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32 IV. Trachtzubehör, Gerät und Schmuck Die Metallfunde aus den Gräbern des Arbeitsgebie tes — Metallfunde aus Siedlungen kennt man nicht — sind, wie in der Billendorfer Kultur allgemein üblich, trümmerhaft erhalten. Die Ursache dafür dürfte in den herrschenden Bestattungssitten zu suchen sein, nach denen der Tote mit seiner Kleidung und dem ihm gehörenden Schmuck auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Den Leichenbrand und zumindest Teile des Trachtzubehörs und des Schmuckes hat man anschließend ausgelesen, gereinigt und in einer Urne beigesetzt, während die eigentlichen Scheiterhaufen überreste im allgemeinen nicht mit in die Gräber ge langt sind. Ob man beim Auslesen der Beigabenreste genau so sorgfältig verfahren ist wie beim Auslesen des Leichenbrandes, kann nur noch in den seltensten Fälle eruiert werden, weil bei der in der Regel flachen Lage der Billendorfer Gräber damit gerechnet wer den muß, daß die oberen Partien der Urnen und da mit auch Teile des Leichenbrandes samt den darin befindlichen Beigaben vom Pflug erfaßt und ver schleppt worden sind. Nur wenige Gräber waren ur sprünglich so tief angelegt, daß nachträgliche Beschä- digungen mit Sicherheit ausgeschlossen werden kön nen. Dort, wo sich heute Gräber in größeren Tiefen fin den, sind sie meist erst zu einem späteren Zeitpunkt vom Sand überweht worden. Aus diesem Grunde kann auch das Vorkommen von einzelnen Nadelspit zen in den Gräbern für die Beigabensitte nicht viel besagen. Die scheinbare pars-pro-toto-Beigabe erklärt sich vielmehr daraus, daß die dünnen Nadelenden leichter in tiefere Schichten des Leichenbrandes rut schen konnten als die sperrigeren Nadeloberteile und somit als einzige in den abgepflügten Urnen erhalten geblieben sind. Wenig wahrscheinlich ist die An nahme, man habe den Toten in seiner Kleidung, zu der auch der Schmuck gehört, verbrannt, ihm dann aber aus Gründen eines Metallmangels seitens der Hinterbliebenen die durch den Verbrennungsprozeß ohnehin stark wertgeminderten Überreste wieder ge nommen, wie D.-W. Buck (1979, S. 92 f.)'meint. Ein solches Vorgehen widerspräche der allgemein beach teten Regel, dem Toten das ihm Zustehende unter allen Umständen zu belassen (H. Schreuer 1919, S. 339 ff.). Auch ist eine echte pars-pro-toto-Beigabe kein Trümmerstück. Am Beispiel des Jastorfgräberfeldes von Lanz, Kr. Ludwigslust, konnte H. Keiling zeigen, daß die Über reste des Scheiterhaufens jeweils in flache Gruben ne ben den Gräbern eingeschüttet wurden. Zwischen die sen Brandresten befanden sich mitunter erheblich mehr Metallbeigaben als in den eigentlichen Gräbern selbst (H. Keiling 1962, S. 40). Daß diese Gruben er halten geblieben sind, ist in Lanz allein dem Umstand zu verdanken, daß die alte Oberfläche des Gräberfel des offenbar schon bald nach dessen Anlage von einer Düne überweht wurde und dadurch stets unterhalb des Pflugbereiches gelegen hat. Im übrigen muß man in der Billendorfer Kultur auch damit rechnen, daß ein großer Prozentsatz der meist kleinen Metallbeigaben beim Verbrennungs prozeß bis zur Unkenntlichkeit verschmolzen ist. Ent sprechende Bronzeschmelztröpfchen findet man nicht selten in den Leichenbränden sorgfältig freigelegter Gräber. In allen Fällen stellt der sehr schlechte Erhal tungszustand der zwar verbrannten, aber nach ihrer Form doch noch erkennbaren Metallgegenstände (aus Bronze und Eisen) ein großes Problem dar. Viele von ihnen unterscheiden sich schon kurze Zeit nach ihrer Auffindung ganz erheblich von Zeichnungen, die bei ihrer Bergung gemacht worden sind. 31 Das gilt be sonders für eiserne Gegenstände, die in der Regel kei nen Kern mehr besitzen, aber auch bei Bronzeobjek ten sind normalerweise die Bruchkanten so stark ver wittert, daß sich die einzelnen Teile nicht mehr sicher aneinanderfügen lassen. So kann an den Nadeln die Stellung des Kopfes, aber auch die Krümmung des Schwanenhalses oft nicht mehr eindeutig bestimmt werden. 1. NADELN Aus dem Arbeitsgebiet liegen fünf bronzene Schäl chenkopfnadeln 32 , je eine bronzene und eine eiserne Nadel mit kleinem Scheibenkopf, zwei bronzene Rip- 31 In diesen Fällen habe ich für die Beschreibung die alten Zeichnungen zugrunde gelegt. 32 Nicht mitgerechnet sind dabei eine inzwischen verschol lene Schwanenhalsnadel mit Schälchenkopf aus Coswig, Kr. Meißen (D.-W. Buck 1979, S. 199, Fundliste 37), und zwei Nadeln aus Roitzsch, Kr. Torgau, die „wahrscheinlich aus Nachbestattungen in Grabhügeln“ stammen und die gleiche Form besessen haben wie „zwei Schwanenhals nadeln mit kleinen schälchenförmig ausgebildeten Köpfen von Bergwitz, Kr. Wittenberg“ (H. Agde 1939, S. 56). G. Kossack hat 16 Jahre später den von II. Agde (1934)