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aber blieben sie beachtenswert als politische Faktoren vor der noch immer von Rom nur wenig entfernten Nordgrenze des Imperiums’, mit denen man sich auseinanderzusetzen oder abzufinden hatte, die aber in jedem Falle fortdauernde Aufmerksamkeit beanspruchten. Noch vor der Mitte des ersten Jahrhunderts konnte Caesar die Germanen als feste politische Größe in das einleitende Kapitel des bellum Gallicum einführen und als Gegner den Kelten gegenüberstellen, ohne daß ihr Auftreten einer be sonderen Erklärung bedurft hätte' 1 . Die Meinung darüber, was man als germanisch zu verstehen habe, der Germanenbegriff' 1 , war von Anfang an dem Wandel unterworfen. Auf Caesar geht seine Ausdehnung über das unbekannte Gebiet im Innern der von ihm nur vage bezeichneten Germania zurück 7 . Wie stets in sol chem Fall täuschten Vereinfachung und Verallgemeinerung scheinbar- fester Vorstellungen mehr an Erkenntnis vor, als tatsächlich vorhanden war. — Der moderne Germanenbegriff beruht auf anderen, in erster Linie sprachwissenschaftlichen Grundlagen und zielt zunächst auf Räume, die dem Blickfeld der Römer zu jener Zeit noch entzogen waren. Dieser Un terschied muß grundsätzlich beachtet werden. Damit wird verständlich, daß antike und moderne Anschauung und Begriffsbestimmung nicht ohne weiteres zu vereinen sind. Unterschiedliche Ausgangspositionen und ver schiedene Ansichten über den Wahrheitsgehalt und den Stellenwert der zur Verfügung stehenden Zeugnisse, schließlich deren schwankende Aus sage selbst lassen die Germanenfrage nach wie vor als außerordentlich vielschichtig, wenn nicht verschwommen erscheinen. So spiegelt der oft Anm. 8 sogar erst durch Caesar selbst. Caesar jedenfalls sah die Frage als gelöst an, wie seine Ansprache bell. Gall. I, 40.5 lehrt, in der Kimbern und Teutonen als Vorläufer der Scharen des Ariovist verstanden werden, doch ließ noch Sallust, bell. lug. 114.1 (nach 44 v. u. Z.) diese als Gallier gelten, obwohl der Germanenbegriff bei ihm sonst in der zuerst bei Cicero in den Jahren 56 und 55 zu beobachtenden üblichen Art (de provinciis consularibus 13,33; in Pisonem 33,81) begegnet (E. Norden 1920, S. 93; H. Haas 1943 44. S. 75 f.). - Der pauschal und ohne jede Beweisführung ausgedrückte Zweifel R. Hachmanns 1970, S. 461 an der Herkunft der Kimbern (auch S. Feist 1927, S. 10 f.), der jedoch bei der Behandlung des forschungsgeschicht lichen Aspekts a. a. O„ s. 160 f. verborgen bleibt, ist angesichts der historischen und philologi schen Tatsachen wohl nur rhetorisch zu verstehen (zu R. Hachmanns Grundhaltung, Skandina vien hätte der ihm zugewiesenen Rolle als Vagina gentium nie gerecht werden können, vgl. aber bereits R. Wenskus 1961, S. 72 f.); die Argumente zur Heimat der Kimbern zuletzt bei E. Schwarz 1967, S. 9 ff.; zum Sprachlichen vgl. H. Birkhan 1970, S. 492 ff. 4 F. Kaphahn 1948, S. 7 f.; H. Nesselhauf 1951, S. 74. 5 Diese wäre erforderlich gewesen, wenn erst Caesar, wie G. Walser 1956 a, S. 37 ff. (in Anleh nung an F. Jacoby 1926, C, S. 169 f.) und danach R. Hachmann 1971, S. 34 meinen, die strenge Trennung zu „Kelten“ oder „Keltoskythen" vorgenommen hätte. Zu den durch G. Walser wohl am weitesten vorgetragenen Zweifeln der fünfziger Jahre an der Glaubwürdigkeit Caesars vgl. zusammenfassend und auf der Grundlage der kritischen Gegenargumentation in der ein schlägigen Literatur G. Schulte-Holtey 1969, S. 13 ff., vor allem aber O. Seel 1960, S. 49 ff. 6 Forschungsstand bei R. Hachmann in: R. Hachmann, G. Kossack und H. Kuhn 1962, S. 16 f„ besonders S. 43 ff., jedoch nicht ohne Einfluß der umstrittenen Schrift von G. Walser 1956 a, besonders S. 86 ff. Vgl. auch F. Frahm 1930, S. 189 ff.; R. Hachmann 1971, S. 13 ff. 7 E. Norden 1920, S. 93 ff.; G. Walser 1951, S. 103 f.; H. Nesselhauf 1951, S. 83. 12