VORWORT Die Untersuchung über Anfänge germanischer Besiedlung im Mittelge birgsraum ist aus Arbeiten am archäologischen Quellenstoff zur Latne- zeit in Thüringen und seinem Umland erwachsen. Dazu liegt eine Fund erhebung des Verfassers für die drei thüringischen Bezirke Erfurt, Gera und Suhl vor. Der für stammeskundliche Überlegungen entscheidende Horizont Großromstedt wurde voll einbezogen. Eine Darstellung der Ma terialgrundlage erfolgt hier nicht. Sie ist für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen. Vielmehr soll der Blick auf jenen Zusammenhang gelenkt werden, der Fragen von Volkstum und Stammeszugehörigkeit und deren Wechselverhältnis mit gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Vorgängen aufzuwerfen und zu verfolgen erlaubt. Eine solche Möglichkeit zeichnet sich im Vorland der Mittelgebirge klarer um die Wende unserer Zeit rechnung ab, als diese Gebiete vorübergehend in das Zielfeld römischer Machtpolitik rückten und die Aufmerksamkeit zeitgenössischer antiker Beobachter erweckten. Das Vorhaben, dem Beginn dessen, was wir als germanische Besiedlung verstehen, an Saale, Unstrut und oberer Elbe nachzugehen, sollte gewiß auf dem Sektor regionaler archäologischer Sachforschung angegriffen werden. Dies ist auch unser Ausgangspunkt. Darüber hinaus wird eine übergreifende Sicht in zweierlei Weise angestrebt. Es kann nicht bestritten werden, daß mannigfache Bestandteile im Sach gut der vorrömischen Eisenzeit des Nordens zwischen Niederrhein und Weichsel, deren Trägern man das Prädikat „germanisch“ — wenn auch abgestuft und nicht überall unumstritten — zuerkennt, der ökonomischen Sphäre des keltischen Südens entstammen, zumindest vom südmittel europäischen Hallstatt- und Latenebereich her angeregt worden sind. Ähnlich stimulierende Wirkung darf für die soziale Sphäre erwartet werden. Die Darstellung einer Ausgleichsregion — des Areals der hercy- nischen Waldgebirge — forderte insbesondere dazu auf, keltischer Um welt und keltischem Wirken den gebührenden Platz einzuräumen. Dabei mußte neben zeitlicher Tiefe eine über den engeren Arbeitsbereich hin ausgehende räumliche Breite gewährleistet sein, schon um den erforder lichen chronologischen, sozialökonomischen und ethnischen Erörterungen genügend tragfähige Ansätze zu verleihen, aber auch um nach und nach wachsendes Selbstverständnis germanischer Einheiten gegenüber kelti schem Ethnos auf etwas weiterem Feld sichtbar werden zu lassen. Der Spielraum unserer Betrachtung reicht daher hier bis zur Rheinlinie, dort bis an die mittlere Donau. Den zeitlichen Rahmen bildet die entwickelte