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Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg und Brand F173 Donnerstag, den 29. IM 1875 berg. »" 9". kein Grund vor. Es wäre doch eine unerhörte HandelS- ", b", Zittau) tl N L fLtd«- 8! enr, o»«» .H Dividende. Das sind unleugbare Thatsachen, die sich durch Zahlen leicht beweisen lasten. Erst im Mai 1873 zeigten sich Gewitterwolken ani Horizont der Börsen, in Wien etwas früher. Einige Monate später blitzte und krachte es und schlug auf den Börsen Schlag auf Schlag ein. Dennoch blieben die industriellen Etablissements noch eine geraume Zeit stark beschäftigt, die Preise und die Löhne sehr hoch. Erst gegen den Schluß des Jahres 1873 ergriff die Krisis auch die gesammte Industrie. Der Absatz stockte und die Vorräthe wurden unverkäuflich. sind erst im Mai 1873 im Reichstage beschlossen, theilweise I im Juni 1873 in Kraft getreten, theilweise ist ihre Wirk- , samkeit bis 1876 hinausgeschoben worden. Dieselben können doch unmöglich eine Krisis herbeigeführt haben, die schon, bei der Publikation des neuen Tarifs vollständig arrsge- brochen war l Ebensowenig vermögen die Zollgesetze nach rückwärts Wirkung zu äußern. Die Behauptung also, daß die seit zehn Jahren zum Freihandel hinneigende Handels politik unserem volkswirthschaftlichen Leben tiefe Wunden geschlagen und den jetzigen Zustand der Industrie herbei geführt habe, schwebt völlig in der Luft und widerspricht allen thatsächlichen Verhältnissen. -sie. I von I» ,19». ,2", Zu welcher Zeit ist denn nun der deutsch-französische oll- und Handelsvertrag abgeschlossen worden, auf Veran- astung besten hauptsächlich die Zollherabsetzungen und die lufhebung einiger Zölle erfolgten? O! volle zehn Jahre früher! Unter der Herrschaft dieser Zollermäßig- ungen gelangte die gesammte Industrie bis zu den Jahren 1870 und 1871 zu einer gesunden und kräftigen Entwicklung- Im Jahre 1872 trat dann eine schwindelhafte und krank hafte Steigerung und Ausdehnung ein, trotz der Handels verträge. Ist es nun denkbar, daß die Wirkung der Zoll ermäßigungen volle zehn Jahre unbemerkt bleiben und dann plötzlich in wenigen Monaten mit zerstörender Wucht auf treten kann? Wer das behaupten will, treibt ein leicht fertiges Spiel mit wohlfeilen Redensarten. Ja, könnte man sagen, die Handelsverträge von frei händlerischer Tendenz sind allerdings schon lange, schon zehn erkennen, daß wir noch tief im Schutzzoll stecken und erst angefangen haben, uns dem Freihandel etwas zu nähern. Was bedeutet und was erreicht denn überhaupt der Schutzzoll? Er will den Preis des Fabrikats durch Abhaltung ausländischer Konkurrenz zu Gunsten der in ländischen Fabrikanten erhöhen und thut dies auch wirklich, wenn nicht etwa inländische Konkurrenz oder Verarmung der Bevölkerung den Erfolg schwächt oder vereitelt. Borx., ausgesetzt, er erreicht seine Absicht, wer zahlt dann Preisdifferenz? Doch offenbar nur das große Publikum der Konsumenten zu Gunsten der verhältnißmäßig kleinen Zahl von Fabrikanten. Hat der Staat wirklich Veran lassung, die Maste der Konsumenten zu besteuern, um einige reiche Fabrikanten noch reicher zu machen? Mr meinen, zu einer solchen schreienden Ungerechtigkeit liegt Man sollte doch wahrlich meinen, daß die ungeheuren Kapitalverluste, die starke Einschränkung des Konsums, der fehlende Export, die hohen Löhne nebst der Theuerung der Lebensmittel und Wohnungen vollkommen ausreichen, um die jetzige Lage der Industrie zu erklären. Weshalb also die Handelspolitik, unter welcher die Industrie ein Jahrzehnt hindurch gedieh und blühte, als Prügeljungen heranholen? Das verehrte Publikum hat für seine Theilnahme am Schwindel und Börsenspiel Schläge verdient und richtig empfangen; die jetzige Kalamität ist die Quittung darüber. Doch sehen wir uns nun die Mittel an, von denen unser Anonymus Abhilfe erwartet. Der Staat soll die Schutzzölle einführen und Ausfuhrprämien bewilligen. Das heißt ein großes Wort gelösten ausiprechen. Sind denn die Schutzzölle ausgehoben und haben wir wirklich Freihand.l? Ein Blick aus den Zolltarif genügt, nm zu Und wer soll denn die Aus fuhr Prämie zahlen? der Staat, das heißt die Steuerzahler oder Konsumenten. Daß Schutzzölle die Zolleinnahmen nicht vermehren, sondern ver mindern, wird heute uicht mehr bestritten. Den Ausfall wüsten ebenfalls die Konsumenten als Steuerzahler decken. Was muthet man ihnen nicht Alles zu! Sie sollen diesen Ausfall, ferner den Schutzzoll durch höhere Preise und endlich auch noch die Ausfuhrprämien bezahlen. Alles zu Gunsten einer nicht großen Zahl von Fabrikanten. Die armen Konsumenten! Gerade sie verdienen es, daß man sich ihrer mit Nachdruck annimmt. Die Fabrikanten, soweit sie den Schutzzöllnern angehören, sind gut organisirt, ver- . treten konsequent ihre Partei-Interessen, schießen Huudert- tausende zu Agitationen zusammen, um Millionen zu ver dienen. Sache des Staates ist es, dieser systematischen Ausbeutung des Publikums d. h. seiner Steuerzahler ent gegenzuwirken. Dies kann nur dadurch geschehen, daß man immer mehr den Schutzzöllen den Rücken kehrt und sich dem Freihandel zuwendet. t, seines Abonnements-Einladung. Für die Monate und erbssne« wir ei« neues I MnnatS-Avonnement ms deu „Freiberger Anzeiger" znm Preise von 1 Mark 5Ü Pfennige. Bestellungen nehmen a«s- »SrtS sämmtliche Postaustalten und in Freiberg die unterzeichnete Expedition entgegen. Krotfcher'fcke Buchhandlung, Grbtschestratze Rr. 609. W, geschlachtet. Wo dieser seine Hand im Spiele hat, werden unserem ' ^volkswirthschaftlichen Leben tiefe Wunden geschlagen, in ^Deutschland, wie in Oesterreich. Diesem Zustande muß ^abgeholfen werden und zwar dadurch , daß der Staat die ^Schutzzölle erneuert, neue einführt und Ausfuhr prämien zahlt." Co lautet in gedrängter Kürze das Programm eines Schutzzöllners, der uns dieser Tage anonym auf den Artikel in Rr. 166 antwortete. „Die Industrie liegt darnieder" — das kann nicht bestritten werden. Aber seit wann liegt sie dem darnieder? Im Jahre 1872 noch hatte die Industrie eine Blüthe und einen Umfang in Deutschland erreicht, wie nie zuvor. Sämmtliche Fabriken waren übermäßig be schäftigt, die Preise der Rohstoffe, Halbfabrikate und Fabri kate auf eine bis dahin ungekannte Höhe gestiegen, Kohlen zu verdoppelten und verdreifachten Preisen kaum zu haben, gute Sorten Schmiedeeisen kaum zu bezahlen. Bergwerks und andere Aktiengesellschaften gaben 20, 30 ja 50 Prozent ttiu Ee edr. den. ,dor erw. S- Schutzzoll oder Freihandel! Tie Industrie liegt darnieder. Daran ist, außer einigen anderen vorübergehenden Ursachen, wie Gründerschwindel, "ueberproduktion, hohe Arbeitslöhne, Theuerung der Lebens- "mittel u. s. w. hauptsächlich der Freihandel schuld. tot, lol» Oart ticken S. ickn- Hart, ehle: mig: K.S., 0,000 Mr ls Em-I reim,! Schlaf-1 iätisches! ) gewiß! iuschung! ig, um! !lh0Ntg,I umes in l echt ist,! § Firm! «I»« in! . Feuilleton. Am Abgründe. Rcman van ^crner (gorttctzlinq ) Da nahm Meister Erler wieder das Wort und, die Geige auf den Rasen des Friedhofes fallen lastend, auf das nicht mehr kenntliche Grab von Ludwigs Vater, lehnte er sich selber an die niedere Umfassungsmauer, blickte hin aus nach dem Monde und sagte: „Misten Sie noch, daß Sie mich schon einmal hier beim Spielen dieses Liedes überraschten?" , Ludwig nickte zum Zeichen der Bejahung nur mit dem Kopfe. „Misten Sie auch, Herr Verwalter, was der tolle Heinz damals zu Ihnen gesagt hat?" Wieder antwortete Ludwig durch ein Kopfnicken. „Run — und wie steht es mit der Berechtigung meiner Worte von dazumal, Herr Verwalter?" „Mann, wie konntet Ihr damals schon wissen, was kommen würde?" fragte Ludwig. „Wie war es möglich, gerade damals eine Prophezeiung zu geben, die so un berechtigt wie nur immer möglich erscheinen mußte? Gebt l mir die Erklärung dieses Räthsels?" „O, die Erklärung ist nicht schwer. Ich kenne die Menschen vielleicht bester, als es den Anschein hat, Herr Verwalter. Daß Sie die Tochter des reichen Weidenberg gern hatten, das erkannte ich beim Erntefeste — und daß ^raus nur Unglück entstehen könnte, lag doch auf der Hand, wenigstens für einen Mann von der Erfahrung, die ich besitze." „In wiefern lag es auf der Hand, Meister Erler?" Idrängte Ludwig. „In wiefern?" fragte der Fiedler, und rollte in un bewußtem Spiel mit der Spitze seines Fußes einen Kiesel hin und her und blickte zu Boden, bisweilen aber auch auf, und Ludwia gerade in die Augen. „In wiefern? Ist der alte Werdenberg nicht ein Millionär?" t „Gewiß; aber das ist doch keiue Erklärung für die Sicherheit Eurer Voraussagung!" „O doch, Herr Verwalter; die reichen Leute sind alle Schufte, um so größere Schufte, je reicher sie sind. Das Geld giebt Ihnen die Macht in die Hände, Andere, Aermere zu verderben — und sie wenden diese Macht mit einem wahren Behagen an, sobald sie recht tief verwunden können. Er hatte diese Worte in ganz ruhigem, festem Tone gesprochen; dieselben waren unzweifelhaft der Ausdruck seiner innersten Ueberzeugung. Auch der ruhige, feste Blick, mit welchem er dabei Ludwig anschaute, sprach für diese Ansicht. Ludwig erschrak fast bei dieser bösen Rede, die dennoch nicht der Ausfluß einer boshaften Charakteranlage sein konnte. „Wie kommt Ihr nur zu so schlimmen Meinungen von dey Menschen?" fragte der Verwalter fast gedrückt. „Euch muß es gar übel ergangen sein, um solch harte, gehässige Unheile, ohne Einschränkung und Bedingung zu fällen." „Haben Sie's nicht am eigenen Fleische erfahren, daß diese Art des Urtheils nur hart und gehässig scheint, in Wahrheit aber nur zu sehr berechtigt ist? Ich sage Ihnen, es sind blutdürstige Tiger, feige Hyänen, diese reichen, fetten Protzen — und wenn Sie es ahnten, daß —. doch lasten wir's! Es ist bester für Sie, Sie haben erst keine Idee davon, in welch entsetzlicher Weise, noch mehr als die höchste Bosheit es sich beikommen ließe, gerade Ihr Dasein in seinem Keime von diesen — Schuften geknickt worden ist. Ja ja, schauen Sie mich nur so verwundert an — auch hierfür liegt die Deutung da unter uns in dem Grabe, dessen Pflege selbst dein Sohne des Gerichteten von Rechts wegen verwehrt worden ist." „Mensch, Ihr bewahrt ein gräßliches Geheimniß!" rief Ludwig überwältigt. Der tolle Heinz nickte mit dem Kopfe und zeigte zu seinen Füßen, auf das Grab von Ludwigs unglücklichem Vater, dann hinüber nach dem Grabe, auf welchem er ge fiedelt hatte. „Ja wohl, ein gräßliches Geheimniß, und die Opfer desselben sind Der hier unter uns, die Andere dort in jenem Grabe, Sie und — ich. Vier Personen, zeitlich und ewig unglücklich — und Einer, der Alles verbrochen hat und lebt und sich's wohl sein läßt. Hahaha, ist daS nicht schön, Herr Verwalter? Er fühlt sich wirklich ganz wohl, dieser Eine!" „Aber so redet doch, Meister Erler! Wenn es noch, ein Geheimniß giebt, was mich selber betrifft, so habe ich ein Recht zu forschen und zu fragen. Warum wollt Ihr schweigen?" „Warum soll ich reden? Werden Sie den Muth haben, Vergeltung zu fordern, zu nehmen? Wenn ich die Gewiß heit hätte —. aber ich bin ja selber zu schwach und zu gut dazu gewesen." >. Er bückte sich nach seiner Geige und nahm sie wieder unter den Arm, als wolle er nun den Kirchhof verlaffen. Aber Ludwig, dessen sich eins fieberhafte Aufregung bemeistert hatte, hielt ihn fest und ließ ihn nicht fort. „Bleibt hier", sagte er — „bleibt hier! WaS wißt Ihr? Redet! Sprecht!" . „Was ich weiß? Ich weiß, daß Sie schwach und thöricht und noch lange nicht zur That und zum Handeln reif sind. Ihnen muß noch Schlimmeres geboten werden, . denn wenn ich Ihnen heut sage: auch in Wally täuschen Sie sich, auch von dieser werden Sie hintergangen und Jahre in Kraft, aber die Zollherabsetzungen und Aufhebungen! Politik, beispielsweise dem Landwirth, der ohnehin unter erfolgten erst später. Richtig! Diese Zollveränderungen j den hohen Löhnen und dem Mangel an Arbeitern stark leidet, seinen ganz erheblichen Bedarf an Eisen künstlich noch mehr zu vertheuern. Die Unbilligkeit der Schutzzöllner tritt am deutlichsten darin hervor, daß der Weber hohen Zoll auf Gewebe, aber freie Einfuhr der Garne verlangt, der Spinner umgekehrt hohen Schutzzoll der Garne, der Maschinenfabrikant niedrigen Zoll auf Stab- und Fa^on- eisen, aber hohen auf Maschinen, der Eisenproduzent hohen Zoll auf Eisen jeder Art u. s. w. MeibelMAnMerW '" . Handlung, zu senden. und Tageblatt. D