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zelnen Beilhiebe an den Balken und Brettern, son dern sogar die Holzwurmgänge deutlich erkennen kann. Der Befall durch Holzwürmer zeigt übrigens, daß die Hölzer nicht erst für die Bestattung frisch ge schlagen werden mußten, sondern bereits abgelagert waren, als man sie zum Bau der Holzkammer ver wendete. Das spricht für einen gewissen Vorrat an je derzeit verfügbarem Bauholz. Die Sitte, mehrere Personen in einer Art Familien gruft zu bestatten, läßt sich in die jüngere Urnenfel- derzeit zurück verfolgen. Wenn man davon ausgebt, daß auch die Bestattung mehrerer Personen in einem gemeinsamen Grabhügel auf gleichen oder doch zu mindest verwandten Vorstellungen beruht, dann be steht sie von Anfang an in der Lausitzer Kultur (W. Coblenz 1952, S. 22 f.). Zur Zeit der waagerecht ge rieften Ware gelten Mehrfachbestattungen in Sach sen sogar als die vorherrschende Bestattungsform (W. Grünberg 1943, S. 45). Die hallstattzeitlichen Mehr- fachbestattungen schließen deshalb sicher nicht nur zeitlich, sondern wohl auch inhaltlich an diese älteren Gräber an, in denen übrigens schon die Beigefäße nach den gleichen rituellen Vorstellungen mit der Mündung nach unten oder ineinander gestapelt nie dergelegt worden sind (W. Coblenz 1958, S. 96 ff.). Im übrigen reichen sowohl in Neuendorf, Kr. Cottbus (D.-W. Buck 1979, S. 86; ders. 1985, S. 90), als auch in Saalhausen, Kr. Senftenberg (E. Bönisch und G. Wetzel 1982, S. 56), die für Mehrfachbestattungen bestimmten Holzkammern in die jüngere Urnenfel derzeit zurück. In Neuendorf enthielten drei von ins gesamt neun und in Saalhausen mindestens fünf Holzkammern Keramik der waagerecht gerieften Ware. Grab 158 von Saalhausen wird durch eine Na del mit horizontalgerilltem doppelkonischem Kopf sogar an den Beginn der Stufe Hallstatt B datiert (E. Böhnisch 1986, S. 119 ff., Abb. 3,16). Die Lausitzer Holzkammergräber sind damit — das haben die Ausgrabungen in Saalhausen und Neuendorf eindeutig bewiesen — älter als die Holz kammergräber der nordalpinen Halstattkultur, die sich ihrerseits sowohl im westlichen als auch im öst lichen Hallstattkreis nicht vor Hallstatt C nachweisen lassen (G. Kossack 1970, S. 141). Von ihnen unter scheiden sie sich außerdem in mehr als einer Hin sicht. Die Holzkammergräber der nordalpincn Hall- stattkultur sind keine „Familiengrüfte“ wie die Lau sitzer Holzkammergräber. In ihnen wird ein einzel ner Toter — meist ein Krieger — durch ein aufwen diges Grabritual aus seiner Gemeinschaft herausge hoben und abgesondert vom allgemeinen Friedhof beigesetzt. Die Lausitzer Holzkammergräber liegen dagegen immer auf den üblichen Bestattungsplätzen inmitten der anderen Gräber, von denen sie sich aller dings durch die Art ihrer Beigaben unterscheiden. So zeichnen sie sich schon von Anbeginn durch aufwen dige Keramikausstattung aus, während die Zahl der Metallbeigaben — immer bezogen auf die Anzahl der bestatteten Personen — das Normalmaß nicht we sentlich überschreitet. In der Hallstattzeit kommt hin zu, daß sich in den Holzkammergräbern in oft glei cher Form und ähnlicher Zusammensetzung Kera miktypen finden, die sonst gar nicht oder doch nur außerordentlich selten angetroffen werden. Dabei handelt es sich um Zwillings- und Drillingsgefäße, Doppelgefäße, sogenannte Ofenmodelle und Teller, Klappern, Gefäße mit menschlichen Füßen, Hornge fäße, sogenannte Backtröge, aber auch um Omphalos- schalen und Spitzkrüge oder bemalte Keramik, sämt lich Formen, die mehr oder weniger deutlich auf südliche Anregungen zurückgehen und mit offenbar neu aufkommenden Glaubensvorstellungen in Zu sammenhang stehen (s. S. 64 ff.). Sie scheinen die To ten eher nach kultischen als nach sozialen Gesichts punkten abzuheben. Ein Teil dieser Formen erreicht unser Gebiet schon in der jüngeren Urnenfelderzeit und wird in der Hall stattzeit nur umgestaltet, wie die Omphalosschalen und die Spitzkrüge, die Doppelgefäße, die Tassen mit menschlichen Füßen und die Horngefäße. Sie alle be sitzen Parallelen im östlichen Urnenfelderbereich und später in der östlichen Hallstattkultur. Von dort be stehen Verbindungen entweder über Italien oder di rekt über den Balkan zum östlichen Mittelmeerraum. Doch sind echte Importe selbst im Ostalpenraum äußerst selten. Es handelt sich vielmehr um Nachah- mungen, teilweise wohl auch um Weiterentwicklun gen (B. Gediga 1970; A. Siegfried-Weiss 1979 a). Für unser Arbeitsgebiet ist bedeutsam, daß diese inten siven Kontakte zum Ostalpenraum offenbar nur wäh rend eines verhältnismäßig kurzen Zeitraumes am Ende der jüngeren Urnenfelderzeit und am Beginn der älteren Hallstattzeit gewirkt haben. Sic enden wie die Holzkammergräber noch während der älteren Hallstattzeit.