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ÖRTLICHE SPÄTLATE NE KULTUR UND ODER-WARTHE-GRUPPE Die schließliche Hinwendung zur archäologischen Rhein-Weser-Gruppe, die für den Raum zwischen Harz und Thüringer Wald bis zur Saale im Osten und gebietsweise darüber hinaus zutrifft, mag aus dieser Sicht viel leicht nicht allzusehr überraschen. Sie ist trotzdem keine bloße Wieder holung älterer Zugehörigkeiten. Denn in der Zwischenzeit gehen Ver änderungen vor sich, die nicht nur äußerlich im Wandel der materiellen Kultur sichtbar werden, sondern tiefer greifen und den inneren Aufbau der Gemeinschaften insgesamt und im ganzen hier umrissenen Gebiet be treffen. Sie fallen hauptsächlich in das spätere l.Jh. v. u. Z., reichen im Ansatz aber weiter zurück. In ihrem Gefolge heben sich erstmals histori sche germanische Einzelstämme ab. Davon wird später eingehend zu sprechen sein. Vorerst gehen wir vom oben skizzierten Fundbild im Vor feld der Latenekultur aus und machen uns zunächst mit der veränderten Situation vertraut, die seit dem Aufkommen keltischer stadtartiger Sied lungen im südlichen Mitteleuropa am Ende des 2. und im l.Jh. v. u. Z. entstanden war. Die Zivilisationshöhe, welche keltische Stämme in den Oppida während der Spätlatenezeit (Latene D 1 oder Latne III) erreicht hatten, bestimmte Schritt für Schritt auch Lebensweise und gesellschaft liches Verhalten der Bevölkerungsgruppen am Nordrand der Mittelge birge. Das Kontaktgebiet blieb als kulturelle Zwischenzone erhalten 121 , örtliche Unterschiede verschwinden jetzt aber weitgehend unter der Decke kelti scher kultureller Einflüsse, die noch dichter geworden ist als während der Mittellatenezeit. Die westsaalische Gruppe erweist sich nun als die be ständige und eigentlich tonangebende 122 , während die Gruppe in der Leip ziger Tieflandsbucht zur Bedeutungslosigkeit absinkt 123 und sich an der oberen Elbe die Fundplätze verschieben. Zwischen Weißer Elster und 121 Vgl. noch immer W. Schulz 1928 a, S. 14 ff., wobei dessen (allerdings von ihm selbst einge schränkte) These von einem Siedlungsabbruch während der zweiten Hälfte des 1. Jh. v. u. Z. mit Besiedlungslücke und nachfolgendem Bevölkerungswechsel (dagegen zuerst H. Zeiß 1930, S. 47 ff.; dann J. Werner 1942, S. 148 ff.) heute modifiziert werden muß. Der neuere For schungsstand im Überblick bei H. Grünert'1958, S. 253 f.; ders. 1961, S. 362 f.; K. Peschel 1968, S. 194 ff.; ausführlicher Th. Voigt 1958, S. 409 ff. und besonders R. Hachmann 1960, S. 83 ff. 122 K. Peschel 1968, S. 194 f. 123 H. Grünert 1957 kann im Gegensatz zu den reichen Mittellatönefunden für seinen Abschnitt IV, der etwa der mitteldeutschen Stufe Latne Dl oder R. Hachmanns „früher Mittelphase“ (1960, S. 235) entspricht, nur aus der Randlandschaft zu Thüringen nennenswertes Material bei bringen (Raum Altenburg, Zeitz, Gera). 126 W. Mähling 1942, S. 40 f. mit Anm. 40; ders. 1944 b, S. 223. Dabei ist der von dems. zu stark betonte Abstand zwischen Podmokly, Keice, Netmice einerseits und Kobyly, Jestfebi an dererseits (vgl. unten mit Anm. 128) nicht im Sinne paralleler Gruppenbildung zu verstehen,