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«rscheint jtdtn Wochentag Abend» 6 Uhr für den andern Tag. Preis vierteljähr- lich2 Mart 25 Ps., »weimonatl. 1 Mt. ov Pf. und ein- monatl. 75 Pf. Die Redaktion be endet sich Rinnen- gafse ll Et. KreibcWrAnMM und Tageblatt. Inserate werden bi» Bor« mtttag» II Uhr für nächste Rr. ange nommen u. die ge spaltene geile »der deren Ranen mit 1 v Ps. berechnet. Inserate sind stet» an die «Spedition, Frotscher'sche Buch handlung, zu senden. Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg und Brand. 280.Donnerstag, den 2. Dezember.1875. Tagesschau. Freiberg, den 1. Dezember. Einer uns aus dem Reichstage zugehenden Mittheilung zufolge hält das Präsidium zur Zeit noch an der Ansicht fest, daß die Session vor Weihnachten d. h. also in etwa drei Wochen geschloffen werden kann. Es steht dahin, ob dies selbst dann möglich ist, wenn das jetzt vorliegende Material keine Erweiterung mehr erfährt. Es werden aber, wie man hört, im Vundesrathe noch mehrfach neue Entwürfe vorbereitet, so daß es kaum zu umgehen sein dürfte, eine Frühjahrs-Session stattfinden zu lassen, die dann vielleicht mehrere Monate in Anspruch nehmen und möglicherweise auch zur Erledigung der Justizgesetze führen würde. Tie österreichische Cchutzzollbcwegung hat die ungarische Regierung zu einem „ich thu' nicht mit" veran laßt, denn anders, als eine Pression auf die westliche Reichs- Hälfte, ist die am Sonntag erfolgte Kündigung des Zoll- und Handelsbündniffes nicht aufzufaffen. (Vergleiche Oesterreich-Ungarn.) Für den Augenblick tritt allerdings keine Veränderung der handelspolitischen Beziehungen beider Reichshälften ein, indem die Unterhandlungen wegen Er neuerung des Bündnisses sofort beginnen werden. Eigent lich schweben dieselben schon seit dem Monate Juni, nur ist ihnen durch die jetzt erfolgte Kündigung ein bestimmter Abschluß-Termin gegeben, bis zu welchem das Bündniß erneuert sein muß, widrigenfalls die Einheit des öster reichisch-ungarischen Zollgebietes als ausgegeben zu betrachten > wäre. Dieser Termin wird mit Dezember 1876 ablausen,! und es ist klar, daß, den immerhin möglichen Fall der Nichteinigung angenommen, von Ende 1876 an in handels politischer Hinsicht dem Auslande gegenüber ein „Oesterreich- Ungarn," wie es bisher als Vertrags-Kompaziszent bestan den hatte, weiter gar nicht bestehen würde, sondern ein Oesterreich für sich und ein Ungarn für sich. Tas sich die englische Presse mit dem Suezkanal- Aktien-Gefchäst vollständig! einverstanden zeigt, ist schon durch den Telegraphen genieldet worden. Nur der „Economift" mahnt zu einstweiliger Aufschiebung eines ab schließenden Urtheils und verlangt eine sofortige Einberufung des Parlaments, damit dieses sich über die Kaufange legenheit, welche seiner Genehmigung bedarf, ausspreche. Der „Cpectator" erklärt, die Negierung habe mit einem Schlage alle bisherigen Fehler gutgemacht. Die „Saturday Neview" spendet dem Geschäft gleichfalls Lob. Die „Money- market Neview" glaubt, England habe zugleich von dem Khedive die Anwartschaft auf den Gesammtbesitz nach Ab lauf der kontraktmäßigen neunzigjährigen Frist erlangt. Eine mißliebige Aufnahme der Maßregel von Seiten des Auslandes glaubt mau in England nicht erwarten zu dürfen. Die orientalische Frage hat plötzlich durch den Handel mit den Suez-Kanal-Aktien eine etwas veränderte Physiognomie erhalten und es dürfte folgende Skizze über den geschichtlichen Verlauf des großartigen Unternehmens nicht ohne Interesse sein. Die erste Anregung zu einer Verbindung des Mittelmeers mit dem rothen gab der französische Ingenieur Lepsre, welcher die egyptische Expedition unter dem General Bonaparte mitmachte; allein die An nahme, daß der Spiegel des rothen Meeres uni 30' höher liege als der des mittelländischen, ließ das Unternehmen als ein unausführbares erscheinen. Sodann stellte der englische Kapitän Vetch den Plan zur Durchstechung des Festlandes in einer Länge von 74 englischen Meilen auf; doch waren seine Bemühungen ohne Erfolg. Inzwischen wurde 1837 die Ueberlandpost nach Indien eröffnet, während man unablässig an der Verkürzung der Route durch möglichste Vervollkommnung der Beförderungsmittel arbeitete. Es wurden zunächst eigene flachgehende Fahr zeuge konstrnirt, um, so viel es anging, den Weg von Kairo nach Suez rasch zurückzulegen; endlich wurde ein Schienenstraug zwischen den beiden Punkten von Robert Stephensohn in Aussicht genommen und 1858 dem Verkehr übergeben. Allein die vorgenannten Pläne des Kapitän Vetch waren insofern nicht ohne jede Nachwirkung geblieben, als sich im Jahre 1847 die Regierungen von Frankreich, England und Oesterreich zu einer gemeinsamen Ausrüstung einer wissenschaftlichen Kommission entschlossen, um die Lepbrescheu Angaben einer erneuten Prüfung zu unter- 1 werfen. Durch sehr sorgfältig ausgeführte Messungen! wurde die Grundlosigkeit derselben bis zur Evidenz fest gestellt. Somit war denn auch eine Hauptschwierigkeit, welche der Ausführung eines Verbindungskanals ent gegenstand, beseitigt. Wirklich entwarf auch das fran zösische Mitglied jener Kommission Herr Talabot, ein vollständiges Projekt; doch sah er seine Bemühungen von keinem Erfolg gekrönt. Erst Ferdinard von Leffeps, dem Sohne des bekannten französischen Diplomaten, gelang es mit Hilfe seiner einflußreichen Beziehungen, den Kaiser Napoleon für seinen Plan, den Isthmus von Suez zu durchstechen, lebhaft zu interessiren. Eine Reihe von politischen Momenten wirkten mit, und nicht als letztes die hartnäckige Gegnerschaft Lord Palmerstons, nm die Aus führung des Planes zu beschleunigen. So gründete denn Leffeps im Jahre 1856 die „Ooi»>,»^ino U» 6» <miml »meitimv llv 8uer," welche auf 90 Jahre konzessionirt wurde. Wie bekannt wurde das grandiöse Werk im Jahre 1869 zu Ende geführt und im Dezember unter großem Pompe und der Anwesenheit vieler europäischer Fürsten und Fürstinnen, so der Kaiserin Eugenie und des preußischen Kronprinzen eröffnet. Der Kanal ist 99 englische Meilen lang und hat eine fast durchgehends gleichmäßige Breite; dieselbe beträgt au der Oberfläche 327 Fuß und verjüngt sich gegen den Boden zu auf 72 Fuß, die Tiefe beträgt 26 Fuß. Am Mittelmeer-Anfang legte Leffeps die Stadt Port Said mit geräumigem Hafen an, an dem Nordufer des Timsah-Sees die Stadt Jemailieh. Die Gesammt- kosten beliefen sich auf 19,000,000 Pfd. St., wovon 13 Millionen durch die Ausgabe von 400,000 Aktien aufge bracht wurden. Im Jahre 1872 passirten den Kanal 1080 Schiffe mit 1,439,000 Tons. 1873 1173 Schiffe mit 2,085,OM und 1874 1264 Schiffe mit 2,424,OM Tons. Die englischen Fahreuge stellen hierzu insgesammt 70 pCt. Die Ein nahmen betrugen 1873:991 ,MOPfd. St., die Ausgbn. 225,OM Pfd. St.; im nächsten Jahre beliefen sich die Einnahmen auf 1,056,OM Pfd. St., die Ausgaben auf 248,OM Pfd. St. Der Ueberschnß wird mit 15 pCt. an die egyptische Re gierung, mit 70 pCt. an die Kompagnie; mit 14 pCt. an die Gründer der Gesellschaft vertheilt; 1 pCt. wird zur Amortisirung verwandt. Die Durchgangsgebühr ist mit 10 Franks pro Ton festgesetzt. Deutsches Reich. Die Wirkungen des Sp'.rrgesetzes in Preußen treten, trotz aller Ableugnungs- und Vertuschungsversuche, immer deutlicher an's Licht. Nach 8 6 des Gesetzes kann die Regierung bekanntlich die eingestellten Leistungen einzelnen Empfangsberechtigten gegenüber wieder aufnehmen, wenn die Letzteren durch Handlungen die Absicht an den Tag legen, die Gesetze des Staates zu befolgen. Anfangs war die ultramontane Presse so voller Zuversicht, daß sie frisch weg behauptete, es werde sich gar kein Geistlicher finden, der eine solche Fortleistung der Staatsmittel annähme und sich dadurch iu den Verdacht der Staatsfreundlichkeit brächte. Heute hat diese selbe Presse bereits die größte Mühe, um durch die unwürdigste» Wortklaubereien darzuthun, daß gewisse Erklärungen von Geistlichen, auf Grund deren die Gehaltszahlungen an die Letzteren wieder ausgenommen worden, nicht die vom Gesetze verlangten Erklärungen seien, also auch nicht das Versprechen des Gehorsams gegen die StaatSgesetze involvirten. So sehr ist man von dem er habenen Piedestal herabgestiegen. Vor kaum einem halben Jahr bedrohte man Jeden mit dem Bann, der sich auf Grund des angeführten Paragraphen das „lumpige Staats- qehalt' zuwenden ließe, und heute reklamirt man bereits solche Geistliche als Gesinnungsgenossen, welche notorisch die Staatsbehörde um Fortgewährung des Gehaltes ersucht haben, indem man kein Bedenken trägt, diese Herren der Regierung ein Schnippchen schlagen zu lassen. Feuilleton. Geheimuitzvoll. Rach dem amerikanischen Oii.flnale ter Mr». May AyneS Fleming frei bearbeitet von Lina Freisrau von Berlepsch. (Fortsetzung.) Sie trat in den Salon, Sir Arthur saß neben der Gouvernante, Squire Talbot war zu Besuch gekommen und unterhielt sich mit Rosa O'Donnell. Carola setzte sich ans Piano, der Graf schritt kaltblütig zu dem Paar am Fenster. „Wie fleißig Sie arbeiten, Miß Herncastle, Sie beschä men uns wirklich. Nimmt Sir Arthur Stickunterricht und ist er ein gelehriger Schüler?" Sir Arthur erröthete vor Aerger. Er fühlte, daß er Lady Carola theilweise verbunden war, sie muhte wissen, was ihn hierher gebracht, was ihm bei Miß Herncastle's Eintritt auf den Lippen geschwebt, und doch zog letztere ihn an, wie noch nie ein Weib, und um der Einen Treue zu bewahren, mußte er mit der Anderen brechen. Das wurde ihm mit einem Male klar. Miß Herncastle lächelte unbefangen und holte eine Rolle Faden aus ihrem Arbeitskörbchen; war es Zufall oder Absicht, das Körbchen fiel um und sein Inhalt lag zu des Grafen Füßen. Unter den Faden, Spitzen und verschiedenen ArbeitS-Utensilien lag ein altes Elfenbein- Portrait. Der Graf griff danach und betrachtete es in stummem Erstaunen. Er blickte Miß Herncastle voll ins Gesicht, sie streckte lächelnd die Hand aus. „Hoffentlich ist dem Bilde nichts geschehen, Mylord, es würde mir sehr leid thun." „Meine Frage ist zudringlich, Miß Herncastle, aber ich muß Sie doch bitten, sie zu erlauben. Wie kamen Sie zu dem Bild?" „Zu dem Bild? O, da hängt eine Geschichte daran. Biffen Sie, wer eS ist?" „Wissen Sie's?" „Nein, aber es würde mich interessiren. Das Bild ge langte zufällig in meine Hand, und ich suche seit sechs Jahren dessen Besitzerin. Sie hieß Mrs. Vavasor. „Mrs. Vavasor? Ich kenne mehrere Damen dieses Namens, keine aber scheint mir dieses Bild besessen zu haben." „Also kennen Sie das Original?" „Natürlich, es ist ein Bild des Major Ernst Cardonell, des einzigen Bruders meiner seligen Frau. Darf ich nun wiederholt fragen, wcr Mrs. Vavasor war und wie Sie zu dem Bilde kam?" „Das sind zwei Fragen, die ich leider nicht beantworten kann", entgegnete die Gouvernante ruhig, „ich gab vor sechs Jahren Musikunterricht im Hause einer Mrs. Jones, und dort traf ich Mrs. Vavasor. Wir wurden befreundet, und eines Tages als ich das Haus verließ, gab sie mir dieses Bild und bat mich, da der Fassung ein Stein ent fallen, es zum Juwelier zu tragen. Sie selbst leide an Kopfweh und dürfe nicht ausgehen, wolle mir aber das Bild zur gefälligen Restauration anvertrauen. Ich nahm es und besuchte die Familie vier Tage nicht mehr. Als ich wiederkam, war Mrs. Vavasor fori. Eine unangenehme Szene war vorgefallen und sie war nach Frankreich abge reist. Ich behielt das Bild, bis sie es verlangen würde, und so blieb es in meiner Hand. Des Mannes Namen habe ich nie gehört." Sie arbeitete ruhig weiter, der Graf beobachtete sie schweigend. Die Geschichte lautete annehmbar und doch glaubte er sie nicht. „Wie sah Mrs. Vavasor aus?" fragte er nach längerer Paus«. „Sie war eine kleine brünette Französin mit dunkeln Augen und beständigem Lächeln. Man nannte sie hübsch. Ihr Vorname war Harriet." .Harriet? O, ich begreife, es war Harriet Lelacheur, »!>«» Mrs. Harman. Ich glaubte sie seit Jahren todt." Er ging. Sir Arthur betrachtete das Bild. „Kannten Sie den Major Cardonell?" „Nein, aber die Geschichte hab' ich oft gehört. Ein sehr schönes Gesicht, viel schöner als die verstorbene Gräfin ' Nuisland, und doch sehr ähnlich." „Kannten Sie die Gräfin?" „Gewiß nicht, sie starb, ehe ihre Tochter eine Woche zählte, aber ich sah ihr Bild oft." „Sieht Lady Carola ihrer Mutter ähnlich?" „Nicht im Geringsten, weder ihr, noch dem Vater, noch irgend Jemand in den Familien Clive und Cardonell. Finden Lie es seltsam, wenn ich Ihnen sage, daß Sie gelegentlich auffallend der Gräfin Nuisland gleichen?" „Unmöglich, Sir Arthur." „Der Graf Nuisland sah die Aehnlichkeit an dem Tage, wo er Sie zuerst traf und Lady Carola spricht oft davon, daß Sie ihr eigenthümlich bekannt feien. Ich sagte ihr nicht, daß Sie ihrer Mutter gleichen, aber ich weiß es." Ihre Selbstbeherrschung war wunderbar, aber die Spitzenarbeit entfiel doch ihrer Hand und sie wandte das Gesicht ab. Einen Moment vermochte sie nicht zu sprechen. „Wieder eine unerklärliche Aehnlichkeit," bemerkte sie nach einer Pause lächelnd, „und ich beginne mich für «ine abnorme Persönlichkeit zu halten. Der arme Sir Peter erschrickt ob meiner wirklichen oder eingebildeten Aebnlich- keit mit seiner todten Cousine, und der Graf über die mit seiner seligen Frau. Weiß Gott, für wen man mich zu nächst halten wird?" „Ihre Aehnlichkeit mit Isabella Dangerfield muß aller dings auffallend sein, denn Mr. Talbot sah sie sofort, jene mit der Gräfin Nuisland tritt nur dann und wann hervor." . „Und der schöne junge Offizier ist der Gräfin Bruder? Wie oft wünschte ich zu wissen, wie die Verhältnisse eigent lich lagen?" ES knüpfen sich nicht leicht definirbare Gründe an MrS. Vavasor, und ich möchte sehr gerne ihre Vergangenheit