus post quem könnte zusätzlich die Randverzierung einer Schale aus Zeithain, Lehmgrab 5 (Taf. 36,14), herangezogen werden. Ähnliche „gezopfte Leisten“ begegnen — wenn auch an ganz anderen Gefäßformen — südlich der Mittelgebirge seit Hallstatt C 2 (G. Kossack 1970, S. 106). Ebenfalls nach dem Süden weist die Verzie rung einer weiteren Schale aus Zeithain, für die der Grabverband nicht überliefert ist (Taf. 64,1). Sie trägt auf der Außenseite vier kreuzständig angeordnete Rillenbänder, die vom Omphalos ausgehend zu einem Horizontalrillenband unter dem Rand verlau fen, ein Verzierungsschema, das, allerdings meist in Graphitmalerei und vor allem stets im Schaleninnern angebracht, eine geläufige Schalenverzierung im süd lichen Thüringen und im nördlichen Bayern während der älteren Hallstattzeit darstellt (B. W. Bahn 1983, Abb. 9,8; Abb. 18,9). In beiden Fällen ist die Ver wandtschaft mit den südlichen Vorbildern so groß, daß man an eigenständig weiterverarbeitete fremde Anregungen denken wird. b) Trichterschalen (Taf. 64,8,9,14,17) Es handelt sich um kleine einfache Schälchen mit trichterförmiger Wand, deren Höhe zwischen 2 und 6 cm schwankt bei einem größten Durchmesser von 5 bis 14 cm. Seltener trifft man auf schwach gewölbte (Taf. 14,10,12; Taf. 64,8) oder geschweifte Formen Spitzkrüge ohne Omphalosschalen: Brockwitz, Grab 7 (Taf. 5,5—15); Kötitz, Grab 2 (Taf. 7,4—16); Bobersen, Grab (Taf. 14,13—14); Liebersee, Grab 10 (Taf. 39,8-23). (Taf. 40,3; Taf. 64,9). Der Rand ist — gelegentlich et was unregelmäßig — einfach gerundet, seltener schwach verdickt (Taf. 17,2). Vorläufer in der waage recht gerieften Ware sind mir nicht bekannt. Von den Schalen der sogenannten Kümmerkeramik der jünge ren Billendorfer Stufe unterscheiden sie sich weniger nach der Form als durch die Herstellungsweise. Diese entspricht, was Tonbeschaffenheit und Oberflächen behandlung angeht, völlig der Qualität der übrigen Billendorfer Tonware, das heißt, die Trichterschalen bestehen aus einem mittelfeinen, sandigen Ton mit einer beidseitigen Überfangschicht, sind verhältnis mäßig gut gebrannt und besitzen eine glatte (22x), seltener geglättete (3x), höchstens etwas unebene Oberfläche (12x) von überwiegend bräunlicher Farbe. Von den 37 erhaltenen Trichterschalen stammen 22 aus Grabfunden. Sie begegnen — soweit die Leichen brände bestimmt sind — mehrmals als Dcckschalen von Kinderbestattungen. 58 In Grödel. Grab 7 (Taf. 18, 19—22), war der Leichenbrand gewissermaßen dop pelt verschlossen. Die Trichterschale (Taf. 18,21) lag mit der Mündung nach unten unmittelbar auf dem Leichenbrand im Innern der Urne, die ihrerseits mit einer weiteren Schale (Taf. 18,19) abgedeckt war. Der Grabungsbericht spricht von Leichenbrand eines Er wachsenen, eine Bestimmung, die auf einfacher Au topsie des Zahnmaterials beruht und bei der der Lei chenbrand nicht eigens daraufhin durchgesehen wor den ist, ob sich darunter Reste eines Kleinkindes be funden haben, zu deren Abdeckung die Trichterschale bestimmt gewesen sein könnte. Im allgemeinen ist es in der Billendorfer Kultur nämlich nicht üblich, die Beigefäße in der abgedeckten Urne zu deponieren. Vielmehr ist dies eine Sitte, die weiter westlich in der Thüringischen Kultur zu Hause ist (H. Höckner 1962, S. 289 ff.), zu der das Fundmaterial des Grabes je doch keine Beziehungen erkennen läßt. Dagegen kommt es im Elbgebiet vor, daß die mit einer Deckschale verschlossene Urne auf einer Schale steht. Daß zu diesem Zweck im Falle des Grabes von Schänitz (Taf. 32,1-3; W. Kropf 1938, Abb. 23) eine Trichterschale verwendet wurde, ist etwas ungewöhn- lich, würde aber nicht weiter verwundern, wenn die Terrine (Taf. 32,2) in der Trichterschale (Taf. 32,3) stehen könnte. Ihr Boden ist jedoch mit 11,1 cm nur wenig kleiner als die Mündung der Schale, deren Durchmesser 12,8 cm beträgt. Auch ein Grab von Göhlis (Taf. 17,6,7) wirft tech nische Probleme auf. Es wurde 0,40 m tief in reinem 58 „Kinderleichenbrand": Deila, Grab 7; Kötitz, Grab 3 (Taf. 7,17); Kötitz, Grab 9 (Taf. 8,5,6); Kötitz, Grab 13 (Taf. 9.3,4); Bobersen, Grab (Taf. 14,13); Göhlis, Grab(?) (Taf. 16,9,10; Taf. 17,2,3; Taf. 17,4,5); Göhlis, Grab (Taf. 17,6,7); Grödel, Grab 9 (Taf. 18,17,18); Grödel, Grab 10 (Taf. 19,7,8); Zeithain, Fst. Windmühle, Grab 8 (Taf. 36,24,27); Zeithain, Fst. Kienholz, Grab 1 (Taf. 34,3). Brockwitz, Grab 7, 2,5 bis 3 Jahre (Taf. 5,14,15); Röderau, Grab 2, 13 bis 16 Jahre (Taf. 29.8,9); 12 bis 15 Jahre (Taf, 29,10,11); 8 bis 1t Jahre (Taf. 29,12,13); 7 bis 9 Jahre (Taf. 29,16,17).