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lauf der Döllnitz, etwa 15 km südwestlich von Oschatz, in einer reichlich 2 km langen und 400 m breiten Niederung. Das Döllnitztal bildet hier die Grenze der sogenannten Mügelner Pflege. Nördlich der Döllnitz stehen geringmächtige (maximal bis 1,5 m) Sandlöße an, deren Qualität als Ackerboden stark vom Untergrund abhängig ist. Dieser besteht im Bereich des Sees aus Porphyr des Rotliegenden, der auch in der Umgebung in Gestalt einzelner Kuppen bis zur Oberfläche durchragt. Während des Tertiär ist er zumeist mehrere Meter tief zu kaolinhaltigem Ton verwittert. Darüber lagern ebenfalls tonreiche Geschiebelehme der Saalevereisung. Beide wirken — jeder für sich — stark wasserstauend und sind die Ur sache dafür, daß im Wermsdorfer Forst auf über 60 Prozent der Fläche Staugleye und Humusstaugleye anzutreffen sind und sich in flachen Geländemulden natürliche Seen beziehungsweise Moore bilden konn ten. Wie eine Karte von 1588 zeigt (Ur-Oeder, Blatt 253; vgl. W. Baumann 1971, Abb. 42), hat man diese Seen (Horstsee und Göttwitzer See) im Mittelalter über einen künstlichen Zufluß- und Abflußgraben mit der Döllnitz verbunden und angestaut. 12 Vor dieser Zeit ist der Göttwitzer See von drei Quellen gespeist worden (W. Baumann 1971, S. 119, Anm. 10). Seine unterschiedlichen Wasserstände wurden deshalb al lein von den im Laufe der Jahre wechselnden Nieder schlägen und von der sommerlichen Verdunstung ge steuert (H. Jacob 1971, S. 167). Nach den Pollenana lysen handelte es sich um einen flachen Sumpf mit einzelnen offenen Wasserflächen, der zeitweise soweit ausgetrocknet war, daß sich ein Bruchwald ansiedeln konnte (H. Jacob 1957, S. 320 f.; 1971, S. 167 ff.), dessen Anteil an Erlen je nach den wechselnden Grundwasserständen stark schwankte. „Bei hohem Grundwasserstand kam es zur Massenausbreitung der Erle auf allen geeigneten Standorten des Gebietes. So war zeitweilig ein Erlenbruchwald in der Niederung ausgebildet. Beim Absinken des Grundwasserspiegels oder auch bei längerer Überflutung ging er zurück oder war völlig zum Absterben verurteilt.“ Nach H. Jacob (1971, S. 167 ff.) waren die Schnurkeramik, die Hügelgräberbronzezeit, die mittlere Hallstattzeit und die mittlere Latenezeit solche Phasen mit hohem Grundwasserstand, dagegen fielen Glockenbecherkul tur, Urnenfclderzcit, Endhallstatt-/Frühlatenezeit, Spätlatenezeit/römischc Kaiserzeit und die slawische Periode in Trockenphasen. In der Nähe der einen Quelle konnte W. Baumann (1971, S. 116) neben einigen senkrecht im Torf ste henden, unten zugespitzten Pfählen etwa 150 Scher ben auflesen, die sich in den Zeitraum von der Fremd gruppenzeit bis zur waagerecht gerieften Ware der Urnenfelderzcit einordnen lassen. Die zugehörige Siedlung befand sich am Südufer, auf einem leicht 12 Diese Gräben werden durch blaugraue Scherben und solche mit gelber Innenglasur ins 15. Jh. datiert. Sie stehen wahrscheinlich in Zusammenhang mit dem Dammbau am Ostufer (W. Baumann 1971, S. 153 ff.). nach Osten zur Döllnitz hin geneigten Hang (W. Bau mann 1971, S. 113 ff., Abb. 1, Nr. 5; Abb. 10, Abb. 12). Dort wurden sechs Siedlungs- und drei Pfostengruben unter einer Abschwemmschicht im derzeitigen Grundwasserbereich gefunden. Grube 8 (W. Baumann 1971, Abb. 12) enthielt Bruchstücke mehrerer Schalen, darunter auch einer Zipfelschale, wie sie von der Schwedenschanze bei Oschatz-Rosen thal vorliegt (Taf. 42,5), und das Bruchstück einer Terrine mit Horizontalriefen auf der Schulter und stehenden konzentrischen Halbkreisriefen am Hals ansatz. Sie gehört ganz ans Ende der jüngeren Urnen felderzeit, möglicherweise sogar an den Beginn der Hallstattzeit und zeigt, daß diese Siedlung, die heute im Grundwasserbereich liegt, 13 zu dem gleichen Zeit punkt aufgegeben worden ist, an dem auch die Grä berfelder im westlichen Sachsen abbrechen. Das Ge biet des Göttwitzer Sees war dann fundleer bis zur Späthallstatt-/Frühlatenezeit, muß dann aber wieder aufgesucht worden sein, denn östlich von der urnen felderzeitlichen Siedlung kam ein Grab der Jastorf kultur zutage (W. Coblenz 1957 a, S. 340, Anm. 10). 14 Brandgrubengräber der römischen Kaiserzeit aus der Döllnitzaue liegen heute ebenso im Grundwasserbe- reich wie eine slawische Siedlung des 8. bis 12. Jh. aus dem Seegelände (W. Baumann 1971, S. 126 ff.). Ähnliche Bodenverhältnisse wie am Göttwitzer See finden sich in einem von Osten nach Westen breiter werdenden Streifen geringmächtiger Sandlöße am Nordrand des Lößstreifens (G. Haase, I. Lieberoth und R. Ruske 1970, S. 100, Abb. 100). Sie werden im Bereich des Nordsächsischen Vulkanitbeckens — von der Mulde im Süden und der Parthe im Westen bis zu einer Linie Delitzsch — Torgau im Norden — von Porphyren des Rotliegenden unterlagert, die im Ter tiär mehrere Meter tief zu kaolinhaltigen Tonen ver wittert sind (Atlas der DDR, Blatt 4; L. Eissmann 1975, Abb. 2). Im Raum Leipzig bilden Grauwacken aus dem Erdaltertum den Untergrund. Darüber lie gen bis zu 10 m mächtige Geschiebelehme, stellen weise vermischt mit Kiesen des Elster-Saale-Komple xes (L. Eissmann 1975, Abb. 8). Nach A. Hennig (1912, S. 26) handelt es sich um kalte, schwer durch lässige und schwer zu bearbeitende Böden, deren Eigenschaften jedoch wesentlich verbessert werden, wenn der Geschiebelehm etwa in 1,20 m Tiefe von 13 Nach D.-W. Buck (1979, S. 13) ist der Grundwasserspiegel in der Spreeaue in der älteren Hallstattzeit um „minde stens 1,50 m“ angestiegen. 14 Aus der ehemaligen Ziegelei Reichardt sind vor 1930 die Überreste eines Grabes (kammstrichverzierte Scherben, Leichenbrand und nach G. Bierbaum ein zertrümmerter Segelohrring) ins Landesmuseum für Vorgeschichte Dres den gekommen, heute aber nicht mehr vorhanden. Bei dem „zertrümmerten Segelohrring“ dürfte es sich wahr scheinlich um Reste eines Schildohrringes gehandelt haben, wie sie in Sachsen häufig vorkommen (vgl. A. Mirtschin 1933). Segelohrringe sind erst weiter nördlich verbreitet. Eine Datierung in die späte Hallstattzeit bis frühe Latenezeit wäre in beiden Fällen gesichert.