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und Tageblatt Einladung zum Abouuement. Indem wir das geehrte Publikum zum Abonnement auf den „Freiberger Anzeiger und Tageblatt" höflichst einzuladen uns erlauben, bitten wir besonders die auswärtigen Abonnenten, die Bestellungen auf das Blatt rechtzeitig machen zu wollen, damit eine Unterbrechung resp. verspätete Lieferung vermieden wird. Der vierteljährliche Abonnementspreis beträgt 2 M. 25 Pf. und nehmen sämmtliche Postanstalten sowie die Expedition und die bekannten Ausgabestellen Bestellungen entgegen. Viv Lxpeelltla». Tagesschau Freiberg, 2b. September. Ueber die Anwesenheit des Kaiser Wilhelm in Metz liegen zur Zeit nur spärliche Meldungen vor. Er traf am Abend des 23. d. daselbst ein und fand großer Zapfenstreich statt, wobei die Musikkorps das „Heil Dir im Siegerkranz" Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg und Braud Verantwortlicher Redakteur Julius Brann in Freiberg. ort die Entschließung des Weiteren der Staatsanwalt- chast anheimzugeben. Die Stellung der Gerichtspolizei ;ur Staatsanwaltschaft erscheint sonach in einer Werse geregelt, welche den vielfachen Beschwerden über polizeiliche lebergriffe im strafrechtlichen Ermittelungsverfahren nach allen Seiten wirksam zu begegnen sucht. Es bedarf nun noch der Theil des Ermittelungs verfahrens einiger Erläuterung, welcher oben bei Nummer 6 als Einschreiten des Amtsrichters auf Antrag des Be schuldigten bezeichnet wurde. Dieses Stück des Verfahrens ist etwas vollständig Neues, und aus dem unausgesetzten Bestreben einer Er weiterung des Vertheidigungsbeweises im Strafprozeß hcrvorgegangen. Weder der Entwurf, noch die ersten Feststellungen der Kommission enthielten etwas hierüber. Die spätere Aufnahme des jetzigen 8164 der Strafprozeß- ordnung erscheint als eine Konzession an die Meinung 1 u Erscheint j^en Wochentag Abends 8 Uhr für den /S andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mark 25 Pf., zweimonatlich 1 M. 56 Pf. u. einmonatl. 7S Pf. Selbstverständlich ist dieser erste Angriff aber nicht nur auf den Anfang des Verfahrens beschränkt, sondern so oft im Laufe eines Verfahrens sich die Nothwendigkeit einer schleunigen Maßregel zeigt, wird das selbständige Eintreten der Polizeibehörde am Platze sein, und nicht allein während des Ermittelungsvcrfahrens, sondern auch im Laufe gerichtlicher Untersuchung. Auch der Amtsrichter, welcher ex oKoio einschreitet, ist durchaus nur auf den Eilfall beschränkt und hat so- Derjcnigen, welche die Beseitigung der Voruntersuchung zu Gunsten des Ermittelungsverfahrens anstreben. Das Ermittclungsvcrfahren soll nicht blos einseitig die Beweise sammeln oder dem Beschuldigten Gelegenheit zu bloßer Kritik der staatsanwaltschaftlichen Erörte rungen geben, sondern neben und trotz der Aufgabe der Staatsanwaltschaft, den Entlastungsbcweisen ihre Auf merksamkeit zu widmen, soll der Angeschuldigte selbst seine Entlastung bewirken und seine Beweise vorführen dürfen; er soll hierdurch die Nothwendiqkcit oder Berechtigung einer gerichtlichen Untersuchung widerlegen können. Es ist hiermit ein Vorstadium des Verfahrens geschaffen, welches eine höchst wichtige und willkommene Bedeutung in Anspruch nimmt, indem es, richtig und maßvoll ge handhabt, eine sich gegenseitig durchdringende und er gänzende Thätigkeit aller im Strafprozeß betheiligten Faktoren, Staatsanwalt, Richter und Vertheidiger, dar stellt, durch welche der Schonung der Ehre des Bezich tigten einerseits, und der Unmittelbarkeit des Haupt verfahrens andererseits, gute Dienste geleistet werden. Ich kann ohne Raumüberschreitung auf die in Majo rität und Minorität gespaltenen Kommisfionsanschauungen, welche der Bericht an feiner Stelle entwickelt hat, nicht näher eingehcn und gebe nur noch das Resultat selbst. In dem Falle nämlich, daß der Staatsanwalt im Laufe des Ermittelungsvcrfahrens die Vernehmung des Beschuldigten bei dem Amtsrichter beantragt, hat der Beschuldigte das Recht, gelegentlich seiner richterlichen Vernehmung Entlastungsanträgc und Beweiserhe bungen anzuregcn, welche der Amtsrichter ganz unab hängig von der Staatsanwaltschaft zu prüfen und vor- zunchmen hat, in Betreff deren so zu sagen eine Sisti- rung der staatsanwaltschaftlichen Einwirkung und Ent schließung hervoraerufen wird. Es sollte gleichsam ein Aequivalent geschaffen werden für tz 160, der dem Staats anwalt das Recht der Inanspruchnahme des Richters gicbt. Die Bedingung zur Vornahme solcher Anträge des Bezichtigten ist: Erheblichkeit der Anträge zur Sache, Besorgniß des Verlustes beim Aufschub für das gerichtliche Verfahren, oder die Aussicht, daß durch Vornahme der beantragten Beweiserhebung die Frei lassung des verhafteten Beschuldigten erfolgen werde. sein Vertheidiger oder sein Sachverständiger sind zu ge richtlichen Verhandlungen im Vorverfahren nur dann zur Theilnahme berechtigt, wenn eine Vernehmung des Beschuldigten vor dem Richter bereits stattgefundcn hat, oder wenn der Beschuldigte in Haft ist. Dagegen kann die Staatsanwaltschaft allen von Polizeibehörden vorgenommcnen Erörterungen und Verhandlungen nach Belleben beiwohnen, eine nothwendige Konsequenz des Um standes, daß ja der Staatsanwalt selbst die Handlung ebenso gut vornehmen dürfte. Der Zeitpunkt des Abschlusses der Vorerörterunaen hängt, wie schon erwähnt, von der Entschließung der Staatsanwaltschaft ab, soweit nicht die Fortdauer der Haft in's Spiel kommt. Diese Entschließung lautet nun entweder auf Einstellung und Beilegung der Sache, oder auf Erhebung der öffentlichen Klage (durch An trag auf gerichtliche Voruntersuchung oder ourch sofortige Einreichung der Anklageschrift). Nach dem schon weiter oben besprochenen Legalitätsprinzip hat die Staatsanwalt schaft zu prüfen, ob die Erörterungen genügenden Ver dacht erhoben, oder nicht. Das Gericht wird mit einer hiernach eingestellten Sache gar nicht befaßt, und selbst der Beschuldigte braucht von einer derartigen Beilegung nur dann Nach richt zu erhalten, wenn er bereits einmal richterlich vernommen oder Haftbefehl gegen ihn erlassen war. Anders gestaltet sich das Verhältniß dem Antrag steller gegenüber im Falle der Ablehnung der Staats anwaltschaft. Es erfordert dies eine gesonderte Be trachtung. l). Benachrichtigung des Antragstellers und Beschwerde recht des Verletzten, im Falle der Ablehnung der Klagerhebung. Die vollständige Neuschöpfung der Strafprozeßordnung enthält, nach dem schon oben am Schlüsse der Unterab- theilung Angedcutcten, eine Durchbrechung des accu- ' satorischcn Prinzips, eine Beeinträchtigung des Anklage- ' Monopols und damit auch eine theilweife Verschiebung oer > Sätze des Legalitätsprinzipes. Bei der hohen Bedeutung i des Gegenstandes, und weil das Gesetz nur nach den ' schwierigsten Debatten in der Kommission und im Reichs ¬ tag, im Kampf gegen die Auffassung der Regierungen, und nach mannigfachen Abänderungen während der Be- rathungen, sowie nach wiederholten redaktionellen Um änderungen, in Folge des „Kompromisses" zu Stande ge kommen ist, glaube ich eine selbständige Besprechung der 88 170—175 der Strafprozeßordnung rechtfertigen zu können. Der Entwurf enthielt lediglich die Bestimmung, daß die Staatsanwaltschaft dem Verletzten, der die Straf verfolgung beantragt, oder Nachricht von dem Ergebnisse des Verfahrens verlangt hat, unter Angabe der Gründe die Ablehnung der Straf verfolgung bekannt machen solle. Gegen diese Ablehnung ward dem Verletzten Beschwerde bei dem vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft cingeräumt; bei der Entscheidung dieses Vorgesetzten sollte cs obsolut bewenden. Die Motive rechtfertigen diese Maßregel durch die Rücksichten der Billigkeit und Zweckmäßigkeit, bemerken auch, daß eine Beschränkung des Beschwerderechts auf den Verletzten (im Gegensatz zu allen anderen dritten Per sonen) wegen der häufig wahrnehmbaren Neigung zum Dcnunziren durchaus geboten scheine, während auch für den Verletzten ein praktisches Bedürfniß noch weiter reichender Rechtsmittel jedenfalls nicht vorhanden sei. Zum richtigen Berständniß der Stellung des Entwurfs zu dieser Frage ist aber sogleich bcizufügcn, daß derselbe in einem besonderen Abschnitt als Korrektiv gegen etwaige einseitige Auffassung der Staatsanwaltschaft das Institut der sogenannten „subsidiairen Privatklage" in ziemlich weitem Umfange einführte und neben der „Prinzi palen Privatklagc" sowie neben dem „Anschluß des Ver letzten als Nebenkläger", behandelte. Die Frage über Aufnahme des 8 164 stand im engsten Zusammenhang mit der ursprünglich vertretenen Ansicht, daß einem verhafteten Beschuldigten unbedingt, dem nichtverhaftcten aber aus besonderen Gründen gestattet werden müsse, eine gerichtliche Voruntersuchung zu ver langen, ein Satz, der in dieser Allgemeinheit nicht, wohl aber, wie wir später sehen werden, im 8 199 der Straf- prozcßordnung in etwas veränderter Gestalt Eingang ge- funden hat. Die Entschließung und weitere Verfügung der Staats anwaltschaft tritt in dem besprochenen Falle des 8 164 erst wieder ein, nachdem der Amtsrichter, der sogar zu Ausführung der Beweisanträge des Beschuldigten andere Amtsrichter reqniriren kann, alle die von ihm für erheblich befundenen Anträge erledigt hat. Nun sollte man meinen, daß die Maßregel Angesichts der Fassung des 8 164 doch nur eine halbe und leicht zu umgehende sei, weil das Recht des Beklagten davon ab hängt, daß seine Vernehmung von der Staatsan waltschaft beim Amtsrichter beantragt sein muß. Allein nach ber Erklärung in den Protokollen der Kommission genießt auch der Beschuldigte, welcher nicht unter den 8 164 fällt, trotzdem dessen Vergünstigungen, indem er auf 8 163 gestützt, den Amtsrichter um Vornahme von Handlungen, bei denen Gefahr im Verzug ist, selbstän dig angehcn kann; in diesem Fall tritt dann der Amtsrichter ox ollieio auf und zwar in dem Umfange des 8 164. Die schon angeregte Frage über die sogenannte be schränkte Parteiöffentlichkeit des Vorverfahrens hat betreffs der gerichtlichen Handlungen im Laufe des Ermittelungsvcrfahrens dahin Beantwortung gefunden, daß die Staatsanwaltschaft in allen den Fällen zur Theilnahme berechtigt ist, in denen sie im Laufe der ge richtlichen Voruntersuchung zugczogen werden muß, d. h. bei Augenscheinnahme und bei Abhörung von Zeugen oder Sachverständigen, welche voraussichtlich' in der Hauptvcr- handlung nicht erscheinen können. Der Beschuldigte und Die neuen Äustygesetze. Das Vorbereitungsverfahren und die Stellung der Staatsanwaltschaft. Einer gewissen richterlichen Kontrole ist allerdings bei denjenigen Anträgen, welche im Ermittelungsverfahren an den Amtsrichter gestellt werden, die Staatsanwaltschaft unterworfen worden, jedoch nur insoweit, als der Richter verfassungsmäßig überhaupt die formelle und ma terielle Zulässigkeit eines an ihn gelangenden Antrags zu prüfen hat; die Prüfung der Zweckmäßigkeit eines Antrags ist in diesem Falle absolut ausgeschlossen; der Richler muß auch das nach seiner Uebcrzeugung Ucbcr- flüssigc und Unerhebliche thun, wenn cs an sich zulässig erscheint. Eine Ablehnung wird also beispielweisc er folgen können, wenn eine beantragte Zwangs maßregel oder eine Vereidung im gegebenen Falle nicht gesetzlich gerechtfertigt sein würde. Eine Polizei- und Sicherheits- bchörde dagen kann niemals in die Lage kommen, einen Antrag oder einen Befehl der Staatsanwaltschaft abzu lehnen. Soweit den Polizeibehörden und Beamten ox ollieio zu handeln nachgelassen, ist unserer bisherigen Praxis gegenüber eine wesentliche Beschränkung eingetretcn. Das selbständige Recht der Polizeibehörden umfaßt nur noch den sogenannten „ersten Angriff", offenbare Eil fälle und schleunig gebotene Maßregeln zu Verhütung der Vernichtung oder Verdunkelung des Sachstandes. „Po lizeiliche Vorerörterungen" in dem Sinne und in dem Umfange, wie sie nicht selten von den Polizeibehörden namentlich größerer Städte geführt worden sind, erscheinen mit dem Eintritt der deutschen Strafprozeßordnung un zulässig. Die Polizeibehörde hat vielmehr sofort nach Besorguug des Unaufschicblichen die Sache zur Entschließung an dre Staatsanwaltschaft abzuliefern, oder sic kann, wenn die unaufschiebliche Handlung als eine rich terliche sich darstellen sollte, sofort dem Amtsrichter deren Vornahme überlassen. 31. Jahrgang. , II Inserate werden bis Vormittags 11 Uhr angensm. a Freitag, den 2K. Sc-temier. j j 1879.