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18 II. Siedlungen Im Arbeitsgebiet lassen sich zehn befestigte und 18 unbefestigte Siedlungen nachweisen. Sie liegen mit einer Ausnahme, dem Dreihügelsberg (s. S. 24), alle im engeren Flußgebiet der Elbe (Karte 4). An Mulde, Pleiße und Weißer Elster sind zwar mehrere Siedlun gen bekannt, doch gehören sie entweder zur Thürin gischen Kultur oder zur Jastorfkultur. Unter dem Ma terial der urnenfelderzeitlichen Siedlungen aus die sem Gebiet könnten sich möglicherweise noch einige Billendorfer Funde verbergen, ebenso wie in den teil weise sehr umfangreichen Gräberfeldern dieser Zeit meist noch einige wenige Billendorfer Gräber ange troffen werden. So war die während des zweiten Weltkrieges nahe zu vollständig ausgegrabene Siedlung von Rötha- Geschwitz, Kr. Borna, durchgehend von der älteren bis zur jüngeren Urnenfelderzeit bewohnt und reichte nach Meinung ihres Ausgräbers (W. Jorns 1953, S. 57 ff.) bis nahe an die Hallstattzeit heran. Dann brach sie ab, um nach reichlich drei Jahrhunderten erneut einzusetzen. Aus dieser Zeit liegen zwei Gru ben und ein Hausgrundriß mit Keramik der Jastorf kultur vor (W. Jorns 1942, S. 73 ff., Abb. 6—8, Abb. 9,1—23). Nach einer neuerlichen Unterbrechung wurde die gleiche Stelle um den Beginn unserer Zeit rechnung noch einmal für etwa 300 Jahre besiedelt (W. Jorns 1942, S. 73 ff.). Ein solches mehrmaliges Auflassen und Wiederbesiedeln des gleichen Platzes erscheint ungewöhnlich, und es spricht einiges dafür, daß sich bei entsprechend größerem Fundanfall die Lücken zwischen den einzelnen Besiedlungsphasen schließen würden, 15 zumal vor der planmäßigen Un tersuchung außer Gräbern der tiberischen Zeit (W. Rätzel 1941, S. 15 ff.) auch ein Brandgrab der Thü ringischen Kultur (Taf. 56,22) geborgen werden konnte. Gerade deshalb ist es bedauerlich, daß das offenbar umfangreiche, aber leider unveröffentlichte Material aus den Grabungen von K. H. Jacob (1911) und A. Hennig (September 1912 bis August 1913) in dem unmittelbar südlich an die Grabungsfläche an schließenden Gelände (Kiesgrube von Friesen, Flur stück 146; vgl. W. Jorns 1953, S. 59, Abb. 2; F. Krause 1915, S. 67 ff.) mit den Beständen des Grassi- 15 Das gleiche Problem besteht bei den sogenannten Burgen horizonten — Hallstatt B, Hallstatt D/Latne A und Latne D. Neuere Untersuchungen zeigen, daß die Besied lung doch kontinuierlich verlaufen ist (vgl. K. Peschel 1982, S. 29, 38; K. Simon 1984, S. 23 ff.). museums Leipzig im Kriege vernichtet worden ist. Unter dem damals inventarisierten und skizzierten Material befanden sich außer Keramik aus der Urnen felderzeit und der römischen Kaiserzeit auch zwei kleine Billendorfer Gefäße, von denen zwar nichtfest steht, ob sie aus einem Grab oder aus der Siedlung stammen, die aber doch zeigen, daß das Gelände auch in der Hallstattzeit besiedelt war. Im Kartenbild erscheinen die Burgwälle den ein fachen Siedlungen wie ein Grenzsaum vorgelagert. Das mag vor allem daran liegen, daß sie als Siedlungs- plätze bekannt waren und deshalb systematisch abge sammelt worden sind, während bei den offenen Sied lungen größere Lücken im Kenntnisstand bestehen. Sie konnten nur nach Siedlungsgruben und Herdstel len erfaßt werden. Einzelne Scherbenfunde mußten unberücksichtigt bleiben, weil bei ihnen in der Regel nicht feststellbar ist, ob sie aus einer Siedlungsschicht oder aus zerstörten Gräbern stammen, zumal Sied lungen und Gräberfelder im allgemeinen räumlich eng benachbart sind. Selbst bei solchem Vorgehen ist die Zuweisung zu einer Siedlung nicht immer pro blemlos. So wurde in Porschnitz in einer slawischen Siedlung eine einzige „Billendorfer Grube“ ange schnitten, in der lediglich je ein größeres Bruchstück einer Terrine, eines Topfes und einer Schale gefunden wurden. Es erscheint nicht ausgeschlossen, daß es sich dabei um die Überreste eines Grabes handelt, das in slawischer Zeit bei der Anlage der Grube zerstört worden ist. Wie sehr gerade die Anzahl der Siedlungsfunde von der Qualität der Fundpflege in einem Gebiet ab hängt, läßt sich am besten an einem Vergleich zeigen. So weist der Kreis Meißen mit seinem Anteil an der klimabegünstigten Eibaue und den tiefgründigen Lößböden der Lommatzscher Pflege mindestens ebenso gute, nach modernen Vorstellungen sogar weitaus bessere Siedlungsbedingungen auf als der Kreis Riesa; dennoch hat er bedeutend weniger Funde erbracht. Siedlungen sollten auch im Kreis Tor gau, und zwar speziell in der Eibaue erwartet werden, die, wie die gleichzeitigen Gräberfelder zeigen, durch aus besiedelt war, aber auch hier fällt der Fundman gel gegenüber dem besser betreuten Kreis Riesa auf. Da die Gräberfelder — dort wo wir nähere Kenntnis haben — sich stets in unmittelbarer Nähe der Sied lungen befanden, kann man aus ihrer Lage auf jene der Siedlungen zurückschließen. Bei den Ausgrabun-