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den, daß erst die Frühlatenekultur formend auf den Norden einwirkte' Oa . Deren Einfluß fällt vielmehr in eine spätere Epoche, in der Jastorfzeug- nisse längst ausgebildet waren. Die Südzone der geschlossenen Verbreitung von Grabfunden der Jastorf kultur während der älteren Latenezeit gibt die Kreuzschraffur auf un serer Karte wieder (Abb. 1). Die Karte zeigt zugleich, wie sich von dieser Zone einzelne Urnengräber und kleinere Brandgräberfelder, die Jastorf charakter tragen, abgelöst haben und entlang der Flußläufe gegen das Gebirge vorschieben. Ihren Charakter prägen hochhalsige, sonst wenig gegliederte Töpfe mit plastischen Handhaben, an deren Körper gerauhte mit glatten Flächen abwechseln, ferner gedrungene Henkeltassen, die, versehen mit Strich- und Grübchenmustern, noch den Einfluß der Hall stattkultur verraten, der lange und in vielfältiger Weise fortlebte. Das Metallsachgut in den Gräbern ist spärlich und fehlt oft ganz. Es be schränkt sich auf eiserne Zungengürtelhaken, Nadeln und Bronzesegel ohrringe, offenbar Trachtzubehör der Frau. Die Gräber wirken somit aus gesprochen ärmlich. Das fällt dort besonders auf, wo sie in oder nahe jenen Gebieten vorkommen, in denen die Lebenshaltung bis dahin oder eben zu dieser Zeit durch eine gehobene Zivilisation bestimmt wurde. Das gilt etwa für das östliche Thüringen. Maßstab waren hier die Spät hallstattkultur und die keltische Frühlatenekultur. Es herrschte die Sitte des Körpergrabes mit vergleichsweise gediegener Ausstattung nach süd- Angesichts der hallstättischen Einwirkung auf die werdende Jastorfkultur (daß deren Ent stehung nur vom Hallstättischen her zu verstehen sei, muß allerdings bereits auf Grund der einheimischen Kontinuität bezweifelt werden, vgl. G. Kossack 1966 a, S. 34) verdient es Beach tung, wenn H. Seyer vermutet, daß der Prozeß in hallstattnahen Räumen und nicht näher am Kern der nordischen Bronzekultur erfolgt sei. Freilich müßte dieser Gedanke mit den Mitteln der Archäologie gestützt werden. Der Hinweis auf die von R. Wenskus 1961, S. 227 vermutete Übernahme des Volcae-Namens (dazu unten S. 34 ff. mit Anm. 94) im südlichen Mitteldeutsch land macht die Sache nicht klar. Denn der daraus gezogene Schluß auf die „germanische“ Ethnosbildung durch Distanz Im grenznahen Raum vermag hier schon deshalb keine Hand habe zu bieten, weil das Bewußtsein der Andersartigkeit zum Nachbarn ohnehin nur an der Grenze entstehen konnte und dann für eben diese Nahtstelle, die natürlich eine gewisse Tiefe besaß, der Beweis erst zu liefern wäre, daß Ethnosbildung und Neuformierung der materiellen Kultur — und um das letztere handelt es sich ja zunächst — zeitlich und räumlich zusammen fallen, ein schwieriges Unterfangen, das unter Beiziehung der Sprachwissenschaft, die sich ihrerseits auf die Archäologie beruft, wie in dem von H. Seyer angeführten Beispiel R. Wens kus, leicht in einem Kreisschluß enden kann. An anderen Stellen hat R. Wenskus, S. 253 f„ 380 für den Komplex Jastorf — Lautverschiebung — Germanen einen nicht klar abgegrenzten Raum des Mittelelbegebletes im Auge. 70aSo prinzipiell zu Recht G. Schwantes 1950, S. 119; besonders ders. 1955, S. 75 ff. gegen E. Sprock hoff 1952, S. 90 ff., vgl. aber zur weltanschaulichen Grundlage der Betrachtungsweise insbe sondere von G. Schwantes die treffende Einschätzung H. Birkhans 1970, S. 162 ff. mit Anm. 215. Daß „die Jastorfkultur von Anbeginn latnezeitlich" (E. Sprockhoff 1952, S. 97) im Sinne der Chronologie des Südens sein mag, würde natürlich keinen Widerspruch bedeuten. — Vgl. zu den Anfängen unter Hallstatteinfluß u. a. H. Keiling 1969, S. 17, Abb. 1, S. 35, 55, 64 ff.; H. Seyer 1968, S. 44 sowie für die Eisenzeit Jütlands mit überzeugender Querverbindung bis Württem berg J. Jensen 1967, S. 141, Fig. 26 A; ders. 1969, S. 180, Anm. 83.