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Soweit man das sicher sehen kann, wurden die Billendorfer Gefäße erst verziert und dann mit einer Schlämmschicht überzogen. Audi dieser Überzug dient in erster Linie dazu, das Gefäß abzudichten. Nebenbei gibt er ihm die Farbe und den gewünschten Glanz. Man verwendete nach Möglichkeit eine beson ders feine Aufschwemmung des gleichen Tones, aus dem auch der Rohling bestand. Auf jeden Fall müssen Tonsubstanz und Überzug im gleichen Verhältnis schrumpfen. Sonst kommt es beim Trocknen zu Span nungen zwischen beiden Massen, und der Überzug blättert wieder ab. Die Billendorfer Töpfer wußten das. An ihren Gefäßen haftet die Überfangschicht ganz fest. Die meisten Gefäße wurden im Ganzen ge taucht, das heißt innen und außen mit der Schlämm schicht überzogen. Auch die etwas gröbere Ware, bei der häufig eine Tupfenreihe oder eine Tupfenleiste den gerauhten Leib vom glatten Oberteil trennt, wurde innen und außen mit der gleichen Schlämm schicht überzogen. Die feine Rauhling des Unterteiles kommt dadurch zustande, daß man den Tonschlicker mit der sandigen Oberfläche des Rohlings leicht ver rieben hat. Dabei wurden Sandkömehen aus der Grundmasse herausgelöst und mit dem Schlicker auf die Oberfläche aufgeklebt. Dieser „Fingerverstrich“ ist an vielen Billendorfer Gefäßen deutlich zu erken nen. Gelegentlich mögen dem Schlicker allerdings auch zusätzlich gröbere Bestandteile — ähnlich wie beim modernen Rauhputz — beigemengt gewesen sein. Da die meisten Tone Eisenoxyde als natürliche Vor ¬ der Hand zu erzielen.“ Daß dies in der Tat schwierig ist, zeigen Gefäße der Aunjetitzer Kultur, bei denen sich die Horizontalrillen nicht treffen, sondern aneinander vorbei laufen (G. Billig 1960, Abb. 15—16). Auch die völlige Kreisform der Mündungen — die Abweichung betrug bei den von A. Rieth gemessenen Gefäßen stets weniger als 1 mm — spricht für die Verwendung einer langsam rotie renden Töpferscheibe. Wie diese ausgesehen haben mag und wie sic funktionierte, zeigen uns griechische Vasen bilder. Auf ihnen bewegt der Töpfer seine Scheibe ent weder selbst mit der linken Hand, während er mit der rechten Hand das Gefäß überarbeitet (A. Neuburger 1919, Abb. 204), oder ein Gehilfe dreht sie ihm mit beiden Hän den. Das war vor allem bei der schnellrotierenden Töpfer- scheibe (mehr als 100 Umdrehungen in der Minute) erfor derlich, die es dem Töpfer erlaubt, das Gefäß aus einem Tonklumpen hochzuziehen, wozu er unbedingt beide Hände benötigt (J.-L. Flouest 1987, Fig. 12, Fig. 14). Eine Töpferscheibe mit Fußantrieb ist nach H. Blümner (1879, S. 38 f. mit Anm. 3) erstmalig in Quellen des 3. Jh. v. u. Z. beschrieben. Vorher und im allgemeinen auch später noch wurden die Töpferscheiben mit der Hand in Bewegung versetzt. Nach Mitteleuropa ist die schnellrotierende Töp ferscheibe gegen Ende der Hallstattzeit wahrscheinlich gleichzeitig auf zwei voneinander unabhängigen Wegen gelangt, einmal über Südfrankreich (W. Dehn 1963, S. 372 ff.) oder Oberitalien (A. Lang 1974) und zum ande ren über den Balkan (S. Dusek 1979, S. 125 ff.; D. Groh 1984, S. 65). Es ist anzunehmen, daß bereits die Vorläufer dieser Töpferscheibe im Norden bekannt waren. Das bei nahe schlagartige Auftreten von Horizontalrillen und Randfazetten in weiten Gebieten Mitteleuropas während der Urnenfelderzeit spricht jedenfalls dafür (R. Dehn 1972, S. 14 ff.). unreinigungen enthalten, beeinflußt die Schlämm schicht auch die Farbe der Gefäße beim Brennen. Je nach der Luftführung im Töpferofen — reduzierend beim Schmauchbrand und oxydierend beim Schrüh- brand — entstehen graue bis schwarze oder rötliche bis bräunliche Gefäße, manchmal allerdings auch bei des gemischt, wenn man die Luftführung im Brenn ofen nicht beherrscht hat. Im Arbeitsgebiet begegnen nicht selten Gefäße, deren Außenseite kräftig schwarz, deren Innenseite jedoch gelb bis braun ausgefallen ist. Auch tritt auf der Gefäßaußenseite, kaum jedoch auf der Innenseite, häufig eine sicher nicht beabsich tigte Fleckigkeit auf. Es handelt sich um relativ große Flecken, die niemals eine scharfe Begrenzung aufwei sen, sondern in allmählichen Übergängen zum schwär zesten Punkt bei bräunlichen Gefäßen oder zum hell sten bei schwarzen Gefäßen verlaufen. Man hat den Eindruck, als ob der Schatten des Nachbargefäßes sich abhebe. In beiden Fällen dürften die Gefäße im Brennraum zu dicht gestapelt worden sein, so daß die Brenngase den Ofenraum nicht ungehindert durch strömen konnten. Wie man sich einen Töpferofen der Hallstattzeit vorzustellen hat, zeigt ein gut erhaltener urnenfelder- zeitlicher Ofen vom Eichinger Kreuz, Ldkr. Neu-Ulm (E. Pressmar 1979, S. 26 ff.). Er besitzt bereits jene Form, die auch die späteren latene- und römerzeit lichen Töpferöfen aufweisen (II. Blümner 1879, S. 27, Fig. 4). über dem Feuerungsraum, der Hölle, mit vier Schürlöchern und dem 5 cm starken, 1,07 X 0,95 m großen gelochten Rost befand sich der Brennraum für die Gefäße. Von ihm hatten sich außer dem noch 0,40 m hohen Lehmsockel zahlreiche Bruchstücke der verziegelten Kuppel erhalten. Diese bestand aus beid seitig mit Lehm verschmiertem Weidengeflecht. Auf fällig war ihre geringe Stärke, die meist weniger als 5 cm betrug. Dicke Wände hätten sehr viel Hitze und Feuchtigkeit aufgenommen und dadurch den Brenn- prozeß unnötig verzögert. Im übrigen kann sich auch eine verhältnismäßig dünnwandige Kuppel selbst tra gen, sobald sie verziegelt ist. Bei Versuchen, die man mit nachgebauten Öfen dieser Art durchgeführt hat (E. Pressmar 1979, S. 30 ff.), wurden die Gefäße langsam, damit das im Ton noch vorhandene Wasser entweichen konnte, 48 bis auf etwa 550—600° erhitzt. Nach etwa siebenstün diger Befeuerung mit Eichenholz, wenn die Gefäße im Ofen rotglühend waren, wurden die Abzuglöcher geschlossen, die Glut aus dem Feuerungsraum her ausgezogen und stattdessen nasses Schilf, das heißt stark qualmendes Material, hineingepackt. Nach wei teren vier Stunden hatte sich das vorher rote Eisen oxyd (Fe203) aus der Ton Schicht zu schwarzem Eisen- 48 Nach II. Michel und G. Schering (1953, S. 121) sind die Reste des Anmachewassers bei etwa 100 °C verdampft. Bis dahin muß ganz langsam gefeuert werden, damit der Scherben das Wasser abgeben kann. Bei zu raschem Tem peraturanstieg erhöht sich der Dampfdruck im Innern der Wandung, und das Gefäß zerplatzt.