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Amtsblatt für Sonntag, de« 18. Juli. 187S. für die Freiheit so Tagesschau. frommen Brüder, werden also „freie Universitäten" in Frankreich braucht alle Dienste und Bereitwilligkeit der allein seligmachenden Kirche, un, sich mit dem Himmel, der ihm so ungnädig geworden, wieder auszusöhnen. In Sack und Asche, mit seinem großen reuigen Sünder Mac Mahon voran, muß es Buße thun für alle Verirrungen, die es begangen. Die neueste Republik besorgt „fromm und frei" die Rettung des entarteten Volkes. Wunderbar, daß ein Volk, besten Erziehung ja bisher nur in frommen Händen lag, dennoch entarten konnte! Aber das Wunder ist nun einmal geschehen und so erhalten denn jetzt die Frommen in der Republik zuerst eine recht ergiebige „Freiheit", während im Uebrigen ein regelrechter Belagerungszustand die Welt belehrt, wie heut- Frankreich gründen, wie sie eine solche schon zu Löwen in Belgien unterhalten. Sie werden auf denselben Magister, Doktoren und Professoren ernennen und ebenso, wie seither der Staat, zur Ertheilung dieser Grade berechtigt sein. Freilich überläßt man ihnen dieses Recht auf eigene Kosten. Indessen, die Kirche hat Geld für solche Zwecke und findet es auch immer, wenn sie es besonders braucht. Welcher wahrhaft gute katholische Christ macht nicht gern eine Schenkung oder auch ein Testament, welches dem Himmel wohlgefällig ist? Damit diese Art Wohlthäter auch von der neuen Frei heit der Kirche in der französischen Republik profitiren, hat denn das neue Gesetz auch vorsorglich bestimmt, daß Ver mächtnisse von frommen Brüderschaften an die freien geist- Freiberg, den 17. Juli. Ueber den Empfang des deutschen Kaisers durch den Juristen, Aerzte, Gelehrte HN bild»«? ES sei ja eitel Vorurtheil, davon etwas zu dsftkchten. Nach langem Sinnen und BeUmpfen kam nun schließlich auch wirklich die Mehrzahl der jetzigen National-Ver sammlung (zwar nur mit wenigen Stimmen) zu der Ueberzeugung, daß dem Kleru- für alle seine bisherigen Bemühungen wohl gebühre, volle Freiheit des Unterrichts zu genießen. Demgemäß wird nun das neue Gesetz ihn nicht mehr hindern, auch Universitäten zu errichten, welche ganz die gleichen Befugnisse haben, wie die Staatsanstalten. Das ist doch eine neue — ob nützliche? — Verwendung des Ordenswesens und ein Vertrauen zu diesem, welches die Herren etwas über, die schlechte Meinung und Behandlung in anderen Staaten trösten kann. lichen Hochschulen gestattet sind, eine Freiheit, die seit 179K also seit den Zeiten der ersten Republik, durchaus verboten war. Selbst Ludwig XlV., bekannt durch Ausschweifungen widerlichster Frömmelei , klopfte der Kurte auf die Finger, als sie die raubsüchtige Hand nach solchen Privilegien MS; treckte. Heute aber steht die Erbschleicher« wieder aM und keine sterbende Sünderin, welcher nicht durch Schreck bilder vom Fegefeuer ihr Nachlaß abgelockt werden wird! Genug, auf diesem Gebiete ist jetzt in Frankreich Mes so frei als möglich und die Welt kann erstaunen, war doch die Franzosen immer wieder Originelles fertig bringen. Wir in Deutschland müssen uns schämen, gerade in ver- - kehrter Richtung dem Klerus solche Freiheit zu nehmen. Aber Frankreich ist dafür auch eine Republik, und die kann sich in diesem Punkte wohl mehr erlauben, als ei» monarchischer Staat. Wir begreifen in unserer monarchischen Befangenheit vielleicht nur nicht, wie sich die Franzose» auf einmal so viel Unterrichtsfreiheit beilegen, die ihnen Kist ultramontaner Bourbon oder Napoleonide hätte ungestraft anbieten dürfen. Aber dafür sind sie, wie gesagt, auch Republikaner und haben eine schöne, schwarze Republik, eine Republik mit dem Brandmal des Ultramontanismus auf der Stirn, vor der uns der Himmel in alle Ewigkeit bewahren möge. sechsspännige Hofequipage, in welcher Kaiser Wilhelm sich befand, vor dem Posthause in Strobl vorfuhr, erwartete der Kaiser von Oesterreich bereits seinen kaiserlichen Gast daselbst. Kaiser Wilhelm eilte, sobald der Wagen hielt, auf den Kaiser von Oesterreich zu; beide Monarchen um armten und küßten sich wiederholt auf das Herzlichste. Der deutsche Kaiser nahm hierauf im Wagen des Kaisers von Oesterreich Platz und setzten beide Monarchen die Reise nach Ischl gemeinsam fort. Ebenso intim war der Umgang des deutschen Kaisers mit dem österreichischen Herrscherpaare während des Diners und Abends beim Thee, welchen Kaiser Wilhelm bei den österreichischen Majestäten einnahm. Die Abreise von Ischl nach Gastein erfolgte gestern, wobei Kaiser ' Wilhelm die neue Bahn von Salzburg bis Lend benutzte. Bekanntlich muß nach den Bestimmungen des ReichS- münzgesetzes von l873 das Landespapiergeld der einzelnen Bundesstaaten des Reiches bis zum 1. Januar 1876 eingezogen werden. Die meisten Regierungen haben bereits die königliche» und städtische» Behörde» zu Freiberg und Braud "" > >> ' ,—, > — Daseins in hingebendem Eifer dadurch, daß sie sich der Mühe unterzogen, die Kinder in Schulen zu unterrichten. Ueberall suchte ihr Thatendrang dergleichen Anstalten zu etabliren und der Staat unterstützte sie dabei mit seinen Geldmitteln. , Der größte Theil des Elementar-Unterrichts war somit in den Händen der Geistlichen und ebenso der Mittel unterricht. Ein überaus starker Bruchtheil der französischen Bevölkerung wurde von frommen Vätern erzogen und lernte fein Bischen Wissenschaft nach den Rezepte der römisch- katholischen Kirche. Wer dann nach den Universitäten kam, um in die höheren Gebiete der Studien zu gelangen, der erhielt allerdings nur durch Staatslehrer Unterricht. Die Universität war seither ausschließlich Staatsschule. Nun fanden die Geistlichen darin eine Kränkung, daß ihnen die bisherige Freiheit des Unterrichts nur gestattete, kleine Kinder zum ungelehrten Mittelstände heran zu ziehen, aber vor dem höheren Unterricht ihnen eine Barriere ge zogen war. Warum — sagten sie sich — sollen wir nicht auch die Freiheit haben, Universitäten zu errichten und war nämlich neben gestattet, Schulen zu halten. Die geistlichen Orden und Kongregationen bethätigten denn auch die Nützlichkeit ihres hätten ringen sehen. WaS so oft in dem Feldgeschrei: „Freiheit des Unterrichts" ertönte, ist in Frankreich zur Wahrheil geworden. Nun kayst man sich einmal so ein Ding ansehen. Freilich existirtz in dem Lande, welches viel Blut vergossen und viermal seine Dynastien gestürzt, schon die FÄheit des Unterrichts. Es dem Staat» auch der „freien Kirche" -MM»»—. l — - Vie Freiheit in der schwarzen Republik. Ueber dik wunderbare Republik, welche seit vier Jahren die Franzosen nol«ns-vo!o> 8 haben, hat man schon oft den Kopf geschüttelt und ein mitleidiges Lächeln nicht unter drücken können. Jetzt kann man auch einmal voll Erstaunen darüber sein, denn mit der endgiltigen Annahme des Unter richtsgesetzes durch die National-Versammlung ist die erste der Freiheiten in der französischen Republik wirklich auf gerichtet, welche zu schaffen ihr bisher überhaupt möglich geworden ist. Wie gesagt, es ist ein. Werk zum Staunen, was da vor aller Welt Augen jene Nation erhalten hat, die sich al« Führerin der Zivilisation viel gerühmt und die trotz all' ihrer Fehler die übrigen Völker Europas gern und neidlos nach neuen Ehren auf dem geistigen Gebiet stdm »bends 8 Uhr für den iwdetn Tay. Preis rierfcünhr- lich 2 Marl Ä Li, monatl. 7-r Pf. Die Redaktion be» zutage eine Republik aüssehen muß!. 1 „ Die Jesuiten, die fleißigsten und gelehrtesten der>Kaiser von Oesterreich wird weiternochgemeldet: die , m . . ... s-cksinänmae .kwieaumaae. in M-sch-i- K-iik-r Milkelin M - Inserate chtMMeMrM Handlung, zu frühem und Tageblatt. Feuilleton. Am Abgründe. Roman von Ed. Werner (Fortsetzung.) Ludwig hatte seine neue Stellung angetreten und war in derselben eifrig thätig. An Arbeit fehlte es ihm nicht einen Augenblick, und das war ihm nur angenehm. Er brauchte die Thätigkeit, die von ihm geheischt wurde, um vor seinen trüben Gedanken sich zu retten — und je mehr er seiner Pflicht sich hingab, desto stärker wuchs in ihm die Hoffnung auf, es werde ihm doch noch einmal gelingen, des alten Herrn Werdenberg Zustimmung zu der Verbin dung mit der Geliebten zu erwerben. Vorläufig freilich mußte er damit zufrieden sein, daß durch des tollen Heinz Vermittelung eine regelmäßige Korrespondenz mit Wally stattsand. Einmal nur hatte der Dorfgeiger seinen mühsam er worbenen Frieden zu stören versucht — damals, als er den Brief Wally's am Tage nach der Zusammenkunft mit Nord heim ihm wirklich übergab. Der verkommene Mew'ch hatte Ludwig das Angebot gemacht, ihn in ein Geheimniß einzu weihen, durch welches er den respektablen Herrn Werden berg so gut wie zu Grunde richten könne. Aber Ludwig sah den Versucher mit seinem sprühendsten Blicke an und drohte, ihn niemals Wiedersehen zu wollen, wenn er noch einmal mit seinen verrückten Anspielungen käme. Da hatte der Geiger geschwiegen und nichts weiter gesagt — aber nach Verlauf weniger Wochen war es ihm nicht schwer, an Ludwig von Wally und an Wally von Ludwig bei seinen Botengängen den Wunsch auszurichten und damit gern Glauben zu finden, wie Eines das Andere einmal wiederzusehen begierig sei. Unschwer wurde eine persönliche Zusammenkunft ver ¬ abredet — und der Geiger setzte von derselben sofort den Nebenbuhler Ludwigs, Nordheim, in Kenntniß. „Herr", sagte er, nachdem er Ort und Zeit angegeben — „wenn es geschickt eingerichtet würde, daß Herr Werden berg die jungen Leute zusammen träfe! Aber es müßte, wenn irgend möglich, so gemacht werden, daß nicht auf mich der Verdacht des Verraths fiele, weil ich doch nicht gern eine so hübsche Einnahmequelle verliere." Zum Glück blieb bis zu dem angesetzten Tage noch eine geraume Zeit zur Ueberlegung frei, und Nordheim, welcher je eher je lieber eine Entscheidung gesehen hätte, war natür lich sofort bereit, Ludwigs Heftigkeit mit derjenigen des Papa Werdenberg sich begegnen zu lassen. Daß es schier unmöglich sei, zwischen den beiden Liebenden Zwietracht zu säen, das hatte er bei einigen mit Ludwig vorsichtig ange stellten Versuchen erkannt, und er hatte einsehen gelernt, daß so lange an einen Sieg seinerseits nicht gedacht werden könne, als Wally und Ludwig unter einander in regel mäßiger Verbindung waren. Er hatte Gelegenheit gefunden — weil Ludwigs Zimmer von ihm absichtlich so ausgewählt worden war, daß er dasselbe ohne seines Verwalters Wissen in dessen Abwesenheit betreten konnte — einige Briefe Wally's zu lesen. Dieselben athmeten die innigste, treueste Liebe und zeugten in einigen Stellen von einer Festigkeit des Charakters, die er hätte verwünschen mögen. Wie hier den Boden zu einer Operation für seine Zwecke finden? Da brachte ihm der tolle Heinz jene Nachricht von dem verabredeten persönlichen Zusammentreffen Wally's mit seinem Verwalter — und nun stand mit einem Male der rettende Gedanke vor ihm und sollte sobald als möglich auch zur That werden. „Geht nun wieder nach Blendlingen zurück," sagte er -zu dem tollen Heinz — „und überlaßt es mir, die An gelegenheit zu ordnen." „Ich denke, daß es gut thäte," versetzte mit einem lauernden Blicke der Geiger — „wenn Herr Werdenberg recht in Hitze käme." „Geht Ihr nur nach Haufe und sorgt dafür, daß das Rendezvous nicht etwa nach einem anderen Orte verlegt wird", sagte Nordheim. „O nein, gnädiger Herr, das geschieht nicht: es scheint, als habe das Gloriett für die Beiden eine besondere An ziehungskraft." „Das mag sein," erwiederte Nordheim nicht ohne Bitter keit. „Aber auch die Zeit des Rendezvous darf nicht ver ändert werden." „Gewiß, gnädiger Herr, Zeit und Ort müssen ganz genau stimmen, denn sonst klappt die ganze Geschichte nicht wie sie soll." Der Geiger ging zurück nach Brendlingen und lachte recht teuflisch vor sich hin auf dem Wege nach seiner Wohnung. „Das ist der Anfang vom Ende", murmelte er — „der Anfang vom Ende für Steinbach und Wally — das Ende . vom Anfänge für den schuftigen Nordheim — und für mich?! Haha! der tolle Heinz wird in vortrefflicher Münze heimzahlen können!" Am nächsten Tage kam der Aufseher Böhm an seinen Herrn, den Vater Wally's, heran und begehrte mit dem selben unter vier Augen sprechen zu dürfen, weil er eine Mittheilung von angeblich großer Wichtigkeit zu machen habe. Der alte Herr, welcher es gewöhnt war, bisweilen heimlich um eine Hilfe da oder dort angesprochen zu wer den, und welcher dieselbe auch gemeiniglich gern leistete, sah in des Aufsehers Begehren nichts Absonderliches. „Kommt mit mir hier herein," sagte er, nach einem Kabinet vorangehend, wo alle dergleichen Besprechungen stattfanden. Böhm folgte der Aufforderung und zog hinter sich vorsorglich die Thüre zu.