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1878 vielleicht möglich gewesen, den Krieg zum Stehen zu bringen und einen sür die Pforte nur mit geringen Opfern ver bundenen Frieden zu schließen. Heute aber, nachdem die türkische Widerstandskraft vernichtet ist und die Russen jeden Augenblick in Konstantinopel einrücken können ober vielleicht schon eingerückt sind, kann die Pforte nicht anders, England dagegen thun? „Rußland hat immer bezeugt", erklärte dieser Tage die „Agence Russe", daß eine Kollektiv- Aktion Europa'S daS beständige Ziel seine Bemühungen im Interesse der Zivilisation und Humanität gewesen, bei welchem es die erste Rolle den meistbetheiligten Mächten England und Oesterreich angeboten. Jetzt, da der Zweck !des Krieges erreicht ist, muß Rußland eine Kollektiv-Aktion vertreiben zu können? Oder glaubt es sich stark genug, mit dem Sieger anzubinden, trotzdem Lord Derby noch kürzlich erst solch'Unternehmen als Wahnsinn bezeichnete? Die Machtstellung Rußlands ist jetzt eine ganz andere, als sie es vor dem Kriege war. Rußland befindet sich in dem Besitze des größten Theiles der widerstandsunfähizen Inserat« werden bi« Vormittag« 11 Uhr für nächste Nummer angenommen und di« gespaltene Zeile oder deren Raum mit 1L Ps. berechnet. in Chanak zu, welche bestätigt, daß 6 Schiffe der bliliHen Flotte die Dardanellen passirten. Der Pascha von Chanak erhob formellen Protest, that aber keinerlei aktive Schr tte, die Durchfahrt zu hindern. Der Admiral hat Ordre, mit oder ohne Erlaubniß der Pforte in die Meerenge ein erwünschtes Ende finde. In der gestrigen Sitzung des Reichstages stand zunächst der Antrag der Abgeordneten Bürgers und Gen. auf der Tagesordnung, betr. die Besei tigung der Beschwerden wegen Benachtheiligung deS freien Gewerbebetriebes durch die gewerbliche Gefangenenarbeit. Der Antrag geht dahin, über diese Beschwerden eine Unter- uchung anzustellen und deren Ergebniß in Verbindung mit einer Statistik über die Gefangenenarbeit dem ReichS- aze mitzutheilen. Außer dem Antragsteller und dem PrL- rdenlen des Reichskanzleramtes sprachen die Abgeordneten Fritsche, vr. Zimmermann, vr. Gensel, Majunke und vr. Hirsch. Staalsminister Hofmann hielt den Antrag im Hin blick auf die von dem deutschen Handelstage eingeleitete Erhebung für überflüssig Der Soziald-mokrat Fritsche empfahl einen Antrag, der, wie er später nachwies, auf Beschlüsse der Leipziger Handelskammer sicb stützte, und der u. a. thunlichste Mannigfaltigkeit der B-schüftigungS- arten und eine derartige Normirung der Löhne, daß eine drück-nde Konkurrenz ausgeschlossen ist, verlangt. Schließ lich wurde der Antrag Bürgers vom Hause angenommen. Dann wurde die Aushebung des gegen den Abgeordneten Most schwebenden Strafverfahrens für die Dauer der Friedensverhandlungen, wenn der Sultan passende Vor schläge macht; Vermittlung aber zu Gunsten der Türkei ist unzulässig. Europa wird behufs endgültiger Festsetzung der Friedensbedingungen zu einer Konferenz geladen. Der Kaiser hat nicht den leisesten Wunsch oder die Absicht, in irgend einer Weise die Interessen Englands hinsichtlich Kon stantinopels, Eayptens, des Suezkanals oder Indiens zu bedrohen. Hinsichtlich Indiens hält Se. Majestät das nicht nur für unmöglich, sondern für thöricht, wenn überhaupt möglich. Se. Majestät versicherte mir, der Drei-Kaiser- Bund sei zur Bewahrunq drs Friedens gebildet, ohne einen Gedanken des Angriffes oder der Gegnerschaft gegen England. Zeitweilige Besetzung der Bulgare! werde noth wendig sein Livadia und mir in Simnitza gesagt hatte: der Zweck des gegenwärtigen Krieges sei nur die Verbesserung der Lage der christlichen Bevölkerung der Türkei. Die von dem Kaffer verlangten Friedensbedtngungen sind die kürzlich durch den Grafen Schuwoloff dem Earl of Derby mitgrtheilten und werden so lange unverändert so bleiben, wie Eng land seine neutrale Stellung beibehält; iollie jedoch England diese Stellung verlassen, so tritt die Sache in eine neue Phase. Seine Majestät denkt nicht an Annexionen, mit Ausnahme des von Rußland im Jahre 1856 verlorenen Gebietes und vielleicht eines gewissen Theiles von Kleinasien. Der Kaiser wird Konstantinopel nicht um der militärischen Ehre willen besetzen, sondern nur, wenn solcher Schritt durch den Gang der Ereignisse nothwendig gemacht wird. Seine Majestät ist bereit zu Gitchtmr i«dm Wochentag «kn»» S Uhr für vm -nkm Tag. PrrU vitrttljährUch 2 Mark 25 Pf., zweimonatlich 1 M. 50 Pf. u. ekmvnatl. 75 ve. . .... m ^,.,2 „ ..... ..einzulaufen und Maßregeln zum Schutze der hinter ivm als dre englffchen Rathschlage zurückzuweisen und sich durch ^^^1! gefechtsbereiten Schiffe zu treffen Unter diesen aufrichtige Unterwerfung unter den Sieger möglichst gnä- Umständen ist es nicht ohne Bedeutung, an einem Bericht England und Rußland. Fast möchte es scheinen, als bereiteten sich am goldenen Horn wieder folgenschwere Ereignisse vor. Die Pforte selbst verspürt wenig Neigung, unter dem Feuer der russischen Geschütze den Krieg zu erneuern. Der Sultan und seine Minister müßten auch Narren sein, wenn sie sich noch länger fahrt der englischen Schiffe in die Dardanellen und das Mai mora-Meer ihre Bestätigung findet, — und sie wird heute durch neuere Nachrichten bestätigt — dann hat Rußland im Voraus erklärt, daß es damit die Freiheit der Ak- ti on wieder erhalte, das heißt wohl den Waffenstillstand als hinfällig betrachte. Die englische Regierung giebt zwar .als Grund ihrer Flotten-Demonstration an, für den Fall, daß in Konstantinopel innere Unruhen ausbrechen sollten, das Leben und Eigenthum englischer Staatsangehörigen schätzen zu wollen. Aber die Russen werden es sich nicht nehmen lassen, diese Cchutzpflicht selbst auszuüben. Rücken sie in Konstantinopel ein, dann haben sich die Türken lediglich bei England dafür zu bedanken. Glaubt etwa England, mit feine« ^".^Panzerschiffen die Russen aus Konftanstinopel « 8«. 2S Jahrgang. Sonnabend, den 18. Februar Session beschlossen. Die Rechnung der Kasse der Ober- RechnungSkammer für 1875 und die Rechnung über den Reickshaushalt für 1873 wurden an dre Rechnungskom mission verwiesen. Der Gesetzentwurf betr. die Einlösung und Präklusion der von dem vormaligen norddeutschen Bunde ausgegebsnen Darlehnskassenscheine, und der Gesetz entwurf, betr. das dem Reiche gehörige in der Veßstraße in Berlin gelegene Grundstück wurde angenommen und die nächste Sitzung auf heute anberaumt. Der vorliegende neueMilitär-Etat für das deutsche Reich beziffert sich mit Weglassung aller Extraordinarien (Ausgaben sür militärische Bauten, Pensionen, Retablisse- mentskosten rc.) auf 328 Millionen Mark. Seit 1875 ist der Militäretat im Wachsen geblieben, theils weil bisherige, mit Rücksicht auf das seit dem Kriege statlgehabte Retablisse ment gemachte Ersparnisse nicht mehr vorgesehen werden konnten, theils in Folge fortgesetzter Oifiziersstellenver- mehrung (zuletzt im vorigen Jahre durck Einführung der 13. Hauptleute), theils unter der Wirkung fortgesetzter Preissteigerung, insbesondere bei der Naturalver- pflequng. ES erqiebt sick sonach zwischen dem Etat von 1872, welcher 242 Mill. Mark betrug, und demjenigen von 1878,79 ein Unterschieb von 86 Millionen Mark oder um 36 pCt. Der Etat der lausenden Kosten der Marinever- waliung ist in derselben Zeit von 11 auf 25 Millionen Mark gewachsen, so daß eine Erhöhung der Etats für Heer und Marine von 253 aus 353 Millionen oder um 100 Millionen Mark — 40 pCt. sich ergiedt. Außer den vor bemerkten 353 Will- Mark sind im vorgesetzten Etat aus- gesührl sür Pensionen von Militär- und Marin,Personen 50 Mill. Mark, für Kasernen-, Festungs-, Schiff-, Hafen- dauten und andere nicht zum laufenden Etat gehörigen Aufwendungen 76 Mill. Mark. Von den Pensionen und Extraordinarien sollen indessen nur 30 Mill. Mark ans - ... , . - «Türkei; es hat Armenien mit den Festungen ArdagHan, durch Englands Versicherung, die türkische Frage f" auch ^1^ und Erzerum in seiner Gewalt; seinen diploma- erne englische Frage, an der Nase herumführen ließen. Stützpunkt bildet der Dreikatserbund und seinen Off-nbar trägt der Sultan kein Verlangen darnach, Eischen die Donaulinie, das bulgarisch, glrich den letzten bizanlini.chen Kaisern sich unter den ^^^^^^z^^xeck, die Balkanpässe und Adrianopel. Trümmern seines Reiches begraben zu lassen, denn sonst würde ^cm Dunkel, in welche es seine Abmachungen mit der Überhaupt die Fortsetzung des Krieges in s-iner hüllt, schafft es vollendete Thatsachen. Was kann Absicht — seine Residenz längst über den Bosporus nach' Tagesschau. Freiberg, 15. Febmar. Endlich ist er da; nämlich Fürst Bismarck. Gestern gegen Abend traf er mit Familie in Berlin ein und wird — nach einer Versicherung des Reich stagspräsidenten — n ächst en Dienstag die Orient-Interpellation brantworten. fWw hoffen und wünschen, daß dies in recht friedlichem Sinne geschieht, damit der jetzige Zustand der Ungewißheit und Tageblatt. Amtsblatt für bk kömglicheu und städtischen Behörden zu Freiberg und Braud. ö Verantwortlicher Redakteur: Julius Braun in FreibergSdorf. Brussa verlegt haben. Da dies aber, wo fernerer Wider- stand noch einen Sinn hatte, nicht geschah, wird es heute, wo ein solcher Thorheit wäre, erst recht nicht geschehen. Abdul Hamid vertraut sich der Großmuth des Siegers an! und erwartet einen gnädigeren Spruch, als in weiterer Befolgung der Rathschläge eines falschen Freundts. Für den Herrscher eines Reiches, welches unrettbar dem Umer-.^^ wünschen, da dies- Weihe nöthig ist, um den gang- verfallen ist mag es rm VorgE dessen immerhin ^ch das Gut und Blut Rußlands erreichten neuen Zu- dre klüger. Wahl sem, wenn er sich m die Hand dessen der Dinge zu sanktioniren " In verständliches Deutsch b.g,.bt, der früher oder ipäler emmal sein Erb. zu werden ^ißt das wohl: „Ich hab. Euch Halbpart ange- get.nlt, als auf tue Hüse eines interesfirten Dritten zu holen und Ihr habt nicht gewollt; Ihr habt mich gewähren Hanen. Ist das osmanische Haus zum Untergänge be- ^^ und müßt daher schon so gut sein, zu sanktioniren, stimmt, so wird «s für die Dynastie Osman doch das vollbracht!" vergleichsweise mildere Schicksal sein, wenn es in einer, ernster als die englische SchiffSkomödi. könnt- «ne äußerlichen Glanzes nickt entbehrenden Stellung unter Oesterreichs gegen die orientalischen Pläne Rüglands Protektion m Konstantinopel zu regieren fort-12^1 ^ds erscheinen, welche in vielfacher Beziehung die fährt, als wenn es nach Anatolien, woher es vor fünf- ^^chischen ^eressen empsiud'.ich verletzm. Indes, n hundert Jahren g-kom^ so lang-nicht zu denken, als der Drei- zu zehren, dermal.rnst unter Englands Ausp.c.en sein frü- ^bund existirt und Oesterreich treu zu ihm hält. An- hrreS Reich wtederzugewmnen. Idrassy hat in dieser Beziehung bisher keinen Wank lmuth U.der die englische Orrentpolitik mag urth^len!^^ und Nichts berechtigt zu der Annahme, daß er sich wi? man will - zedenfalls hat -ord Beaconssteld es nicht! ^mals von England würde in's Schlepptau nehmen lassen, ve,standen, die rechten Mittel zur rechten Zeit anzuwenden. die Engländer zus.hen, wie sie aus der Sackgasse Mar die englische Regierung überzeugt, daß die Versicher- h„^mmen, in d>. sie durch Disra.l.'s Politik ge- mgen Rußlands, für ein besseres L00S der Balkanchristen Krirg zu führen, keinen Glauben verdienten, so hätte sie! ' im August oder September vorigen Jahres, als die russische! . Kriegführung noch durch Plewna und Kars vollständig in! VNkNt. Anspruch genommen war, mit der Pforte eine Offensiv-! Die engliicken Panzerschiffe sind also doch trotz des und D.sensiv Allianz schließen müssen. Damals wäre es Protestes der Pforte durch die Dardanellen gesegelt und 'liegen heute jedenfalls vor Konitantinopel. Der englischen Avmiraliiät ging gestern eine Depesche des britischen Konsuls dige Friedensbedingungen erkaufen. drs englischen Obersten Wellesley vom August v. I. zu Wenn die gestrige Londoner Depesche über die Ein- erinnern, welcher die Aeußerungen des russischen KafferS 'über die Dardanellenfrage wie folgt wiedergiebl. Seine Majestät wiederholte, was er fchon Lord A. Loftus in