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Erscheint jeden Wochentag Abends V Uhr jür den andern Tag. Preis vierteljähr lich 2 Marl 25 Ps., »weinionatl. l Ml. Sv Ps. und cin- mvnatl. 7!> Ps. Die Redaktion bc- sindet sich Rinnen gasse V6x. II Et. und Tageblatt. Inserate werden bis Bor mittags 11 Uhr sür nächste Nr. ange nommen u. die ge spaltene Zellt oder deren Raum mit IS Pf. berechnet. Inserate sind stet» an die Expedition, Frotscher'schc Buch- Handlung, zu senden. ' Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg und Branh. 1875. Mensing, den 26. Oktober. H 249 Abonnements - Einladung. Kür die Monate November und Dezember eröffnen wir ein neues Zwei - Monats - Abonnement aus den „Freiberger Anzeiger" znm Preise von 1 Marl 50 Pf. Bestellangen nehmen auswärts siimmtliche Postanftalteu und in Freiberg die unter zeichnete Expedition entgegen. vis kxpsMon 6k8 „ffvibei'gki'Hnrkigkl'." (Frotscher'sche Buchhandlung, Srbischestr. 609.) Tagesschau. Freiberg, den 25. Oktober. Am Sonnabend Nachmittag 1'/^ Uhr verließ Kaiser- Wilhelm Mailand und trifft heute Nachmittag 2^/, Uhr in Berlin ein. Die ursprüngliche Reisedisposition wurde dahin abgeändert, daß der Kaiser nicht über Eger, sondern über Hof und Leipzig direkt nach Berlin reiste. Bei der Abfahrt von Mailand gaben der König Viktor Emanuel, die Prinzen des königlichen Hauses und deren Gefolge, die Präsidenten des Senats und der Deputirten- kammer, sowie die Spitzen der Behörden dem Kaiser bis zum Bahnhof das Geleite. In den dahin führenden wie bei der Ankunft festlich geschmückten Straßen waren die Truppen aufgestellt und erwiesen dem Kaiser die Honneurs. Die Kopf an Kopf gedrängte Volksmenge begrüßte den Kaiser mit enthusiastischen Zurufen. General Cialdini und der deutsche Gesandte v. Keudell begleiteten den Kaiser bis zur Grenze Auch bei der Rückreise wurden demselben auf allen Stationen, die er berührte, Ovationen dargebracht. Wir verzichten auf die spezielle Wiedergabe derselben, um der Beschreibung einer Mailänder Festlichkeit im Nach stehenden Raum zu gewähren. Die Galavorstellung im Skalatheater wird von dem Spezialkorrespondenten der „Post" folgender maßen geschildert: Das Publikum schenkte der Oper nicht die geringste Aufmerksamkeit. Die glänzenden Schauspiele, die sich in der Loge boten, nahmen das ganze Interesse der Anwesenden in Anspruch. Das Teatro della Skala ist bekanntlich nach dem Teatro San Karlo zu Neapel das größte in Italien. Es besitzt neben einem eminent ge räumigen Parquet fünf Ränge übereinander und ist für 3600 Zuschauer berechnet. Am Abend des 19. Oktober war diese Zahl nicht reipektirt worden. Es mochten mehr als 1000 Personen anwesend sein. Der ganze Mailänder Adel war vollzählig vertreten. Die Mailänder Nobili sind nicht, wie bei uns zu Lande Abonnenten, sondern die Eigenthümer der Logen, die sich von Geschlecht zu Geschlecht forterben. Ein kundiger Mailänder wies mich in dem Chaos von Brillanten und Seidenroben zurecht. Die Herzogin Litta, die Gräfin.Taverna, die Gräfinnen Martini und Dal Verno, die Marches« Trotti, die Gräfin Papadopoli, die Gräfin d'Adda — das sind so einzelne Blüthen aus dem reichen, von Schönheit strahlenden Kranze, welchen die Logen des ersten Ranges bildeten. Um 9 Uhr 10 Min. drang ein dumpfes Brausen von draußen her in das Theater. Ein freudiges Gemurmel durchlief den Zuscharler raum, die Equipagen waren aa der Thüre des Theaters angelangt und von der Menge mit Hurrah begrüßt worden. Jetzt stieg die Aufregung bis aufs Höchste, zehn qualvolle Minuten verrannen — da endlich ein donnerähnliches Hochrufen, daß das Theater in seinen Mauern zu erbeben schien, ein Händeklatschen von tausend und aber tausend Händen — jeder in seiner Sprache: Hoch, Hurrah und Evviva! Die Klänge der preußischen Nationalhymne, welche das achtzig Mann starke Orchester ausführt, vermögen den Tumult nicht zu durchdringen. Der Kaiser verneigt sich dreimal nach allen Seiten; aber die Festversammlung bricht unaufhörlich in brausende Hochs aus. Immer von Neuem verbeugt sich der Kaiser. Da erscheint der König Victor Emanuel an der Linken seines erlauchten Gastes. Uwiv» il Ilo! bricht der Sturm von Neuem los, und kwivä I» als die Prinzessin Margherita an der Rechten des Kaisers erschien. Volle zehn Minuten donnerte der unerhörte Beifallssturm, welcher den deutschen Kaiser im Theater begrüßte. Erst als die Hymne vollendet war, legte sich einigermaßen der Sturm. Nunmehr nahmen die Allerhöchsten Herrschaften Platz. Zur Rechten des Kaisers saß die Prinzessin, zu seiner Linken der König und die Herzogin von Genua, die Mutter der Kronprinzessin. Letztere trug eine Krone, welche buchstäblich mit Brillanten übersäet war, auf dem Haupte, und, so weit ich sehen konnte, ein weißes mit farbigen Blumenbouquets garnirtes Atlaskleid. In zweiter Reihe ' nahmen die Prinzen und Graf Moltke Platz. Letzterer war leider dem Publikum nicht sichtbar, welches sehnlichst den großen Mann erwartete. In den Proszeniumslogen, in den Logen zu beiden Seiten der Königsloge und in den Parquetlogen nahm das kaiser liche und königliche Gefolge Platz. In der zweiten Loge ersten Ranges auf der linken Seite des Kaisers saßen die Flügeladjutanten, in der fünften Parquetloge rechts Graf Herbert v. Bismarck. Nun hob sich der Vorhang. Auf der Bühne stand das gesammte Chorpersonal der Oper, die Herren in schwarzem Frack, die Damen in weißen Kleidern; nur eine Solistin, welche vorn in der Mitte stand, war in rosa Seide gekleidet. Chor und Orchester intonirten die Bornssiahymne von Spontini, der ein neuer auf den Kaiser bezüglicher Text untergelegt worden war. Er lautet: Wer ist der Große? — In, Adlerflug Und Löwenherz — Auf unserm Boden! Ein edler Ruf — Führt ihn zu uns: Es ist dein Fürst, Borussia! Feuilleton. Geheimnitzvoll. Nach dem amerikanischen Originale der MrS. May Agnes Fleming frei bearbeitet von Lina Freifrau von Berlepsch. (Fortsetzung.) 12. Kapitel. Das Geheimniß. Wo war der Bräutigam? Als Gaston Dantree am verflossenen Abend gen Morecambe ritt, fühlte er sich unsagbar befriedigt. Der kommende Tag sollte ihm ein neues glänzendes Dasein sichern, und im Kranze seiner Freude befand sich nur ein Dorn — Marie. „Wenn sie morgen käme und die Trauung untersagte, oder wenn sie später erschiene und die Verhältnisse blos legte! Bigamie ist ein häßliches Wort." Der Schatten der Rache verfolgte ihn bis in's Land der Träume. Seine Visionen in der Nacht vor der Hochzeit waren düster und ominös. Er sah das gefürchtete Weib drohend, >sah es bleich, verzweifelnd im tiefsten Weh und erwachte mit einem Fluch auf den Lippen. Ueberall verfolgte ihn Marie de Lansac's Bild. Mit dem neuen Tage kam Regen und Sturm. Klagend heulte der Wind durch die Korridore und sing sich ächzend w den Kaminen. Im Allgemeinen gleichgültig gegen die 'Einflüsse der Witterung, fühlte sich Dantree an diesem Tage doch davon unangenehm berührt, er fluchte dem Wetter, suchte den Erinnerungen, die ihn verfolgten, fluchte sich selbst und der abergläubischen Furcht, die unwillkürlich sich lan chn klammerte. Wie endlos die Stunden vergingen! Gaston Dantree fühlte, das sich etwas ereignen würde und irrte wie ein un seliger Geist in den Hallen und Gängen umher. Gab es Ahnungen? war es ein schuldbelastetes Ge- wissen? Aber noch nie im Leben hatten ihn Ahnungen gequält, nie war er sich klar geworden, daß er ein Gewißen habe. Mr. Talbot betrachtete seinen Gast vom Fenster aus. Bräutigame sind unruhig an solch' wichtigem Tage, aber sie sind es nicht in solcher Weise. „Der Mensch hat etwas auf dem Gewißen," sagte sich Wilhelm Talbot, „er sieht aus, als ob er sich fürchte. O, daß ich ihn nicht hierher gebracht hätte! Wer weiß, ob er nicht schon eine Frau in New-Orleans hat?" Nachmittags warf sich Dantree auf's Bett und schlief mehrere Stunden unter dem Einflüße geistiger Getränke. Es war bereits Nacht geworden, als der Bediente ihn weckte. Halb sieben Uhr und Zeit, sich anzukleiden. Eine Stunde später erschien er im hochzeitlichen Ge wände im Speisesaale. Weder er noch Mr. Talbot sprachen während des Mahles, Beide fühlten sich nervös aufgeregt. Nach demselben begab sich der Bräutigam wieder in sein Zimmer. Acht Uhr, und um drei Viertel auf zehn war es früh genug, in Scarswood einzutreffen. „Ich wollt', es wäre überstanden," rief er laut, „das möcht' ich um alle Erbinnen Großbrittaniens nicht mehr durchmachen." »Ja, ja, 's ist eine peinliche Geschichte," entgegnete eine Stimme an der Thüre, „wer weiß, was in zwei Stunden sich ereignen mag?" Fluchend wandte sich Gaston Dantree um, auf der Schwelle stand Peter Dangerfield. „Wo zum Teufel kommen Sie her?" zürnte Dantree. „Durch Wind und Sturm direct von Castleford, um in Warum applaudirend — Schlagen die Herzen? Des Volkes Blick — Belebt neuer Lichtstrahl? Warum lächelt Lie Liebe — In Aller Antlitz? Dein ist der Ruhm, Borussia! Solch Frohlocken — Zn Dir sich erhebend Hat Bundeskraft! — Es ist der Bund der Treu'! Er ist vom Volk gesandt — gesandt vom Herrscher: Brüder sind wir: Borussia! Als sich der Vorhang nach der Hymne gesenkt hatte, brach der Jubelruf von Neuem aus. Noch einmal erhoben sich die Majestäten und verbeugten sich dreimal nach allen Seiten. Der Kaiser war sichtlich von dieser großartigen Ovation gerührt, die die Erwartung Aller bei weitem über troffen hat. — Die drei Akte des Ballets Manon Lescaut von Casali wurden ohne Unterbrechung aufgesührt. Darauf folgte nach kurzer Pause der zweite Akt des Maskenballs, der um 11 Uhr 20 Minuten zu Ende war. Damit war das Zeichen zum Aufbruch gegeben. Der Kaiser erhob sich, das Orchester intonirte die preußische Nationalhymne, und dieselbe großartige Ovation wiederholte sich. Mit einer tieftü Verbeugung schied der Kaiser, der König folgte ihm, während die Musik in die italienische Hymne überging und das Publikum ihn und die anderen Mitglieder des könig- ' Uchen Hauses mit stürmischen Evvivarufen begleitete. Fünf Minuten später verkündete das Hurrahrufen der gewaltigen Menge, welche draußen vor dem Theater versammelt war, die Abfahrten der Majestäten. Damit war das glänzende, unvergleichliche Schauspiel zu Ende. Die Frage der Matrikularbeiträge ist durch das Vorgehen der sachsen-weimarischen Regierung im Bundesrathe zu einer brennenden geworden und wird im bevorstehenden Reichstage bei Gelegenheit der Verhandlung über die neuen Steuerentwürfe zweifellos die Grundlage der gesammten Diskussion bilden. Um den Beweis, daß die Matrikularbeiträge sobald als möglich einer gesünderen Besteuerungsart Platz zu machen, nicht schuldig zu bleiben, seien hier einige Fakta erwähnt, wie sie sich aus den pro 1872 aufgestellten Budgets der Eiuzelstaaten, in denen wesentliche Veränderungen bisher nicht eingetreten sind, ergeben. Die sieben deutschen Fürstenthümer, nämlich die beiden Lippe, die beiden Reuß, die beiden Schwarzburg und Waldeck, bei 102,^ Qu.-M. Flächeninhalt und 476,250 Bewohnern mit einer verhältnißmäßig dichten Bevölkerung, weisen in ihren Einzeletats die überraschendsten Verschieden heiten auf. Die weitgreifendsten Unterschiede in den wirth- schaftlichen Verhältnissen zeigen sich bei Reuß jüngerer Linie gegenüber Lippe-Detmold, welches erstere den begrenztesten Etat in Deutschland hat, mit 2f Thlr. Steuer pr. Kopf der Bevölkerung, während das letztere mehr als 20 Thlr. für das gleiche Verhältniß aufzubringen für gut findet, Gesetzmäßig zu Stande gekommene politische Budgets bilden n allen Verfaßungsstaaten die, wenn auch nicht abstrakt, so doch relativ zuverlässigste Richtschnur für die ökonomische wichtiger Angelegenheit mit Ihnen zu sprechen. Sie haben noch anderthalb Stunden Zeit, und das genügt." „Genügt zu was? Ich verstehe Sie nicht." „Es sind bezüglich Sir Robert und der jungen Dame, die Ihnen heute angetraut werden soll, Verhältnisse zu Tage gekommen, die mich, als Ihren Freund, veranlassen, Sie nicht an den Altar treten zu lassen, bevor Sie Kenntniß davon genommen. Folgen Sie mir, und ich führe Sie zu einer Person, welche Ihnen die betreffenden Mittheilungen machen wird." Gaston Dantree erbleichte. Die Ahnung hatte also nicht getäuscht, der goldne Preis sollte in letzter Stunde ihm entrißen werden. „Wollen Sie gefälligst deutlicher sprechen, Mr. Danger field," sprach er, sich mühsam beherrschend, „warum soll ich Sie nach Castleford begleiten? Wen soll ich dort treffen?" „Das kann ich Ihnen nicht näher erklären, ich habe Sie nur zu bitten, mich zu begleiten, und gelobe Ihnen, daß Sie um zehn Uhr in Scarswood sein sollen." Einen Augenblick stand Dantree unentschloßen, dann griff er nach seinem Hut. „Gut ich folge Ihnen." Die beiden Herren eilten die Treppen hinab und sprangen in den wartenden Wagen. Bald flimmerten die Lichter von Castleford ihnen ent gegen, und wenige Minuten später hielt der Wagen vor einem Gasthause. „Folgen Sie mir, Dantree," gebot Peter Dangerfield, eilte die Treppe hinauf und pochte an einer Thüre. Sie öffnete sich sofort, und in prachtvoller Toilette er schien Mrs. Bavasor ans der Schwelle. „Sie erwarteten wohl kaum, mich zu sehen, und doch kam ich eigens über den Kanal, um bei Jsabella's Trauung