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MARKOMANNEN UND HERMUNDUREN IM SPIEGEL DER BODENFUNDE BÖHMENS, THÜRINGENS UND FRANKENS Mit der Behandlung der historischen Nachrichten, die das Gebiet der süd lichen Elbgermanen betreffen, haben wir die spätaugusteische Zeitmarke überschritten, bis zu welcher die archäologische Übersicht oben geführt worden war. Die Fäden enger zu knüpfen, tiefer in stammesgeschicht- liehe Zusammenhänge einzudringen, ohne zur Analogie, zum Seitenstück im anderen Raum oder aus anderer Zeit, zu greifen, verbot sich wegen der weitmaschigen Überlieferung von selbst. Auch waren für unser eigentliches Ziel, den archäologischen Tatbestand darzulegen und wo möglich zu durchdringen, nicht die politischen Wechselfälle als solche entscheidend gewesen, auf die da und dort und in großen Abständen, nichtsdestoweniger stets an wichtigen Punkten einiges Licht fällt. We sentlich erschien es vielmehr, die in ihnen verborgene stammeskundliche Aussage zu erfassen. Der zeitliche Überblick ließ manches davon erahnen, wie eng die Geschicke der Markomannen und der Hermunduren über weite Strecken ihres Wirkens miteinander verflochten waren. Die beiden bedeutendsten Stammesagglomerationen, mit denen es die Römer vor der Donaugrenze zu tun hatten, stellten keine statischen Gebilde, keine un wandelbaren, feststehenden Verbände dar. Ihre aus verschiedenen Zwei gen herrührende Grundschicht hatte erst unlängst von der mittleren Elbe her den letzten, die Stammesbildung offenbar abschließenden Anstoß er fahren. An der Saale ist die Aufnahme jener Merkmale, die sich archäo logisch augenfällig in der Tonware ausdrücken, von den Anfängen, jeden falls aber von dem ersten bekannten politischen Wirken der Hermun duren als Stamm nicht zu trennen. In Böhmen muß ein weiteres Vor rücken elbgermanischer Bevölkerung jene Bedingungen geschaffen ha ben, die Maroboduus und seine Mannschaft benötigten, um, nicht ohne Inanspruchnahme des einheimischen keltischen Substrats, ein auch sozial gestuftes „suebisches“ Gemeinwesen zu errichten, welches als „Impe rium“ den Römern gegenüberzutreten vermochte'' 1 ' 3 . Zwar ist dort der Vgl. oben Anm. 442 a. Der ethnisch und kulturell mehrschichtige, zeitlich gestaffelte Vorgang, der zur Höhe des markomannischen Imperium (Velleius II, 108.2, 109.1) führte, und die nach folgende Präponderanz des hermundurischen Elements in dessen Umkreis zuerst durch M. Jahn 1941, S. 64 ff. und - von der fiktiven älteren Heimat der Markomannen im Elbgebiet abgesehen (vgl. oben Anm. 63) — im ganzen zutreffend herausgearbeitet. Ihm folgt J. Werner 1942, S. 152 f., welcher geringe Volkszahl der prägenden markomannischen Schicht vermutet und sich vorsichtig jeden Schluß auf ältere, umgrenzbare Sitze der Markomannen im Saale- Elbe-Gebiet versagt. Ein zurückhaltendes Urteil gibt R. v. Uslar 1972 (1952), S. 186 ab. Knappe, aber treffende Zusammenfassung bei H. Grünert 1968, S. 227 f., nur scheint mir hier der Be-