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md Tageblatt 1878 deuten, davon im nächsten Artikel. die liberalen Abgeordneten, falls auswärtige Verwicklungen ' eintreten sollten, sich stets der Priorität der Pflichten gegen das Vaterland bewußt bleiben. Wenn es auch heute Sache des Reichstages ist, für die Wahrung der Ehre, Unabhängigkeit und Sicherheit aller im deutschen Reiche vereinigten Staaten einzustehen, o sind doch die liberalen Abgeordneten im Reichstage und un preußischen Abgeordnetenhause so innig mit einander verflochten, daß für das, was die Einen thun oder lassen, die Anderen solidarisch haftbar sind. Abgesehen von dieser hoffentlich fernabliegenden Möglichkeit, in einen schweren politischen Fehler zu verfallen, wüßten wir nichts, was ernste Besorgnisse vor einer Verdrängung des Liberalis mus aus seiner gegenwärtigen Stellung erregen könnte. Diese Stellung ist aber eine für die Defensive durchaus günstige. Sollte auch kein Reformgesetz als Regierungs vorlage zu erwarten sein, so kann andererseits auch kein Revisionsgesetz ohne Zustimmung der Volksvertretung zu Stande kommen. Die liberale Partei muß nur fester als bisher ihre Reihen schließen, und sie kann es, ohne daß irgend eine Gruppe ihrer Ueberzeugung Zwang anzuthun braucht, weil eine nach rückwärts steuernde Regierung nichts zu sieten vermag, was einen Mann von wirklich liberaler Ueberzeugung zu einem Kompromiße verlocken könnte. Es ist ja wohl denkbar, daß einzelne Persönlichkeiten, die bis her als Liberale sich gaben, in das Regierungslager über lenken; die Zahl dieser Scheinliberalen ist aber nicht groß genug, als daß der numerische Verlust nicht reichlich durch den Gewinn an innerer Entschlossenheit und äußerer Sicher heit des Auftretens ersetzt werden würde. Was aber die preußischen Ministergeburten weiter be- «rschri<U j»m Wochmto» «bind« k Uhr für dm «ud«o Lag. Pnt» vitrttljLhrlich 8 Mark 88 Pf., poelmvnatUch 1 M. 80 Pf. u. «inmonatt. 78 V. abend durch den Fürsten vor dem Abgeordnetenhause er fahren mußte, nahm derselbe seine Entlassung. Fürst Bis marck vermißte unter Anderem eine „fach- und sachkundige Hand" in der bisherigen Eisenbahnverwaltung. Solches Armuthszeugniß konnte Achenbach nicht anders als mit der Quittirung seines Dienstes beantworten. Achenbach war mit seiner Eisenbahnpolitik allerdings nicht der Mann nach dem Herzen Bismarcks; aber wenn der in Aussicht genommene neue Handelsminister Maybach in dieser Be ziehung auch willfähiger sein wird, so finden die Bis- marck'schen Pläne im preußischen Abgeordnetenhause immer noch einen Gegner, mit dem der gewaltige Kanzler zu rechnen hat. Bereits gestern erwähnten wir, daß der Fürst sowohl mit seinem Eisenbahn - Ministerium wie mit der Ab zweigung der Domänen und Forsten in zweiter Lesung vor demHause abgeblitzt ist. Die Beweggründe legten namentlich die Nachtsitzung klar, denn immer siegreicher brach im Laufe der Diskussion das Bewußtsein durch, daß auf dem Grunde der Dinge ein wesentlich konstitutionelles Prinzip in Fragt gestellt sei, und daß, wie der Abgeordnete von Schorlemer- Alst bezeichnend sich ausdrückte, unter falscher Flagge Kon trebande einzuschmuggeln versucht werde Es handele sie darum, ob Preußen ein wahrhaft konstitutionelles Mini sterium mit selbständigen Männern oder das autokratische Regiment eines Ministerpräsidenten mit einer Anzahl ihm untergebener Hilfsarbeiter in Zukunft haben soll. Bei dieser Lage der Dinge und angesichts einer anderen Aeußerung Bismarcks: er würde, wenn man ihm hinsicht lich des Eisenbahnministeriums und der Regelung anderer Ressortverhältnisse nicht zu willen sei, zurücktreten oder „auch andere Wege einschlagen" - darf man sich nicht wundern, wenn die Auflösung des Abgeordneten hauses und das Beoorstehen einer Reaktion vieifac Glauben findet. Möglich mag die Auflösung des Hause sein, aber eine Reaktion fürchten wir nicht. In einem Preußen, dessen König als Kaiser an der Spitze des Jusnatt wndm bl» Vormittag« 11 Uhr für nächste Nummer angenommen und dl« gesxaltme Zeile »de» deren Raum mit 18 Pf. berechnet. Tagesschau. Freiberg, 29. März. In der orientalischen Frage hat sich seit gestern nichts verändert. Die Hoffnung auf das Zustandekommen des Kongresses wird allseitig aufgegeben. Der Gedanke, ohne 29. Jnchrgnng Sonnabend, den 30. Miliz. deutschen Reiche- steht, ist wenigstens eine Wiederholung der wüsten Orgien, welche die Reaktion der fünfziger Jahre feierte, undenkbar. Ebenso wenig findet sich darin für eine Konfliktszeit ein Boden, wie sehr auch der äußere Verlauf der Dinge während der nächsten Zukunft mit demjenigen während der Konfliktszeit Aehnlichkeit haben dürfte. Die Reaktion der fünfziger Jahre war nur als Rück schlag gegen die voraufgegangene Revolution von 1848 möglich. Enttäuscht über da- Scheitern der nationalen Bewegung, welche damals auf die Herstellung eines deut schen Reiches wie auf die Sicherung konstitutioneller Rechte der Bevölkerungen in den Einzelstaaten gerichtet war, wandte sich das Bürgerthum mißmuthig von der Politik überhaupt ab und überließ den Vertretern der Stände das Feld für reaktionäre Bestrebungen d. h. für die schritt weise Wiederbeseitigung der Errungenschaften des Jahres 1848. Niemand glaubt wohl im Ernst daran, daß im Jahre 1878 eine ähnliche Reaktion ihren Anfang neh men werde. Und warum glaubt Niemand daran? Weil man es für unmöglich hält, daß das- dHtsche Bürgerthum eine Volksvertretung im Stiche lassen werde, welche einsteht für die Aufrechterhaltung der Verfassung und der in einer kurzen Zeit des nationalen Aufschwungs zu Stande ge brachten Reformgesetze. Wenn die liberalen Wähler die Gewählten kräftigen durch ausdrückliche Billigung ihrer Haltung, wenn sie im Falle einer Auflösung die Männer ihres Vertrauens immer wieder aufs Neue in den Land tag senden, so wird jeder Versuch zu einer Reaktion in der Gesetzgebung scheitern — vorausgesetzt nämlich, daß Die Lage der Dinge in Preußen. i. Wie der Herbstwind die Blätter von den Bäumen schüttelt, so entledigt sich gegenwärtig der preußische Mi nisterpräsident Fürst Bismarck durch einen Hauch seines Mundes der ihm unbequemen Kollegen. Infolge der Be handlung, welche Minister Achenbach am vorigen Sonn- Im österreichischen Herrenhause sagte gelegentlich der Budgetdebatte der Ftnanzminister in Erwiederung der Aus führungen mehrerer Redner, worunter namentlich Leo Thun, er habe schon vor Jahren vor einer allzu sanguinischen Auffassung der Finanzlage gewarnt, durch Ersparungen allein könne man das Gleichgewicht des Budgets nicht Her stellen, man müsse auch die Einnahmen auf das entsprechende Niveau bringen. Die Regierung strebe dieses Ziel an und werde es auch erreichen, vorausgesetzt, daß sie nicht ge zwungen sei, für die Vertheidigung, die Ehre und das An sehen des Reiches neue Opfer aufzuerlegen; selbst letzteres könnte das angcstrebte Ziel nur um ein Weniges Hinaus rücken, ohne den Kaiserstaat dem Bankerotte nahe zu bringen, von welchem man gesprochen habe. Der Finanzminister warnt schließlich davor, dem Worte Bankerott auch nur in diesem Augenblicke Glauben zu schenken, dasselbe habe keinerlei Berechtigung. Sodann wurden mehrere Budget kapitel angenommen. — Die „Pol. Korresp." veröffentlicht einen Auszug der rumänischen Note an den rumänischen Agenten im Auslande, in der wörtlich erklärt wird, daß das jetzige rumänische Kabinet entschlossen ist, sich in keiner lei Transaktion mit Rußland über die bessarabische Frage einzulassen. Nach einem so formellen und kategorischen Schritte könne nirgends ein Zweifel bestehen an dem festen, aufrichtigen und einmüthigen Beschlusse, nicht zu transiziren. Ferner wurden die rumänischen Agenten zu der Erklärung angewiesen, daß die rumänische Regierung den Vertrag von San Stefano bezüglich dessen, was Rumänien betreffe, für nicht bindend betrachtet. — General Jgnatteff stattete gestern dem Kronprinz Rudolf, dem Erzherzog Albrecht, dem deutschen > Botschafter und mehreren anderen Diplomaten Besuche ab. lieber die Mission des Generals meldet man heute aus Wien: Jgnatieff's Anwesenheit hat einen dreifachen Zweck: erstens, statt des Kongresses einen anderen Modus derVer- ' einbarung zu finden; zweitens, Oesterteich von England zu > isoltren; drittens, den Frieden von San Stefano mit den - Interessen Oesterreichs in Einklang zu bringen. Der erste Punkt hänge vom dritten ab; im zweiten Punkte sei ein Erfolg möglich, da Andrassy geäußert habe, daß Oesterreich bei einem englisch-russischen Kriege unter Umständen neutral bleiben könne. Der dritte Punkt sei schwierig, ja fast unmöglich. Gestern fand in Italien das erste Konsistorium unter dem neuen Papste statt. Leo hielt eine Ansprache an das > heilige Kollegium, auf welche Kardinal di Pietro im Namen seiner Kollegen erwiderte. Der Papst proklamirte hierauf ! di Pietro zum Kamerlengo der Kirche und ernannte die England den Kongreß abzuhalten, würde schon an dem Widerspruche Frankreichs, einen solchen zu beschicken, cheitern. Unter diesen Umständen gewinnt die Mission >es Generals Jgnatieff in Wien besondere Wichtigkeit. Er >atjedenfalls die Aufgabe, Oesterreich zu einer Verständigung mit Rußland zu gewinnen. , Die Session des deutsche« Reichstags wird einschließ lich der Osterferien, welche 14 Tage währe« sollen, voraus sichtlich bis tief in den Mai hinein dauern. In der Bud get-Kommission werden demnächst die Steuer-Gesetze zur Berathung gelangen. Es ist mit Bestimmtheit anzunehmen, daß dieselben bis auf das Gesetz über den Spielkarten stempel abgelehnt werden. Auch gegen die Vorlage, welche die Bewilligung von Mitteln zur Erhebungen Über" die Tabakssteuer beansprucht, zeigt sich vielfach sehr leb hafter Widerspruch, dessen Hervorkehrung gleichzeitig her Gegnerschaft gegen das Tabaksmonopol Ausdruck giebt. In der vorgelegten Form wird der Entwurf auf Annahme schwerlich zu rechnen haben. Die Kommission für die BS- werbegesetznovelle hat ihre Arbeiten bis zur Berichter stattung in verhältnißmäßig sehr kurzer Zeit beendtgt. Der Kaiser hatte gestern Nachmittag eine längere UH terredung mit dem Oberbürgermeister Hobrecht. Oie Abendzeitungen bestätigen die erfolgte Ernennung Hobrecht'- zum Finanzminister und dir Maybach's zum Handelsmintster. Der Kaiser empfing bereits gestern Hobrecht und Maybach in einer Audienz — Der Jnjurienkommissar des Stadt gerichts zu Berlin wies - gestern die Jnjurienklage bo» Diest-Daber gegen den Fürsten Bismarck zurück und er achtete den von Letzterem unter Bezugnahme auf sein Patent als General der Kavallerie erhobenen Einwand der In kompetenz für begründet. Amtsblatt für die königlichen mb Mischen Behörden zu Freiberg und Brand Verantwortlicher Redakteur: Iuliu« Braun in Freibergsdorf. Abonnements-Einladung. Indem wir das geehrte Publikum zum Abonnement auf das mit dem 1. April beginnende 2. Quartal des „Freiberger Anzeiger" höflichst einzuladen uns erlauben, bitten wir, die Bestellungen auf das Blatt rechtzeitig machen zu wollen, damit wir vollständige Exemplare liefern können. 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