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MmbcrMMMW ' und Tageblatt. zugefallen zu sein, die soziale Frage, wenn auch nicht zu ine Umwandlung aller Verhältnisse erfolgt, von welcher Wir heben diesen Umstand hervor, um vor Allgen zu ühren, daß sich das frühere Verhältniß zwischen Meistern und Gesellen fast überall gelöst hat und daß es sich noth- wendig mit der Ausbildung des industriellen Charakters der Arbeit bis zu dem Punkte' lösen mitßte, tvo Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich gegenüberstehen, Jeder frei, dein Anderen seine Bedingungen zu stellen. Der Begriff, für einen bestimmten Lohn arbeiten zu müssen, wenn man dafür nicht will, hat anfgehört und mußte aufhören, sollte die soziale Frage nicht als eine unvermeidliche Krankheit des Gesellschaftskörpers gewaltsam in denselben zurückgetrieben Wie man nun heute den Arbeiter nicht zwingen kann, die Arbeit für einen bestimmten Lohn zu leisten, so soll er aber auch die Freiheit des persönlichen Willens bei Anderen achten. Es ist daher strafwürdig, wenn zum Bei spiel strikende Arbeiter ihre Kameraden, welche mit ihrem Arbeitgeber zufrieden sein wollen, gewaltsam von der Arbeit vertreiben. Hier tritt dann die nackte Brutalität auf, welche nicht geduldet werden darf. Erscheinungen solcher Art sind nur auf einen Mangel von Rechtsbewußtsein zurückzuführen. Die Erfahrung wird auch hier Lehrmeisterin, werden und nach und nach den Arbeiter der Erkenntniß zuführen, daß, will er sein Recht als freier Mann brauchen, er auch die selbe Achtung vor dem Rechte des Anderen bezeigen muß. soziale Frage zu lösen. Ganz ähnliche Erscheinungen traten im Mittelalter auf. In den aufblühenden deutschen Städten ward der Bürger stand von dem mächtigen Adel und der Geistlichkeit unter- . drückt. Wenige Familien beherrschten und regierten die damals ihres Einflusses noch nicht bewußten Bürger, die zwar mit ihrem Blute für die Vertheidigung der Stadt mauern, mit ihrem Säckel für die Kommunallasten einstehen sollten, denen man aber jede weitere Betheiligung an der inneren Verwaltung und Gesetzgebung verweigerte. In der Erkenntniß, daß Einigkeit stark macht, verbanden sich die l Handwerker zu Innungen nnd es gelang ihnen nach und nach, sowohl ihre wirthschaftliche wie politische Lage zu ver- I bessern. Kaum aber waren die Städte etwas zur Ruhe gekommen, so erhob sich zu Luthers Zeit in den Bauernkriegen das platte Laud gegen die Unterdrückungen der Gutsherr- I schäften. Obgleich in den meisten Fällen besiegt, bröckelte doch im Laufe der Zeit ein Stück der alten Feudalherrschaft nach dem anderen ab. Wie lange aber zu solchen Reformen Zeit gebraucht wird, ersieht man daraus, daß in Deutschland erst in unserem Jahrhundert mit den Frohnden und Zehnten, mit dem Jagd- und Waldrecht rc. die auffälligsten Rechte des Feudalismus beseitigt wurden. Aus alledem geht hervor, daß der Sozialismus nichts Neues ist. Er hat seit Anfang der Welt bestanden und er wird bestehen, so lange überhaupt Menschen mit un gleich vertheilten Vermögensverhältnissen neben einander leben. Jedoch scheint unserm Jahrhundert die»Ausgabe keine Macht im Stande ist, die Arbeiterklasse fern zu halten. Es genügt heute nicht mehr, daß ein Geselle wie früher sein Handwerk gelernt hat, er muß auch die besondere tückweise Anwendung derselben auf die meisten Arbeiten verstehen. Die Maschinen arbeiten ihm vor oder stellen zusammen. Die gänzlich veränderten^ Verhältnisse des Marktes haben die Zünfte und ihren Ehrbegriff beseitigt; sie haben alle Arbeit zu einem freien Vertrag gemacht, den man eingeht, mit wem man will. „Wie befindet sich Fräulein Wally?" Mit dieser Frage empfing Nordheim den nach geraumer Zeit ihm in einem anderen Gemache entgegentretenden Gutsherrn, welcher verstört genug aussah. „Ich danke, Herr Nordheim," entgegnete Werdenberg traurig. „Die Ohnmacht ist glücklich besiegt, obschon das Mühe genug kostete. Was weiter daraus werden wird, das müssen wir abwarten. Ein reitender Bote nach dem Arzte ist bereits abgefertigt." „Und ich trage die Schuld an diesem Unglücke!" klagte sich Nordheim in gut gespielter Zerknirschung an. „Wie konnte ich nur, gelinde ausgedrückt, so leichtsinnig sein, gehoben, nachdem jeder Arbeiter frei seine Arbeit verhandeln änn. Aber die Strikes? Sie sind eine Konsequenz der Koalitionsfreiheit und so unstreitig die Arbeitgeber das Recht besitzen, ihre Fabriken und Werkstätten zu schließen, wenn sie wollen, müssen auch die Arbeiter das Recht der , Arbeitseinstellung haben. Machen sie hiervon falschen Gebrauch, so ist es ihr eigener Schade. Denn Arbeit ist wie Waare; ist starke Nachfrage, so steigt sie im Preise, wo nicht, wird sie von selbst billiger. Geschieht der Strike, um Forderungen durchzusetzen, die ihnen der Arbeitgeber nicht bewilligen kann, so haben sie — wie jetzt das Brünner - Beispiel lehrt — ihren Jrrthum selbst zu bezahlen. von Gram erfülltes Gesicht lieber abwendete, um heimlich ihre Thränen zu trocknen. i „Ja, wie spreche ich es aus?" rief Nordheim scheinbar ! ratblos und zweifelhaft. „Wie finde ich das rechte, das < avl wenigsten schmerzende Wort? Nicht ich bin Schuld an der Härte des Ausdrucks, dessen ich mich werde bedienen müssen, sondern die Thatsachen sind es. Nicht wahr, Herr Werdenberg, Sie haben, trotzdem Herr Ludwig Steinbach Ihr Haus mit Ihrer Bewilligung verlassen hat, dennoch diesen jungen Mann bis zu dieser Stunde stets als einen Ehrenmann geachtet und hochgehalten?" Wally hatte sich, als Ludwigs Namen genannt wurde, plötzlich wieder umgedreht. Sie ward, sie wußte selber nicht warum, plötzlich von einer namenlosen Angst um den Geliebten erfaßt, als drohe diesem ein gräßliches Unglück, und starren Blickes, mit weitgeöffneten Augen sah sie auf Nordheims Mund. Auch Werdenbergs Mienen legten Zeugniß ab von seinem Staunen darüber, daß die Person seines Pflege sohnes so unerwartet ins Gespräch gezogen wurde. „Ich muß Ihre Frage durchaus mit Ja beantworten," sagte er ernst. „Welche Ursache ober bewegt Sie, eine solche Frage und in solcher Entschiedenheit an mich zu stellen?" „Die Ursache besteht, zu meinem aufrichtigen Bedauern, darin, daß Sie in Ihrem Urtheil über Herrn Steinbach sich getäuscht haben — er ist durchaus kein Ehrenmann!" „Was?" rief Werdenberg erregt, indessen Wally krampf haft die Lehne eines Fauteuils erfaßte, neben welchem sie gerade stand. „Bitte, Herr Werdenberg, ich hielt es für meine Pflicht, gerade Sie aufzuklären. Sie wissen wahrscheinlich, daß mir eine gewisse Summe Geldes durch gewaltsame Erbrechung meines Bureaus entwendet worden ist. Der Dieb ist ent deckt und — nochmals betheure ich, daß es mir innig leid > thut, es sagen zu müssen — kein anderer ist dieser Dieb, als mein bisheriger Verwalter Ludwig Stein ..." werden. Ans diesem Grunde war es nur verständig, den Arbeitern die Koalitionsfreiheit zu gewähren. Wir wissen wohl, wie ungeschickten Gebrauch man zum Theil damit gemacht; aber ehe das Kind mit dem Messer umgehen lernt, schneidet es sich gewöhnlich. Ist daran das Messer schuld? Die Koalitionsfreiheit hat faktisch die soziale Gefahr auf Tagesschau. Freiberg, den 4. August. . Mit dem Inkrafttreten des Weltpostvereins, welcher eine Herabsetzung und Gleichheit der Portosätze für den Briefverkehr auf die weitesten Entfernungen durchgeführt hat, sind die Mängel, welche in anderen Zweigen des inter nationalen Postverkehrs schon längst herborgetreten sinh, uni so fühlbarer geworden. Besonders ist es das Zeitungs wesen, welches zu zahlreichen Reklamationen Anlaß gegeben hat Die italienischen Posten z. B. nehmen keine Bestellungen auf deutsche Zeitungen an; es sind nur drei Agenturen in Nom, Neapel und Mailand errichtet, bei denen allein auf deutsche Blätter abonnirt werden kann. Dieses Verfahren macht nicht nur die Zusendung zu einer langsamen und unregelmäßigen, sondern benachtheiligt auch die Deutschen in dieser Beziehung gegenüber den Angehörigen anderer Nationalitäten. Abonnements auf französische und schweizer Blätter werden nämlich bei allen italienischen Posten an- ' genommen. Es ist daher kein Grund abzusehen, weshalb Er sprach den Namen nicht aus, denn Wally, die ihn in tödtlicher Angst unverwandt anstarrte, schloß urplötzlich die so unnatürlich weit geöffnet gewesenen Augen, stieß einen dumpfen, wie Röcheln klingenden Schrei aus und brach ohnmächtig zusammen. Er sprach den Namen nicht aus, denn er fühlte, wie trotz aller Selbstbeherrschung sich ein teuflisch triumphirendes Lächeln auf seine Lippen legte, und blitzschnell zu der Sinkenden hinspringend, die er nicht mehr halten konnte, umfaßte er mit vor Leidenschaft und Aufregung zitternden Armen die wonnige Gestalt und ließ sie, die Schwere des Falles brechend, längsam niedergleiten auf den Teppich. Das Mädchen hatte die frommen, herzigen Augen geschlossen und konnte seinen dämonisch leuchtenden Blick, das satanische Lächeln in seinen Mundwinkeln nicht wmerken — und der alte Herr konnte das, was den Schür en als solchen verrieth, nicht sehen, weil dieser sich, offen bar in kummervoller Besorgniß, auf die Ohnmächtige nieder neigte. Dienerinnen kamen gestürzt, flüchtige Salze, Wasser — endlich schien Nordheim seine Besinnung wiedergewonnen zu habe« und verließ das Zimmer. Werdenberg sagte ihm, daß er die unterbrochene Unterredung so bald als möglich fortzusetzen gedenke. /e ui Neis u. Am Abgründe. Roman von Ed. Werner (Fortsetzung) „Herr Nordheim, ich finde, daß die Bitte meiner Tochter einige Berechtigung haben kann," pflichtete nun Werdenberg seinem Kinde bei. „Abgesehen davon, daß ich vielleicht über Duelle einer anderen Anschauung huldige, als Sie — was als unwesentlich außer Betracht bleiben soll — so ist dock immerhin wohl um Wally's willen zu erwägen, ob sich der fatalen Nothwendigkeit nicht ausweichen ließe. Wenn Sie nun fielen, Herr — Nordheim — oder wenn Ihr Gegner fiele — oder wenn Einer von Ihnen auch nur ver wundet würde: denken Sie nur, von welchen Vorwürfen meine Tochter unausgesetzt gequält werden würde und der Fall ist doch möglich, daß Cie getödtet werden, oder daß Ihr Gegner es wird." „Der Fall ist möglich, gewiß," versetzte Nordheim, sonst em Duell, wenn es nicht ernst gemeint wäre? Ich mache mich durchaus keines Leichtsinns dabei schuldia wie Fräulein Wally zu glauben scheint; ich weiß sehr ae- nau, daß das, was ich thue, mein Leben kosten kann. Das ändert jedoch nichts, und ich habe selber gegenüber Ihren Bitten kem^Wahl mehr, weil im Falle meiner Willfähriq- keit gegen -L,e das Ergebniß in meinem moralischen Tode bestehen würde. Vor den Menschen wie vor mir selbst hatte ich den Anspruch auf Achtung unwiederbringlich ^Aoren — und nun werden Sie eine Forderung nicht zu erfüllen doch unmöglich ist. Lassen wir lieber diesen Gegenstand gänzlich fallen; es wird men?z7b7r^ Veranlassung meines Kom- das' Herr Nordheim?" fragte Werdeubergmit eunger Spannung, indeß Wallv da sie m Betreff des Duells nichts aus?ürichten veL'chte, ih! Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg und Brand. . -77— Donnerstag, den 5. August. 1875; Betrachtungen über den Sozialismus. Versteht man unter Sozialismus das Bestreben einer vE ru verbessern, so hat es zu allen Zeiten und unter allm Nationen auch unbefriedigende Verhältnisse gegeben, deren Umänderung von den Partes versucht ward Nach dieser Richtung hin ist der Sozialismus durchaus nicht neueren Ursprungs, vielmehr treten seine Erscheinungen schon im grauen Alterthum auf. . Wenn in Rom die mittellosen Volksklassen (Plebejer) „ Vatrmern in fortdauerndem Streit lagen und mehr -iumal m Gewattmaßreqeln griffen, so handelte es sich lösen, da sie nicht lösbar ist, so doch möglichst zu mildern, d e «ösuna einer tief' einschneidenden Frage, die in Die Industrie hat der Arbeit gegen früher einen anderen Lettland und zwar in jedem der einzelnen «einens Charakter und einen anderen Werth gegeben. Damit ist Staren sich ziemlich oft und in derselben Weise wiederholte. -- N-vbältE- w-l^ Der Auszug der Kinder Israel aus Egypten, wo sie nach dem Tode Josephs mehr und mehr zur geknechteten Kaste °u°d°°, W-- w« .r -nd-r-, -I- da- Bch-»n, die höchst ungünstige Lage zu verbessern, mcht gelöst im Wege des Kampfes, sondern dadurch, daß die Israeliten sich die freie Bahn nach ihrem Heimathslande zu sichern verstanden. Was Alle fühlten und was vom ganzen Volke erkannt wurde, in Moses erhielt die allgemeine Stimmung Ausdruck. Nachdem er seine Stammesgenossen unter seiner Führung geeinigt, gelang es ihm, diese gewiß schwierige