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und Tageblatt »9 Sonnabend, den 1. Mai. Feuilleton. — G Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg und Braud. werden und nur der „Nautilus" noch an der dortigen Küste verbleiben. Anlaß zu dieser Maßregel hat die der deutschen Flagge nunmehr gewährte Genugthuung sür die bekannte As faire von Zara uz gegeben. Für dies« Genugthuung war von den Vertretern der beiderseitigen Regierungen eine symbolisch« Form vereinbart worden, nachdem das Erbieten Spanien S zu direkte» Repressalien gegen den von den Karttsten besetzten Ort deutscherseits aus Gründen der Humanität zurückgewiesen worden war. Die deutsche Regierung hatte sich mit einer öffentlichen Ebrenbezengung, welche der Flagge des deutschen Reichs aus spanischen Territorium erwiesen werden sollte, einver standen erklärt und dieser Akt hat nunmehr, wie gestern ein Telegramm meldete, auf den Wällen der Leeseite Guetaria stattqesunden. Die österreichische Gemüthlichkeit hat auch ihre Grenzen. Der Aufenthalt des steckbrieflich verfolgte» Don Alfonso und seiner Gattin in Graz hat eine Erregung in die Gemüther der dortigen Bevölkerung getragen, daß man, weil bisher aus gesetzlichem Wege nichts zu erreichen war, zu ungesetzlichen Demonstrationen griff. Von einem Mann, der gemeiner Verbrechen , wegen »erfolgt wird, sollte nian erwarten, daß er seinem Asylgeber nicht Verlegen heiten bereiten, sondern in stiller Verborgenheit das Ver- dammungsurlheil der öffentlichen Meinung tragen werde. Don Alfonso thut dies nicht! Tas «ble Paar wählte sich vielmehr zur Stätte seiner demonstrativen Frömmigkeit die Grazer Domkirche aus und hier erfolgte vor einigen Tagen seilens der Studenten eine lärmende Demonstration. Statt in ruhiger Zurückgezogenheit diese Lektion sich zur Lehre dienen zu lasten, fuhr das Jnsantenpaar des anderen Tage« Wiederuin vor der Kirche vor und provvzirte die Szenen, die nun folgten. In der Kirche kam es zu einem Tumulte, bei dem Don Alfonso und Donna Blanka Faust- und Stockschläge davon trugen. Mit gefälltem Bajonnet drang das Militär zum -Ähutz det karlistischen Flüchtlinge ein. Wie ein Telegramm der „Disch. Ztg." meldet, stehen Rektor und Professoren ans Seite der Studenten. (Vergleiche weiter unten Oesterreich-Ungar».)—Mail erinnert sich wohl noch, welcher Aufsehen vor drei Monaten die Brochüre des Erzherzogs Salvator machte, in welcher Revanche für Sa dowa gefordert wurde. Der Verfasser erhielt dasür eine Strafversetzung nach einem galizischen Städtchen. Jetzt ist dein Erzherzog aus den Reiben der österreichischen Armee ein Gegner erwachsen. Beide Autoren sind Offiziere; beide gehen von dem Wunsche ans, Oesterreichs Machtstellung wieder hergestellt und seine Zukunft gesichert zu wissen. Aber während der Erzherzog schließt; „Darum einen frischen fröhlichen Krieg mit Dentschland", folgert sein Gegner ganz kategorisch: „Dcshaib ist jeder Revanchcge- er in einer Nacht gewaltsam bei mir einzudringen und meine Zustimmung zu dem Plan zn fordern, mit dem nächsten ! Schiss gemeinsam uack Südamerika zu entweichen. Ich hatte eine so dreiste Zumuwung nicht für möglich gebaltcn; nnn überraschte mich die Gefahr nur so beängstigender. Die Stille der Nacht — die Schwüle der Lust — die Seltsamkeit der Situation — ich war wie gebannt. Ich leugne es nicht, mein Blut kochte; zum erstenmal in meinem Lebe» sordertc Leidenschaft die Leidenschaft heraus. Was hatte ich zu ver lieren, das noch einem Andern als mir seihst ein Verlust gelten konnte? Wer durfte sich verletzt fühlen, wenn ich verschenken wollte, was ihm ohne Werth war? Und Iven» ich mir nichts crkauste, als einen Augenblick die Täuschung, in eines Menschen Liehe glücklich gewesen zu sein, wer hätte das 'Recht, mich verschwenderisch zu schelten? Und doch — ich erlag nicht! Ich entriß ihm die Hand, die er vor mir knieend mit Küsten bedeckte, eilte an den Nachttisch, griff nach der Glocke und setzte sie stürmisch in Bewegung. Er sprang aus, stieß einen Fluch ans nnd entschlüpfte nach dem Balkon, üöer welchen er vom Garten her auf einer Strick leiter cingedrungcn war. Jonas, der bald danach erschreckt eintrat, fand das Gemach leer. In derselben Nacht beschloß ich Madeira zu verlassen." Der Freiherr halte sich erhoben und unruhig einen Gang durchs Zimmer gemacht. „Und er —?" fragte er hastig, „er — ? nicht wahr, Du sagtest, Ein Mann aus ange sehener — ?" sein Gesicht war verstört, er wußte kaum, was er sprach. „Er blieb zurück," antwortete sie, „und ich hoffe, ihm nie niehr zu begegnen. Du hast schwerlich zu befürchten, die Ehre Deiner Frau rächen zu müssen, ein Ritterdienst, dem ich übrigens nur die geringste Bcheutung bcimesten könnte, da ich ja weiß, wie wenig Dir daran gelegen ist, sür wessen Ehre Du Dich schlägst —" Er blieb plötzlich stehn, als ob eine unsichtbare Wand ihn henimtc, und maß sie mit eitlem Blick, in dem sich zu- «in Empfang von IbO Gläubigen der Diözese Agen unter- Führung ihres Bischofs statt. Agen (Hauptstadt des irclu-. zösischen Departements Lot-Garonne) und sein« Umgebung sind berühmt durch ihre Pflaumenzucht, der Bischof und! seine getreuen Schale hatte» es sich deshalb angelegen sez»e tasten dem Papste ein Geschenk zu überbringen, welcher ast- jenen Produktionszweig erinnert. Sie .Erreichten ihm einen Pflaumenbäum von Silber, der in einem ebenfalls silbernen Tvpse stand. Derselbe hat eine Höhe von unge-;. führ bi) Zentimeter und trägt Pstaumtz» von vergoldetem. Silber an seinen Aesten. Als der Batst» auf «ms» Tisch gestellt worden war, ließ man einen Mechanismus spirlen.. die Pflaumen öffneten sich' und ein Goldregen fiel vor den Augen des erfreuten Pontifex nieder. Die Früchte enthielten die schöne Summe von 42,00t) Frauken in Goldstücken. Wie diese Summe zusammengebracht ist, zeigt folgender Vorfall. Unter den Pilgern befand sich eine arme alte Frau, welche sich souweise ihr ganzes Leben hindurch SäOO Fr. gespart hatte, s ls zn der Pilgerschaft nach Nom aus- gcfordert wurde, brachte das arme Weib diese ganze Summe dem Bischof. Dieser nahm 2000 Fr. und gab ihr 500 sür die Reise zurück. Zur Belohnung für solche Opserwilligleit rief der Papst die Frau, welche sich bescheiden im Hinter gründe hielt, zu sich und belobte sie für ihre Frömmigkeit. Alle Parteien in Frankreich sind sich darüber klar, daß die Senqlswahlen zum guten Theil über die nächste gleich Erstaunen und Feindseligkeit ausdrückte. „Cäcilie — Du hast erfahre» —?" „Was ganz Petersburg wußte. Lasse» wir das; es ist nicht meine Aufgabe, die Nothwcndigkcit Deiner Handlungen zu prüfen und ich enthalte mich gern des Urtheils darüber." „Und warum diese Mütheilungcn, Cäcilie, wenn nicht —" „In jener Nacht reifte noch ein anderer Entschluß, und seinetwegen geschieht es, daß ich vor Dir kein Geheimniß habe. Ich hatte die Ehre Deines Hauses gewahrt, und was war nur Dein Haus ? Eine Fremde war ich darin, eine Ausgcstoßene fühlte ich mich. Das ganze Elend meines Daseins wuchs vor mir auf und überwältigte mich. Meine Gehauken flogen zu Dir hinüber. Die hundert und hundert Meilen schrumpften zusammen zu einer Spanne, und nur eines Schrittes schic» es zu bedürsen, sic zu überwinden. Der Schritt war schwer, denn ich sollte ihn Dir entgegen thun. Mein Trotz bäumte sich auf gegen meine Schwäche; die verschwiegenen Leiden so vieler Jahre empörten sich gegen mich und schrieen mir ein Halt zu; die Kräukungen, die ich still geduldet, stachelten meinen Stolz zum Wiederstand an." „Aber war ich selbst ohne Schuld? Hatte ich je etwas dazu gethan, Dein Vertrauen zu;gewinne»? Hatte ich es nicht für mein Recht und meine Pflicht erachtet, Dir mit Kälte zu begegnen, fo lange Du selbst nicht mit warmem Hauch die Eiskruste von meinem Herzcn lösen wolltest? Hättest Du es ernstlich versucht, Norbert, Du wärst reich belohnt worden. So viel vermochte ich Dir nicht entgegen zu bringen, als Du erobern konntest; aber ganz arm fühlte ich mich deshalb doch auch so nicht. Vielleicht bedurfte es nur dieser Mahnung, um auch in Dir das Bedürfniß nach einem herzlicheren Vcrhältniß zn wecken, vielleicht entbehr test auch Du ungern den Segen der Ehe, den nur ein voll- kommhncr Friede gewähren kann, vielleicht danktest Du mir, wenn ich auch spät »och entschlösse» die Schranke sorthob, die nicht unser Wille, sondern ein feindseliges Geschick zwischen uns gestellt hatte, und das uns hinderte, einander Rosa Lichtwart. Novclle von <L. Aichert. Gorls-zullg.) „Die Ehre Deine« Hause« war bedroht, Norbert," fuhr sie ernst fort, „ich sage Dir die Wahrheit. Ich durfte nicht bleiben, wo man sie angriff — oder ich hätte vergessen Müsten, daß ich ihr Rücksicht schuldig war. Unter den Kur gästen befand sich ei» junger Mann aus sehr angesehener Familie. Er hatte das Unglück gehabt, im Kriege von einer Kugel in die Brust getroffen zu werden; es war der Kunst der Aerzte nicht gelungen, dieselbe zu entfernen und sei cs nun, das edlere Theile verletzt waren, sei es, daß das Blei schädlich wirkte, er hatte in der Hcimath seine volle Gesund heit nicht wiedererlangen können und war nach Madeira ge schickt, um dort Heilung zu suchen. Rang und Reichthnm verschafften ihm leicht Einlaß in den engen Kreis der dorti gen Kuraristokratie, in den, auch ich mich bewegte. Er wid mete mir bald eine ganz besondere Aufmerksamkeit, zeichnete mich sehr auffällig aus und wagte zuletzt Erklärungen, die »sich überzeugen sollten, daß er mich leidenschaftlich liebe. Was er that, um mich zu gewinnen, läßt mich glauben, daß er mir aufrichtig zugcthan war. Eine unglückliche Fran, die sich von ihreni Manne nicht geliebt weiß, pflegt nicht den zu hasten, der ihr zu erkennen giebt, daß sie liebcnswerth sei. Wenn ich dennoch widerstand, was konnte mir Kraft geben, als das Pflichtgefühl gegen Dich — als die Hoffnung, daß doch noch eine Ausgleichung zwischen uns möglich sein möchte, wenn ich mich Dir eröffnete. Mein Schwanken und Zögern, das er sich zu seinen Gunsten auslegte, machte ihn sicherer. Täglich bestürmte er mich mit Bitten ihn zu erhören ; in einer Sprache, die ich bis dahin nie vernommen hatte, be schwor er mich, ein Bündnis) zu brechen, bei dem mein Herz nicht betheiligt sein konnte. Endlich, weder durch gütliche Vorstellungen, noch durch zornige Verweise entmuthigt, wagte Tagesschau. > ' Freiberg, den 30. April. Um die Tragweite des kronprinzkchen Besuchs in Italien . sich zu vergegenwärtigen, ist es nothwendig, über die Er- I cigniste der letzten Wochen eine kurze Rückschau zu Halle», j Es gab einen Augenblick, wo die freundschaftlichen Bc- i ziehungen zwischen Deutschland und Italic» getrübt schienen, s Die italienische Regierung glaubte den Wünschen des i deutschen Reiches aus wirksame Bekämpfung des Ultramon- , tanismus und Einschränkung päMicher Willkür nicht bei- - treten zu sollen. Victor Emanuel schien persönlich durch ' die Absage des Besuchs unseres Kaisers unangenehm be- rührt zu sein. Aengstliche Gemüther glaubten hierin die Vorzeichen einer ernsten Differenz z» sehen. Jedoch wußten die friedlichen Versicherungen der bctheiligten Mächte sehr bald die Wolke zu zerstreuen, die sich von Rom aus nach Deutschland zu bewegen schien. Kaiser Wilhelm beglück wünschte Victor Emannel zur Zusammenkunft mit Franz Joseph in Venedig und stellte von Neuem seinen Besuch in Aussicht, falls e« seine Gesundheit gestatte. Dieses Schreiben überreichte Herr v. Keudell in feierlicher Audienz und Viktor Emanuel dankte mit Worten der Freundschaft und Herzlichkeit, indem er zugleich seine Freude darüber aussprach, daß der Kronprinz de« deutschen Reiches und seine Gemahlin aus italienischer Erde weilen. Diese sympathische Hinweisung auf den Aufenthalt des deulscheii Thronerben war sicherlich mit eine Veranlassung, daß der deutsche Kronprinz über Rom nach Neapel reiste, um den schriftlichen GedankeuauStaufch deid«r Monarchen vor aller Welt als das auszulegen, was er sein sollte, nämlich als erneute und befestigte Freundschaft zwifchen den beiden Reichen, deren Geschicke seit Jahrhunderten so eng an einander geknüpslwarenundreichauAehnlichkeitensiud. DaßdieseBegcg- nung zu Stande kam, ist meist wohl Ler friedlichen Politik unser« Kaisers zu danken?' Fern von aller Empfindlichkeit und jeglichen Argwohn wußte er de» König von Italien wieder zu gewinnen und freundlich zu,stimmen. Die auswärtigen Aemter thaten auch das Ihre und die Harmonie darf wieder als hcrgcstellt betrachtet' werben. Der Besuch dc« Kronprinzen ist sicherlich ein Beweis, daß es gelang, Italien von einer Inklination für den Papismus fern zu halten und damit ist in der That viel gewonnen. Tic Aufnahme, welches das krouprinzliche Paar in allen italienischen Orten findet, darf .man als ungekünstelten Ausdruck des Volks- bewußtseins betrachten, daß Italien« Glück und Zukunft nur iu enger Gemeinschaft mit Deutschland erblühen kann. Diese Erkenntniß wird Italien auch ferner davor behüten, sich von der Bahn zu entfernen, aus der allein ein gutes Einvernehmen mit Deutschland möglich ist. Von den in spanischen Gewässern bisher stasionirt gewesenen deutsche» Kriegsschiffen werden dem Ver- MrÄkMAnMerW - Handlung,zustuLeu. 1875. < nehmen nach die beiden größeren, die Korvette „Augusta" danke unstatthaft, di« Rache-Allianz mit Frankreich unmög- und das Kanonenboot „Albatroß" demnächst zurückberusen sich und nur in der Bundesgenoffenschast Deutschland- Lell »u finden." Die „Wehrzeitung" Ist außedsich Über, diese letztere Schrift und behauptet, es könne kein vsttr-' reichischer Offizier sein, der diese, ehrlich« Allianz mit' Deutschland befürworte. Die „Preußeufrefferel" al- Pri vatvergnügen gönnen wir ja so manchem grimmigen Knaster-. hart ganz gerne; aber die „Preußenfrefserei" zum Ehren- Codex und zur Patriotismusbedingung der österreichischen. Armee erhoben zu sehen, griffe über den Spaß hinaus, und. «S ist nur gut, daß schon einmal ein kriegSmiNlsteriell», Erlaß ausdrücklich erklärt hat, die „Wehrzeitung" sei düE. aus nicht militärisch-offiziös. ' , An das italienische Parlament wird demnächst di« kirchliche Frage herantreten Der Deputirte La Pobtä. hat zunächst eine Interpellation über die vom Ministeriusit' dem Vatikan gegenüber befolgte Politik angekündigt, die^in, einigen Tagen auf die Tagesordnung kommen wird. PnvrsM seitS ist die äußerste Rechte entschloßen, dieselb« Frag« z>W Sprache zu bringen und vom Ministerium die eingehendkW Erklärungen zu verlangen. Allgemein ist man der lieber-. zeugung, daß nach den neueren diplomatischen Sreigniffen «ine Diskussion über diese« wichtigen Gegenstand unver meidlich geworden ist. Man kann daher äußerst inlertffcusten Debatten entgegensehen. — Im Vatikan sand dieser Tag«