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Amtsblatt für die k-uiglichen and städtischen Behörden zu Freiberg «nd Brand. Dienstag, dm 15. Juni. 1875. Munde geführte Wort „Freiheit" hat den meisten Deputirten den Kopf verrückt. Es erinnert dies an das Jahr 1870, wo die italienischen Patrioten den Kampf zwischen Deutsch land und Frankreich mit fieberhafter Spannung verfolgten und aus leicht begreiflichen Gründen den Sieg des ersteren wünschten. Als aber von Paris daS Losungswort „Republik und Freiheit" erschallte, ließ man sich von dex Plötzlich strich er wild ein paar Mal in Disharmonie über die Saiten und hörte auf. Er blickte um sich, wie wenn er die Wirkung seines Auftretens bei den Gästen beobachten wollte; dann lachte er still vor sich hin, als freue er sich, War es nun Mitleid mit der Verlegenheit der beiden Verlassenen oder ein Uebermuth, wie er zuweilen die Ver bitterung Fortunato's durchbrach — genug, es trieb ihn an, sich als Ersatz für den ausscheidenden Geiger anzu bieten. Erlaubt, Signor? sagte er in fein höflichem Tone zu diesem und nahm dabei sein Instrument in die Hand. Erstaunt und neugierig ließ eS der Besitzer ge währen. Spielen wir einmal etwas, wandte er sich dann zu de» anderen zwei Musikanten und ließ dabei den Bogen über die Saiten gleiten, als wolle er sich überzeugen, daß er die Kunst noch nicht verlernt, in der er einst ein so gefeierter Meister gewesen. -135 sich auf die Zollpolitik des Gesammtstaates gegenüber dem Auslande bezieht; betreffs des österreich-ungarischen Handels bündnisses aber hat man die gleiche Vorsicht zu üben ver gessen, und die Wiener Regierung steht jetzt den von ungarischer Seite gelieferten und jedenfalls ungarisch ge färbten Daten nahezu ohne alle statistischen Hilfsmittel gegen über. Man hat von Seite der Regierung allerdings ver sucht, diesem Uebelflande abzuhelfen, indem man vor ungefähr einer Woche eine Kommission eingesetzt, welche die ungarische Konsumstatistik prüfen soll. Allein es ist nur sehr schwer anzunehmen, daß es der geschicktesten Kommission gelingen könnte, ein so ungeheures Material zu prüfen, und zwar in einem Zeitraum von längstens zwei Wochen. Ja, man darf zweifeln daran, ob man in einer solchen Zeit anch nur spruch finden. Die Wirksamkeit und Bedeutung des sogenannten „diplomatischen Ausschusses" im Bundesrath ist anläßlich der neuerlichen Nachricht über seine angeblich beabsichtigte nähere Heranziehung an die auswärtige Politik des Reiches mehrfach erörtert worden. Wir erhalten in dieser Beziehung von guter Seite einige Mittheilungen, deren Glaubwürdig keit nicht in Zweifel zu ziehen ist. Danach hat man seiner Zeit, als die Reichsverfassung ins Leben trat, -für den genannten Ausschuß ein starkes diplomatisches Register angeschafft, welches zur Einzeichnung der einzelnen That- sachen auf dem Gebiet der auswärtigen Politik, sowie zur Aufnahme der Depeschen dienen sollte. Dieses Register ist bis auf den heutigen Tag weiß geblieben und enthält auch nicht eine einzige Zeile Geschriebenes. Nur eine Mitttheilung ist den Mitgliedern des Ausschusses bisher zugegangen und diese betraf eine Depesche, welche vom auswärtigen Amt des deutschen Reichs an die schwedische Regierung in Betreff der Insel Spitzbergen gerichtet worden war. Die diplomatische Tragweite dieses Zwischenfalls war etwa folgende: Als Schweden von dem angeblich herrenlosen Territorium der genannten Insel Besitz ergreifen wollte, setzte es Rußland und Deutschland von dieser seiner Absicht in Kenntniß. Beide k Mächte antworteten in einer fast übereinstimmenden Weise Betroffen sahen ihn und sich selbst die Musikanten an und ihre Verwunderung wuchs, als Fortunato nun auf der Geige zu phantasiren begann. Sie merkte» wohl, daß ein gewandter Spieler vor ihnen war und die Gäste im Lokal belohnten den Einfall wie den Vortrag des Fremden mit lautem Jubel. Fortunato schien wie elektrisirs zu sein, sowohl durch die Berührung des BoaenS, den seit vielen, vielen Monaten seine Hand nicht mehr ergriffen, als auch durch den Beifall des Publikums im Weinschank. Sein Anttis erhielt plötzlich sanfter« Züge, sein Auge schloß sich wie orrirror rore . rum Schlummer, und di, Geige preßte er an seine Wang, ssen hatte. Es kam l wolle ,r damit seine Lieb, für sie auSdrücken. ES kam darüber zum Streit; dann« So spielte er ein, Träumerei, i» welche sich bekannte Tagesschau. Freiberg, den 14- Juni. Die R eichs-Justizkommission hat die eche Lesung der Zivilprozeßordnung beendigt und bereits mit Berachung der Strafprozeßordnung begonnen. D"" 8 >, welcher von dem örtlichen Gerichtsstände in Strafsachen überhaupt handelt, fügte sie den wichtigen Zusatz bei: »Soweit die Verantwortlichkeit des Verfassers, Herausgebers, Verlegers oder Druckers in Frage steht, so gilt eine Handlung, deren Strafbarkeit durch den Inhalt eines PreßerzeugmsseS be gründet wird, nur als an demjenigen Orte verübt, an welchem das Preßerzeugniß erschienen »st." Für die deutsche Presse ist diese Bestimmung hochwichtig, denn bisher gatt als Grundsatz, daß ein Preßerzeugniß gegen den Autor, Verleger, Herausgeber und Drucker jeden Ortes ver^ folgt werden konnte, an welchem dasselbe zur Verbreitung gelaugt war. Es gilt nun als feststehend, daß der Bundesrath sich mit einer Vorlage über Erhöhung der Brausteuer und zwar auf das Doppelte der jetzige» Sätze und über d»e Einführung einer Reichsbörsen st euerzu beschäftigen haben wird. Die Ausschüße des Bundesraths sind vorigen Sonn abend zusammengetreten, um sich über die Ernennung von Referenten schlüssig zu machen. In BundesrathSkreisen selbst scheint man über die Börsensteuer ziemlich einhellig der An sicht zu sein, daß ihre Einführung sich nach allen Richtmigen p hin werde rechtfertigen lasten. Weniger hoffnungsvoll scheint man die Erhöhung der Brausteuer anzusehen, doch wird im Bundesrathe auch dieser Entwurf schwerlich ernsten Wider und zwar in dem Sinne, daß Spitzbergen von deutschen I und russischen Staatsangehörigen bewohnt sei und deshalb 1 nicht als „herrenlos" betrachtet werden könne. Dies war i im Wesentlichen der Inhalt jener Depesche, welche dem i diplomatischen Ausschuß zur Kenntniß mitgetheilt wurde. I Dabei behielt die Sache ihr Bewenden. — Dagegen ist es in gewissen gut unterrichteten Kreisen wohl bekannt, daß das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten in regel mäßiger Kommunikation mit den preußischen Gesandten an den einzelnen deutschen Höfen steht und daß durch diese Letzteren die Regierungen der Bundesstaaten fortdauernd auf dem Laufenden über die auswärtige Politik des Reiches erhalten werden. ES liegt deshalb gar kein Grund vor, daß von irgend welcher Sette Reklamationen nach dieser Richtung hin erhoben werden, wie denn in der That auch von solchen Nicht das Mindeste bekannt geworden ist. Der diplomatische Ausschuß wird seine etwas mythenhafte Gestalt auch wohl in Zukunft beibehalten und kein deutscher Bundes staat wird auS praktischen Gründen dagegen etwas einzu wenden haben. In Oesterreich steht die Zollfragt im Vordergründe des öffentlichen Interesses. Bekanntlich ist der nachbarlich, Kaiserstaat in Zollfragen dem Auslande gegenüber kein absolut geeinter Staat, wie etwa das deutsche Reich. Zwischen Cis- und TranSleithanien besteht ein besonderes Zoll- und Handelsbündniß und dieser zusammengeschweißte Zollkörper kann erst in dieser Form mit anderen auswär tigen Staaten verhandeln. Daraus folgt, daß die Positionen jenes Bündnisses beider Binnenstaaten sich entweder mit den bestehenden Bestimmungen, welche die Bündnisse mit anderen Staaten dem Gesammtreiche auferlegen, in Einklang setzen, oder daß sie bei einer Erneuerung der Verträge mit den letzteren die Basis dieser Verträge werden. Es erhellt, von wie großer Tragweite das innere Bündniß für die Zu kunft werden muß. Einen interessanten Beitrag zu der gegenwärtigen Entwicklung dieser Verträge liefert folgend, Wiener Korrespondenz: „Die kolossale Schutzzollagitation hat der cisleithanischen Regierung ein reiches und nach den Ansichten der bezüglichen Quellen maßgebendes statistisches Material in die Hände gegeben, jedoch nur ein solches, das ie zum Narren gehabt zu haben. Was meint ihr ? fragte er die beiden Musikanten, könntet ihr mich gebrauchen? Natürlich machten ihm dieselben, halb hoffend, halb zweifelnd, ihre Komplimente. Gut, fuhr darauf Fortunato fort. Schafft mir eine Geige an und ich will mit Euch gehen und Musik machen, wie Ihr. Die Geige wurde ihm zugesichert, und so schloß For tunato seinen Vertrag mit dem alten Baßspieler, der über glücklich war, und mit dem schielenden Filippo, der den neue» Kollegen mit der Treuherzigkeit seine- Charakter- begrüßte. Der neue Bund wurde auf Fortunato's Wunsch sogleich mit einen» Triokonzert bekräftigt, zu welchem der Alte die Noten der schönsten Opernstücke hervorholte. Sie wurden mit Gewandtheit vorgetragen und Fortunato spielte vom Blatt so sicher, als sei er längst mit den Beiden ein- geschult. Reich belohnte»» die Gäste, angeregt durch den Vorfall, daS neu hergestellte Trio, und der au-geschiedene Musikant, der andere Pläne im Kopfe hatte, gratulirte aufrichtig seine früheren Kollegen, sich so schnell und so tüchtig ersetzt zu wissen. Denn er wollte freundlich von ihnen scheiden. Fortunato ward e- nicht leid, diesen Einfall gehabt »u haben und er ging mit den Musikanten nach Mailarw. Der Alte wie Filippo zeigten sich darüber dankbar «nd be sonder- freundschaftlich, da» that ihm offenbar wohl. Alle» stimmte sich nun ruhiger in ihm, versöhuter. Einmal auf da- Niveau dieser Sphäre der Gesellschaft gekommen, fand Fortunato an dem unstäten und doch in gewissem Seless« So lebte er lange gedankenlos in den Tag, zuweilen noch anhaltend und rückschauend auf das, was hinter ihm lag und was mit immer neuem Grauen ihn vorwärts in den Sumpf des gemeinen Lebens trieb. Eine tiefe Ver pachtung gegen Alles, was war und deshalb auch gegen sich selbst, erfüllte ihn, und es gefiel ihm, schnell zu verwüsten, jwas nach dem Sturm sich doch wieder in ihm zur Blüthe Mnporzuringen suchte. Todt wollte er sein für die Anderen lund bald auch für sich. Denn ehe das letzte an Werth, twaS er besaß, im wüsten Vagabundenleben von Stadt zu »Stadt, von Schänke zu Schänke, vergeudet war, wußte er ^sich ein unfehlbares Gift zu erwerben, mit dein er die Netzte Feierstunde seines verkommenen Daseins zu enden ^«dachte. Dies Gift trug er bei sich wie seinen theuersten LSchatz, und wurde er oft versucht, es zu nehmen und in» Kreislauf einiger Minuten sich von Allem erlöst zu wissen reizte er ihn doch immer wieder, das Gaukelspiel des Äptbens noch weiter mit anzusehen. Aber eine seltsame Laune, die ihn einmal überfiel, gab "»er seinen Willen dieser sahrenden und zwecklosen Halt. Nachts in einem Weinschank war e», vtraßenmusikanten hereinkamen, um ihre Stücke »u Ef war nicht- Neues für Fortunato. Indessen A A''e Aufmerksamkeit dahin, weil Einer von de» Ku beiden Andern seine Mitwirkung ver- wollte nicht mehr spielen und überhaupt mit Gesellschaft nicht länaer zusammenblriben, weil, wie keselbe ihre ueberfiedlung nach Mailand FeuiUetou. Der Bettelmufikaut. Nvvtll« von Sid«idt-Wkißtnftl«. (Fortsetzung.) die Behelfe herzuschaffen im Stande ist, welche zu einer thatsächlichen und eingehenden Prüfung der erwähnte« ungarischen Statistik als unbedingt nothwendig angesehen werden müssen. Dieses Geschichtchen charakterifirt in sehr hohem Grade das Vorgehen der Wiener Schutzzöllner, die vor lauter Bäumen den Wald nicht sehen können, und in hier Abneigung gegen alle „Theorien" so weit zu gehen scheinen, daß sie auch die nothwendigsten, von der Wissen schaft zu liefernden Behelfe außer Acht lassen. Die ungarischen „Freihändler" können nachweisen, was sie an streben, auf welcher Basis sie es anstreben, und wenn man den ungarischen Forderungen entgegentreten will, so müssen erst noch die Daten gesammelt werden, auf die man sich stützen kann, sonst wird man gezwungen sein, diemagyarischen Angaben guten Glaubens zu akzeptiren. So verdienen es denn die Schutzzöllner, wenn bereit- das Spottwort gegen sie erhoben wird: „Viel Geschrei und wenig Wolle." Die Verhandlung gegen den Lohnschreiber Joseph Wie singer, welcher sich dem Provinzial de- Jesuitenorden- zur Ausführung eines Attentat- auf Bismarck erboten hat, wird am 15. d. Mts. vor einem Vier-Richter-Kollegium Stockt finden. Die Anklage lautet auf das versuchte Verbrecht« des Betruges nach dem niederen Strafsatze von ein bis fünf Jahren schweren Kerkers. Den Vorsitz führt Vizepräsident Schwaiger; die Anklage wird Staatsanwalt Graf Lamezan. vertreten. Zum Vertheidiger wurde Advokat v,-» Karl Rippeli bestellt. Der Vertheidiger mußte sich auf Ehren wort verpflichten, in die Anklageschrift vor der Verhandlung : Niemand Einsicht zu gewähren. Nichts könnte wohl die italienische Deputirten- kammer, die Parteien und ihr Verhältniß zu einander, besser charakterisier», als die noch fortdauernden Ver handlungen über da- Sicherheitsgesetz. Kein Mensch vermag das Schicksal desselben zu ermessen, dem» daS bisherige Partei-Berhältniß scheint ^gänzlich aufgelöst. Die Opposition Par «Lvvliene«, die Radikalen, nehmen ihren" alten Standpunkt ein; wie das vorjährige Projekt, so be kämpfen sie auch da- jetzige. Wie sich aber die Rechte und das Zentrum dazu verhält, weiß Niemand. Die Regierung konnte sich in ihrer Ktrchenpolitik auf eine große Mehrheit stützen, auch die zu militärischen Zwecken geforderten Kredite wurden ihr fast ohne Widerspruch be willigt und dem Fernerstehenden mußte es scheinen, als ob sich eine kompakte Reaierungsmajorität gebildet habe. Im Handumdrehen aber ist diese Mojorität verschwunden, Dank der Herrschaft, die leider noch immer von der Phrase geübt wird. Das von den sizilianischen Deputirten sm GNeitergerAnMerK findet sich Rinnen« , Handlung, zu senden.' " " und Tageblatt. egten sich die beiden Anden» aufs Bitten, da sie ohne l Melodie», heitere wie schwennüthige, durcheinander woben, einen zweiten Geiger doch wohl nichts zu leisten vermochten. -- -- ------ Der Trotzige aber gab nicht nach. Sucht Euch einen Anderen! rief er ihnen zu, legte seine Geige vor sich auf den Tisch und bestellte zu trinken.